Kurz notiert … Oktober 2010

28. Oktober 2010: Hepatitis C : Die DAH weist hin auf Verhaltensänderungen bei Hepatitis-C-Behandlung: neue Medikamenteninformationen

24. Oktober 2010: Trotz seiner langwährenden Freundschaft mit Ernie sei er nicht schwul, lässt Sesamstraßen-Figur Bert erklären.

22. Oktober 2010: Die derzeit angewendeten US-Behandlungsrichtlinien für die Behandlung von Syphilis bei HIV-Positiven haben eine sehr geringe Evidenz-Basis, betont eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift.

Mit Ritonavir (Handelsname Norvir®) geboostetes Saquinavir (Invirase®) kann zu Herzrhythmusstörungen führen, berichten Medien. Die US-Packungsbeilage wurde geändert.

Der Pharmakonzern Johnson & Johnson macht Infektionskrankheiten (darunter HIV)  zu einer Priorität seiner Geschäftsaktivitäten.

21. Oktober 2010: Den seltenen Fall einer HIV-Übertragung durch eine Messer-Attacke haben Forscher in Taiwan dokumentiert.

19. Oktober 2010: Auch München braucht einen Gedenkort für schwule NS-Opfer, fordert die Rosa Liste in einem Antrag.

15. Oktober 2010: Zwei HIV-positive Strafgefangene haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erfolgreich gegen Russland bzw. gegen die Ukraine geklagt. Sie erhielten Schmerzensgeld in Höhe von 27.000 bzw. 8.000 Euro zugesprochen, ihre medizinische Versorgung sei menschenunwürdig.

Die ARGE muss die Fahrtkosten zur Substitutionsbehandlung übernehmen, urteilte das Sozialgericht Wiesbaden.

Aids könne eine „Art von immanenter Gerechtigkeit“ für den Missbrauch der Liebe sein, meint der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz von Belgien.

14. Oktober 2010: Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat ihre Richtlinie zur Behandlung der HIV-Infektion bei Frauen und Kindern aktualisiert.

13. Oktober 2010: Über 80.000 Menschen im Iran seien an Aids erkrankt, meldet der unabhängige Sender ‚Radio Zamadeh‘ aus Amsterdam. Offizielle Zahlen liegen bei 22.000.

Der Pharmakonzern Abbott hat mit dem niederländischen Biotech-Unternehmen Qiagen eine Vereinbarung geschlossen über die gemeinsame Vermarktung von Tests auf HIV, Hepatitis C und Humane Papilloma-Viren.

„The Gay Liberation Front’s social revolution“ – Peter Tatchell erinnert in einem Kommentar an die Gründung der Schwulengruppe ‚Gay Liberation Front‚ in London am 13. Oktober 1970.

11. Oktober 2010: Der Vertreib von HIV-Heimtests ist gesetzlich geregelt, (nicht nur) die DAH warnt immer wieder. Nun warnen auch Ärzte vor HIV-Heim-Tests.

Medizinische Leitlinien haben weitreichende Folgen. Entstehen sie immer unabhängig? Über Interessenverflechtungen berichtet „Augen auf beim Leitlinien-Kauf“

9. Oktober 2010: In Paris findet die  erste Internationale Konferenz homosexueller Muslime (CALEM Conférence des associations LGBT européennes et musulmanes) statt – unter Beteiligung der beiden einzigen offen homosexuellen Imame.

7. Oktober 2010: Uridin hilft nicht gegen Fettschwund bei HIV-Positiven (Lipoatrophie), zeigte eine US-Studie.

6. Oktober 2010: Erstmals soll ein ‚therapeutischer Impfstoff‚ eine „funktionale Heilung“ erreicht haben – bei SIV, einer ‚Affen-Variante‘ von HIV. In einer Gruppe mit der Substanz des Unternehmens VIRxSYS Corporation geimpfter Affen soll die HIV-Vermehrung unter Kontrolle und das Voranschreiten der Erkrankung aufgehalten worden sein.

5. Oktober 2010: Wegen Unwirksamkeit beendet der Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) alle seine Studien zum Herpes-Impfstoff „Simplirix“.

