„Respektier mich wie ich bin!“ – Frankreich sensibilisiert afrikanische Migranten für Homophobie

Homophobie von und gegenüber Migranten – eine an in Frankreich lebende Migranten aus Afrika gerichtete Kampagne der staatlichen Gesundheitsbehörde thematisiert die Lebenssituation homosexueller Migranten und Hass und Gewalt.

Samba ist ein junger Afrikaner, der noch bei seinen Eltern lebt. Samba ist homosexuell. „Du bist nicht mehr mein Sohn. Raus aus meinem Haus!“ – mit diesen Worten wirft ihn sein Vater aus dem Elternhaus.

"Toi-même tu sais!" - Deux Frères, Screenshot
"Toi-même tu sais!" - Deux Frères, Screenshot

Samba möchte in Freiheit leben, sein Leben genießen, seine Homosexualität leben. Mit dem Schiff reist er nach Frankreich, Land der Freiheit – nur um dort zu entdecken, dass das Land der Menschenrechte alles andere ist als ein Paradies für Schwule. Gerade in dem Land, von dem er sich Freiheit versprach, begegnen ihm verbale Gewalt, ob direkt und aggressiv oder subtil (‚ich hab ja nichts gegen Homosexuelle, aber es gibt doch Grenzen …‘), aber auch offener Hass und Gewalt – Homophobie, auch von Menschen die wie er Migrant sind.

In dem Video „Deux Frères“ („Zwei Brüder“) fährt Samba mit seinem Bruder Dioré durch das nächtliche Paris, erinnert sich an wichtige und oft schmerzhafte Erfahrungen, erzählt seine Geschichte …

Das Homophobie unter Migranten aus Subsahara-Afrika thematisierende Video ist Teil der Kampagne „«Toi-même tu sais!» (Du weißt es selbst!). Diese Kampagne beschäftigt sich (bereits in der zweiten Staffel) u.a. in Videos und Magazinen mit Gesundheitsfragen bei in Frankreich lebenden Menschen aus (Subsahara-) Afrika: „Im Herzen der Vorstadt – zwischen Gesundheitsfragen und dem Leben im Viertel“.

Jede Folge thematisiert eine für Migranten aus Subsahara-Afrika wichtige Gesundheitsfrage oder für die Gesundheit risikoreiche Situation, versucht Lösungswege aufzuzeigen und Präventions-Botschaften zu transportieren. Produziert wird die Kampagne vom französischen ‚Institut national de prévention et d’éducation pour la santé‘ (Inpes), dem französischen Pendant zur BZgA in Deutschland.

weitere Informationen:
Video „Deux Frères“ der 2. Staffel der Kampagne „Toi-même tu sais!“
Internetseite Toi-même tu sais!
Tetu 15.05.2010: Vidéo: Une fiction pour sensibiliser les migrants africains à l’homophobie
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HIV bei Migranten in Deutschland

In einem ausführlichen Artikel befasst sich das Epidemiologische Bulletin mit der Situation der HIV-Infektion bei Migranten in Deutschland:

„Migranten aus Hochprävalenzregionen machen in Deutschland etwas mehr als die Hälfte der HIV-Neudiagnosen mit erkennbarem Migrationshintergrund aus. Die meisten dieser Infektionen wurden auf heterosexuellem Weg über tragen. Die große Mehrheit dieser Infektionen wurde wahrscheinlich in den Herkunftsländern erworben, die verfügbaren Daten sprechen aber dafür, dass ein Anteil von mindestens 10 % dieser Infektionen in Deutschland erworben wurde. Der Artikel im Epidemiologischen Bulletin 5/2010 gibt einen umfassenden Überblick der Situation.“

Das RKI verweist in dem Artikel u.a. auf den vergleichsweise hohen Anteil unbekannter HIV-Übertragungswege bei HIV-Positiven Migranten mit Herkunftsländern in Zentraleuropa und kommentiert:

