Hilfe für die bedürftigsten Menschen mit HIV sichern – die Hilfsaktivitäten der Deutschen AIDS-Stiftung

Die Kürzungen der Deutschen Aids-Stiftung im Bereich der Einzelfallhilfen (siehe Artikel Deutsche Aids-Stiftung: weniger Geld für HIV-Positive sowie Kommentar Matthias Hinz Unterlassene Hilfeleistung – Lässt die Aids-Stiftung Positive im Stich? haben zu vielen Diskussionen geführt.
Im Folgenden als Dokumentation ein Text der Deutschen Aids-Stiftung, um dessen Wiedergabe diese mich gebeten hat:

Hilfe für die bedürftigsten Menschen mit HIV sichern – die Hilfsaktivitäten der Deutschen AIDS-Stiftung

Die Deutsche AIDS-Stiftung weist durch ihr Vorstandsmitglied Dr. Ulrich Heide seit Jahren bei bundesweiten Konferenzen auf die sozial und materiell schwierige Lage vieler HIV-positiver Menschen hin. So geschehen unter anderem bei der Bundespositivenversammlung in Leipzig im Juli 2006 oder auf dem Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongress in Frankfurt 2007. In dieser Diskussion hat die Stiftung einerseits eine ausreichende soziale Sicherung für dauerhaft arbeitsunfähige HIV-positive Menschen gefordert sowie Betroffene wie AIDS-Hilfen zur politischen Einflussnahme aufgerufen. Seit mindestens vier Jahren hat sie in den genannten Zusammenhängen auf die Gefahr weiterer finanzieller Verschlechterungen für Menschen mit HIV und AIDS hingewiesen, die Transferleistungen erhalten; hier insbesondere auf die Gefahr des Wegfalls von Mehrbedarf. Die AIDS-Stiftung hat ebenfalls seit Jahren darauf hingewiesen, dass sie finanziell überfordert wäre, wenn eine große Zahl HIV-positiver Menschen sich in dauerhaften Notlagen befände und sich mehrfach an die Stiftung wenden müsse. Genau diese Situation gilt aber faktisch seit Jahren: Die Mehrzahl der Antragstellenden befinden sich in einer dauerhaft angespannten finanziellen Situation und nicht in einer einmaligen. Aufgrund ihrer finanziellen Lage und auch unter Hinweis auf die Satzung kann die AIDS-Stiftung individuelle Hilfe aber nur in Härtefällen leisten.

Die Deutsche AIDS-Stiftung ist seit ihrer Gründung 1987 in der Einzelhilfe dafür eingetreten HIV-positiven Menschen ein Mehr an Lebensqualität zu erfüllen, als durch die staatliche Grundsicherung abgedeckt wird. Hinzu kam Einzelhilfe in einmaligen, akuten Notsituationen (Verbesserung der Wohnung, Einrichtungsgegenstände, Erholungsreisen, Übernahme von Energiekosten etc.). Dank der neuen Therapien stieg seit 1996 die Überlebenszeit mit dem Virus. Damit aber auch die Zeit, die HIV-positive Menschen in Armut leben müssen. Die einmaligen Hilfen der Stiftung wurden immer öfter angefordert.

Mit der Möglichkeit der Kombinationstherapie hat sich die Gruppe der HIV-positiven Menschen ausdifferenziert. Einer großen Zahl HIV-Positiver geht es mit den Therapien gesundheitlich besser. Dieses Bild bestimmt die öffentliche Wahrnehmung. Im Verlauf der Therapie nimmt nach unserer Beobachtung und der der AIDS-Hilfen allerdings die Zahl von Nebenwirkungen und ersten Begleiterkrankungen bei HIV-positiven Menschen zu. Dies gilt vor allem für ältere Patienten. Sie können unsere individuellen Hilfsangebote nicht mehr annehmen und benötigen strukturelle Hilfe bzw. müssen Hilfsprojekte wie zum Beispiel begleitete Reisen in Anspruch. Zweitens benötigen vielen betroffene Menschen in Verlauf der Erkrankung medizinische Hilfen und Hilfsmittel, zu denen sie Eigenanteile leisten sollen. Dies ist ihnen oft nicht möglich. Die Antragszahlen und Bewilligungen zu diesen Notlagen sind seit 2004 kontinuierlich gestiegen.

