Strafrecht gegen unsafen Sex – ein Blick über die Grenzen

Die Bundesregierung lässt untersuchen, wie andere EU-Staaten mit strafrechtlichen Maßnahmen gegen HIV-Übertragung vorgehen. Ein Blick über die Grenzen öffnet erschreckende Perspektiven.

Marion Caspers-Merk (SPD), parlamentarische Staatssekretärin im Bundes- Gesundheitsministerium, bestätigte Presseberichten zufolge gegenüber dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck auf Nachfrage, in einem derzeit laufenden Forschungs- Vorhaben werde untersucht, welche Erfahrungen andere EU-Staaten mit strafrechtlichen Maßnahmen gegen Aids allgemein sowie speziell der Anbahnung von Bareback- Sex im Internet gemacht haben.
„Wenn die Ergebnisse vorliegen, werden wir über weitere Maßnahmen sprechen“, so Caspers-Merk. Alles, was „erwiesenermaßen nutzt, werde umgesetzt“, kündigte sie an.

Caspers-Merks Ankündigung passt gut in den Kontext der jüngsten Bundestagsdebatten zu Aids, insbesondere auch dem ‚Spahn-Antrag‚, der ebenfalls auf strafrechtliche Maßnahmen gegen Bareback zielte und hier insbesondere die Erfahrungen von Österreich (EU- Mitglied) und der Schweiz (nicht EU-Mitglied) ansprach. Im (am 23. März im Bundestag beschlossenen) ‚Spahn-Antrag‚ wurde die Bundesregierung aufgefordert, die Erfahrungen Österreichs und der Schweiz mit Strafrechts- Verschärfungen auf eine Übertragbarkeit auf Deutschland zu untersuchen.

Wie sieht die Situation in diesen beiden Ländern aus?

Österreich:
§ 178 und § 179 StGB behandeln die vorsätzliche bzw. fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten. Für eine Strafbarkeit genügt, dass eine Infektion durch eine Handlung möglich gemacht wird (Infektion nicht erforderlich für Strafbarkeit). Nach österreichischer Rechtsprechung liegt Fahrlässigkeit bereits dann vor, wenn ein Betroffener zwar nichts von seiner Infektion weiß, aus den konkreten Umständen aber Kenntnis davon erlangt haben müsste.
Bisher fanden circa knapp 40 Verfahren statt, ca. 30 Personen wurden verurteilt.
Die Einschätzung, Bareback sei per se etwas ganz Gefährliches, wird auch von den österreichischen Aidshilfen in der Öffentlichkeit geteilt. Die Aidshilfe würde sich bemühen, Bareback-Veranstaltungen zu verhindern, wenn dies nicht erfolgreich sei auch mit rechtlichen Schritten, so ein Vertreter der Aidshilfe Wien.

Schweiz:
Art. 231 StGB (Verbreiten einer gefährlichen menschlichen Krankheit) – Strafbarkeit selbst dann, wenn die (bis dato nicht infizierte) Person zugestimmt hat, allerdings muss Infektion stattgefunden haben (nicht nur Versuch).
Zudem möglich: Körperverletzung oder versuchte Tötung nach Art. 122, 123, 111 & 112 StGB.
Bisher über 30 Ermittlungsverfahren, mehr als 20 Personen verurteilt. Auch die Übertragung von Hepatitis C wird strafrechtlich verfolgt.
Die geltenden Regelungen werden in der Schweiz immer wieder kritisch kommentiert und Abschaffung gefordert (wie 2001 von der Aidshilfe Schweiz), sie sind aber weiterhin in Kraft. Im Gegenteil, Roger Staub vom Bundesamt für Gesundheit (Schweiz) ist stolz darauf durchgesetzt zu haben, dass die Einhaltung der Präventionsvereinbarung in den Betrieben kontrolliert und mit Schließung gedroht wird.

In den EU-Staaten
ist die Situation hinsichtlich des strafrechtlichen Umgangs mit HIV-Infektionen sehr unterschiedlich. Die Kriminalisierung von Positiven ist EU-weit in unterschiedlichem Umfang ein Problem.
Vor diesem Hintergrund befasst sich mit diesem Thema nicht nur das vom BMG in Auftrag gegebene Gutachten, sondern auch eine Untersuchung von GNP+ und Terrence Higgins Trust, deren erste Ergebnisse im November 2006 in Glasgow vorgestellt wurden.
Diese Analyse betrachtet den Bereich der Staaten, die die Europäische Konvention für Menschenrechte unterzeichnet haben. In mindestens 21 dieser Staaten fanden Verurteilungen wegen HIV-Infektion statt – ‚Spitzenreiter‘ waren Schweden sowie Österreich und die Schweiz.