„Als alternative Erklärung [zur zuvor geäußerten These eines Erwerbs der HIV-Infektion bei Reise durch Hochprävalenz-Länder, d.Verf.]  wäre zu diskutieren, ob in Zentraleuropa homo- und bisexuelle Männer deutlich stärker als in der Statistik erkennbar von HIV betroffen sein könnten, dass das tat sächliche Infektionsrisiko aber auf Grund der ausgeprägten Stigmatisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Kontakte seltener angegeben wird.“

Auch bei in Deutschland diagnostizierten HIV-Infektionen von Migranten aus Ost- und Zentraleuropa verweist das RKI auf einen „relativ hoher Anteil angegebener heterosexueller Übertragungsrisiken bei Männern aus der Türkei und den Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens“ und verweist als mögliche Erklärung auf eine „stärkere Stigmatisierung homosexueller Kontakte“.

Das RKI weist auf Konsequenzen für die Prävention hin:

„Für die Prävention bei Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland ist zu beachten, dass gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte insbesondere für die Migrantenpopulation aus Ost- und Zentraleuropa tabubehaftet sind, so dass MSM aus diesen Bevölkerungsgruppen möglicherweise durch die auf deutsche homosexuelle Männer ausgerichteten Präventionskampagnen weniger gut erreicht werden. In Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern erworbene HIV-Infektionen könnten wesentlich zur Dynamik der HIV-Epidemie in Zentraleuropa beitragen. Daraus resultiert in einem zusammenwachsenden Europa eine Verantwortung der westeuropäischen Länder, durch ihre HIV-Präventionsstrategien für MSM auch Migranten aus Zentral- und Osteuropa anzusprechen.“

weitere Informationen:
HIV bei Migranten in Deutschland
Epidemiologisches Bulletin 5/2010

Abschiebung von HIV-positiven Migranten gefährdet Menschenleben und weltweite Entwicklungsziele

Regierungen sollen in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Geberländer ihre Abschiebepraxis von Menschen mit HIV/AIDS überprüfen, so Human Rights Watch und vier weitere HIV/AIDS- und Menschenrechtsgruppen in einem am 24.9.2009 veröffentlichten Bericht.

Der 27-seitige Bericht „Returned to Risk: Deportation of HIV-Positive Migrants“ wurde von Human Rights Watch, der Deutschen AIDS-Hilfe, der European AIDS Treatment Group und dem Afrikanischen HIV Policy Network ausgearbeitet. Er untersucht die Abschiebung von HIV-positiven Migranten in Südkorea, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Südafrika und den Vereinigten Staaten. Der Bericht betont, dass es notwendig ist, Maßnahmen zu entwickeln, die eine ununterbrochene Behandlung für diese Bevölkerungsgruppe sicherstellen.

„Migranten mit HIV werden häufig ganz bewusst von Behandlungen ausgeschlossen“, sagte Katherine Todrys, Researcherin für die Abteilung Gesundheit und Menschenrechte von Human Rights Watch. „Wenn sie inhaftiert werden, wird ihnen häufig die Versorgung mit antiretroviralen Medikamenten verweigert. Bei einer Abschiebung, fehlt ihnen dann vollständig der Zugang zu einer angemessenen Behandlung.“

Die Gruppen fordern Regierungen und Geberländer auf, HIV-positive Migranten auch in Abschiebehaft den Zugang zu lebensrettenden antiretroviralen Behandlungen zu ermöglichen, bzw. sicherzustellen, dass die betroffenen Personen auch nach einer Abschiebung Zugang zu Behandlung und medikamentöser Versorgung haben.

Internationale Menschenrechts- und Flüchtlingsgesetze verbieten seit langem die Abschiebung in einen Staat, in dem für die abgeschobene Person die Gefahr besteht, Opfer von Folter oder anderen grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlungen oder Bestrafungen zu werden. Nationale Abschieberegelungen sind häufig nur unzureichend entwickelt, um die Rechte von Menschen mit HIV zu schützen, die in ein solches Lebensumfeld zurückkehren müssen, so die Autoren des Berichts. Gleichzeitig fehlt es in den Abschiebegefängnissen vieler Länder an einer angemessenen Behandlung für Migranten mit HIV. Das Fehlen einer kontinuierlichen Behandlung kann zu Krankheit, vorzeitigem Tod oder der Entwicklung von Resistenz gegen die eingesetzten Medikamente führen.

