Denken und Gedenken

Am 1. Dezember ist wie jedes Jahr wieder ‚Welt-Aids-Tag‘. Viele Menschen mit Roten Schleifen stehen auf den Straßen, viele nehmen an Lichtermeer und Trauerzug teil, Freiwillige sammeln Geld für den Kampf gegen Aids, Benefizze füllen die Säle und die Fernsehsender senden Filme über HIV und Aids, die viele von uns schon oft gesehen haben. ‚Same Procedure as every year‘, mag man/frau fast denken.

‚Lichtermeer‘ und ‚Trauerzug‘ sind eine bewegende Veranstaltung. Hunderte, Tausende von Menschen mit Kerze in der Hand, überwiegend besinnlich-ruhige Stimmung, viele offensichtlich bewegt. Die Dimension von Aids, die sich in der Kategorie ‚Menge‘ ausdrückt, die ein Stück weit veranschaulicht, wie viele Freunde, Lover, Partner, Mitstreiter wir an den Folgen von Aids bereits verloren haben, wird hier eindrucksvoll deutlich, beinahe nachempfindbar.

Und doch bleibt ein bitterer Beigeschmack. Warum nur an einem Tag im Jahr, warum diese Stille ansonsten?
Ist es nicht eigentlich, frage ich mich manchmal, nur noch ein jährlich wiederkehrendes Ritual, das zelebriert wird, aber dabei ist seinen Inhalt zu verlieren? Das dazu dient, das eigene (persönliche und kollektive) Gewissen zu beruhigen, eine Beruhigungspille, die aber kaum mehr einem Bedürfnis zu entspringen scheint, sich z.B. bewusst zu machen, wie groß die Verluste (auch wieder: individuell und kollektiv) waren und sind?

Die Aids-Mahnmale, sind sie nicht, eh schon selten genug vorhanden, kaum noch mehr als – zudem dann oft schwul dominierte – Kranz-Ablegestellen? Die Gedenk-Formen längst fade ’same procedures‘ geworden?

Wie wird denn ansonsten -wenn nicht gerade Welt-Aids-Tag ist- in dieser Stadt, in diesen Szenen an die infolge von Aids Verstorbenen gedacht?
Einzig eine rote Schleife aus Stahl, mitten auf einer der belebtesten Kreuzungen Berlins, trostlos platziert auf einem Flecken, für den der Name ‚Platz‘ sicher ein Euphemismus wäre – ist das eine adäquate Form des Gedenkens? Wollen wir so erinnern, gedenken?

Aids-Schleife Berlin
Sind all die verstorbenen Partner, Lover, Liebhaber, Freunde, all die nicht mehr lebenden Weggefährten, Mit-Aktivisten, sind all sie uns nicht mehr wert als einmal im Jahr ein Trauerzug und ansonsten ein tristes Stück Stahl auf einer noch tristeren Kreuzung?

„Du weißt doch,“ bemerkte jüngst ein Freund lakonisch mir gegenüber, „diese Stadt ist ‚arm aber sexy‘. Vielleicht drückt sie ihre Armut in diesen tristen Denkmälern aus‘.“

Bemühungen, eigene passende Formen von Trauer und Gedenken zu finden, zu experimentieren, auch öffentlich, waren früher gängig und sind heute (wieder) eine Rarität geworden. Geht damit nicht auch eine (Re-)Privatisierung der Trauer, des Sterbens einher? An Aids wird nicht mehr öffentlich gestorben, sondern still und leise, und weitgehend unbemerkt im Privaten.

Versuchen wir nicht eigentlich längst, in unserem Alltag diese Zeiten des Horrors, überhaupt das ganze Thema Aids möglichst weit hinter uns zu lassen, zu vergessen, verdrängen – und zu neuem (altem) Spaß zurückzukehren?

Und hat uns dabei nicht längst ein (zumindest partieller) Gedächtnisschwund befallen? Um einer neuen Amüsiersucht Platz zu schaffen?

Wer will sich wirklich noch (mehr als einmal im Jahr zum Welt-Aids-Tag vielleicht) all der bekannten und unbekannten Menschen erinnern, die an den Folgen von Aids gestorben sind? Gedenken an die vielen Träume die ungeträumt, Utopien die ungedacht, Projekte die unrealisiert blieben und bleiben werden?
Machen wir uns die Löcher, die gerissen wurden, überhaupt noch bewusst?
Merken wir noch, wie viel uns genommen wurde? Was alles nicht stattfindet, weil diese Menschen viel zu früh gegangen sind?

Manchmal frage ich mich, ob dieses Vergessenwollen nicht beinahe wie ein zweiter Tod ist …

Aids-Stele Köln
Die Aids-Stele in Köln – auch noch nicht die schönste aller denkbaren Lösungen, aber allemal anmutender als eine Blech-Schliefe auf einer tristen Kreuzung …

Was ist ein Blog wert?

Es gibt für alles einen Wert. Stimmt. Nur, dass die meisten Menschen mit Wert meinen: Geld. Materieller Wert? Immaterielle Werte?

So haben auch Blogs anscheinend einen Wert. Klar, für mich hat mein Blog einen recht hohen Wert, und die Blogs einiger Freunde und Bekannten (siehe rechts „Lieblings-Blogs“) haben für mich auch einen hohen Wert …

Aber die Amis sind uns natürlich wieder einmal voraus, Blogs sind – klar, wer hätte anderes erwartet – auch „was wert“. Echte Taler. Blogs kann man anscheinend monetarisieren:


My blog is worth $28,227.00.
How much is your blog worth?