4. Oktober 2010: Klassischer Fall von Homophobie gepaart mit Serophobie in Indonesien: der Informationsminister macht Schwule für Aids verantwortlich.

„Schwulenhass bleibt ein Thema“, betont Dirk Brüllau vom schwul-lesbischen Netzwerk „Queer Football Fanclubs“ zum Thema Homophobie und Fussball im Magazin „11FREUNDE“.

3. Oktober: Der Brite Robert Edwards erhält den diesjährigen Medizin-Nobelpreis für die Entwicklung der künstlichen Befruchtung. Erst jüngst hatte der G-BA einen Anspruch auf künstliche Befruchtung als GKV-Leistung auch für von HIV betroffene Paare beschlossen.

2. Oktober: US-Präsident Obama entschuldigt sich nach über 60 Jahren für Syphilis-Versuche in den 1940er Jahren. Ohne ihr Wissen wurden 1.500 Menschen in Guatemala mit Syphilis infiziert, um die Wirkungsweise von Penicillin zu untersuchen. Die Teilnehmer hatten keinerlei Möglichkeit einer informierten Einwilligung (informed consent). Die Untersuchungen fanden im Zusammenhang mit dem berüchtigten „Tuskegee Syphilis Experiment“ statt.

1. Oktober 2010: Homosexuelle mit einzubeziehen sei entscheidend für Malawis Kampf gegen Aids, betonte die Vizepräsidentin des afrikanischen Staates, Joyce Banda, bei einem Spitzentreffen religiöser Führer. Schwule und Lesben seien eine Realität in Malawis Gesellschaft, dies dürfe nicht ignoriert werden.

Welche Anforderungen und Bedürfnisse haben Transgender-Männer an HIV-Prävention?, fragt ‚Youths2getherNetwork: „What are transgender men’s HIV prevention needs?“

Sexualaufklärer Oswald Kolle ist bereits am 24. September im Alter von 81 Jahren in den Niederlanden verstorben, wie erst am 1. Oktober bekannt wurde.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat am 1. Oktober den Verdienstorden des Landes Berlin an 14 Bürgerinnen und Bürger verliehen, darunter auch an Kai-Uwe Merkenich, von 2000 bis 2009 Geschäftsführer des Berliner Aids-Hilfe e.V..

Der von der französischen Staatssekretärin für Sport Rama Yade angekündigte ‚Aktionsplan gegen Homophobie im Sport‚ nimmt Gestalt an, die Arbeitsgruppe, die den Plan entwickeln soll, kam zu einem ersten treffen im Ministerium zusammen.

Kinofilm „Themba – Das Spiel seines Lebens“ mit UNICEF-Kinderrechtspreis ausgezeichnet

Auf dem 13. internationalen Filmfestival in Sansibar (Afrika) wurde der Kinofilm „Themba – Das Spiel seines Lebens“ mit dem UNICEF-Kinderrechtspreis für Filme ausgezeichnet. Anlässlich der Deutschlandpremiere des Films am 1. August 2010 in Köln überreicht UNICEF die Auszeichnung an die Regisseurin Stefanie Sycholt.

„Themba“, in dem auch der frühere deutsche Nationaltorwart Jens Lehmann in einer Nebenrolle als Fußballtrainer mitspielt, erzählt die packende Geschichte einer ungewöhnlichen Befreiung im Gastland der gerade zu Ende gegangenen Fußball-Weltmeisterschaft.

Der elfjährige Themba kämpft sich durch seine Fußballkünste aus ärmsten Verhältnissen bis in die Jugendnationalmannschaft Südafrikas, Bafana Bafana. Auf dem Höhepunkt erfährt er, dass er HIV-positiv ist – Folge einer erlittenen Vergewaltigung. Doch Themba beschließt, das Schweigen um Aids zu brechen.