„Anstatt HIV-positive Migranten vor der Rückkehr in Länder ohne Behandlungsmöglichkeiten zu schützen, schieben manche Länder tatsächlich Migranten gerade auf Grund ihrer HIV-Infektion ab“, so Peter Wiessner von der Deutschen AIDS-Hilfe. „Migranten werden in Situationen zurückgeschickt, in denen Behandlung und Unterstützung vollständig fehlen.“

Der Bericht dokumentiert:

· In Saudi-Arabien: Obligatorische HIV-Tests; Inhaftierungen von bis zu einem Jahr ohne Zugang zu Medikamenten; Abschiebung von HIV-positiven Migranten.

· In den Vereinigten Arabischen Emiraten: Abschiebung von insgesamt 1.518 Ausländer mit HIV, Tuberkulose oder Hepatitis B oder C im Jahr 2008.
· In Südafrika: Abschiebung von Migranten mit HIV nach Zimbabwe und dadurch – mit einem Todesurteil vergleichbar – Abbruch der Behandlung.

· In den Vereinigten Staaten: Schlechter Zugang zu Behandlungen in Gefängnissen. Keine oder nur mangelhafte medikamentöse Versorgung für einige HIV-positive Menschen in Abschiebehaft.

· In Südkorea: Obligatorische HIV-Tests von Migranten und Abschiebung derjenigen, die HIV-positiv befunden werden, trotz der internationalen rechtlichen Verpflichtungen Südkoreas und einem kürzlich erlassenen Gerichtsentscheid des Obersten Gerichtshofs in Seoul, nach dem solche Abschiebungen nicht der effektivste Weg sind, die öffentliche Gesundheit zu schützen.

„Die Regierungen haben sich verpflichtet, bis 2010 für alle HIV-Infizierten einen uneingeschränkten Zugang zu einer Behandlung sicherzustellen“, sagte Titise Kode vom Afrikanischen HIV Policy Network. „Aber wenn 192 Millionen Menschen – oder 3 Prozent der Weltbevölkerung – außerhalb ihres Geburtslandes leben, ist die Gewährleistung einer HIV-Behandlung für Migranten und Flüchtlinge ein wesentlicher Teil, um dieses Ziel zu erreichen.“

Die Verfasser des Berichts fordern die Regierungen auf, dafür zu sorgen, dass HIV-positive Personen, die kurz davor sind abgeschoben zu werden, auch in der Untersuchungshaft Zugang zu einer Behandlung haben. Darüber hinaus sollte die Praxis korrigiert werden, HIV-positive Menschen in Länder abzuschieben, in denen es an Behandlungsmöglichkeiten und sozialer Unterstützung fehlt.

„Migranten gehen enorme Risiken ein, wenn sie Grenzen überschreiten“, sagte David Hans-Ulrich Haerry, von der European AIDS Treatment Group. „Aber sie sollten nicht mit einem Todesurteil für eine HIV-Infektion leben, wenn uns wirksame Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und sich Regierungen weltweit dazu verpflichtet haben, sowohl einen allgemeinen Zugang zu antiretroviralen Medikamenten sicherzustellen, als auch die Rechte von Migranten zu schützen.

(Pressemitteilung Human Rights Watch 24.09.2009)

weitere Informationen:
Human Rights Watch: “Returned to Risk: Deportation of HIV-Positive Migrants
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Welt-Flüchtlings-Tag

Am heutigen 20. Juni ist Welt-Flüchtlings-Tag. Wie steht es um die Situation von Flüchtlingen mit HIV?