Die ermittelten Dollar-Werte basieren auf den Technorati-Zahlen zu Verlinkungen. Diese wurden „monetarisiert“ anhand einer einfachen Umrechnung: AOL hat jüngst Weblogs Inc. für 40 Mio.$ übernommen. Die hier gelisteten Blogs hat ein findiger Kopf auf ihre ‚conversation‘ (i.e. Verlinkung und Kommentierung) untersucht und daraus eine Art ‚Geld-Faktor‘ errechnet. Den dann auf das eigene Blog angewendet, ergibt das nun obiges Zahlenspielchen.

Also – wer bietet mit? Bin ich käuflich?

… und Dank dem pantoffelpunk für den Hinweis in seinem Blog …

Na dann Gesundheit …

Die Berliner Aids-Hilfe hat ein neues Plakat:

Gesundheit Plakat BAH

Nun sind Plakate ja was Schönes, gerade wenn hübsch gestaltet und ein netter Männerkörper drauf ist. Aber – was will mir dieses Plakat sagen?

Unter dem Motto „Wissen schafft Klarheit“ fordert es zum HIV-Test auf, weist auf ein diesbezügliches Angebot der BAH hin.

Klarheit soll hier ja offensichtlich über den eigenen HIV-Status geschaffen werden. Und dann? Soll sich der als positiv getestete Mensch danach dann als nicht mehr gesund fühlen? Oder warum diese Überschrift? Frag ich mich nun ratlos …

Viel Empfängnis im E-Werk

Am vergangenen Donnerstag (23.11.) fand wieder einmal der Jahresempfang der DAH statt, diesmal unter dem Namen „Welt-Aids-Tags-Empfang“. Es wurde vieieiel geredet …

DAH-Empfang 2006 01

Reden Reden Reden
Abends irgendwann nach sieben. Der Saal ist gut besetzt bis in die hinteren Reihen.
Es tritt auf – Ulla Schmidt, Bundesgesundheitsministerin. Macht, was ihr Job ist. Hält eine Rede, die viel hinterher „toll“ oder „doch ganz gut“ finden. Wohl auch weil sie sich für das ‚unermüdliche Engagement der DAH‘ bedankt und für das Jahr 2007 eine Mittel-Aufstockung des Aids-Etats um 3 Mio. € ankündigt.DAH-Empfang 2006 02
Sie spricht viel über die tolle erfolgreiche Aids-Politik der Bundesregierung, der NGOs, über die anstehende Bremer Konferenz im März 2007 [die den innovativen Titel ‚Verantwortung und Partnerschaft – gemeinsam gegen Aids‘ tragen soll] und kommt zu dem Schluss, dass der ‚Kampf gegen HIV und Aids unvermindert fortgesetzt werden muss‘.

Irgendwie denke ich, bei mir wäre diese Rede nicht mal in den Briefkasten gekommen – der hat nämlich einen Aufkleber „keine Werbung“. Und ich werde angesichts all der ungesagten Themen und Fragen [nichts z.B. zum neuen Aids-Aktionsplan] den Gedanken nicht los, früher hätte sich irgend ein ACT UP protestierend eingemischt, heute hingegen sitzen alle brav im Anzug, klatschen und fühlen sich gebauchpinselt ob der ministeriellen Aufmerksamkeit.

Weiter geht’s schon mit Reden.
Ein Vorstandsmitglied der DAH kommt in seiner Rede zu der sicherlich bedeutenden Einschätzung einer „Solidarität, die – so meine ich – unteilbar ist“.

Frau Pott (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BzgA) schließt sich an mit einer Rede à la „wir sind gut und freuen uns darüber“. Den Zustand der Zusammenarbeit von BzgA und DAH beschreibt sie analog zum Heranwachsen eines Kindes, von Streits in Kindertagen über pubertäre Flegeljahre bis zu einer „jetzt erwachsenen Zusammenarbeit“ – Matthias und ich schauen uns belustigt an, na – dann ist die DAH ja wohl jetzt im Zustand handzahmer Banalität angekommen? Klingt so eine Ohrfeige? Ah ja, dann ist die Aufsässigkeit der DAH ihrer Ansicht nach ja anscheinend erfolgreich weg-subventioniert – auf gute Zusammenarbeit!

Die m.E. einzig bemerkenswerte Rede hält der Geschäftsführer der DAH, Dr. Luis Carlos Escobar Pinzón, der über alles gegenseitige Lob hinweg auch kritische Gedanken und Worte findet. Endlich einmal darauf hinweist, dass die DAH nicht nur für die Primärprävention da sei, sondern ihre Rolle auch im Engagement für Menschen mit HIV und Aids sehe [z.B. ’negativ bleiben und positiv handeln ist für uns untrennbar‘], engagiert gegen Diskriminierung und Repression. Der auch auf das gerade nach Kabinettsbeschluss von Einstellung bedrohte Heroin-Modellprogramm hinweist und betont, dass die DAH hier protestieren und sich für die Fortsetzung der Heroin-Vergabe an Schwerstabhängige einsetzen werde.