Eine Tendenz zum zunehmenden Einsatz des Strafrechts stellt auch UNAIDS fest und warnt, dies führe möglicherweise zu einer Rückkehr zur alten (und wenig erfolgreichen) Politik der Schuldzuweisungen, zunehmender Stigmatisierung und abnehmender Eigenverantwortung für den eigenen Schutz. Die Anwendung des Strafrechts bei HIV-Übertragung sei unangemessen und kontraproduktiv, diese Erkenntnis von 2002 gelte auch 2007 unverändert.

Letztlich steht hinter vielen dieser Regelungen wie z.B. in der Schweiz oder Österreich, aber auch einigen Bemühungen deutscher Politiker und Homosexueller die (meines Erachtens irrige) Vorstellung, Epidemien ließen sich mit Repression bekämpfen.

Kann das Strafrecht überhaupt ein Mittel erfolgreicher Prävention sein?
Vielleicht lässt sich dies mit der Gegenfrage beantworten, ob die Strafbarkeit von Einbrüchen bisher einen Einbruch verhindert hat …

Vielleicht sollte den Warnungen und Hinweisen z.B. von UNAIDS mehr Beachtung geschenkt werden.

Das hindert allerdings auch zahlreiche Schwule nicht daran, Strafverschärfungen zu fordern (wie z.B. die LSU). Und besonders bizarr wird es, wenn Aidshilfen sich wie in Österreich an die Seite der Ermittler und Verfolger stellen.

Leider ist zu befürchten, dass die derzeit angestellten transnationalen Vergleiche nicht etwa dazu führen, dass in Richtung der liberaleren Gesetzgebungen reformiert wird. Vielmehr dürften (wie es der Spahn-Antrag ja vormacht) die schärferen Vorschriften als vermeintliche ‚guten Beispiele‘ dienen, auch hierzulande weitere Strafrechts-Verschärfungen vorzuschlagen und letztlich einzuführen (bei der derzeitigen Verbots- Manie…).

Caspers-Merks Ankündigung, alles was sich als nützlich erweise werde auch hierzulande umgesetzt, lässt für die nähere Zukunft wohl nichts Gutes ahnen…

Material:
Österreich: Rechtsgutachten Prof. Hinterhofer „Zur Strafbarkeit von Sexualkontakten HIV-Infizierter Personen nach §§ 178, 179 StGB“ (im Auftrag der österreichischen Aids-Hilfen) als pdf
hier
UNAIDS: Criminal law, public health and HIV transmission (2002, pdf
hier)
UNAIDS: Crminalisation of HIV transmission (2007, pdf
hier)
UNAIDS: handbook for Legislators on HIV/AIDS, Law and Human Rights (1999, pdf
hier)
EATG: Criminalisation of HIV transmission (workshop, 8th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection; Programm und Links zu den einzelnen Vorträgen
hier)
die umstrittene Sendung von Report Mainz über Barebacking (28.11.2005) als Video und Mitschrift
hier

Repressive Mottenkiste im Bundestag

Am Freitag hat der Bundestag in einer weniger als einstündigen (von Phoenix live übertragenen) Sitzung einige Anträge zur Aids-Politik beraten und beschlossen.

Neben dem Aids-Aktionsplan der Bundesregierung stand dabei auch ein Antrag zahlreicher Abgeordneter (bes. Jens Spahn/CDU) sowie der Fraktionen von CDU/CSU und SPD zur Abstimmung.

Jens Spahn (CDU) ging -geschmückt mit einem Red Ribbon- insbesondere auch auf den von ihm mit initiierten Antrag ein. Er betonte die ‚große Einigkeit bei diesem Thema – im Grundsatz zumindest‘.
Er sprach dabei munter von ‚dramatisch steigenden Infektionszahlen‘, und von ‚Risikogruppen‘ (und nicht etwa ‚Betroffenengruppen‘), als ginge von Schwulen, DrogengebraucherInnen oder Frauen per se ein Risiko aus. Zudem betonte er zum Thema der Selbstverpflichtung bei ‚Anbietern anonymer sexueller Kontakte‘, dass in Großstädten ’stark steigende Infektionszahlen‘ festzustellen seien.