Da in den Medien seit einigen Jahren immer häufiger Experten zitiert werden, die AIDS als chronische Krankheit bezeichnen, mit einer Lebenserwartung der Betroffenen, die fast die normale Lebenserwartung erreicht, wird die Spendeneinwerbung für HIV-positive Menschen in Deutschland immer schwerer. Sowohl unsere Spender wie auch Förderer von Events sprechen sich immer stärker für andere Verwendungszwecke bei den Hilfen aus (Projekte in Deutschland, internationale Hilfen).

Damit sind die materiellen und inhaltlichen Gründe für die veränderten Zielsetzungen der Stiftungshilfen vorgegeben:
(1) Die Stiftung kann nur mit dem Geld helfen, welches ihr von Spenderinnen und Spendern zu freien Zwecken oder Zweckbestimmt für Hilfen in Deutschland gegeben wird. Wenn diese Beträge zurückgehen, kann die Stiftung weniger helfen.
(2) Die Stiftung konzentriert sich mit der Einzelhilfe bei begrenzten Mitteln auf die Notfälle, in denen z.B. mit medizinischen Hilfen unmittelbar Lebensqualität erhalten werden kann. Erholungsreisen müssen in dem Fall leider zurückstehen.
(3) Wenn viele besonders stark von HIV und AIDS betroffene Menschen ihre Lebensqualität eher über Hilfsprojekte erhalten können, wird die Stiftung auch mehr für Hilfsprojekte wie z.B. betreutes Wohnen oder betreute Kranken(gruppen)reisen ausgeben. Diese Menschen sind unter allen HIV-positiven Menschen dann die Bedürftigsten.

Ein Auszug

Die Zahl der Blogs über das Leben mit HIV steigt – eine spannende Bereicherung ist ‚Jos Blog‘.

Seit Februar 2008 berichtet Jo unter dem Motto „Ein bisschen schräg, ein bisschen schwul, ein bisschen positiv“. Jo ist 24, Berliner, schwul, seit 2006 HIV positiv, seit zwei Jahren mit Steffan zusammen und gelernter Bankkaufmann.

Aus Jo’s Blog heute als ‚Appetithappen‘ und Beispiel einer ganz anderen Lebensrealität mit HIV der Beitrag „Ein Auszug“:

Ein Auszug

„Es funktioniert einfach nicht mehr… Es tut mir Leid, ich muss das beenden, es geht nicht anders!“
Die Tür knallte, ich hörte seine Schritte im Flur auf der Treppe, dann, weit entfernt, die Haustür. Verdammt noch mal! Mir wurde schlecht. Ich hab ihn nicht verletzen wollen, ich wollte bloß das Beste für ihn und mich tun. Er hatte doch längst schon einen anderen im Blick und bei uns lief es gar nicht mehr, dann sollte er auch zu ihm gehen und mich in Ruhe lassen! Es tat schon genug weh… Also hatte ich beschlossen, den Kontakt völlig abzubrechen.
Ich schaltete den Computer ein, loggte mich ins Internet und sperrte ihn in sämtlichen Messengern, in denen ich ihn gespeichert hatte, dann zog ich mich um. In so einer Situation half nur eins: Party.