Der Name „Themba“ bedeutet übersetzt „Hoffnung“. Jens Lehmann erklärte nach den Dreharbeiten: „Ich wünsche den Kindern in Afrika, dass sie ebenso glücklich wie die Kinder in Deutschland leben und spielen können.“

Jens Lehmann bei seinem Schauspieldebut mit seinen südafrikanischen Schauspielkollegen (Foto: UNICEF)
Jens Lehmann bei seinem Schauspieldebut mit seinen südafrikanischen Schauspielkollegen (Foto: UNICEF)

„Themba“ wurde mit dem UNICEF-Preis ausgezeichnet, weil er ebenso unterhaltsam wie überzeugend das Leben von Kindern und Jugendlichen im südlichen Afrika erzählt. Er zeigt ihre Probleme wie extreme Armut und Aids genauso wie ihre Träume, ihre Hoffnungen und ihre Entschlossenheit, das Elend zu überwinden. „Themba“ ist Kino über Menschen – für Menschen“, sagt Rudi Tarneden, Sprecher von UNICEF Deutschland.

Seit sechs Jahren ehrt UNICEF im Rahmen des internationalen Filmfestivals in Sansibar den jeweils besten Film, der am überzeugendsten die Kraft der Kinder im Kampf um ihre Rechte im südlichen Afrika ausdrückt. „Themba“ gewann auch den künstlerischen Hauptpreis des diesjährigen Festivals als bester Film. Mit großer Intensität folgt „Themba“ seinem Helden und schafft es dabei, Tabuthemen wie Aids oder Missbrauch zu erzählen, ohne jemals die Hoffnung zu verlieren.

Nach Schätzungen von UNICEF hat Südafrika eine der höchsten Aids-Infektionsraten auf der Welt. Jedes Jahr stecken sich rund 500.000 Menschen neu an. Auch Gewalt in Familien und Missbrauch sind verbreitet. Allein 2008/2009 wurden 50.000 Kinder Opfer von Gewalt.

UNICEF unterstützt in Südafrika landesweite Programme für Kindergesundheit, den Aufbau kinderfreundlicher Schulen, Aids- Prävention und Kinderschutz sowie Sportprogramme. UNICEF setzt sich auch politisch für die Kinderrechte ein.

(Pressemitteilung UNICEF)

Hinweis:
„Themba“ wird auch gezeigt im Rahmen der „Positiven Begegnungen 2010“, am 27. August 2010 um 20:30 Uhr, mit anschließender Diskussion mit Dr. Lutz van Dijk, Autor des Romans „Themba“, auf dem der Film basiert.

Kurz notiert … Juni 2010

28. Juni 2010: In Kiel wird ein 47jähriger HIV-positiver Mann zu fünf Jahren Haft verurteilt wegen vollendeter sowie gefährlicher Körperverletzung.

25. Juni 2010: Ist einer Heilung von HIV/Aids möglich? Kann HIV komplett wieder aus dem Körper entfernt werden? Das US-amerikanische Magazin Technology Review untersucht diese Frage in einem umfangreichen Artikel „Can AIDS be cured?“

24. Juni 2010: Eine Kommission der Vereinten Nationen soll sich zukünftig einsetzen gegen Gesetze, die HIV-Positive und Aids-Kranke diskriminieren.

22. Juni 2010: Auch Aidshilfen können insolvent werden (auch wenn die Malaise in diesem Fall bereits eine längere Vorgeschichte hat): Aids-Hilfe steht vor dem Aus

19. Juni 2010: Courage beim Berliner CSD. Die Veranstalter wollen Judith Butler, Gender-Theoretikerin aus den USA, mit dem Zivilcourage-Preis ehren – und Butler lehnt auf der Bühne ab, der CSD sei zu kommerziell und richte sich nicht gegen wichtige Problem wie Rassismus oder doppelte Diskriminierung, z.B. von homo- oder transsexuellen Migrant/innen: Judith Butler nimmt Preis nicht an

17. Juni 2010: Kondome bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika, oder nicht?: Erst gegen Aufklärung. Jetzt plötzlich dafür, als sei nichts gewesen. – Endlich: Fifa gegen Aids.

15. Juni 2010: Nadja Benaissa hat eine Biografie verfasst. „Alles wird gut“ soll am 9. September erscheinen. Zuvor muss sich die Pop-Sängerin vor Gericht verantworten, am 16. August beginnt ihr Verfahren wegen des Vorwurfs gefährlicher Körperverletzung.
Die Einwohner von St. Petersburg (und der Rest der Welt) staunen über die Penis-Brücke.