Spahn betonte im Vorgriff auf vermutete Äußerungen von seiten Becks (Grüne) und Parrs (FDP), ihm ginge es nicht um die Kriminalisierung Einzelner, sondern darum die Partybetreiber zu erreichen.

Die meisten folgenden Redner der Debatte gingen mehr auf verschiedene Aspekte des Aids-Aktionsplans ein, lobten die Regierung und betonten einzelne Lücken wie das Fehlen des Themas Heroinvergabe für Schwerstabhängige (Bender/Grüne; nebenbei: eben jener Spahn ist ebenfalls einer der deutlichen Gegner auch der Heroinvergabe) oder illegalisierte MigrantInnen (Knoche/Linke).

Auffällig war quer durch die Beiträge aller Redner, dass keiner der Abgeordneten es schaffte, zwischen der Zahl der Neu-Diagnosen und der der Neu-Infektionen zu unterscheiden.

Besonders erstaunlich war der Beitrag der Abgeordneten Knoche (Die Linke. PDS). Sie (die früher immerhin einmal Gesundheitsexpertin und drogenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag war, bevor sie als Parteilose stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken wurde) bezeugte die ‚Anerkennung‘ ihrer Fraktion für den Aids-Aktionsplan der Bundesregierung und sprach von einem ’sehr guten Bericht‘. Kurz wurde kritisch auf die patentrechtliche Situation eingegangen. Zum Spahn-Antrag: nichts.

Fast folgerichtig, dass die Fraktion ‚Die Linke‘ sich bei der Abstimmung über diesen Antrag (16/4111) der Stimme enthielt. Hat die ‚linke‘ ‚Opposition‘ hierzu keine Meinung? Oder teilt sie etwa stillschweigend gar Spahns Ansichten?

Es blieb den Abgeordneten Bender und Beck von den Grünen vorbehalten, besonders zum Spahn-Antrag auch inhaltlich kritische Anmerkungen zu machen. Frau Bender bezeichnete Spahns Vorschläge als „Griff in die Mottenkiste der Repression“. Zu einer Infektion gehörten immer mindestens zwei Beteiligte. Sie nahm sein so gern zitiertes Beispiel der Österreichischen und Schweizer Maßnahmen auseinander: die Neuinfektions-Zahlen pro Million Einwohner lägen dort mit 55 und 95 deutlich über den deutschen (32) – und daran solle man sich ein Beispiel nehmen? (Spahn reagierte darauf mit dem Hinweis, selbst die österreichische Aidshilfe betone, wie unterstützend die dortigen Maßnahmen seien. Gekontert von Bender, wie wenig erfolgreich dies bei der Senkung der Neuinfektions-Zahlen sei).

Beck betonte (unter Beifall auch von Parr/FDP), man solle das Strafrecht beiseite lassen und Prävention und den realistischen Umgang mit Gefährdungs- Situationen in den Vordergrund stellen, nicht Tabus aufbauen.

Nach Abschluss der Debatte wurde der Spahn-Antrag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD angenommen, bei Gegenstimme der Grünen und Enthaltung der FDP und der Linken.

Dies bedeutet in der Umsetzung nun u.a., dass

  • die bisherigen Präventions- Kampagnen weiterentwickelt werden sollen, einschließlich neuer Ansätze bei Migranten (der Antrag nennt nur die männliche Form) sowie zu ‚bare backing‘

  • Private-Public-Partnerships (in dieser Reihenfolge) in der HIV-Prävention wohl ausgebaut werden, einschließlich Beteiligung der Pharmaindustrie

  • der Druck auf ‚Anbieter von Orten sexueller Begegnung‘ erhöht wird, Kondome und Gleitmittel auszulegen, sowie auf Werbung und Unterstützung für unsafen Sex ‚vollständig‘ zu verzichten (womit Anbieter von sog. Bareback- oder ‚Biohazardmen‘- Parties nun wohl auf sehr dünnem Eis stehen dürften und auch z.B. Saunen- und Darkroom-Betreiber mit neuen Problemem rechnen könnten).