Der DGB schläft
Lustig wird’s nochmal nach dem netten Buffet mit anregenden Plaudereien. Eine prominent besetzte Podiumsdiskussion zum Thema „Chronisch versteckt – HIV am Arbeitsplatz“ (Walter Riester / SPD, Wolfgang Heller / ILO, Jürgen Sendler / DGB, Prof. Stephan Letzel / Dt. Ges. für Arbeitsmedizin, Benno Fürmann / Schauspieler und Stefan Jäkel / Pluspunkt).
DAH-Empfang 2006 03
Einige mehr oder weniger bekannte Positionen werden ausgetauscht. Stephan Jäkel (Pluspunkt) gelingt es, die Situation von Positiven im Arbeitsleben mehrfach gut auf den Punkt zu bringen. Klar zu machen, dass i.d.R. nicht Positive in der starken Position des ersten Schritts eines offenen Umgangs mit HIV am Arbeitsplatz sind, vielmehr die Arbeitgeber, Gewerkschaften und Betriebsräte hier (auch) in der Pflicht seien.

Überhaupt, die Gewerkschaften. Lustig war’s wieder mit ihnen. Immerhin, Herr Sendler (DGB Bundesvorstand) bekennt, das Thema HIV und Arbeit sei im DGB ‚bisher viel zu klein angegangen worden‘, kündigt an, der DGB habe sich vorgenommen, das nun zu ändern. „Nun“. Immerhin – wir schreiben nicht das Jahr 1986. Auch nicht das Jahr 1996. Sondern das Jahr 2006.

Anzuerkennen ist, dass der DGB angesichts dieser peinlichen Situation überhaupt kommt, und mit Bundesvorstand. Aber – wie lange wollen sie noch warten, um wach zu werden?

Nachtrag
Die ‚Promis‘ der Veranstaltung wie auch der Vorstand des Vereins sind, wie zu hören ist, in Maseratis vorgefahren worden. Irgendwie frage ich mich, Promis in Maseratis vor Blitzlicht-Gewitter karren lassen, ist es jetzt das, was die DAH unter Professionalisierung versteht?
Oder was soll mir das sagen? Aber vielleicht ist es der Deutschen AIDS-Hilfe auch nur gelungen, ihre Position zum Thema Selbsthilfe auf eindrückliche Weise zu verdeutlichen.
Mit ist plötzlich so seltsam zumute …

Einer von elf Fußballern ist schwul – und gefährdet …

Wenn, rein nach Statistik, wirklich einer von elf Fußballspielern schwul ist – wo sind die dann alle? Fast unsichtbar – denn das Klima im Fußball ist teils extrem schwulenfeindlich …

Spätestens mit der WM haben auch viele Schwule und einige Lesben mehr ihre Liebe zum Fußball entdeckt, waren auf public viewings, Fanmeilen oder in Berlin gar ‚gay viewings‘. Und auch unter den Fans gibt es bei beinahe jedem Bundesliga-Verein inzwischen eine schwule oder (seltener) schwul-lesbische Fangruppe, von den ‚Hertha-Junxx‘ über die ‚HSV-Coolboys‘ bis zu den ‚SchalkeKerlzz‘ (ganz zu schweigen von den leider nur dritte-Liga – ‚St. Pauli Queerpass‘). Selbst im offiziellen Liga-Betrieb gibt es mit den Münchner Streetboys unter dem Namen ‚Team München‘ inzwischen eine schwule Mannschaft (in der Kreisklasse).

Aber wie sieht es unter Fußball-Spielern aus? Insbesondere unter Profi-Fußballern?
Offiziell gibt es keinen einzigen offen schwulen Profi-Fußballer in Deutschland. Schwule Spieler schweigen und verschweigen lieber, verschweigen ihr Leben, ihr Schwulsein, ihren Partner – wie z.B. Antiteilchen berichtet. Entsprechend schwierig und langwierig (zwei Jahre) gestalteten sich die Recherchen zu einem Artikel über schwule Profi-Fußballer – und doch, es fanden sich einige, die unter Wahrung ihrer Anonymität Auskünfte gaben.

‚Einer von elf Fußballern ist schwul‘, so titelt „Rund- das Fußballmagazin“ seine am 22. November erscheinende Dezember-Ausgabe. Unter dem Titel „Ein Outing wäre mein Tod – warum homosexuelle Fußball-Profis gefährlich leben“ berichtet das Magazin über schwule und lesbische FußballspielerInnen und Homophobie im Profi-Fußball.

Das Magazin begleitet den Artikel in der Dezember-Ausgabe mit einer Themenwoche „Homosexualität und Homophobie im Spitzenfußball“ . Darin wird online zwischen dem 22. und 29. November unter anderem berichtet über den (inzwischen verstorbenen) einzigen offen schwulen Spitzen-Schiedsrichter John Blankenstein, lesbische Spielerinnen in der Frauen-Fußballbundesliga oder Homosexualität und Homophobie im italienischen Profi-Fußball.

Einige Links zu schwul-lesbischen Fußball-Aktivitäten:
Hertha Junxx
Queerpass St. Pauli
Rainbow Borussen
Streetboys München
schwuler Fußball in London: Stonewall FC
und in Paris: Paris Foot Gay
Queer Football Fanclubs
International Gay and Lesbian Football Association

HIV-Prävention in Zeiten knapper Kassen

„Neue Konzepte in der HIV-Prävention“ fordert die Koalitionsvereinbarung des neuen rot-roten Senats – und stellt keine zusätzlichen Mittel bereit. Da gilt es zu fragen, wofür werden HIV-Senatsmittel bisher eingesetzt? Und – sind sie effizient (gegen HIV wirksam) eingesetzt?