12. Juni 2010: schwule Feuerwehrleute willkommen? – „Deutscher Feuerwehrtag Leipzig – Feuerwehr weltoffen und tolerant – Homosexualität als Thema auf der Interschutz“

10. Juni 2010: In Frankreich häufen sich Probleme mit der Medikamenten-Versorgung bei anti-HIV-Therapien. „Antirétroviraux: des ruptures de stocks en France“
Deutschland blockiere immer noch die Anti-Diskriminierungs-Richtlinie der EU, klagen (nicht nur) EU-Vertreter: „Brussels keen for Berlin to unblock EU gay rights law“.

9. Juni 2010: Kleinkrieg in der Aids-Arbeit in Brandenburg? „Kontrovers – Krieg im Präventionsmilieu“, berichtet blu.

8. Juni 2010: Steiermark: Mutter vor Gericht. Sie hatte ihr HIV-positives Kind nicht behandeln lassen wollen, trotz lebensbedrohlicher Lungenentzündung. Heute steht die ‚Anhängerin eines bekannten Wunderheilers‘ in Graz vor Gericht: „Körperverletzung – Mutter von HIV-Baby heute vor Gericht“
Reifungs-Inhibitoren sind eine neue Substanzklasse mit einem völlig neuen Ansatz gegen HIV – dich der einzig verbleibende Hersteller hat nun die Entwicklung vorerst gestoppt. man wolle für die weitere Entwicklung der Substanzklasse einen Partner suchen. „Myriad halts HIV maturation inhibitor drug programme“

7. Juni 2010: Muss Chemotherapie bei HIV-Positiven unter HAART mit Krebs-Erkrankungen anders dosiert werden? „People on HIV Meds Might Need Different Chemo Doses for Cancer“, berichtet POZ vorab über ein Poster auf der Jahreskonferenz der American Society of Clinical Oncology (ASCO).

5. Juni: Infizierte ein Akupunkteur in der Schweiz zahlreiche Menschen mit HIV, womöglich mit Absicht? Was bisher ein Verdacht ist, formuliert die Boulevard-Presse als vermeintliche Tatsache: „Heiler steckte 18 Menschen mit Aids an“.

4. Juni 2010: Anlässlich der Fußball-WM in Südafrika: Philipp Lahm ruft Fans zu Schutz vor HIV/Aids auf

3. Juni 2010: Bio-Terrorismus-Vorwürfe gegen HIV-Positive auch in den USA, nicht nur in Deutschland. Vorwürfe, die gegen einen HIV-Positiven unter Verwendung eines staatlichen Bioterrorismus-Gesetzes erhoben wurden, wurden nun niedergerschlagen. „Activists, advocates applaud dismissal of bio-terrorism charges“, berichtet The Michigan Messenger.

2. Juni 2010: Annie Lennox wird zum International UNAIDS Goodwill Ambassador ernannt.

1. Juni 2010: Outing oder nicht Outing? Mit der „Ethik und Etikette des Outing“ beschäftigt sich aus aktuellem Anlass Timothy Kincaid auf Box Turtle Bulletin: „The ethics and etiquette of outing

Droht eine Rückkehr des Problems der Resistenzen, falls HIV-Medikamente in großem Umfang zur ‚Prä-Expositions-Prophylaxe‘ (PrEP) eingesetzt werden? „Treatment and PrEP could be on a ‘collision course’, warns resistance expert“, berichtet aidsmap.

Michael Ballack gegen Aids

Michael Ballack, Fußballspieler und Mannschaftskapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, engagiert sich im Kampf gegen Aids. In einem Video erklärt er warum.

Auf seiner eigenen Internetseite erklärt Ballack mit Datum 15.10.2009:

„UNAIDS has its own YouTube channel, which is where you can watch an interview with Michael Ballack during which he talks about why he is committed to the fight against AIDS.“

Im eigenen UNAIDS-Channel von youtube findet sich das Video, das ursprünglich von Chelasea TV produziert wurde. Ballack ist bis Sommer 2010 vertraglich an den FC Chelsea gebunden.

youtube Interview mit Michael Ballack über Aids und UNAIDS (1.54 min.)