Es war Mittwoch und der Club nicht so gut besucht wie an einem Samstag, doch das war mir egal. Ich hatte meine Cocktails, die mich schnell in eine weiche Welt beförderten, die Musik und irgendein männliches Wesen, das mir beim Tanzen am Arsch rumspielte. In meinem Kopf drehte sich alles und ich sackte immer wieder in die Arme meines Gegenübers, die Bässe hämmerten in meinem Hirn und vor meinen geschlossenen Augen flimmerte buntes Licht. Es roch nach Trockeneisnebel, Schweiß und Alkohol und in meinem Herzen flackerte immer wieder ein dumpfer Schmerz auf. Dann griff ich zu einem Cocktail und brachte mein Herz zum Schweigen.
„Du siehst fertig aus“, bemerkte mein Tanzpartner, der mich an die frische Luft gebracht und vor die Tür des Clubs gesetzt hatte. Und ich hatte nicht mal mehr mitbekommen, wie er mich dort hin befördert hatte.
„Ich hatte einen scheiß Tag“, hörte ich mich lallen, er lachte.
„Haben wir den nicht alle mal? Aber du brauchst was zum wach werden, sonst kotzt du dich noch voll.“
„Mir ist aber gar nicht übel. Es geht mir wirklich fantastisch. Ich kann noch alleine stehen und laufen und bin ganz klar im Kopf…“ Ich versuchte, aufzustehen, kippte aber schon beim ersten Anlauf zur Seite. „Mir ist bloß ein bisschen schwindelig, das vergeht wieder…“
„Bleib hier, ich besorg dir was.“ Er verschwand einfach, ließ mich sitzen. Ich erinnere mich nicht mehr, wie lang er weg war, doch als er wiederkam, drückte er mir ein paar bunte Pillen in die Hand.
„Schlucken“, sagte er, ich grinste.
„Danke mein Freund, genau das brauch ich jetzt!“ Und die Party ging weiter.