Wie ist es, als Flüchtling mit HIV in Deutschland zu leben? Wie viele Menschen betrifft dies überhaupt? Wie sieht ihre soziale und medizinische Versorgung aus? Und wie steht es um ein Bleiberecht für Flüchtlinge mit HIV?

real people - real needs. Weltflüchtlingstag (Bild: UNHCR)
real people - real needs. Weltflüchtlingstag (Bild: UNHCR)

Das Blog der Deutschen Aids-Hilfe hat aus Anlass des Welt-Flüchtlings-Tages eine Reihe von Beiträgen der Situation von Flüchtlingen mit HIV gewidmet:

Weltflüchtlingstag (1): Zurück auf Los

Weltflüchtlingstag (2): Zahlen und Fakten

Weltflüchtlingstag (3): “Wir brauchen ein Bleiberecht für Menschen mit HIV!”

Weltflüchtlingstag (4): “Ich habe aus Angst die Therapie abgebrochen”

Weltflüchtlingstag (5): Tödliche Grenzen

Weltflüchtlingstag (6): „Da bin ich Überzeugungstäter!“

Dazu passt auch ein Post im Blog von Human Rights Watch: Tödliche Grenzen für HIV-positive Migranten

sowie der Bericht von Human Rights Watch „Discrimination, Denial, and Deportation: Human Rights Abuses Affecting Migrants Living with HIV“ (embedded pdf auf den Seiten des UNHCR)
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Braunschweig: Aids-kranke Frau darf nicht nach Burundi abgeschoben werden

Eine 29jährige aidskranke Frau aus Burundi darf nicht abgeschoben werden. Das Verwaltungsgericht Braunschweig widersprach damit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das einen Abschiebungsschutz abgelehnt hatte.

Seit Ende 2006 lebt die 29 Jahre alte HIV-infizierte Frau aus Burundi mit ihrer Familie in Braunschweig. Sie ist Mutter zweier Kinder, und in fortgeschrittenem Stadium an Aids erkrankt. Eines ihrer Kinder ist ebenfalls HIV-infiziert.

Dennoch lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihren Antrag ab, ihr Abschiebungsschutz aufgrund ihrer Erkrankung zu gewähren. Anlass für diese Ablehung war unter anderem eine Stellungnahme der deutschen Botschaft in Burundi. Der Vertrauensarzt der Botschaft teilte darin mit, Aids sei auch in Burundi behandelbar. Darauf stützte das Bundesamt seine Ablehnung des Abschiebungsschutzes.

Dem folgte der Richter nicht. Er stützte, wie das Gericht in einer Pressemitteilung mitteilte,  seine Entscheidung auf eine unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und UNICEF veranlasste Studie zu HIV-Infektionen und Aidserkrankungen. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass nur 23 % der infizierten und behandlungsbedürftigen Menschen in Burundi die erforderliche medizinische Versorgung erhalten. Damit – so das Gericht – bestehe auch für die erkrankte 29-Jährige im Fall der Rückkehr in ihre Heimat die konkrete Gefahr, dass sich die Krankheit lebensbedrohlich verschlimmere. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Familie in dem immer noch vom Bürgerkrieg gezeichneten und sehr armen Land die medizinische Versorgung sichern könne. In solchen Fällen verbiete das Gesetz die Abschiebung.

Das Urteil (08.12.2008, Aktenzeichen 7 A 320/07) ist noch nicht rechtskräftig, Berufung ist zugelassen (beim Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Lüneburg).

Erst jüngst hatte die Deutsche Aids-Hilfe ein Bleiberecht für HIV-positive Flüchtlinge gefordert.

Deutsche AIDS-Hilfe fordert Bleiberecht für HIV-positive Flüchtlinge

Anlässlich des heutigen internationalen Tages der Menschenrechte startet die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) eine Postkartenaktion an Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, um auf die schwierigen Lebensbedingungen von Flüchtlingen mit HIV und anderen chronischen Erkrankungen in Deutschland aufmerksam zu machen.