Coming Out schwuler Fussball-Profis?

Gibt es bald das erste Coming Out eines schwulen Fußball-Profis?

Ja, meint Corny Littmann, und warum nicht gleich massenhaft?:

„Das halte ich für denkbar, ja. Allerdings wird es sicherlich kein Einzelner sein. Wenn es passiert, werden es mehrere zeitgleich tun. Mannschafts- und vielleicht auch ligenübergreifend. Vorher erwarte ich aber noch das Outing eines namhaften Exprofis. Das wäre der nächste Schritt.“

Und erklärt auch gleich, warum ein Coming Out eines Fussball-Profis nicht so einfach ist. Outing könnte der Karriere schaden (sie der Fall Daum, der sich ja sogar doch noch endlich irgendwann vielleicht mit schwulen Fans versöhnt …):

„Kölns Trainer Christoph Daum ist doch das lebende negative Beispiel.“

Corny Littmann, Präsident des FC St. Pauli, im Interview mit dem Hamburger Abendblatt am 30.10.2008.
Und das Blatt signalisiert mit der Überschrift „Schon bald kollektives Outing“, dass es den Unterschied zwischen Outing und Coming Out nicht verstanden hat …

Nachtrag 30.10.2008: ergänzend: am 7. November 20:15 bis 21:15 erneut im Programm des DSF: die Doku „Das große Tabu – Homosexualität und Fußball“ von Aljoscha Pause, gerade ausgezeichnet mit dem Felix-Rexhausen-Preis 2008

Hassgegner schwul

Ein Samstag Nachmittag 2008. Fußball, in Rostock. Auseinandersetzungen. Klischees. Und Homophobie.

„Sportlich läuft es, wie es soll: In der 30. Minute geht Hansa in Führung. Die Stimmung ist ausgelassen und friedlich, von Fanfeindschaft ist auf der Nordtribüne zu diesem Zeitpunkt keine Spur. Nun plätschert das Spiel so vor sich hin, Hansa hat das Geschehen sportlich weitgehend im Griff. Die Fans sind zufrieden und stimmen erneut Gesänge an: „Wir haben einen Hassgegner, das sind die schwulen Hamburger“. Die Südtribüne macht es vor, die Nordtribüne nach. Die Teenager holen bei diesem Gesang noch einmal alles aus ihren Kehlen, durch die Anspannung beim Schreien treten sogar die Adern in ihren Gesichtern hervor. Es scheint, als sei es das Empfinden von Gemeinschaft, das hilft, über 90 Minuten hinweg die Kraft zu finden, die nötig ist, um diese Stimmbandtortur durchzuhalten.“

Den vollständigen ‚Spielbericht‘ aus Rostock (wo rechter Schwulenhass erst jüngst beim CSD für Aufsehen sorgte) unter dem Titel „Hansa Rostock vs. St. Pauli – wenn Fußball zur Nebensache wird“ gibt’s bei endstation-rechts.de.

Fußball-EM in Kreuzberg 36

Fußball-EM in Kreuzberg 36

– ein Gast-Beitrag von Stefan Reck –

EM am KottiWer in Kreuzberg 36 bei der Europameisterschaft Fußball schaut, ist manchmal etwas irritiert. Fußballfans in dem Bezirk Kreuzberg, der gemeinhin als Klein-Istanbul bekannt ist, werden oftmals überrascht, wenn sie die Verhältnisse vor Ort nicht kennen.
Im türkischen Kiosk fällt ein Tor für die Deutschen, was man aber gar nicht vermutet, denn gejubelt wird trotzdem. Der Verkäufer entschuldigt sich sogar für das vermeintliche Tor der Türken, was sich im nächsten Moment als falsche Vermutung herausstellt. Es kann aber auch passieren, dass die Deutschen mit türkischen Fahnen herumlaufen und in vermeintlich türkische Kneipen gehen um dann irritiert festzustellen, dass die dort versammelten Zuschauer zwar alle die türkische Nationalität haben, aber frenetische Deutschlandfans sind. Geradezu irrwitzig wird es dann am Kottbusser Tor, eher einem sozialen Brennpunkt in Kreuzberg. Das in den 70er Jahren gebaute Kreuzberger Zentrum hat eine klare Aufteilung. Auf Straßenniveau schauen sich die türkischen Fans zusammen mit deutschen Freunden das Spiel an, wobei beide Seiten jubeln, auf der Galerie im ersten Stock feierten währenddessen türkische Jungs jedes Tor der Deutschen lauthals.

