Kreationisten-Park bei Heidelberg

Nahe Heidelberg soll ein biblischer Erlebnispark gebaut werden. Von Kreationisten.

Eine Arche Noah soll es geben, und damit es ein wenig spannender wird, auch eine Wasser-Achterbahn für ein „sinntflutartiges Erlebnis“, für weitere ‚Unterhaltung‘ soll eine ‚Himmel-und-Hölle – Bahn‘ sorgen.
Mit derartiger ‚Unterhaltung‘ möchte bald ein ‚Erlebnispark‘ nahe Heidelberg aufwarten. Wenn sich die Initiatoren des ‚Project Genesis‘ durchsetzen können.

Wie die ZEIT in ihrer Ausgabe vom 5. Juni 2008 sowie Heise am 2. Juni 2008 berichten, steht hinter dem Projekt die Schweitzer Firma ‚Genesis-Land AG‘. Sie wird geleitet von Gian Luca Carigiet, der wiederum auch Vorsitzender des Vereins ‚ProGenesis‘ ist. Dieser Verein, so weiter die ZEIT (unter dem hübschen Titel ‚Läuterung im Looping‘), „bekämpft die Evolutionstheorie und will den biblischen Schöpfungsbericht wörtlich verstanden wissen.“ Das Projekt ist recht weit gediehen. Auf dem Papier schon geplant, sei man mit deutschen Investoren im Gespräch, hoffe auf einen Baubeginn Ende 2009.

Kreationisten sind Menschen, die die Bibel wörtlich nehmen. Sie glauben, dass die Welt tatsächlich in sieben Tagen entstanden ist (real, nicht im übertragenen Sinn), und dass Gott dies alles tatsächlich selbst getan hat. Sie halten die Evolutionstheorie von Charles Darwin für Teufelszeug. ‚Schöpfung ohne Kompromisse‘ – der Titel einer Kreationisten-Konferenz ist wörtlich zu nehmen.

Kreationisten versuchen zunehmend, auch in Europa und Deutschland Fuß zu fassen, ihre Auffassungen hierzulande zu verbreiten, sich politischen Einfluss zu verschaffen. Auch in Deutschland sind Kreationisten aktiv (eine gute, ständig aktualisierte Übersicht auf palaeo.de), vor allem auch im Schulwesen. Anhänger des ‚Intelligent design‘ (dem Kreationismus verwandte Variante) betreiben ungestört eine Schule in Hessen. Eine Kultusministerin (in Hessen) kann mehr oder weniger unwidersprochen fordern, die christliche Schöpfungslehrte solle im Biologie-Unterricht (!, nicht im Religions-Unterricht) besprochen werden.
Nicht zufällig befasste sich das Europa-Parlament in einer geplanten Resolution mit den ‚Gefahren des Kreationismus‘. Einer Resolutiuon, die abgelehnt wurde – mit der knappen Mehrheit christdemokratischer Stimmen.

Der Kreationisten-Park, der jetzt nahe Heidelberg geplant wird, ist nicht der einzige. Auch in Großbritannien z.B. ist ein Kreationisten-Park in Planung.

Zuerst über den ‚Jurassic Park Heidelberg‘ gelesen hab ich bei Kalle. Nun ist gegen einen Park mit biblischen Themen zunächst nichts einzuwenden (ob ich persönlich ihn nun mag oder nicht ist ohne Belang). Aber – was so harmlos klingt, entpuppt sich als erneuter Versuch von Kreationisten, sich hier auszubreiten. Kreationisten stellen m.E. mit ihrer Grundhaltung einen massiven Angriff auf die Fundamente unserer Gesellschaft dar – auf Aufklärung, ‚ich denke also bin ich‘, auf Meinungsfreiheit und Toleranz.

„Schöpfung ohne Kompromisse“ – der selbst gewählte Konferenz-Titel der Kreationisten zeigt deutlich, wohin die Reise gehen soll, und wie sie gestaltet werden soll – kompromisslos. Christlicher Fundamentalismus, kompromisslos.