Im rot-roten Entwurf zum Koalitionsvertrag 2006-2011 findet sich im „Bereich 15: Gesundheit“ der Hinweis, neue Ansätze in der HIV-Prävention sollten unterstützt werden: „In den letzten Jahren hat die Zahl von Neuinfektionen mit dem HIV wieder zugenommen. Um dieser Entwicklung entgegen steuern zu können, sind neue Konzepte der Prävention für spezifische Zielgruppen zu entwickeln und durchzuführen, insbesondere zur Ansprache von jungen Homosexuellen sowie von schwulen und bisexuellen Migranten.“
Ein begrüßenswerter, sicher auch erforderlicher Beschluss – nur dass hierfür (angesichts der bekannten Berliner Finanzsituation wenig überraschend) keine neuen Mittel zur Verfügung stehen. Woher sollen Mittel für neue Präventionskonzepte kommen?

HIV-Prävention bei Schwulen wird in Berlin von mehreren Stellen gemacht, u.a. der Berliner Aids-Hilfe, Pluspunkt und Mancheck. Die Projekte widmen sich dabei teils verschiedenen Aufgaben.
Es gibt HIV-Projekte in Berlin, die dabei vor allem gute Vor-Ort – Präventionsarbeit zu machen scheinen. Ihr Problem: sie sind gar nicht weiter ausbaubar sind unter derzeitigen Umständen, wie ich auf einer Podiumsdiskussion lerne. Die Zahl der Freiwilligen, die als DarkAngel oder Freiwilligenteams vor Ort in den Bars, Saunen und Sexparties über HIV und STDs informieren, kann gar nicht weiter aufgestockt werden – das Geld fehlt, um ihre Betreuung, Weiterbildung und Unterstützung durch die (wenigen) hauptamtlichen Mitarbeiter sicherzustellen. Kurz und knapp gesagt: eine gute vor-Ort-Arbeit wird dadurch massiv eingeschränkt, dass die nötigen Mittel für die Betreuung fehlen.

Neue Wege in der HIV-Prävention, wie sie jetzt wieder die Koalitionsvereinbarung fordert, aber keine neuen Mittel – eine Zwickmühle, ein unlösbar scheinender Widerspruch.
Aber auch eine erneute Aufforderung, die vorhandenen Ressourcen möglichst wirksam einzusetzen. Oder anders ausgedrückt: Wenn wir schon nicht genügend Geld in den Aids-Töpfen haben, wer fragt dann eigentlich einmal nach, welches Geld wofür und vor allem wie effizient ausgegeben wird? Wofür gibt Berlin überhaupt Geld aus im Rahmen der HIV-Prävention?

Ich beginne zu suchen, und wundere mich: ich habe anscheinend eine bedeutende Berliner HIV-Präventions-Einrichtung vergessen: Mann-O-Meter. Erstaunt reibe ich mir die Augen, die machen HIV-Prävention? Noch nie was davon gemerkt.
Mann-O-Meter (MoM), das schwul-lesbische Switchboard, wird aus Mitteln der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbaucherschutz im „HIV-Topf“ gefördert. Über den LABAS (ab 2006 über den DPW) erhält MoM derzeit wohl etwa 200.000€ aus den HIV- Präventionsmitteln des Landes. Gemäß MoM- Jahresbericht 2005 machten diese Labas-Mittel 48,67% der gesamten Mittel des Projektes aus (der Rest u.a. Mittel für Maneo, Spenden u.a.)

Das erstaunt mich nun noch mehr. Wenn ich in einem ersten Ansatz Mittel und Engagement ungefähr gleichsetze, heißt das dass Mann-O-Meter etwa mindestens zur Hälfte ein HIV-Präventionsprojekt ist? Hab ich da was verpasst?
Ich studiere weiter die Website und die Jahresberichte von MoM. Ja, laut Satzung sind Zweck des Vereins u.a. ‚der Ausgrenzung von Menschen mit HIV und AIDS zu begegnen‘ und ‚Unterstützung von Positiven und AIDS-Kranken‘.
Und die Realität? Auch hier hat der Jahresbericht viele blumige Details zu vermelden, liest sich fast als sei MoM tatsächlich ein Aids-Projekt. Der Internetauftritt von MoM hingegen ist zu HIV/Aids schon spärlicher.
Aber ich bleibe zunächst beim Jahresbericht. Wieviele Menschen nutzen denn MoM? Unter all den vielen, erstaunlich vielen Nutzern fallen unter dem Punkt „Info-Vermittlung 8,84% = 1.440 Besucher und Anrufer zu „HIV/AIDS/STD“ auf (bei weit über 16.000 gesamt Besuchern und Anrufern, denn alle MoM-Bereiche von ‚anonym‘ über ‚Theke‘ und ‚Gruppen‘ bis ‚Maneo‘ werden getrennt per Strichliste erfasst und dann addiert). Bei der Gruppenraumbelegung finden sich allerlei Gruppen, jedoch nichts zu Aids, und von den 712 psychologische Beratungen (davon 408 im MoM) ist auch nicht angegeben, ob einige von ihnen auch zu Aids stattfanden.