Wir tanzten ausgelassen, verließen den Club nach einer Weile, zogen durch Bars, bis es Morgen wurde. Wir verbrachten den Tag miteinander in seiner Wohnung irgendwo in Friedrichshain, konnten den ganzen Tag nicht schlafen, waren berauscht und euphorisch. Als es dunkel wurde, machten wir uns wieder auf den Weg. Ich habe nicht viele Erinnerungen an die Stunden, in meinem Kopf sind Bilder von Pillen und feinem, weißen Pulver, Alkohol, bunten Farben. Meine Begleiter wechselten, ich war nie allein doch nie mit derselben Person länger als 24 Stunden zusammen. Es gab immer eine Bar, an der ich mich festhielt und trinken konnte, bis mir die Scheine ausgingen und ich zu einem Geldautomaten torkeln musste, mit zitternden Fingern meine Geheimzahl eingab und hoffte, dass der Automat viele neue bunte Scheine ausspuckte.
„Ich will noch einen.“ Der Barkeeper nickte. Es war voll und er im Stress, er und seine Kollegen liefen von einem Gast zum nächsten, verteilten bunte Getränke, sammelten Geld ein, einer stand allein an der Spüle und reinigte Gläser. Ich musste auf mein frisch gefülltes Glas warten, doch ich hatte mein Gefühl für Zeit und Raum so verloren, dass es mich nicht störte und ich mich wie ein Kind freute, als ich endlich wieder neuen Alkohol in den Händen hielt. Ich schüttete das Zeug wie ein Verdurstender in mich hinein, als ich bemerkte, dass jemand direkt auf mich zukam. Vieles habe ich vergessen, doch die dunklen, warmen Augen sind noch deutlich in meiner Erinnerung. Ein Lächeln, wilde, dunkle Haare, ein trainierter Oberkörper, große Hände neben meinem Glas auf der Theke. Er beugte sich zu einem der Barjungs, bestellte etwas, der nickte, kam kurz darauf mit zwei Gläsern zurück. Der schöne Unbekannte mit den tiefbraunen Augen reichte mir ein Glas.
„Hier, ich geb einen aus.“
„Danke!“ Ich prostete kurz in seine Richtung, dann kippte ich die klare Flüssigkeit in meinen Hals, hustete. „Das ist Wasser?!“
„Ich dachte, du könntest das vertragen. Siehst ein bisschen fertig aus. Lange Nacht gehabt?“ Er ergatterte einen Hocker neben mir, rückte nah an mich heran, damit wir uns bei der lauten Musik besser unterhalten konnten.
„Ich weiß nicht“, antwortete ich, sah ihm lange in die Augen. Mein alter Begleiter war verschwunden und ich brauchte dringend einen neuen; der schöne Unbekannte schien für diesen Posten wie gemacht.
„Was haben wir für einen Tag?“, fragte ich. Im Nachhinein schäme ich mich dafür, dass ich so abgestürzt war, dass ich nicht mal genau sagen konnte, wo ich war und welcher Wochentag es war, doch in dem Augenblick was es mir nicht peinlich. Mein Gegenüber lachte. Aber kein unangenehmes Lachen.
„Es ist Samstag, also mittlerweile schon Sonntag.“ Er zwinkerte mir zu, trank aus seinem Glas. „Du bist wohl wirklich nicht mehr ganz frisch. Was hat dir zu schaffen gemacht?“
„Ich bin wieder Single, aber das ist egal.“ Meine Augen suchten nach einem Barkeeper, ich wollte was Neues zu trinken. Doch alle waren beschäftigt und bemerkten mich nicht. „Mein ganzes Leben ist egal. Alles egal. Ich soll keinen Freund haben, will das Leben nicht. Ich hab diese scheiß HIV-Seuche, keiner bleibt bei mir, es ist alles egal, alles egal… Hey! Krieg ich noch einen?“ Endlich hatte einer der Jungs auf meinen suchenden Blick reagiert, nickte und mixte mir einen neuen Caipirinha.
„Du bist HIV positiv?“ Ich sehe immer noch genau vor mir, wie aus seinem lächelnden, freundlichen Blick ein geschockt-interessierter wurde. Nicht unangenehm, nicht zu neugierig oder ängstlich, wie ich es von anderen kannte. Sondern ehrlich interessiert und offen.
„Bin ich“, nickte ich. „Aber erzähl das nicht rum, ich hab einen Ruf zu verlieren.“
Ich hätte ein Lachen von ihm erwartet, doch in seinem Gesicht rührte sich nichts. Er schaute mich an, wohl in Gedanken versunken, während ich meinen Caipirinha entgegennahm, ein bisschen mit dem Strohhalm darin herumrührte, die Limettenstücke herausfischte und das Glas dann in einem Zug bis auf den Rohrzucker leerte. Ich merkte den Alkohol immer noch nicht, hatte wohl zu viel gekokst, aber wenigstens hatte ich keine Schmerzen mehr und fühlte mich freier.
„Ich hab es auch“, sagte mein schöner Unbekannter plötzlich. „Willst du mit zu mir?“
Jetzt musste ich lachen. „Das ist die plumpste Anmache, die ich je gehört habe!“
„Dann ist sie wenigstens außergewöhnlich. Los komm, du bist überall besser aufgehoben als hier.“
Er nahm mich mit und ich konnte und wollte mich nicht dagegen wehren. Er hielt mich an der Hand, zog mich hinter sich her und ich stolperte ihm nach so gut ich konnte.
Wir fuhren mit der S-Bahn, mussten einmal umsteigen, dann laufen, ich weiß nicht mehr wie lang. Aber ich weiß noch, wie ich, in seiner Wohnung angekommen, sofort den Weg ins Schlafzimmer fand und mich auszog. Ich konnte es nicht erwarten, aus meinen Klamotten zu kommen, legte mich aufs Bett, sah ihm beim Ausziehen zu. Nackt kletterte er über mich, leckte meinen Hals entlang.
„Ich will dich blank“, raunte er mir ins Ohr und aktivierte damit das allerletzte Stückchen Verstand in meinem Kopf.
„Zieh dir was drüber, ich will keine Probleme.“
„Na, wenn du meinst…“
Ich glaube, er war enttäuscht. Nehme ich ihm auch gar nicht übel. Wahrscheinlich hätte ich mich sogar bequatschen lassen, wenn er es versucht hätte, aber er hatte sofort klein beigegeben und ein Kondom aus dem Bad geholt. Und zur Belohnung durfte er sich in mir austoben.

(Gastbeitrag, © Jos Blog)
Nachtrag 29.04.2009: Jo hat heute die Fortsetzung gepostet.

Die neue Bewegung für gleiche Rechte in den USA

Zur Situation in den USA nach den Abstimmungen über die Homo-Ehe heute ein Gast-Beitrag. Prof. Dr. Robb Kvasnak berichtet über eine Protest-Demonstration in Fort Lauderdale – ein Bericht, der ein Stimmungsbild der Situation in den USA vermittelt, und der aufzeigt, dass Protest nicht dazu führen muss, dass sich gesellschaftliche Gruppen gegenseitig diskriminieren, sondern solidarisch handeln:

Am 15. November 2008 fanden Proteste in allen 50 Bundesstaaten und in der Hauptstadt der USA statt. Erboste Menschen, meistens Schwule und Lesben aber auch heterosexuelle Freunde, haben zwei Stunden lang gegen die Volksentscheide in Kalifornien, Florida und Arizona demonstriert.