EM am KottiHintergrund für diese etwas verkehrte Welt ist der seit Jahrzehnten bestehende Kampf zwischen Türken und Kurden, der sich an diesem Ort entlädt. Während die meisten Türken mit Hingabe das Spiel ihrer Mannschaft verfolgen, sind die kurdischen Jungs immer auf der Seite der Gegner und da ist es zwar egal, wer da gegen die türkische Mannschaft spielt, bei der Deutschen Mannschaft ist der Jubel nur noch etwas lauter. Leider wird daraus dann schnell ein ziemlich nationalistisches und politisches Hick-Hack, was bei dem Halbfinalspiel doch noch zu einem kleinen Polizeieinsatz führte. Kurz nach dem Anpfiff rannten die Kurden skandierend auf die Straße und provozierten so die türkischen Fans. Schnell standen sich zwei Gruppen gegenüber, jede auf einer Straßenseite, und riefen ihre Parolen, die nun gar nichts mehr mit Fußball zu tun hatten.

Die Kurden riefen den Namen ihres inhaftierten Führers Abdullah Öcalan und lauthals Deutschland, die Türken hielten mit Rufen wie Bastarde, Türkiye und nationalistischen sowie faschistischen Gesten (dem Zeichen der Grauen Wölfe) dagegen. Ein kurdischer Vater sah sichtlich aufgebracht seinen Sohn auf der Galerie grölen. Ein kurzer Blick genügte und der Sohn wurde ruhig „Er hatte mir versprochen keinen Unsinn zu machen“ so der O-Ton zu dieser Situation.
Die Polizei tat ihren Job – sie trennte die Straße mit den Berliner Wannen und versperrten beiden die Sicht. Nach einer halben Stunde war die obskure Situation vorbei, die so manche Kreuzberger, die diese Aktion beobachteten, etwas irritierte.

Die meisten Türken waren jedenfalls traurig, ließen sich das Feiern aber nicht nehmen. So sah man in den Hauptstraßen Kreuzbergs viele Autos mit deutschen und türkischen Fahnen, überfüllt mit Menschen, die teilweise im Kofferraum der Fahrzeuge standen und mit einem ohrenbetäubenden Hupkonzert durch die Nacht fuhren. Auf der anderen Seite konnte man den einen oder anderen Deutschen mit türkischen Fahnen sehen, die das Ausscheiden der türkischen Mannschaft bedauerten. Verkehrte schöne und bizarre Welt in Kreuzberg.

Coming Out eines Profi-Fußballers

Premiere im Fußball, zumindest im französischen Profi-Fußball: erstmal hat ein hochrangiger ehemaliger Liga-Spieler und früherer Nationalspieler sein Coming-Out.

Olivier Rouyer hat in der Fußballsendung ‚L’Equipe Magazine‘ (Ausgabe 16.2.2008) erklärt „Ja, ich bin schwul“. (via)

Rouyer, heute 52 Jahre alt, war in den 1970er Jahren Stürmer der Erstliga-Mannschaft von Nancy und der französischen Fußball-Nationalmannschaft. Heute ist er u.a. Berater des Bezahl- Kanalsystems Canal+.