[Nebenbei, es ist eine etwas kurios anmutende Methode, die Nutzerzahl durch Addition von Strichlisten der einzelnen Bereiche zu ermitteln: ich war am vergangenen Montag im MoM, um mit Bastian Finke über meine Erfahrungen mit Maneo zu sprechen. Ich fragte zunächst am Beratungscounter nach Bastian, bestellte dann in der Wartezeit ein Wasser am Tresen und sprach anschließend im Maneo-Büro mit Bastian. Zwischendurch war ich auch noch ‚anonym‘ an den Infomaterial- Auslagen. Bin ich nun als insgesamt 4 Besuchskontakte gezählt worden? Wie gut dass ich nicht auch noch nach dem Gruppenraum gefragt hat – das hätte ja die Statistiken arg verfälscht…]

8,84% der Besuchskontakte zu HIV/Aids – und zu beinahe 50% aus HIV-Mitteln finanziert, das ist ein seltsamer Kontrast. Mein Staunen über das vermeintliche HIV-Präventionsprojekt Mann-O-Meter wird größer. Und ich frage mich: warum werden Senats-Mittel aus dem Bereich „HIV-Prävention“ in hohem Umfang für ein Switchboard ausgegeben, das kaum HIV-Prävention zu machen scheint? Wären die wenigen HIV-Mittel, die verfügbar sind, nicht an anderer Stelle effizienter (gleich gegen HIV wirksamer) eingesetzt?

Wohlgemerkt, es geht hier nicht darum, ob das Projekt Mann-O-Meter sinnvoll ist. Aber es geht darum, die für HIV-Prävention und Aids-Bekämpfung vorgesehenen Landes-Mittel möglichst effizient genau für diesen Zweck einzusetzen.
Ein schwul-lesbisches Switchboard mag weiterhin seinen Sinn haben (auch wenn hier sicher die Frage im Raum steht, inwiefern sich z.B. durch Internet etc. veränderte Umfeldbedingungen ergeben haben), und es kann begrüßenswert sein, dieses aus Senatsmitteln zu fördern. Aber bitte doch aus einem Fördertopf für schwul-lesbische Projekte, nicht aus den eh schon sehr ausgezehrten Aids-Fördermitteln.

Wenn ich mir überlege, wie viel ein vor-Ort-Projekt zur HIV-Prävention mit 200.000€ jährlich und geschickter Kombination von hauptamtlicher Betreuung / Qualitätssicherung und ehrenamtlicher vor-Ort-Arbeit bewegen könnte – das würde schon einige der in der Koalitionsvereinbarung angemahnten ’neuen Ansätze in der Prävention‘ ermöglichen …

Bare? Oder Back? Oder wohin?

Ist safer Sex out in Berlin? Wie weiter mit der HIV-Prävention? Zwei einfache Fragen – deren eingebauter Sprengstoff auf einer Veranstaltung im SchwuZ zu hitzigen Debatten und einem Anflug von Ratlosigkeit führten, sowie zu vielen Rollen rückwärts.

Bareback 01
Schon bei den Begriffen ging und geht es munter durcheinander. „Über welches Bareback redest du eigentlich?“ „Ich unterscheide Bareback lite und heavy Bareback!“ usw. Was einst Ende der 90er Jahre als eine Variante des Sex‘ unter Positiven begann, als „bewusste Entscheidung informierter Positiver“ oder (wie M. Dannecker es nennt) ‚Emanzipation vom Kondom‘, hat sich längst verselbständigt, ist zu einer pseudo-positiv besetzten Worthülse geworden, die jegliche Form von unsafem Sex zu umfassen scheint.

Nicht nur unter Teilnehmern der Diskussion, sondern weit bis in Aids-Hilfen hinein ist eine Art „Roll Back“ in der Präventionspolitik zu beobachten. Eine beunruhigende Entwicklung, bei der über „selbstverschuldete Infektionen“, „Schuld“ und „Drohen“ diskutiert und wild konzipiert wird. Eine Entwicklung, die Stefan Etgeton pointiert hinterfragt mit „wem schadet die Bareback-Debatte in der Prävention eigentlich?“ – und einen differenzierten Umgang mit dem Thema wünscht.
Warum statt Plattitüden à la „wir brauchen wieder mehr Abschreckung“ nicht abwägende, an Vernunft und informiertes persönliches Risiko-Management appellierende Botschaften wie „unter diesen Umständen [wie: 2 als Paar sexuell monogam lebende schwule Männer] ist Bareback okay, und in diesen Kontexten [z.B. der Quickie mal eben nebenbei, unüberlegt ohne Kondom] hast du ein hohes Risiko für …“ ?

Bareback 02 Doch diese Art überlegender Vernunft scheint derzeit auf dem Rückzug zu sein – diesen Eindruck konnte man zumindest zeitweise während der Veranstaltung gewinnen. „Back to the 80s“, das schien einigen Teilnehmern eher vorzuschweben.
Immer wieder kamen aus dem Publikum, vereinzelt unterschwellig auch vom Podium Rufe nach „schockierenden Plakaten“ [als gäbe es nicht längst Daten, dass auch Fotos von Raucherlungen die Anzahl der Raucher oder den Umfang des Tabakkonsums nicht senken], nach „wieder mehr Angst machen“, waren verquere Rufe nach drakonischen Maßnahmen spürbar. Woher diese Sehnsucht nach Repression, nach ‚law and order‘? Ist es die Hoffnung auf ein neues Glücksversprechen risikofreier Zeiten? Oder ein kruder Weg individueller ‚Verarbeitung‘ von Schuld- und Angstgefühlen?