Gegen 13 Uhr Ortszeit begannen sich Protester in Fort Lauderdale vor dem Rathaus zu versammeln. Zum größten Teil waren es 50 bis 60jährige Babyboomers und 20 bis 30jährige Millennium Gen’ er. Gen X, die Kinder der Reagan Ära, hat wie in der Vergangenheit kaum Geschmack oder Zeit für Politik. Anti-Kriegs Proteste in Fort Lauderdale zogen oft kleine Gruppen von 30 bis 50 Menschen zusammen. Aber an diesem sonnigen, heißen Tag strömten unaufhörlich mehr Menschen in Shorts, Schlappen und Sonnenbrillen ein. Gegen 13h30 waren es einige Tausende, die einen Protestzug ringsum das Rathaus gezogen hatten. Plakate trugen Aufschriften wie „Habe ich gegen Ihre Ehe gestimmt?“ „Gleichheit für alle Amerikaner“ und „Did you cast a stone or a ballot?(Haben Sie einen Stimmzettel abgegeben oder einen Stein geworfen?)“ Die Luft war elektrisch mit geballter Wut. „Black, White, Gay, Straight, We will not descriminate!“ riefen sie im Chor. Von jungen Protestern angefeuert brüllte die Menge lautstark auf die Frage: Was wollen wir? GLEICHE RECHTE. Wann wollen wir sie? JETZT!

Um 14 Uhr rief eine kleine, schwarze Frau, Bischöfin Mahee, durch ein Sprachrohr und beruhigte die aufgewühlte Menschenmenge. Einige Anführer der neugeborenen Bewegung machten es klar, dass die superfrommen Rechten einen schlafenden Riesen geweckt hatten. Eine Stimmung wie die nach Stone Wall lag in der Luft. Die Leute der Millennium Generation, die erst mit 9/11 ein politisches Bewusstsein entwickelt hatten, fanden nun ihre cause célèbre, einen Leitfaden für ihr Leben: Zivilrechte für alle. Die Wahl von Barack Obama, einem Mann der durch seine gemischte Herkunft den Erfolg der Babyboomers verkörpert, nämlich dass wir alle gleich sind, hat der neuen Bewegung Hoffnung gegeben. Aber die Tatsache, dass Barack nie ein kariertes Hemd anzog und sich gegen einen Zaun anlehnte mit einem Strohhalm im Mund, um mit einem bäuerlichen Akzent des Mittelwestens den Wahlkampf zu gewinnen, war noch bedeutender. Zum ersten Mal seit Kennedy zieht ein Mann ins Weiße Haus, der seine glänzende Erziehung an der Universität Harvard nicht versteckt und der die Nation zu mehr Bildung aufruft. Leute, die denken, anstatt nur beten oder an den nächsten Hauskauf sinnen, dürfen jetzt öffentlich mit allgemeinem Respekt ihre Meinung lüften. Auch dies elektrisierte die Protester, ohne das es jemand aussprach. Damit das Gefühl der Befreiung war allen klar. Trotz ihrer Wut lächelten sie, hielten mit Fremden Händchen, umarmten einander wie die Überlebenden einer Schreckenszeit. Die USA werden eines Tages in den Fußstapfen der Europäer, Kanadier und Südafrikaner treten, und allen Staatsbürgern die gleichen Rechte geben. Es ist eine Frage der Zeit.

Robb Kvasnak, Ed.D.
Professor of Education, ESOL, bilingual education, second language teaching and acquisition

(Robb, vielen Dank für den Beitrag!)