Rouyer berichtete im TV weiter: „Anfangs hab ich ich versteckt. Eine Freundin diente mir als Alibi. Aber als ich nach Strasbourg ging [1981], hab ich mich verliebt, und ich wurde es leid zu lügen.“ Rouyer zog sich zurück. Bis heute. „Ich bin jetzt 52 Jahre alt, und ich bin glücklich. Es ist an der Zeit darüber zu sprechen …“

Einer von elf Fußballern ist schwul„, hatte das deutsche Fan-Magazin ‚Rund‘ schon Ende 2006 getitelt. Der Ruf blieb bisher ungehört, kein deutscher Profi-Fußballer hatte bisher sein Coming-Out als Schwuler.
Doch hierzulande heißt es nur zu oft immer noch ‚Ich bin Fußballer. Ich kann nicht schwul sein‘. Zur EM 2008 findet in Wien immerhin ein Plakat-Wettbewerb gegen Homophobie im Fußball statt, ‚endlich schwuler kicken‚ …

Kurznachrichten 07.02.2008

„HIV-Arztpraxen fürchten das aus“, titelte der Berliner ‚Tagesspiegel‘ gestern. Berliner Ärzte befürchten eine deutliche Verschlechterung der Behandlungsqualität für HIV-Positive, da ihre Sondervergütungen gekürzt worden seien (bisher nur von der Berliner AOK) und diese zudem nur noch für Berliner Patienten gezahlt würden. Wieder einmal alles eine Frage des Geldes … ob die K3A-Studie im Kontext ärztlicher Honorarvereinbarungen steht?
Die dahinter stehenden strukturellen Probleme sind hinlänglich bekannt, z.B. aus der Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben im Umland von Großstädten. Strukturelle Probleme, die sicher auch einer Lösung bedürfen – Probleme jedoch, deren Leidtragende nicht Patienten, hier HIV-Positive sein können.

Das gerade auch in Deutschland ja sehr beliebte Reiseland Ägypten tut sich derzeit besonders in Sachen Diskriminierung HIV-Positiver hervor, berichtet pinknews über eine Serie von Verhaftungen von ägyptischen Bürgern, bei denen zudem teils unfreiwillig HIV-Tests gemacht wurden. Human Rights Watch protestiert.

Homophobie hat freies Fahrwasser„, weist ‚der Standard‘ auf den Plakatwettbewerb gegen Homophobie im Fußball hin, der anlässlich der EM 2008 in Wien veranstaltet wird. „2008: Endlich schwuler kicken …
In Köln finden 2010 die VIII. Gay Games statt. Schwulissimo berichtet über einen gewonnenen Großsponsor.

Last not least, „Fiskus scannt 100.000 Webseiten am Tag“, informiert die FAZ. Natürlich um ‚unternehmerische Tätigkeiten‘ zu finden, bei denen sich Steuern kassieren ließen. Wie gut, dass ich im Gegensatz zu einigen anderen Mit-Bloggern der Blog-Parade ruhigen Herzens beim Bloggen sagen kann: keine finanziellen Interessen…

2008: endlich schwuler Kicken

Tausende Fußballer und Fußball-Fans treffen sich im Sommer diesen Jahres in Österreich und der Schweiz (gestern begann der Ticket-Verkauf). Europameisterschaft 2008 ist das Zauberwort, dass nicht nur die Gemüter erhitzt.
Aber, trotz Sommer und heißer Stimmung, wie warm ist der Fußball im Sommer 2008?

„25 schwule Profikicker müsste es in der Österreichischen Bundesliga geben, wenn man annimmt, dass von 500 Profispielern wie in der Gesamtbevölkerung fünf Prozent homosexuell sind“, schreibt qwien.at. Und doch, wir hatten es nicht anders vermutet – es gibt keinen einzigen offen schwulen Profi-Fußballer, weder in Österreich noch in Deutschland.

Die Österreicher sind mutig – in Deutschland titelte ‚Rund‘ noch im November 2006 „Einer von elf Fußballern ist schwul„, bei den Österreichern sollen es jetzt direkt die fünf Quoten-Prozent sein. Da müssten dann während der Europameisterschaft ja einige Stadien recht homosexuelle Kurven haben können …

Wenn da nicht das Klischee von Männlichkeit, Herbe und ‚letzer Männer-Domäne‘ wäre. Fußball und offen schwul – immer noch scheint dies ein Widerspruch, je höher in den Ligen man blickt. Den lesbischen Fußballspielerinnen (und Fans) geht es nicht wesentlich anders, auch wenn hier die Gerüchteküche heißer kocht.