„Angst ist ein schlechter Ratgeber“, riefen die Besonneneren in die Runde, „Horror-Szenarien bringen nichts“. Rolf de Witt betonte, wie wichtig es ist, Respekt für den anderen zu zeigen, nicht auszugrenzen, nicht zu verurteilen. „Tacheles reden ja – aber nicht wild in der Gegend rum provozieren“.
Erwachsene Menschen in ihren Entscheidungen zu akzeptieren, ihnen dafür kompetent Informationen an die Hand zu geben, das scheint – statt mehr Angst, mehr Repression – ein Gebot der Stunde.
Das aber erfordert nicht zuletzt neben guten Ideen aber auch ausreichende finanzielle Mittel. Oder anders herum: wer in den letzten Jahren die Mittel für HIV-Prävention ständig gekürzt hat, wie kann der sich nun über steigende Zahlen bei Neu-Diagnosen wundern? Für Information und Prävention wird zu wenig getan – ja! Aber eben (auch), weil immer weniger finanzielle Mittel dafür zur Verfügung stehen.
Von „mehr miteinander reden“ über „mehr Achtsamkeit füreinander“ und „neue Räume schaffen“, „verschiedenen Strategien für verschiedene Räume“ bis zu „safer Sex einfacher machen“ [wie es z.B. einige Wirte mit ihrer safety 4 free – Kampagne versuchen] – Ideen sind zahlreich im Raum, warten darauf, aufgegriffen, zu ausgereiften Konzepten weiterentwickelt und umgesetzt zu werden.

Warum dann immer wieder diese Schreie nach „Angst machen“, nach Drohkulissen, oft von auffallend impertinenten Schwestern vorgebracht?

Ich merke, wie diese Sehnsucht nach Repression mich erschreckt, schockiert, diese Sehnsucht nach drakonischen Maßnahmen [gern gemischt mit mangelhaften Wissen oder Inkompetenz (da wird schnell mal von der Aids-Hilfe gefordert, BZgA-Plakate zu ändern) und schnellem Delegieren an Andere („die Positiven müssen doch endlich einmal …“, „da muss die Aids-Hilfe aber doch dringend …“)]. Munter wird da Verantwortung zu-geschoben – den Positiven, der Aids-Hilfen, den Schwulen. Als sei man nicht selbst Teil davon. Als habe man nicht auch selbst Hirn und Hand, selbst aktiv zu werden, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Und mich frustriert, dass erneut Diskussionen geführt werden, die wir schon in den 80ern hatten. Das anscheinend viele nicht auf die Idee kommen, die Politik vergangener Jahre sei vielleicht doch ab und an überlegt gewesen, und die Zeiten heute anders. Ich bin froh, als Matthias das wunderbar auf den Punkt bringt: „das Leben mit Aids, mit HIV ist heute anders als vor 20 Jahren. Es ist schön, dass der Grund zur Angst weniger geworden ist – warum nur wollt ihr immer wieder Angst machen, Angst haben?“

Horror-Szenarien bringen nichts. Es gilt zu überlegen, wie wir heute realistisch und ohne Angst Informationen, auch über Risiken (zu denen neben HIV auch sexuell übertragbare Krankheiten, auch Hepatitis C gehören sollten) an den Mann bringen, die eigene Handlungskompetenz in verschiedensten Szenarien stärken können.
Nach vorne blicken, nicht Rollen rückwärts bringen uns weiter.

Schock in Brandenburg

Dass Justitia in London und Memmingen gegen Positive vorgeht, hatte ich ja bereits berichtet.

Nun aber zeigt sich das bekannte Fachblatt mit den vier Buchstaben schockiert …

Schock in Brandenburg
Dass ein sogenannter ‚HIV-Kranker‘ (was soll denn das sein? Ein HIV-Positiver? oder ein Aids-Kranker?) mit Frauen schlief, und gleich mit zwölf! Schock schwere Not! Na welcher Neid steht da denn dahinter, hat da ein frustrierter Redakteur überlegt, ‚zwölf, wann hatt‘ ich das jemals‘??? Und darüber vergessen, dass es nicht um den Sex an sich, sondern das Wörtchen ’safer‘ geht?

Besonders ekelig, dazu direkt ein Portrait-Foto mit notdürftigem Augen-Balken abzubilden. Vielleicht noch direkt die Adresse und den vollen Namen dazu, wie wär’s direkt mit ’ner Aufforderung zum Lynchen?

Das „Gold-Bingo“ darunter fällt dann wohl eher in die Kategorie „unfreiwillige Satire“ …

Ich bin nicht willens, auch noch Geld für dieses Erzeugnis auszugeben – so dass ich Ihnen den Rest der Story leider nicht erzählen kann. Aber es reicht ja auch so …

Denkmal: was wird realisiert?

Neues im Streit um das Denkmal: der LSVD Berlin-Brandenburg fordert die Realisierung entsprechend dem Entwurf der Künstler.

Denkmal 01 In Berlin wird ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen geplant. Über die konkrete Form der Realisierung hatte es zuletzt heftigen Streit gegeben.

Die Mitgliederversammlung des LSVD Berlin-Brandenburg hat am 28.10.2006 eine Resolution beschlossen. In ihr wird gefordert, das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen im Sinne des Bundestagsbeschlusses und in Form des preisgekrönten Entwurfs des Künstler-Duos Elmgreen/Dragset zu realisieren.

Unter den Erstunterzeichnern der Resolution finden sich nur Personen männlichen Vornamens. Über eine Berücksichtigung irgendwelcher bei der Diskussion am 29.8. vorgebrachten Argumente oder ebenfalls diskutierter Lösungsmöglichkeiten enthält die Rersolution keine Angaben.