Bleiberecht
Bleiberecht

Mit vier Postkarten-Motiven illustrieren die drei Initiatoren – DAH, bundesweite Arbeitsgruppe „Aids und Migration/Aids & Mobility“ und die „Positive Aktion“ – die Bedrohungen für chronisch kranke Flüchtlinge: eingeschränkter Zugang zu medizinischer Versorgung, zu Wohnraum und zu Sozialleistungen und häufig die Angst vor Abschiebung.

Auf Grund der mangelhaften Versorgung mit antiretroviralen Medikamenten haben in den vergangenen Jahren HIV-positive Migrantinnen und Migranten zum Beispiel in vielen Ländern Subsahara-Afrikas bei Behandlungsbedürftigkeit der HIV-Infektion eine Duldung wegen eines zielstaatenbezogenen Abschiebehindernisses erhalten. In der gegenwärtigen Rechtspraxis werden jedoch immer häufiger auch Menschen mit einer behandlungsbedürftigen HIV-Infektion abgeschoben.

Höchst bedenklich ist dabei, dass zur Begutachtung der individuellen Situation eines Flüchtlings nur die Auskünfte der Botschaft im Heimatland akzeptiert werden. Weder Gutachten von großen Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen noch Stellungnahmen von NGOs vor Ort finden Berücksichtigung.

Dazu erklärt Silke Klumb, Referentin für Migration der DAH: „Ziel unserer gemeinsamen Postkartenaktion ist es, auf die verheerende Situation von Migrantinnen und Migranten unter dem Asylrecht aufmerksam zu machen. Am 60. Gedenktag zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte haben immer noch nicht alle Menschen in Deutschland einen Anspruch auf Zugang zu Gesundheits-Prävention und Versorgung.“

Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der DAH: „Wir fordern die Bundesregierung auf, ein Bleiberecht für HIV-positive Flüchtlinge in Deutschland zu schaffen. Das Menschenrecht auf Gesundheit muss für alle gelten – unabhängig von der Herkunft des einzelnen. Die aktuelle Rechtspraxis verstößt gegen die Menschenrechte. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese gravierenden Mängel im Verwaltungsvollzug abzustellen und eine humane Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge in Deutschland zu gewährleisten.“

(Pressemitteilung der Deutschen Aids-Hilfe)

Direkt-Link zur Seite für die Bestellung der Postkarten an Bundesinnenminister Schäuble hier

Nachtrag
10.12.2008: Bleiberecht für HIV-positive Flüchtlinge, auch ein Thema in anderen EU-Staaten: ‚UK urged to stop deporting people with HIV to uncertain treatment‘, berichtet pinknews.

Das Auswärtige Amt, Menschenrechte und die sexuelle Orientierung

Die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung, gerade auch zum Thema „Menschenrechte und sexuelle Orientierung“, könnte aktiver sein, wie TheGayDissenter anlässlich der Antwort des Auswärtigen Amts auf einen gemeinsamen Brief berichtet.

Viel aktiver ist hier das Britische Außenministerium mit seinem beispielhaften ‚LGBT Toolkit‘: „Das Britische Außenministerium erklärte, die Regierung Ihrer Majestät fühle sich verpflichtet, sich mit ausländischen Regierungen über die Rechte von schwulen Menschen auseinander zu setzen.“ (TheGayDissenter)

Besonders irritierend an der Antwort des Auswärtigen Amtes ist die Äußerung, der Bundesregierung seine „in den vergangenen Jahren keine Fälle bekannt geworden, in denen eine Hinrichtung aufgrund sexueller Orientierung erfolgte.“
Haben sie entsprechende Berichte nicht erhalten? Dem könnte man abhelfen …

Wer konkret handeln will: aktuell benötigen gerade Ali und Mohammad, ein schwules Paar aus dem Iran, das nach Indien geflüchtet ist, Unterstützung. Informationen und Muster-Email [helfen kann so einfach sein ;-)] hier: Iran/Indien/Kanada: Ali und Mohammad brauchen Hilfe! Mach mit!

Abschiebung mit Aids

Eine 34 Jahre alte an Aids erkrankte Frau darf nach Uganda abgeschoben werden, urteilte der Europäische Gerichtshof.