Nach zwei Jahren soll dies in einem Bericht geprüft werden, ggf. sind Vorschläge für eine rechtliche Regelung (!) vorzubereiten.
Zudem soll die Bundesregierung prüfen, ob die (wie von Bender dargestellt ja so Infektionszahlen-senkenden) Erfahrungen aus Österreich und der Schweiz bei der Verschärfung des Strafrechts in Deutschland handhabbar wären zur ‚Eindämmung der kommerziellen Angebote von ungeschützem Sex‘.

Wieder ist also ein Schritt mehr zu einer repressiveren Aids-Politik in Deutschland zu konstatieren. Ein Schritt, den der Bundestag mit großer Mehrheit und kaum Widerspruch vollzog.

Nebenbei bemerkt: es fiel auf, dass sowohl der Abgeordnete Parr (FDP) als auch eben jener Spahn (CDU) sich für das Kompetenznetz und dessen Kohortenstudie stark machten. Das scheint das Kompetenznetz gute Lobbyarbeit geleistet zu haben. Auf welchen bedeutenden Projektergebnissen oder wichtigen Forschungsergebnissen des Kompetenznetz hingegen die positive Einschätzung seitens der beiden Politiker beruht, blieb ungenannt. Auch strukturelle Probleme und die Fragen rund um den Datenschutz in der Kohortenstudie blieben unberührt.

Materialien:
Links auf die Bundestagsdrucksachen gibt’s in diesem früheren Posting

Bundestag beschließt HIV-Antrag am Freitag

Der Antrag „Maßnahmen zur Bekämpfung von HIV/Aids in Deutschland“ (früher Entwurf ‚Gesetz gegen fahrlässige HIV-Verbreitung‚, Initiative der Abgeordneten Spahn et al sowie von CDU/CSU und SPD) wird am kommenden Freitag, 23. März, im Bundestag abschließend behandelt.

Zudem wird in der Sitzung vom Freitag über den Aids-Aktionsplan der Bundesregierung berichtet.

Materialien:
Antrag „Maßnahmen zur Bekämpfung von HIV/Aids in Deutschland“ (Bundestags-Drucksache 16/3615)
Beschlussempfehlung und Bericht des Gesundheitsausschusses hierzu (Bundestags-Drucksache 16/4111)
„Aids-Aktionsplan der Bundesregierung“ (Bundestags-Drucksache 16/4650)

HIV vor Gericht: 2 – ist die Abstammung wirklich alles?

Ein einziges virologisches Untersuchungsverfahren (siehe erster Teil des Artikels) hat in Großbritannien die strafrechtliche Situation für Positive in der Praxis drastisch verändert. Angeklagte bekennen sich in Prozessen, in denen es um die Frage einer bewussten HIV-Infektion einer anderen Person geht, bewusst schuldig, um so zumindest (straf-) mildernde Umstände erreichen zu können.

Aber – ist wirklich alles nur noch „eine Frage der Abstammung“? Reicht es, die ‚Verwandtschaft‘ zweier HI-Viren nachzuweisen, um die Schuldfrage zu beantworten? Kann das Verfahren der phylogenetischen Analyse dazu helfen, oder werden hier Inhalte in seine Ergebnisse hinein interpretiert, die nicht vorhanden sind?

Es lohnt sich also, auch hierzulande darüber nachzudenken, welche Relevanz diese Technik eigentlich für die Beurteilung einer ‚Schuldfrage‘ haben kann.

Bei einer phylogenetischen Analyse kann mit Hilfe eines phylogenetischen Baums dargestellt werden, wie eng verwandt zwei Spezies eines Virus miteinander sind.
Im Gegensatz z.B. zur menschlichen Erbinformation DNA allerdings verändert sich HIV ständig – eine „definitive“ Zuordnung ist nicht möglich.

Zudem finden HIV-Infektionen i.d.R. in so genannten Clustern statt (Gruppen von Menschen), Untersuchungen zeigen, dass die Mehrzahl der HIV-Infizierten Teil solcher ‚Netzwerke‘ sind. Bei allen Mitgliedern eines Cluster oder Netzwerks werden also hochgradig ähnliche HIV-Spezies zu finden sein.

Zeigt eine phylogenetische Analyse, dass zwei HIV-Spezies miteinander (evtl. auch eng) verwandt sind, so zeigt dies zunächst nur, dass beide Personen evtl. dem gleichen Cluster angehören.
Und – selbst bei engster Verwandtschaft zweier HIV-Spezies kann die phylogenetische Analyse nichts aussagen über die Infektions-Richtung, also ob A den/die B infiziert hat, oder umgekehrt. Nicht einmal darüber, welcher von beiden zuerst infiziert wurde / länger infiziert ist.