Und niemand soll sich täuschen – auch Bewegungen wie Homo-Heiler & co. sind ideologische Ableger dieser christlich-fundamentalistischen Strömungen (‚Homosexualität ist eine Krankheit‘ – immer wieder ‚die alte Debatte‚ ). Auf Wüstenstrom, Heiler-Workshops in Christival & co hinzuweisen, zu problematisieren ist gut und notwendig, aber nicht genug. Christlicher Fundamentalismus, Kreationismus, intelligent design – so heißen die ‚Bewegungen‘, die dahinter stehen, hinterfragt, thematisiert, kritisiert werden müssen.

Denn Kreationisten, intelligent-design-Anhänger und andere christliche Fundamentalisten bemühen sich aktiv, die Fundamente moderner Gesellschaft zu erschüttern. Sie gefährden die Grundlagen unseres Zusammenlebens. Mit großem Einsatz an Knowhow, Mitteln und Anhängern. Wehret den Anfängen …

Homophobe ohne Räume

Das ‚Christival‘ ist umstritten, nicht nur (aber besonders auch) wegen umstrittener und inzwischen abgesagter Inhalte von ‚Homo-Heilern‘.

Nun meldet die taz Nord / Bremen, dass der ‚Schlachthof‘ den Mietvertrag gekündigt hat – das trotz seiner umstrittenen auch evangelikalen Inhalte auch mit staatlichen Mitteln geförderte ‚Christival‘ muss sich einen neuen Platz für seine ‚Botschaften‘ suchen …

Im ‚Schlachthof‚ sollte ein Teil der ‚Christival‘-Veranstaltungen stattfinden.
Für die Kündigung seitens des Schlachthofs war laut taz insbesondere auch das umstrittene ‚Homo-Heiler‘-Seminar ausschlaggebend.

Kurznachrichten 14.02.2008

Karin Wolff, bisher hessische Kultusministerin, tritt ab. Noch im Juli 2007 hatte sie mit Kreationisten-Förderung für Furore gesorgt – oder mit ihrem Going Public als Lesbe, je nach Sichtweise …

Big Brother selbst auf der Berlinale. Die setzt nämlich Nachtsichtgeräte ein, um ihre Besucher im Kino zu überwachen, berichtet oberschichtenfernsehen. Scheinbar ohne Information der Überwachten …

Freiheit – Sicherheit – Risiko. Das Thema, mit dem sich das Forum Sozialethik 2008 beschäftigt, ist auch im Aids-Kontext interessant (man denke nur an die Diskussionen zur Frage ‚keine infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne STDs‚). Als wäre ihnen die aktuelle Debatte bekannt, fragen auch die Veranstalter in ihrem Call for Papers „wie kann das Verhältnis von Freiheit, Risiko und Sicherheit im Zusammenhang mit ethischen Fragestellungen etwa bezüglich … der Bekämpfung einer Pandemie wie HIV/Aids ausbuchstabiert werden?“

Die Zürcher Posse geht weiter. Sex in gastgewerblichen Räumen sei grundsätzlich gesetzeswidrig, meint das Bezirksgericht Zürich (Bericht NZZ). Dunkle Räume sind manchen Schweizern wohl schon länger suspekt. Werden nun in der Schweiz Darkrooms zu Grabe getragen?

Pasta-Wort zum Sonntag

Auch in Europa gibt es eine immer deutlicher sichtbare Auseinandersetzung, ob die Evolution wirklich statt gefunden hat. Oder ist nicht doch alles das siebentägige Werk Gottes? Muss nicht doch die göttliche Schöpfungslehre im Biologieunterricht gelehrt werden?

Vielleicht auch wieder als die einzige Wahrheit? Wo die Argumente der Kreationisten und intelligent design – Befürworter doch so überzeugend sind?

Oder müssen wir noch einmal radikal umdenken?
Ja!
Pilgern wir auf zu neuen Ufern!
Werden wir Pastafari!

Pasta – was?

Pastafari – die Anhäger der Kirche der fliegenden Spaghetti-Monster.
Denn deren Argumente sind mindestens so überzeugend wie die der Kreationisten.