Großbritannien darf eine Frau, die seit 1998 an Aids im fortgeschrittenen Stadium erkrankt ist, nach Uganda abschieben. Die Frau versucht seit 10 Jahren gegen ihre Abschiebung gerichtlich vorzugehen. Sie hatte in Großbritannien aufgrund ihrer Aids-Erkrankung Asyl beantragt. Am Dienstag urteilte der Europäische Gerichtshof, dass ihre Abschiebung zulässig sei.

Die Unterzeichnerstaaten der Europäischen Menschenrechts-Konvention seien nicht verpflichtet, sozio-ökonomische Unterschiede in ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Ausländern ohne Aufenthaltsgenehmigung müsse keine ‚kostenlose und unbegrenzte ärztliche Betreuung‘ gewährleistet werden, so der EuGH.
Zudem sei dir Frau in stabilem Zustand und habe auch in Uganda prinzipiell Zugang zu Aids-Medikamenten.

Die Frau hat damit ihre letzten Rechtsmittel ausgeschöpft. Sie muss nun mit ihrer Abschiebung rechnen.

[via n-tv, BBC, Aidsmap]

Nachtrag: auch wenn er sich sehr auf die Homophobie des britischen Asylrechts kapriziert, sehr lesenswert ist der Beitrag von Peter Tatchell „Reform the Homophobic Asylum System
Nachtrag 18.9.2008: „EGMR: AIDS-Erkrankung führt nicht zu einem Abschiebungshindernis nach Art. 3 EMRK“ (Migrationsrecht.net)

Kurznachrichten 06.02.2008

Das Arbeitsgericht Hamburg urteilt „AGG muss richtlinienkonform ausgelegt werden“ – auch kirchliche Arbeitgeber können nicht unter Verweis auf ihr kirchliches Selbstbestimmungsrecht grenzenlos gegen das AGG (früher Anti-Diskriminirungs-Gesetz) verstoßen.

„Polizei jagt fiesen Aids-Mann“ – so titelte ein Kölner ‚Boulevard-Blatt‘ noch gestern, heute ist die Schlagzeile immerhin in „Er infizierte seine Chat-Liebe mit Aids“ geändert … reicht eine Schlagzeile der ersten Art schon für den Presserat? Man kann auch sachlicher informieren …

Um Informationen bemüht sich auch ein kanadisches Präventions-Projekt, um Informationen über sexuell übertragbare Krankheiten wie Chlamydien, Lymphgranulom (LGV), Shigellose und Syphilis. Unter anderem mit einem sehenswerten Clip – ‚Syphilis – Der Film‘ sozusagen … (durchklicken grand public -> Syphilis -> Vidéo, Film mit englischem und französischem Ton).

Der US-Pharmakonzern Gilead könnte in den USA bedeutende Patente auf seine Substanz Tenofovir verlieren. Das ‚Patent Office‘ der USA hat Gilead vier bedeutende Patente auf die Substanz aberkannt. Tenofovir wird von Gilead unter dem Handelsnamen Viread vermarktet, die Substanz ist auch in den Kombi-Pillen Truvada und Atripla enthalten. Sollte die Berufung von Gilead gegen die Entscheidung scheitern und der Konzern diese Patente verlieren, könnten evtl. weitere Unternehmen die Substanz herstellen. Zudem, so betonte Ärzte ohne Grenzen, könnte die Entscheidung Einfluss auf die Patentierbarkeit der Substanz in Staaten wie Indien und Brasilien haben, in denen dringend weitere bezahlbare Aids-Medikamente benötigt werden.

Österreich: HIV-Zwangstests für ‚Aggressive‘?

Einen besonders skurilen Beitrag in Sachen Aids bietet derzeit die österreichische SPÖ:deren „Sicherheitssprecher“ fordert laut oe24.at im Einklang mit der Gesundheitssprecherin einen HIV-Zwangstest für Menschen, die der Polizei gegenüber aggressiv auftreten.

