Das Jahr 2010 bietet für Menschen mit HIV eine gemischte Bilanz: einige gute Nachrichten, aber auch Stigmatisierung und Kriminalisierung – der dritte Teil des ‘HIV / Aids Jahresrückblick 2010′ – September bis Dezember 2010.
Diskussionen über das Engagement Deutschlands beim internationalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria – und Diskussionen um die Zukunft der Vertretung HIV-positiver Interessen in Aids-Kongressen. Zahlreiche Menschen mit HIV standen in Deutschland vor Gericht, einige wurden zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Eine Studie zu Prä-Expositons-Prophylaxe sorgt für Aufmerksamkeit. Besondere mediale Aufmerksamkeit erhält das neue Buch von Nadja Benaissa.
Eine Übersicht über wichtige Ereignisse des Jahres 2010 zum Thema HIV / Aids – heute der dritte Teil des ‘HIV / Aids Jahresrückblick 2010′ – September bis Dezember 2010:
September 2010
Mehr statt weniger – Ärzte ohne Grenzen macht mit Aktionen am 9. September auf Finanzierungslücken der Gesundheitsversorgung in ärmeren Ländern aufmerksam.
Zieht sich Deutschland aus der Finanzierung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose zurück? Die DAH warnt vor einem Rückzug. Entwicklungs-Minister Niebel reagiert auf einen Brief von Rockstar Bono. Schließlich einigt sich der UN-Gipfel – Kritiker sind enttäuscht.
„Kein medizinisch relevantes Infektionsrisiko bei antiretroviral behandelten HIV-Patienten beim Geschlechtsverkehr“,sagt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage.
In China befindet sich wieder ein Aids- Aktivist in Foltergefahr.
Oktober 2010
Ab 1. Oktober finden wieder HIV-Testwochen der Kampagne „ich weiss was ich tu!“ statt.
Auch Paare, bei denen einer oder beide Partner HIV-positiv sind, haben nach einer entsprechenden Entscheidung des gemeinsamen Bundesausschusses die Möglichkeit, die Herbeiführung einer Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Anspruch zu nehmen.
Die Deutsche Aids-Gesellschaft hat einen “erneute Stellungnahme” zum EKAF-Statement vorgelegt. Sie stimmt darin in Teilen der Position von EKAF und DAH zu. Ende des Monats veröffentlicht auch die dagnä erstmals ihre Position zum EKAF-Statement.
HIV-Medikamente als Mittel der Aids-Prävention – ein viel diskutiertes Konzept in den letzten Monaten. Eine Studie aus China zeigt, dass auch bei ‚test and treat‘ im realen Leben manchmal einiges anders laufen kann als in der Theorie erwartet.
Bei der Behandlung HIV-Infizierter beim Zahnarzt gelten keine über Standardhygiene hinaus gehenden hygienischen Anforderungen, betonen DAIG und dagnä in einer gemeinsamen Stellungnahme.
Zu 1.140 Euro Schadenersatz wurde ein HIV-positiver Mann in Köln verurteilt, wegen Sex ohne Kondom. Er musste dem Kläger 75% der Kosten für Medikamente erstatten.
Bewegt sich die katholische Kirche in der Kondom-Frage? In der Schweiz jedenfalls gibt’s (vereinzelt) Kondome von der Kirche, und Papst Benedikt äußert sich erstmals fallweise positiv zu Kondom-Verwendung.
November 2010
„Positiv zusammen leben – aber sicher!“ gestartet. Im Mittelpunkt der neuen Welt-Aids-Tags-Kampagne stehen HIV-positive Menschen, die authentisch Einblick in ihr Leben geben und von ihren alltäglichen Erfahrungen berichten.
In Berlin wird ein Millionen-Betrug eines Apothekers mit Aids-Medikamenten aufgedeckt.
Die Zahl der HIV-Neudiagnosen hat sich in Deutschland 2010 weiter stabilisiert, teilt das RKI mit. Auch die Zahl der Aids-Toten ist in Deutschland leicht rückläufig.
Die vorbeugende Einnahme bestimmter antiretroviraler Medikamente könnte das Risiko einer HIV-Infektion deutlich reduzieren – darauf scheinen Ergebnisse der ersten “PrEP-Studie” ‘iPrEx’ hinzudeuten. Die Studie wird kontrovers diskutiert, viele Fragen zu PrEP bleiben auch nach iPrEx offen.
HIV und die Arbeitswelt – in zwölf Foto-Motiven thematisiert ein neuer Wandkalender wichtige Fragen zu HIV im Erwerbsleben. Das US-Magazin ‚Time‘ erklärt PrEP zum ‚Bedeutendsten medizinischen Durchbruch 2010‘.
Dezember 2010
„Über können Sollen und wollen Dürfen“ – ondamaris-Herausgeber Ulrich Würdemann macht sich in der Paulskirchen-Rede am 1. Dezember 2010 Gedanken zur Zukunft der Interessenvertretung HIV-Positiver.
„Tätowieren wäre effizienter und ehrliche„, kommentiert Michèle Meyer Bemühungen in der Schweiz, dass frisch HIV-positive Getestete ihre Sexpartner per SMS informieren.
Ein 65jähriger HIV-positiver Mann aus dem niedersächsischen Celle muss sich seit dem 6. Dezember 2010 in Lüneburg vor Gericht verantworten. Ihm wird Missbrauch in 403 Fällen vorgeworfen.
Cablegate – die Veröffentlichung Tausender US-Diplomaten-Depeschen durch die Enthüllungsplatform Wikileaks – fördert auch einige Aussagen im Kontext HIV/Aids zutage – von Banalem bis Korruption.
Erstmals seit 2003 wurden im Jahr 2009 wieder weniger als 3.000 Syphilis-Neudiagnosen mitgeteilt, so das Robert-Koch-Institut.
In der online-Ausgabe der Fachzeitschrift AIDS werden Empfehlungen zum Umgang mit akuter Hepatitis C bei HIV-Infizierten veröffentlicht.
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Der erste Teil des ‚HIV / Aids Jahresrückblick 2010‘ – Januar bis April 2010 ist am 13.12.2010 erschienen. Der zweite Teil (HIV / Aids Jahresrückblick 2010 (Teil 2) Mai bis September) erschien am 20.12.2010.