Damit ist eine phylogenetische Analyse nicht geeignet, einen „sicheren Beweis“ zu schaffen, dass eine Person eine bestimmte zweite Person mit HIV infiziert hat.

Vielmehr könnte die infizierte Person auch (selbst bei nahe verwandten HIV-Spezies) z.B. von einer anderen Person des gleichen Clusters infiziert worden sein. Oder beide Personen, A und B, wurden unabhängig voneinander mit ähnlichen HIV-Stämmen von anderen Personen des gleichen Clusters infiziert.

Ergebnis: eine phylogenetische Analyse, die zunehmend vor Gericht in Strafprozessen Verwendung findet, scheint nicht geeignet, um einen definitiven Beweis zu führen, dass eine Person von einer anderen mit HIV infiziert wurde.

Diese Einschätzung der Bedeutung phylogenetischer Test führte in Großbritannien dazu, dass erstmals im August 2006 ein Strafverfahren wegen HIV-Infektion trotz Verwendung phylogenetischer Tests mit „nicht schuldig“ beendet wurde.

Weiterführende Informationen gibt es in dem (englischsprachigen) Paper „The use of phylogenic analysis as evidence of HIV transmission“, erstellt von NAM und NATals html hier, als pdf hier.

Eine erfreuliche Nuance immerhin ist dem phylogenetischen Verfahren abzugewinnen: dass zwei HIV nicht oder nur sehr entfernt miteinander verwandt sind, für diese Aussage ist es einsetzbar – und kann damit durchaus den Negativ-Beweis führen: dass A den/die B nicht infiziert haben kann.

Nachsatz: Teil zwei dieses Artikels stützt sich wesentlich auf den Artikel „hiv forensics“ in der März-Ausgabe von ‚aids treatment update‘

HIV vor Gericht: 1 – alles eine Frage der Abstammung

In Strafverfahren vor Gericht, in denen es um die Frage geht, ob ein Angeklagter eine Person mit HIV infiziert hat, kommt zunehmend ein Verfahren zur Anwendung, mit dem die Verwandtschaft zweier HI-Viren untersucht werden kann.

Zahlreiche Positive wurden in den vergangenen Monaten wegen Übertragung von HIV verurteilt, besonders in Großbritannien (siehe u.a. hier und hier). Bei den meisten Prozessen in Großbritannien spielte ein recht neues Untersuchungsverfahren eine wesentliche Rolle, die phylogenetische Analyse.

Strafverfahren mit dem Vorwurf der HIV-Übertragung haben in der Regel ein Problem: für die Vorgänge beim Zeitpunkt der Infektion gibt es keinen Zeugen (der bezeugen könnte, dass A den oder die B infiziert hat). Deswegen müssen die Verfahren auf Indizien und andere Beweisverfahren zurückgreifen.

Hier kommt die phylogenetische Analyse ins Spiel: mit Hilfe einer phylogenetischen (übers.: stammesgeschichtlichen) Analyse kann untersucht werden, wie eng verwandt zwei HIV-Varianten miteinander sind (dargestellt über einen so genannten phylogenetischen Baum).

Bereits seit längerem spielt diese phylogenetische Untersuchung eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung einer HIV-Übertragung durch Bluttransfusionen (pdf hier, Literatur u.a. hier).

In jüngster Zeit jedoch beginnen sie auch in zivilrechtliche Verfahren Einzug zu halten: mithilfe phylogenetischer Analysen kann in einem Verfahren wegen HIV-Infektion auch untersucht werden, wie eng z.B. das HIV eines Angeklagten und des Klägers miteinander verwandt sind.
Anwälte und Staatsanwaltschaft könnten also versucht sein, diese Methode zu benutzen, um ihr Beweisproblem zu lösen – die Ergebnisse einer phylogenetischen Analyse als vermeintlicher ‚Beweis‘, dass der Beklagte den Kläger infiziert haben müsse.

