Eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag fordert derzeit die Abschaffung der „Stimmabgabe mit Wahlgeräten“. Noch bis 28.11.2006 ist eine Mit-Zeichnung online möglich.
Wahlen erfordern viel Aufwand, wird oft formuliert, deswegen seien Vereinfachungen anzustreben. Hierzu hat das Bundeswahlgesetz einen Paragraphen 35, der die Stimmabgabe mit Wahlgeräten regelt.
Hinter dem schlichten Wort ‚Wahlgerät‘ verbirgt sich eigentlich ein Wahlcomputer. Und genau hiergegen wendet sich der Petent Tobias Hahn, der inzwischen, Stand 28.10.06, knapp 15.000 Unterstützer gefunden hat. Er fordert die ersatzlose Streichung dieses Paragraphen – und somit die Abschaffung der Möglichkeit, Wahlcomputer einzusetzen.
Die -nicht nur vom Petenten- vorgebrachte Kritik gegen Wahlcomputer zielt u.a. auf ihre leichte Manipulierbarkeit und fehlende Kontrolle.
Dass Wahlcomputer manipulierbar sind, ist vielfach gezeigt worden – man kann sie sogar dazu bringen Schach zu spielen. Insbesondere aber sei, so der Petent, bei Einsatz von Wahlcomputern nach Abgabe der Stimme keinerlei Kontrolle über die Korrektheit des Wahlablaufs mehr möglich (wie dies hingegen bei Stimmzetteln jederzeit leicht machbar ist).
Ein theoretisches Problem? Bei weitem nicht – und man muss zu Problemen mit Wahlmaschinen und Wahlanfechtungen nicht erst in die USA reisen. Auch in Deutschland werden ab und an Wahlen angefochten, erneute Auszählungen erforderlich (wie zuletzt Volkskammer-Wahl 1989 und Dachau 2002).
Durch das Fehlen der Kontrollmöglichkeit bei Einsatz von Wahlmaschinen würden fundamentale Prinzipien der Demokratie ausgehebelt (u.a. Kontrollierbarkeit des Wahlablaufs und Überprüfung einer Wahl), so der Petent.
Die Petition zur Abschaffung von Wahlmaschinen ist (nach Einrichten einer „Ersatz-Petition“ aus „technischen Gründen“) online hier erreichbar. Eine Mit-Zeichnung ist noch bis einschließlich 28. November 2006 möglich.
Hintergrund:
Öffentliche Petitionen sind ein zunächst auf 2 Jahre befristeter Pilotversuch des Petitionsausschusses des deutschen Bundestags, der seit dem 1.9.2005 läuft und über das allgemeine Petitionsrecht hinausgeht. Die Frist, innerhalb derer sich Mit-Zeichner der Petition des Haupt-Petenten anschließen können, beträgt sechs Wochen. Danach wird die Petition gemäß den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen für Petitionen vom Ausschuss behandelt. Ab 50.000 Unterschriften besteht die Möglichkeit, dass der Petent im Bundestag gehört wird.
Und falls Sie sich über die seltsame englische Internet-Adresse wundern: dazu erklärt der Bundestag selbst „Das System „Öffentliche Petition“ des Deutschen Bundestages basiert auf einem System des Schottischen Parlaments und den dort gesammelten Erfahrungen. Im Rahmen eines Modellversuchs werden die Internetseiten „Öffentliche Petition“ vom International Teledemocracy Centre an der Napier-Universität in Edinburgh zur Verfügung gestellt.“ Eigentlich beruhigend, dass im Rahmen des Modellversuchs zunächst kostensparend ein bereits bestehendes System genutzt wird (auch wenn die Adresse zunächst irritiert).
Mehr lesen:
Weitere Informationen zu Wahlcomputern, ihrer Manipulierbarkeit und ihren (nur vermeintlichen) Kosteneinsparungen in Andreas‘ Blog sowie auf Wikipedia.
Informationen zur Petition und ‚was man noch machen kann‘ auf der Wiki der Berliner Gruppe des Chaos Computer Club.