Antrittsbesuch

Heute ist Polens Premierminister (und Parteichef der PiS) Kaczynski in Berlin. Über die Diskriminierung von Schwulen und Lesben in Polen wird vermutlich nicht gesprochen werden.

Jaroslaw Kaczynski ist heute zu seinem offiziellen Antrittsbesuch in Berlin.
Gesprochen wird sicher über: eine Gaspipeline durch die Ostsee, ein ‚Zentrum gegen Vertreibung‘, die EU, vielleicht generell über die gestörten Beziehungen.

Gesprochen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht darüber, wie immer noch in Polen mit Lesben und Schwulen umgegangen wird.

Das konservative doppelte Lottchen der polnischen Restauration, das nun trotz einer tiefen Regierungskrise doch gemeinsam weiter an der Macht bleibt, kann mit seiner systematischen Diskriminierung und Unterdrückung von Schwulen und Lesben weiter machen.

Als Staatspräsident Lech Kaczynski im März an der Humboldt-Uni eine Rede hielt, kam es noch zu massiven Protesten von Lesben und Schwulen.

Mehr zur Situation von polnischen Lesben und Schwulen und einer polnischen Schwulen- und Lesbengruppe in Frankfurt/Oder auch in diesem Gayweb-Artikel.
Ein weiterer Bericht über die März-Demo gegen Kaczynski findet sich hier.
Einige schöne Zitate aus einem Times-Interview Lech Kaczynskis über Homosexualität finden sich in Argus‘ Blog.

Schwule lesen … überraschend

Schwule lesen. Einen neuen Bildband vielleicht, einen Comic, manchmal auch eine Zeitschrift. Aber Marx, ach nee, das is doch längst passé. Denkste!Über den schwulen Literatursalon erfahre ich Erstaunliches: Schwule lesen Marx.
Nein, das ist kein Versprecher, kein Versehen.

wahrAus dem Programm des ‚Sub‘ in München: „Die Literaturgruppe liest und diskutiert ‚Das Kapital‘. Zehn Abende lang geht es um Karl Marx‘ Analyse und Kritik der kapitalistischen Gesellschaft…“

Schwule lesen Marx.
Es gibt also doch noch Schwule, die an trockener Lektüre interessiert sind. Die politisch diskutieren wollen, sich mit gesellschaftlichen Entwürfen, zumal kontrovers, auseinander setzen wollen.

Irgendwie – hätte dort gestanden, die Schwule Gruppe Siegen oder Marburg veranstaltet eine Marx-Lesung, gut, das kommt hin, hätte ich sofort geglaubt. Innovatives aus den Mittelstädten, gerne. Aber aus einer Großstadt? Hamburg und Frankfurt kämen wohl eh nicht in Frage für Marx-Lesungen (obwohl, mit Kapital haben sie’s ja in beiden Städten…). Und Berlin? Nee, da bekommen die so was nicht gebacken. Nun also München. Überraschung. Noch überraschender wäre wohl nur Köln gewesen …

Wäre ja schön, wenn München mal wieder ein Zeichen setzt, Trendsetter ist
Und wer’s immer noch nicht glauben mag – hier der Link zu den Terminen der Marx-Lese-Reihe.

PS. Schwule Literatursalons gibt es auch in Dresden und Berlin, weitere Informationen hier.

Petition gegen Wahlcomputer

Eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag fordert derzeit die Abschaffung der „Stimmabgabe mit Wahlgeräten“. Noch bis 28.11.2006 ist eine Mit-Zeichnung online möglich.

Wahlen erfordern viel Aufwand, wird oft formuliert, deswegen seien Vereinfachungen anzustreben. Hierzu hat das Bundeswahlgesetz einen Paragraphen 35, der die Stimmabgabe mit Wahlgeräten regelt.

Hinter dem schlichten Wort ‚Wahlgerät‘ verbirgt sich eigentlich ein Wahlcomputer. Und genau hiergegen wendet sich der Petent Tobias Hahn, der inzwischen, Stand 28.10.06, knapp 15.000 Unterstützer gefunden hat. Er fordert die ersatzlose Streichung dieses Paragraphen – und somit die Abschaffung der Möglichkeit, Wahlcomputer einzusetzen.

Die -nicht nur vom Petenten- vorgebrachte Kritik gegen Wahlcomputer zielt u.a. auf ihre leichte Manipulierbarkeit und fehlende Kontrolle.
Dass Wahlcomputer manipulierbar sind, ist vielfach gezeigt worden – man kann sie sogar dazu bringen Schach zu spielen. Insbesondere aber sei, so der Petent, bei Einsatz von Wahlcomputern nach Abgabe der Stimme keinerlei Kontrolle über die Korrektheit des Wahlablaufs mehr möglich (wie dies hingegen bei Stimmzetteln jederzeit leicht machbar ist).

Ein theoretisches Problem? Bei weitem nicht – und man muss zu Problemen mit Wahlmaschinen und Wahlanfechtungen nicht erst in die USA reisen. Auch in Deutschland werden ab und an Wahlen angefochten, erneute Auszählungen erforderlich (wie zuletzt Volkskammer-Wahl 1989 und Dachau 2002).

Durch das Fehlen der Kontrollmöglichkeit bei Einsatz von Wahlmaschinen würden fundamentale Prinzipien der Demokratie ausgehebelt (u.a. Kontrollierbarkeit des Wahlablaufs und Überprüfung einer Wahl), so der Petent.