Noch bemerkenswerter: die SPÖ-Gesundheitssprecherin, die diesen Vorschlag macht, ist selbst Ärztin …

Warum Aidshilfe-Obmann Beck (der den Vorschlag erfreulicherweise als unverständlich bezeichnet) allerdings statt der Zwangstests für Aggressive HIV-Schnelltests für verletzte Beamte vorschlägt, bliebt ebenfalls rätselhaft, schließlich gibt es eine Inkubations-Zeit, die auch ein Schnelltest nicht kürzer macht.

Abschiebung mit HIV?

HIV bzw. Aids kann ein Grund sein, der einer Abschiebung von Flüchtlingen entgegen steht (medizinisches Abschiebungsverbot). Aber es ist eben eine ‚Kann-Bestimmung‘ – und eine, die scheinbar zunehmend restriktiv genutzt wird.

Eine Infektion mit HIV oder gar eine Erkrankung an Aids schützt nicht vor einer Abschiebung, wird manchmal sogar eher als Grund dafür konstruiert. So fordert Australiens Ministerpräsident Howard, HIV-Infizierte generell nicht mehr ins Land zu lassen (außer natürlich sie kommen als kurzzeitige wohlhabende Touristen). Positiven, die nach einer Aids-Konferenz in Kanada blieben um um Asyl nachsuchten, drohte die Abschiebung.

Kanada, Australien – alles weit weg.
Aber – wie sieht es hier aus? Was geschieht mit HIV- infizierten oder an Aids erkrankten Asylbewerbern in Deutschland?

Die Fraktion ‚Die Linke‘ sowie vier ihrer Abgeordneten wandten sich an den Bundestag mit einer kleinen Anfrage. Wie es denn mit der laut Berichten von Flüchtlings-Organisationen zunehmend restriktiven Anwendung der Schutzbestimmung (gem. § 60 Abs. 7 Aufenthaltsgesetz) aussehe.

Insbesondere wollten sie auch wissen, was denn der Wortlaut einer Dienstanweisung sei, in der die Handhabung der Abschiebungs-Regelung bei HIV und Aids geregelt sein soll. Und nach welchen Kriterien dort über etwaige Abschiebungs-Hemmnisse bei HIV/Aids entschieden werde.

Die Bundesregierung antwortete.
Ja, eine derartige Dienstanweisung gebe es, und seit 2003 auch mit HIV-spezifischen Regelungen, bestätigt die Bundesregierung in ihrer Antwort. Aber es sei eben eine Dienstanweisung, Verschlusssache, und die könne als solche nicht öffentlich gemacht werden.

In dieser Dienstanweisung werde u.a. geregelt, bei welchen Stadien der HIV-Infektion wie vorzugehen sei, wenn über eine etwaige Abschiebung zu entscheiden ist. Details hierzu finden sich in der Antwort.

Insbesondere bleibt festzuhalten, dass die konkrete Verfügbarkeit von antiretroviralen Therapien für die jeweilige Person in ihrem Heimatland der Antwort zufolge in der Dienstanweisung kein berücksichtigtes Kriterium ist.
Ob der jeweilige Mensch nach seiner Abschiebung eine lebensverlängernde Therapie erhalten kann oder in eine lebensbedrohliche Situation geraten könnte, scheint bei der Frage der Abschiebung keine Rolle zu spielen.

Nachtrag 25.07.: ein guter Artikel zur Abschiebungsproblematik bei HIV findet sich hier (via dietelge)

Australien – nicht positiv

Es ist schön in Australien. Die Werbung lädt uns ein, den Kontinent zu besuchen. Nur – willkommen ist nicht jeder.

Australien ist ein schöner Kontinent, voller touristischer Reize, voller fröhlicher Menschen, voller glücklicher Momente. Kurz – ein ideales Reise-Land.
Das suggeriert uns immer auf’s Neue die australische Tourismus-Werbung, und das scheinen auch immer mehr Touristen zu denken, wenn sie ihren Urlaub planen. Die Zahlen des australischen Tourismus boomen in den letzten Jahren kontinuierlich.