Und es werde Pasta …
Und – sollten Sie sich fragen warum – erst hier lesen …

Über eine Lesbe, die Schöpfungslehre und Kreationistenförderung

Die Gazetten freuen sich über Schlagzeilen, der LSVD lobt den ‚Mut‘ und auch homosexuelle Medien scheinen erfreut. Endlich mal wieder jemand aus der Politik, der ein Coming Out hat. Und dann auch noch gleich eine Ministerin. Und dann noch aus der CDU, sogar der hessischen. Ja, wenn das nicht was zum Vorzeigen ist! Das gibt was zum Lamentieren beim CSD genannten sommerlichen Rosenmontagszug …

Aber Vorsicht!
Was die hessische Kultusministerin Karin Wolff uns da auftischt, wirkt bei näherem Betrachten eher wie ein Schmierenstück aus dem billigsten Boulevard-Theater.
Will die Dame mit ihrer kalkulierten Inszenierung des Privaten etwas verdecken?
Vielleicht möchte sie ja, dass wir etwas nicht so genau wahrnehmen. Zum Beispiel dies: nur kurze Zeit vor ihrem freiwilligen Coming Out hat die Dame sich dafür ausgesprochen, dass die christliche Schöpfungslehre im Biologie-Unterricht hessischer Schulen thematisiert wird.

Wohlgemerkt, im Biologie-Unterricht. Nicht etwa im Religions-Unterricht.
Ein Gedanke, der doch frappierend an manche christliche Fundamentalisten, an Kreationisten erinnert.
Ein Gedanke, der einer gefährlichen Aufweichung der bisherigen Trennung von Wissenschaft und Glaube gezielt Vorschub leistet.
(Und, nebenbei, ich bin gespannt, wie sie Homosexualität, Synodalmitgliedschaft, C-Partei und Schöpfungsgedanke überein bekommt, und das bei den Parteifreunden, bei dem homofeindlichen schulpolitischen Sprecher usw.)

‚Outing ohne Tamtam‘ titelt ‚Queer‚ zum Outing von Wolff. Na – ich glaube bei der Dame wäre ein wenig kritisches Tamtam dann doch angebracht …

Fundamentales Wort zum Montag

Fundamentalist – da fallen dem Medien-gefütterten Durchschnittsbürger wahrscheinlich Stichwörter ein wie ‚Bin Laden‘, ‚Islam‘, ‚Terrorismus‘.
Aber – es gibt auch christliche Fundamentalisten, nicht nur in den USA sondern auch in Deutschland.

Eine erschreckende Nachricht zu Fundamentalismus ging letzte Woche in der Vielzahl der Nachrichten unter. Das Europaparlament befasste sich mit einer Resolution „Die Gefahren des Kreationismus“. Und – die Resolution wurde abgelehnt, mit einer knappen Mehrheit christ- demokratischer Stimmen. Eine bestürzende Entscheidung, die wieder einmal zeigt, dass die Gefahren des Kreationismus hierzulande immer noch nicht ernst genommen werden.

Ein weiteres Wort, das vielen wohl bei dem Begriff ‚Fundamentalist‘ einfallen wird, ist der „Hassprediger“. Gerade angesichts der Debatten um Neubauten von Moscheen, ob in Berlin, Hamburg oder derzeit wieder Köln, wird gern das populistische ‚Argument‘ ins Feld geführt, man wisse doch nie, welche ‚Hassprediger‘ dort womöglich ihr Unwesen treiben würden.

Eine Person nun sicher nicht – das wissen wir seit letzter Woche. Nicht etwa, weil sich deren Gesinnung plötzlich gewandelt hat. Nein, das nicht. Viel einfacher – weil ein Gericht ihn weiß gewaschen hat.

Joachim Meisner, von Beruf Kardinal in Köln, hat es nun schriftlich. Nein, der Kölner Kabarettist Jürgen Becker darf Meisner nicht mehr als „Hassprediger“ bezeichnen, wie Oberschichtenfernsehen meldet.

Joachim Meisner, von den meisten Kölnern nie gewollt als Kardinal, wurde ihnen von Papst Johannes Paul II Ende 1988 trotz massiver Proteste dennoch auf’s Auge gedrückt.
Und er hat seitdem keine Mühe gescheut, ist keinem Konflikt-Thema ausgewichen. Ob Abtreibung und Schwangeren-Beratung durch katholische Frauen- Organisationen, Einsetzen gegen interreligiöse Gebete oder lesbische und schwule Lebenspartnerschaften – Meisner hat sich immer als das gezeigt, wozu einem eigentlich Assoziationen wie Stalinist, Fundamentalist oder Ähnliches kämen. Oder eben die Überspitzung, die Herr Becker wählte.