Diese Idee ist keineswegs ein Hirngespinst – in Großbritannien wurden bereits zahlreiche Prozesse wegen absichtlicher oder fahrlässiger HIV-Infektion geführt, in denen die phylogenetische Analyse eines der wesentlichen Beweisverfahren war. Staatsanwaltschaften versuchten, mit Hilfe der Ergebnisse einer phylogenetischen Untersuchung die Vorgänge rund um die in Frage stehende Infektionskette zu rekonstruieren.

Dieses Untersuchungsverfahren wird jedoch wird nicht nur in Großbritannien, sondern auch in Deutschland angewandt. So soll ein Labor in Mecklenburg-Vorpommern mit diesen Untersuchung bereits große Umsätze machen.

Dass die Folgen dieser neuartigen Untersuchungsmethode gravierend sein können, zeigt wiederum der Blick nach Großbritannien: hier hat dieses Verfahren inzwischen drastische Auswirkungen. In einem Großteil der Fälle, die vor Gericht landen, erklären sich die Angeklagten schon vorab für schuldig, um so zumindest auf mildernde Umstände (und damit ein niedrigeres Strafmaß) wegen ihres Geständnisses hoffen zu können.

Die phylogenetische Analyse der HIV-Verwandtschaft kann also die Situation in Strafprozessen u.U. gravierend verändern. Aber – ist also alles nur „eine Frage der Abstammung“? Ist es in Zukunft nur noch die Frage einer biochemischen Analyse, um eine Infektion(skette) nachzuweisen? Dazu mehr im zweiten Teil des Artikels.

Über Kondome und Ignoranz

Dass einige Politiker im Bundestag einen Antrag eingebracht haben, mit dem die ‚fahrlässige HIV-Verbreitung‘ zukünftig unter Strafe gestellt werden soll, geistert ja inzwischen sogar durch die sich ansonsten oftmals eher weniger durch Inhalt profilierenden Gratis-Homoblätter.

Dabei gerät allerdings gerne in Vergessenheit, dass eine bewusste Infektion eines/r anderen bereits heute strafbar sein kann – und dass schon heute Positive auch in Deutschland wegen ‚gefährlicher Körperverletzung‘ verurteilt werden, wie jüngst ein schwuler Mann in Memmingen.

Unterdessen läuft auch in Würzburg seit Ende Dezember 2006 ein Verfahren wegen bewusster HIV-Infektion (das außerhalb der regionalen Medien kaum wahrgenommen wird). Ein 38jähriger Mann afrikanischer Abstammung muss sich dort vor Gericht verantworten. Ihm wird zur Last gelegt, mit mindestens sieben Frauen ungeschützten Sex gehabt zu haben; mindestens eine davon wurde mit HIV infiziert. Als Motiv wird ihm Rache vorgeworfen.
(In einem anderen Fall wurde gestern ein sehbehinderter HIV-positiver Berliner freigesprochen, der in Notwehr einen Potsdamer in den Finger gebissen hatte, der ihn vorher mehrfach rassistisch beleidigte und angriff.)

Ein Teil der schwulen Szene reagiert, eine langsam wachsende Zahl von Betreibern schwuler Treffpunkte schließt sich einer freiwilligen Selbstverpflichtung an (insbes. kostenloses Bereitstellen von Kondomen und Gel), in Berlin sogar unter einem „Markennamen“: safety4free.

Umso mehr macht es mich sauer, wenn (gerade auch in Berlin) immer noch Betreiber von Sex-Orten wie Darkrooms oder Saunen sich weigern, unentgeltlich Kondome auszugeben. Und, darauf angesprochen, reagieren mit Kommentaren wie ‚das musste dir schon selbst mitbringen‘ oder ‚das können wir uns hier nicht leisten‘.
Wem sie mit ihrer Ignoranz in die Hände spielen, ist wohl offensichtlich … und der Gast mag vielleicht nachdenken, ob er (es gibt Auswahl genug) nicht lieber an Orte gehen mag, die sich Gedanken um die Szene und ihre Gäste machen – und im Bedarfsfall Kondome bereit stellen.

Es gilt, ein Klima zu erhalten (oder auszubauen), das Solidarität ermöglicht, Diskriminierung vermeidet und so erst die Basis für Präventionsbemühungen bietet.

Die Versuche, Positive zu kriminalisieren, einseitig „Schuld“ und „Verantwortung“ nur einer Seite zuzuweisen, schreiten derweil voran. Wachsam bleiben.