Die Petition zur Abschaffung von Wahlmaschinen ist (nach Einrichten einer „Ersatz-Petition“ aus „technischen Gründen“) online hier erreichbar. Eine Mit-Zeichnung ist noch bis einschließlich 28. November 2006 möglich.

Hintergrund:
Öffentliche Petitionen sind ein zunächst auf 2 Jahre befristeter Pilotversuch des Petitionsausschusses des deutschen Bundestags, der seit dem 1.9.2005 läuft und über das allgemeine Petitionsrecht hinausgeht. Die Frist, innerhalb derer sich Mit-Zeichner der Petition des Haupt-Petenten anschließen können, beträgt sechs Wochen. Danach wird die Petition gemäß den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen für Petitionen vom Ausschuss behandelt. Ab 50.000 Unterschriften besteht die Möglichkeit, dass der Petent im Bundestag gehört wird.

Und falls Sie sich über die seltsame englische Internet-Adresse wundern: dazu erklärt der Bundestag selbst „Das System „Öffentliche Petition“ des Deutschen Bundestages basiert auf einem System des Schottischen Parlaments und den dort gesammelten Erfahrungen. Im Rahmen eines Modellversuchs werden die Internetseiten „Öffentliche Petition“ vom International Teledemocracy Centre an der Napier-Universität in Edinburgh zur Verfügung gestellt.“ Eigentlich beruhigend, dass im Rahmen des Modellversuchs zunächst kostensparend ein bereits bestehendes System genutzt wird (auch wenn die Adresse zunächst irritiert).

Mehr lesen:
Weitere Informationen zu Wahlcomputern, ihrer Manipulierbarkeit und ihren (nur vermeintlichen) Kosteneinsparungen in Andreas‘ Blog sowie auf Wikipedia.
Informationen zur Petition und ‚was man noch machen kann‘ auf der Wiki der Berliner Gruppe des Chaos Computer Club.

Homophobie auf den Faröer Inseln

Die Regierung der Färöer Inseln lehnt es ab, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zu verurteilen – Schwule und Lesben zu diskriminieren ist entsprechend der Gesetzgebung der Färöer vollkommen in Ordnung …

Gewalt und Diskriminierung von Homosexuellem, die als solche öffentlich auftreten, sind auf den Färöer nicht selten. Hiergegen einzutreten ist auf den Färöer schwierig – viele Bewohner scheinen der Ansicht, wenn es keine Gesetze dagegen gebe, seien Gewalt gegen und Diskriminierung von Schwulen und Lesben völlig okay.

Hiergegen protestiert die Organisation AAH Act Against Homophobia mit einer Unterschriften-Aktion . Die gesammelten Unterschriften sollen der Regierung der Färöer übergeben werden.

Die Färöer sind innerhalb des Königreichs Dänemark gleichberechtigte Nation (ähnlich wie Grönland). Die Färöer sind im Gegensatz zu Dänemark jedoch nicht Mitglied der EU.
In Dänemark ist Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung gesetzlich verboten.

Die Färöer sind allerdings über Dänemark Mitglied in der UNO – erkennen somit die Universelle Deklaration der Menschenrechte an.
Alles nur graue Theorie? Die nicht für Schwule und Lesben gilt?

… und Dank an Sabine für den Hinweis in ihrem Blog!

Wir schaffen das auch alleine …

Das Bundesverfassungsgericht hat am 19.10.2006 entschieden:
Berlin hat keinen Anspruch auf Finanzhilfen des Bundes und muss sich mit eigener Kraft von den hohen Schulden befreien. Na denn … wir schaffen das auch alleine!

Trotz? Ironie? Letzte Verzweiflung? Oder pure Satire?
Die Initiative Interaktive Demokratie http://www.idemokratie.de/ hat die Online-Spendenkampagne „Wir schaffen das auch alleine“ in’s Leben gerufen.

BerlinSpenden Mit Unterstützung des Hauptstadt-Blogs ruft iDemokratie (die auch schon bezaubernde Projekte wie „Schöner leben ohne Nazis“ initiierte) dazu auf, einen Euro (oder einen beliebigen höheren Betrag) auf ein Sammelkonto zu überweisen. Dafür darf Spenderin und Spender sich auf der Internetseite der Aktion http://www.1-euro-fuer-berlin.de mit einem Foto verewigen …

Die Initiatoren kündigen an „die Spenden werden von iDemokratie bis Weihnachten gesammelt und dann dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit zusammen mit Ihren Anregungen für den Verwendungszweck des Geldes übergeben“.

Zeigen wir gemeinsam, dass Berlin Willen und Kraft hat, zu überleben, mit (auch für weniger Wohlhabende bezahlbarer) bunter Kultur, mit (auch für Studenten bezahlbaren) Universitäten …

Und, iDemokratie betont, diese Aktion ist kein Fake …

Perlen der Alltagskultur 9

Ich kauf‘ ja auch gerne Bio – weil ich denke ich zieh mir schon genug Chemie rein in From von Pillen, und außerdem schmeckt’s einfach besser. Leider lässt die Haushaltskasse nur selten den Gang in den Bio-Markt zu, aber letzte Woche war’s wieder soweit – und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen:

Bio-Hundefutter

Bio für den Hund? Um genauer zu sein, für „Junior bis 1 Jahr“?
Brauchen wir das wirklich? Haben wir keine größeren Probleme?
Na ja, wenn’s denn sein soll…
„Verkauft sich aber gut!“, erklärt die freundliche Verkäuferin auf Nachfrage, „Wir müssen den Korb täglich nachfüllen.“