Aber das darf man ja nun nicht mehr, meint das Landgericht Köln.

Herr Meisner sprach in einem Interview (übrigens genau jenes Interview, in dem er der CDU das C absprach) 2005 einmal von einem „Miesmacher aus dem Mittelalter des vergangenen Jahrhunderts“.
Leider sprach er nicht in einer plötzlichen Offenbarung von Selbstkritik, sondern über den CDU-Politiker Heiner Geißler sowie über Hans Küng (u.a. geistiger Vater der Stiftung Weltethos).

Nachtrag 312.10.2007: auch Volker Beck darf nun Herrn Meisner nicht so nennen, sagt das Landgericht Köln

Die alte Debatte?

„Homosexualität – genetisch bedingt?“ fragte Arte am gestrigen Dienstag Abend.

Die Reportage von Ted Anspach widmete sich der Frage nach genetischen Aspekten der Homosexualität – und dem Sinn und Hintergrund derartiger Fragen.

So fragt die Reportage nach der Rolle der Erziehung, von Mutter und Vater. Bemüht alte Erklärungsmuster wie den Freud’schen Ödipus-Komplex, dominante Mütter und abwesende Väter. Wechselt dann zu lesbischen Zwillingen und schwulen Pinguinen.

‚Aber warum diese heftigen Reaktionen‘, fragt der Film – beinahe naiv, wie mir scheint. Und beleuchtet ein ‚deutsches Tabu‘, die Nazi-Politik der ‚Befreiung der deutschen Rasse von der Homosexualität‘, deren gewaltsame Umsetzung (u.a. mit Inbeschlagnahme Hirschfeld’scher Theorien) und das (teilweise) Fortbestehen dieses Irrsinns (§175) und der Zwangsmaßnahmen auch nach 1945 (in Deutschland wie auch in Frankreich, in Strafverfolgung, Wissenschaft usw.). Auf Kastration und Ermordung folgte Lobotomie

Es hat lange gebraucht, bis die Lesben- und Schwulen -Bewegungen und deren Folgen dazu führten, dass Schwule und Lesben in vielen (west-) europäischen Staaten heute mehr oder weniger anerkannt sind.

In Europa sind diese Debatten um einen Grund von Homosexualität beendet – wissend darum, welche Konsequenzen die Frage nach den Ursachen der Homosexualität in Europa hatte.

Anders in den USA. Gene für Homosexualität: dort ein aktuelles Forschungsthema, auch von Schwulen erwünscht. Wenn Homosexualität ’naturgegeben‘ wäre, würden die Mitbürger damit toleranter umgehen, hoffen viele. Wenn Schwule sich hingegen bewusst dafür entscheiden (Verhalten statt Gene), würden sie bekehrt werden müssen, umerzogen – nicht akzeptiert. Heilung statt Respekt, Therapie statt Akzeptanz.

Uns mag sie naiv erscheinen, die Unterstützung, die US-amerikanische Schwulenverbände für diese Art Gen-Forschung geben. In den USA selbst mit ihren starken fundamentalchristlichen und evangelikalen Bewegungen, auch mit deren ‚Therapien gegen Homosexualität‘ und ganzen Gruppen von vermeintlichen ‚ex-Gays‘ mag man die Situation anders einschätzen.

Derartige evangelikale und fundamentalchristliche Bemühungen greifen jedoch auch in Europa immer mehr um sich. Zwingen die Ultrakonservativen uns dies Debatte, die wir längst hinter uns glaubten, erneut auf?

Die Kreationisten sind längst auch hierzulande angekommen, und ‚Informationen‘, wie man ‚Homosexualität heilen‘ könne, kursieren auch auf erzkatholischen deutschen Internetangeboten. Auch in Frankreich arbeiten zunehmend evangelikale Gruppen, auch um ‚Homosexuelle zu heilen‘. Fundamentalchristliche Aktivitäten – auf dem Weg, nicht mehr nur eine Randerscheinung zu sein, die vernachlässigt werden kann?