Fußball-EM in Kreuzberg 36

Fußball-EM in Kreuzberg 36

– ein Gast-Beitrag von Stefan Reck –

EM am KottiWer in Kreuzberg 36 bei der Europameisterschaft Fußball schaut, ist manchmal etwas irritiert. Fußballfans in dem Bezirk Kreuzberg, der gemeinhin als Klein-Istanbul bekannt ist, werden oftmals überrascht, wenn sie die Verhältnisse vor Ort nicht kennen.
Im türkischen Kiosk fällt ein Tor für die Deutschen, was man aber gar nicht vermutet, denn gejubelt wird trotzdem. Der Verkäufer entschuldigt sich sogar für das vermeintliche Tor der Türken, was sich im nächsten Moment als falsche Vermutung herausstellt. Es kann aber auch passieren, dass die Deutschen mit türkischen Fahnen herumlaufen und in vermeintlich türkische Kneipen gehen um dann irritiert festzustellen, dass die dort versammelten Zuschauer zwar alle die türkische Nationalität haben, aber frenetische Deutschlandfans sind. Geradezu irrwitzig wird es dann am Kottbusser Tor, eher einem sozialen Brennpunkt in Kreuzberg. Das in den 70er Jahren gebaute Kreuzberger Zentrum hat eine klare Aufteilung. Auf Straßenniveau schauen sich die türkischen Fans zusammen mit deutschen Freunden das Spiel an, wobei beide Seiten jubeln, auf der Galerie im ersten Stock feierten währenddessen türkische Jungs jedes Tor der Deutschen lauthals.

EM am KottiHintergrund für diese etwas verkehrte Welt ist der seit Jahrzehnten bestehende Kampf zwischen Türken und Kurden, der sich an diesem Ort entlädt. Während die meisten Türken mit Hingabe das Spiel ihrer Mannschaft verfolgen, sind die kurdischen Jungs immer auf der Seite der Gegner und da ist es zwar egal, wer da gegen die türkische Mannschaft spielt, bei der Deutschen Mannschaft ist der Jubel nur noch etwas lauter. Leider wird daraus dann schnell ein ziemlich nationalistisches und politisches Hick-Hack, was bei dem Halbfinalspiel doch noch zu einem kleinen Polizeieinsatz führte. Kurz nach dem Anpfiff rannten die Kurden skandierend auf die Straße und provozierten so die türkischen Fans. Schnell standen sich zwei Gruppen gegenüber, jede auf einer Straßenseite, und riefen ihre Parolen, die nun gar nichts mehr mit Fußball zu tun hatten.

Die Kurden riefen den Namen ihres inhaftierten Führers Abdullah Öcalan und lauthals Deutschland, die Türken hielten mit Rufen wie Bastarde, Türkiye und nationalistischen sowie faschistischen Gesten (dem Zeichen der Grauen Wölfe) dagegen. Ein kurdischer Vater sah sichtlich aufgebracht seinen Sohn auf der Galerie grölen. Ein kurzer Blick genügte und der Sohn wurde ruhig „Er hatte mir versprochen keinen Unsinn zu machen“ so der O-Ton zu dieser Situation.
Die Polizei tat ihren Job – sie trennte die Straße mit den Berliner Wannen und versperrten beiden die Sicht. Nach einer halben Stunde war die obskure Situation vorbei, die so manche Kreuzberger, die diese Aktion beobachteten, etwas irritierte.

Die meisten Türken waren jedenfalls traurig, ließen sich das Feiern aber nicht nehmen. So sah man in den Hauptstraßen Kreuzbergs viele Autos mit deutschen und türkischen Fahnen, überfüllt mit Menschen, die teilweise im Kofferraum der Fahrzeuge standen und mit einem ohrenbetäubenden Hupkonzert durch die Nacht fuhren. Auf der anderen Seite konnte man den einen oder anderen Deutschen mit türkischen Fahnen sehen, die das Ausscheiden der türkischen Mannschaft bedauerten. Verkehrte schöne und bizarre Welt in Kreuzberg.

Sind Kondome wirklich sicher?

In der Rubrik „Satire am Sonntag“ heute ein Gastbeitrag zum Thema Sicherheit (der Verfasser ist der Redaktion bekannt):

—NUR FÜR FACHPUBLIKUM — NICHT FÜR LAIEN — NUR FÜR FACHPUBLIKUM — NICHT FÜR LAIEN –

RESTRISIKO KATALOGISIERUNGS INSTITUT

(„Gelebte Statistik – garantierte Sicherheit“)

UND

Besorgnis-Zentrale für gesellschaftliche Absicherung

(„SICHER IST NIE SICHER GENUG!“)