Homosexualität und Fußball, das sind immer noch zwei Themen, die oftmals voll Missverständnissen, Berührungsängsten (im wahrsten Sinn des Wortes), Aggression und Diskriminierung auf einander treffen.

Dem will qwien nun begegnen. qwien, das ‚Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte‘ in Wien, plant während der EM 2008 das Thema ‚Homophobie und Fußball‘ breit im Wiener Stadtbild zu behandeln.

Hierzu wurde unter dem Motto „Homo : Foul“ europaweit ein Plakat-Wettbewerb ausgeschrieben, der bis zum 30. April 2008 läuft. Einer Jury wird die besten 50 Plakatentwürfe auswählen. Die Sieger werden am 5. Juni, kurz vor dem Auftakt zur EM 2008, im Rahmen einer Ausstellung präsentiert.

Ob der Körperkontakt während und nach der EM unverkrampfter wird? Heißt die Alternative auch 2008 weiterhin „Schwuler Kicken“ oder „wahre Männlichkeit“? Oder geht beides zusammen, (Profi-)Fußball und Schwulsein?

Einer von elf Fußballern ist schwul – und gefährdet …

Wenn, rein nach Statistik, wirklich einer von elf Fußballspielern schwul ist – wo sind die dann alle? Fast unsichtbar – denn das Klima im Fußball ist teils extrem schwulenfeindlich …

Spätestens mit der WM haben auch viele Schwule und einige Lesben mehr ihre Liebe zum Fußball entdeckt, waren auf public viewings, Fanmeilen oder in Berlin gar ‚gay viewings‘. Und auch unter den Fans gibt es bei beinahe jedem Bundesliga-Verein inzwischen eine schwule oder (seltener) schwul-lesbische Fangruppe, von den ‚Hertha-Junxx‘ über die ‚HSV-Coolboys‘ bis zu den ‚SchalkeKerlzz‘ (ganz zu schweigen von den leider nur dritte-Liga – ‚St. Pauli Queerpass‘). Selbst im offiziellen Liga-Betrieb gibt es mit den Münchner Streetboys unter dem Namen ‚Team München‘ inzwischen eine schwule Mannschaft (in der Kreisklasse).

Aber wie sieht es unter Fußball-Spielern aus? Insbesondere unter Profi-Fußballern?
Offiziell gibt es keinen einzigen offen schwulen Profi-Fußballer in Deutschland. Schwule Spieler schweigen und verschweigen lieber, verschweigen ihr Leben, ihr Schwulsein, ihren Partner – wie z.B. Antiteilchen berichtet. Entsprechend schwierig und langwierig (zwei Jahre) gestalteten sich die Recherchen zu einem Artikel über schwule Profi-Fußballer – und doch, es fanden sich einige, die unter Wahrung ihrer Anonymität Auskünfte gaben.

‚Einer von elf Fußballern ist schwul‘, so titelt „Rund- das Fußballmagazin“ seine am 22. November erscheinende Dezember-Ausgabe. Unter dem Titel „Ein Outing wäre mein Tod – warum homosexuelle Fußball-Profis gefährlich leben“ berichtet das Magazin über schwule und lesbische FußballspielerInnen und Homophobie im Profi-Fußball.

Das Magazin begleitet den Artikel in der Dezember-Ausgabe mit einer Themenwoche „Homosexualität und Homophobie im Spitzenfußball“ . Darin wird online zwischen dem 22. und 29. November unter anderem berichtet über den (inzwischen verstorbenen) einzigen offen schwulen Spitzen-Schiedsrichter John Blankenstein, lesbische Spielerinnen in der Frauen-Fußballbundesliga oder Homosexualität und Homophobie im italienischen Profi-Fußball.

Einige Links zu schwul-lesbischen Fußball-Aktivitäten:
Hertha Junxx
Queerpass St. Pauli
Rainbow Borussen
Streetboys München
schwuler Fußball in London: Stonewall FC
und in Paris: Paris Foot Gay
Queer Football Fanclubs
International Gay and Lesbian Football Association