Und welche Folgen wird es haben, wenn wir diese Debatte erneut zulassen? Wird schleichend wieder Alltäglichkeit, was längst überwunden geglaubt ist?

Lassen wir uns die Gleichberechtigung die mühsam halbwegs erkämpfte wieder abjagen?

Immer wieder merke ich ein seltsames Befremden während der Sendung.

Weshalb wird so intensiv gefragt, warum jemand schwul ist? Sicher, das (wissenschaftliche) Interesse an der Frage, was ist anerzogen, was genetisch bedingt ist, kann ich verstehen.

Aber, steht hinter der Frage des ‚warum‘ nicht indirekt auch der Versuch, wenn ich erst die Ursachen kenne, dann Einfluss zu nehmen darauf? Würden Eltern, denen der Arzt während der Schwangerschaft sagt ‚Ihr werdendes Kind wird schwul sein‘ nicht sagen ‚machen sie das weg, machen Sie’s hetero‘?

Lauert hinter der Frage des ‚warum‘ nicht gleich die Frage nach dem ’normal/unnormal‘? Nach der Abschaffung dessen, was als ‚unnormal‘ empfunden wird?

Hat die Geschichte dies nicht zur Genüge gezeigt? Reicht es nicht, sich an einer bunten Vielfalt zu erfreuen?

Ist dieses Befremden nur ein alter, aus vergangenen Jahren übrig gebliebener Reflex? Oder wohl begründete Vorsicht?

Unterliege ich auch nur diesem ‚typisch deutschen Tabu‘?

Und das Resümee der Arte-Reportage nach 45 Minuten?

Unter einem Aufmerksamkeit heischenden Titel verbarg sich eine sehr differenzierte Sendung mit spannenden Gedanken. Die im Titel der Sendung gestellte Frage bleibt am Ende offen – und es bleiben Bauchschmerzen angesichts des Sinns der Frage und möglicher Konsequenzen.

Wen es interessiert: Arte wiederholt die Reportage heute (14.2.2007) um 14:40 Uhr.

Fundamentalisten in Deutschland

Fundamentalisten – dabei denken Sie sicherlich zuerst an „islamische Fundamentalisten“.
Aber, es gibt sie auch im Christentum. Christliche Fundamentalisten, Menschen die glauben, die Antworten auf alle Fragen (auch des heutigen Lebens) seien in der Bibel zu finden. Und es gibt sie zunehmend auch in Deutschland.

Ganz vorne mit dabei im Reigen christlicher Fundamentalisten: die Kreationisten.
Sie sind gegen die Evolutionstheorie, glauben nicht, dass der Mensch sich aus dem Affen entwickelt habe (nach Darwin, „Die Entstehung der Arten“). Gott habe die Welt erschaffen, nicht nur im religiösen Sinn, sondern ganz real.

Die Kreationisten, eine Bewegung, die in den USA längst breit Fuß gefasst hat, sind in den letzten Jahren zu einer starken Kraft geworden. Lehrpläne von Schulen werden beeinflusst, „Museen“ der Schöpfungsgeschichte entsprechend der Lesart der Kreationisten gebaut. Bis in höchste Regierungskreise hat die Bewegung Unterstützer. In den letzten Jahren werden Kreationisten auch in Europa aktiv.

ErdmaennchenZunehmend promoten die Kreationisten dabei eine Variante ihrer Überzeugung, die sie „intelligent design“ nennen. Gott habe die Welt erschaffen, lehren sie. Versuchen, so genannte Mikro- Evolution von so genannter Makro- Evolution zu unterscheiden. Einige, die zentralen Teile der Natur seien keine „zufälligen Ereignisse“ (wie nach Darwin), sondern Teil einer bewussten Schöpfung, eines göttlichen Plans.
Diese Volte hat einen Hintergrund: Kreationismus an Schulen zu unterrichten ist in den USA verboten. Ein „wissenschaftlicher Anstrich“ musste her … oder: Religion (hier: fundamentalistische Religion) wird als „Wissenschaft“ verkauft, um sie besser in der Gesellschaft durchsetzen zu können.
Schöner Nebeneffekt: indem sie sich einen „wissenschaftlichen Anstrich“ geben, beanspruchen sie auch, mit Naturwissenschaften auf einer Ebene zu stehen.