Die aktuelle Debatte zu neuen Präventions-Empfehlungen aus der Schweiz macht eine Konzentration auf Kernfragen der HIV-Prävention notwendig: Sind die Präventionsbotschaften sicher? Können wir Experten wirklich den einfachen Menschen vertrauen, dass sie die komplexen Safer-Sex-Regeln 100%ig verstehen und anwenden, so wie wir das wollen? Unsere neue Reihe widmet sich diesen und anderen Fragen. Demnächst erscheinen:Viren im Zwölffingerdarm: die XXL-Gefahr“

´Küssen: geil und safe`? – Placebo-kontrollierte Studien beweisen: Küssen ist nicht geil“

Neues aus der Pipeline: „Phobo-Vir“ und „Moralin S“ erfolgreich als Präventionsantagonisten“

Sind Mückenstiche wirklich „safe“? Der letzte Beweis fehlt!“
Hier ein paar Leseproben aus dem ersten Bulletin:

Sind Kondome wirklich sicher?

von Privat-Dozentin Memelchen v. Hindenburg, PPPD (hc mult.), Bad Müller-Thurgau

Der seit Jahren verbreitete und scheinbar bewährte Slogan „Kondome schützen vor HIV und Aids“ gehört auf den Prüfstand! (…)

Den ahnungslosen Endverbrauchern in denZielgruppen wird mit dieser unzulässig vereinfachten Botschaft suggeriert, sie wären in der Lage, sich durch die Verwendung dieses technischen Hilfsmittels „selbständig“ und „eigenverantwortlich“ vor einer HIV-Infektion schützen zu können – und zwar einfach so, ohne offizielle Schulung und ohne Überprüfung ihrer bio-psycho-sozialen Eignung. Das ist unverantwortlich! (…) Die Schutzwirkung eines Kondoms hängt vom äußerst komplexen Interagieren vieler Faktoren ab.(…) Alltägliche Fehlerquellen wie die richtige Aufbewahrung eines Kondoms: geschützt vor Hitze, Kälte, Sonneneinstrahlung, mechanischer Beanspruchung (drücken, reiben, knicken, usw.) sind eine Herausforderung. Können Menschen, die auf der zügellosen Suche nach „Sex“ sind, diese Vorschriften überhaupt erfüllen? (…)

Haltbarkeitsdatum und Bedienungsanleitung sind im setting-typischen Halbdunkel kaum zu entziffern. Und überhaupt: wie sollen illiterate, sozial deprivierte, sehbehinderte oder gar migrantische Menschen das lesen können? (Und was heißt eigentlich „Reservoir“?!?) (…)

Und die Risiken in der Anwendung: zu kleiner Penis, zu großer Penis, gar kein Penis – lauter Fehlerquellen!!! (…) Kondome können bersten, reißen, platzen, abrutschen, sie können löchrig, zerknittert oder porös, zu dünn, zu dick, zu alt sein. Und erst die Gleitmittel! (…)

Auch die Fingernägel: spitz, scharf, brüchig, rissig, schlecht lackiert – Risiko, Risiko, Risiko! (…)

Und wird während des „Aktes“ tatsächlich oft genug der korrekte Sitz des Kondoms überprüft?

(…) Die technische Sicherheit sollte zwar durch das Norm-Gütesiegel garantiert sein. Aber: wer kontrolliert die Kontrolleure? (…) Und seien Sie mal ehrlich: wissen Sie, welches Gütesiegel das richtige ist: „DIN 061.19-96“, oder „ISO 44187-safe“, oder „EN 600:1996“? (und: haben Sie jemals ein Kondom vor der Verwendung daraufhin begutachtet?) (…)

Fazit:

Fachlich gesehen ist es zwar richtig, dass Kondome schützen können, aber die Bedingungen für eine hinreichend sichere Anwendung sind so komplex, dass die Informationen darüber auf dem Weg zum Endverbraucher verloren gehen würden. (…)

Darum gilt: Kondome gehören in Expertenhand!

Der gewöhnliche Homosexuelle kann uns nicht garantieren, die notwendige Sorgfalt beim Umgang mit dieser komplexen Präventionstechnik aufzubringen. (…)

Die Summe der Restrisiken ist daher zu hoch, als dass wir jedem erlauben dürften, damit selbständig und unkontrolliert umzugehen. (…)

Schließlich geht es um Sicherheit und Gesundheit unserer Menschen!“