Allerdings ist nicht jedermann/frau in Australien willkommen. Menschen mit HIV und Aids sind dort nicht gern gesehen – erst recht nicht, wenn sie um Asyl nachsuchen.

Erst jüngst wieder, am 1. Juni, betonte der australische Premierminister John Howard trotz internationaler Proteste zum wiederholten Mal, HIV-infizierte Flüchtlinge und Migranten sollten am Betreten des Kontinents gehindert werden.

Auch die International Aids Society IAS, Veranstalterin u.a. der zweijährlichen Welt-Aids-Konferenzen, verurteilte Howards Äußerungen.
Die IAS ist bisher meist sehr strikt in ihrem Umgang mit Staaten, die dermaßen gegen Menschen mit HIV und Aids vorgehen. So finden in den USA keine Welt-Aids- Konferenzen statt – seit auf Betreiben des ultrakonservativen US-Politikers Jesse Hellms ein Einreiseverbot für HIV-Positive gilt. 1992 verlegte die IAS aus diesem Grund sogar ihr internationales Büro von New York nach Amsterdam.

Doch nun gilt diese IAS-Haltung nicht mehr ganz. Die für Juli diesen Jahres geplante Aids-Konferenz im australischen Sydney solle trotz Howards Äußerungen stattfinden, verkündete die IAS.

Allerdings betonte die IAS auf einer Pressekonferenz, sie hoffe die Konferenz zu einem Mittelpunkt der Kritik an Howards Haltung machen zu können.

Einreisen nach Australien zu Urlaubs- oder kurzzeitigen Geschäftsreisen sind bisher möglich. Touristen (nicht nur aber insbesondere auch schwule) könnten sich dennoch schon aus Gründen der Solidarität gut überlegen, ob sie in diesem Land wirklich noch ihren Urlaub verbringen möchten …

Positive wollen Asyl

Eine von der Mehrzahl der Organisatoren wohl weniger erwartete Folgewirkung hat die Welt-Aids-Konferenz, die vor einem Monat in Toronto (Kanada) stattfand. 160 HIV-positive Teilnehmer der Konferenz ersuchten im Anschluss um Asyl in Kanada.

Wie die kanadische Presse berichtet, haben 160 Teilnehmer der Welt-Aids-Konferenz einen Antrag auf Asyl gestellt.

Die HIV-positiven Frauen und Männer stammen u.a. aus El Salvador, Südafrika, Uganda, Eritrea, Simbabwe und Peru. Unter ihnen befindet sich z.B. auch der Gründer der eritreischen Positiven-Vereinigung.
Viele berufen sich in ihrem begehren um Asyl nicht ausschließlich auf einen Wunsch nach medizinischer Behandlung. Vielmehr steht meist die Diskriminierung als HIV-Positive/r oder als politisch Aktiver im Vordergrund.

Eine HIV-Infektion an sich ist in Kanada kein Grund für die Bewilligung von Asyl. Andererseits ist ein HIV-positiver Serostatus auch kein Ausschlussgrund für Asyl.
Auch die ökonomische Situation (z.B. sich keine antiretrovirale Behandlung leisten zu können) sei kein ausreichender Asylgrund, betonten Offizielle. Vielmehr müsse eine konkrete Verfolgung nachgewiesen werden, oder bei einer Auslieferung an ihr Heimatland eine massive Gefährdung vorliegen. Die Unfähigkeit des Heimatlandes, für wirksame Behandlung zu sorgen, sei kein Grund für Asyl.

Eigentlich hatten die Organisatoren eine derartige Entwicklung bereits im Vorfeld verhindern wollen. So war versucht worden, von jedem Teilnehmer (insbesondere wenn für sein Visum Hilfestellungen gewährt wurden) ein gültiges Rückflug-Ticket vorlegen zu lassen.

Bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag erhalten die Antragsteller in Kanada auf Wunsch antiretrovirale Behandlung.