Auch in Deutschland findet dieses Gedankengut zunehmend Ausbreitung, selbst im Schulwesen. „Wort und Wissen“ – diese Organisation ist eine der wichtigsten im Bereich Kreationisten hierzulande.
Die August Hermann Franke Schule in Gießen unterrichtet z.B. im Biologie-Unterricht neben der Evolutionstheorie auch ‚intelligent design‘, verwendet ein (für den Unterricht nicht zugelassenes) Schulbuch von Kreationisten – und das in einer staatlich anerkannten (Privat-) Schule.
Die staatliche Schulaufsicht Hessens fühlt sich für ‚intelligent design‘ nicht zuständig, die Schule sei ja zugelassen. Die Eltern würden sich ja freiwillig für die Schule entscheiden.
Selbst deutsche Politiker wie Anette Schavan begrüßen die von Kreationisten begonnene Debatte – und spannen sich so, bewusst oder unbewusst, vor den Karren einer fundamentalistischen christlichen Bewegung.

Was wollen die Kreationisten?
Die Bibel ist wahr, ist ihre Überzeugung. „Schöpfung ohne Kompromisse“, wie der Titel einer Kreationisten-Konferenz deutlich macht. Wer Darwin zustimme, rufe den Zorn Gottes hervor. Ziel des ‚intelligent design‘ sei eine mit dem Christentum verträgliche Wissenschaft, erklärt einer ihrer Vertreter.
Ein Beispiel, was das nach ihrer Vorstellung heißt: ‚Die Welt ist 6.000 Jahre alt. Stern und Planeten sind dabei etwas jünger als die Erde – denn in der Bibel steht, Gott habe die Erde am ersten, Sterne und Planeten jedoch am vierten Tag erschaffen.‘

Es geht nicht darum, hier Kreationisten durch Berichte aufzuwerten, Aufmerksamkeit zu schaffen, oder sie Darwin in Frage stellen zu lassen. Wohl aber geht es darum, auf die Gefahren aufmerksam zu machen, wenn diese Bewegung auch hier Fuß fasst.

War nicht erst die Trennung von Wissenschaft und Religion eigentlicher Beginn der modernen Naturwissenschaften, der Aufklärung, der modernen Gesellschaften?

Naturwissenschaft erklärt das ‚wie‘, nicht das ‚warum‘. Ist die Suche nach dem ‚warum‘, nach dem Sinn (des Lebens) ein Grund für die Erfolge der Kreationisten und ihres modernen Kindes, des ‚intelligent design‘? (Dabei, selbst die katholische Kirche kann heute Gott und Darwin gut miteinander vereinbaren. Einer ihrer Ansätze: der Körper mag wie von Darwin postuliert entstanden sein, die Seele des Menschen ist göttlicher Natur.)

Darwin ist eine, ist die Grundlage der modernen Naturwissenschaften – hinter den Kreationisten steht damit auch ein Angriff generell auf wissenschaftliche Sichtweisen, auf die moderne Gesellschaft.

Kreationismus – das steht für ein fundamentalistisches Weltbild, das eine Generalabrechnung auch mit Homosexuellen, modernem Frauenbild beinhaltet – mit überhaupt allem, was die moderne Gesellschaft ausmacht.

Die eigentliche Gefahr ist der christliche Fundamentalismus, sind dessen Folgewirkungen für das Demokratieverständnis unserer Gesellschaft.

Die Trennung von Religion und Naturwissenschaft ist das Fundament der modernen aufgeklärten Gesellschaft – ein Fundament, das wir nicht auf’s Spiel setzen sollten.

Oder wollen wir wieder zurück zu mittelalterlichem Denken, zu einer Gesellschaft, in der alles, was nicht mit christlichem Denken verträglich ist, nicht zulässig ist? Eine Gesellschaft, in deren fast logisch anmutender Konsequenz eine Inquisition steht?

Nachtrag 2.10.06: ein sehr umfassender Artikel von David Thorstad über ‚intelligent design‘ findet sich beim geschätzten etuxx