Regierung plant Gesetz gegen ‚fahrlässige Verbreitung von HIV‘

Was gestern noch wie ein Märchen klang, kann morgen schon Wirklichkeit sein … leider aber auch ein Alptraum, denn die Bundesregierung plant anscheinend ein Gesetz gegen die ‚fahrlässige Verbreitung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten‘.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 2. Dezember, dass die Regierungsparteien (CDU/CSU und SPD) sich auf einen Entschließungs-Antrag zur Strafbarkeit der fahrlässigen Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten geeinigt haben. Der Antrag sei inzwischen an die zuständigen Bundestags- Ausschüsse überwiesen worden.

Dem Antrag 1) zufolge soll geprüft werden, ob entsprechende Erfahrungen Österreichs und der Schweiz (zur Strafbarkeit der fahrlässigen HIV-Verbreitung) auch für Deutschland nutzbar gemacht werden können.
Ziel seien dabei (zunächst?) nicht die jeweiligen Sexualpartner, sondern die Betreiber von Internet-Sexagenturen sowie Betreiber von Sex-Parties. Gesucht werden laut Antrag „handhabbare Regelungen zur Eindämmung der kommerziellen Angebote von ungeschütztem Sex“. Nach einem Zeitraum von 2 Jahren, in dem die Wirksamkeit von Selbstverpflichtungen geprüft werden soll, werden Vorschläge für eine rechtliche Regelung gefordert.

Parallel wird in dem Antrag auch gefordert, dass ‚Anbieter von Orten sexueller Begegnung‘ Kondome, Gleitgel sowie safer-sex-Informationen bereit legen und vollständig „auf Werbung und Unterstützung für ungeschützten Geschlechtsverkehr“ verzichten.

Der Antrag geht dabei teilweise von Vorurteile und falschen Annahmen aus, so z.B. wenn dort formuliert wird „besonders beunruhigend ist eine Zunahme an Infektionen mit primär resistentem HI-Virus“. Hierzu sagt das Robert-Koch-Institut im Gegenteil „es ist keine Zunahme der Übertragungshäufigkeit resistenter HIV zu verzeichnen und bisher auch keine Zunahme der Übertragung mehrfach resistenter Viren“ (Epidemiologisches Bulletin Nr. 47 vom 24. November 2006).

Bereits im Entwurf zum Aids-Aktionsplan der Bundesregierung hatte es entsprechende Hinweise auf derartige Bemühungen gegeben, wenn auch verharmlosend mit dem Hinweis, entsprechende Bemühungen sollten erst weiter verfolgt werden wenn …

Mit dem nun publik gewordenen Vorhaben mehren sich die Anzeichen, dass auch in Deutschland ein Rollback zu law and order in der Aids-Politik droht, vermehrt mit juristischen Maßnahmen (auch) gegen Positive vorgegangen werden soll.

Bemühungen, auf freiwilliger Basis die Möglichkeiten und Bedingungen von safer sex in Szene-Einrichtungen zu verbessern (safer environment Ansatz), wie sie z.B. auch die Initiative safety4free Berliner Wirte und Partybetreiber zusammen mit ManCheck geht, werden so brüskiert.

Ganz abgesehen von der Frage, ob es nicht auch legitime Formen des ungeschützten Sex geben mag, zeigt die Initiative erneut, dass die Bundesregierung bei der Aids-Bekämpfung den Weg des Stärkens der Kompetenz des Individuums und des eigenverantwortlichen Handelns (Risikomanagement) verlässt zugunsten zusätzlicher repressiver Maßnahmen.

DAH-Empfang Ulla Schmidt
Nebenbei, wie nett, dass Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt beim Jahresempfang der DAH zu diesem Regierungsvorhaben kein Wort verloren hat …

Anmerkung:
1) Sollte jemand sich an seinen Abgeordneten wenden wollen: Der Antrag wurde eingereicht von den Abgeordneten Jens Spahn, Wolfgang Zöller, Annette Widmann-Mauz, Peter Albach, Norbert Barthle, Dr. Wolf Bauer, Maria Eichhorn, Dr. Hans-Georg Faust, Hubert Hüppe, Max Straubinger, Hermann-Josef Scharf, Willi Zylajew, Hartmut Koschyk, Dr. Norbert Röttgen, Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Peter Friedrich, Elke Ferner, Carola Reimann, Dr. Wolfgang Wodarg, Olaf Scholz, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD.

(gepostet 2.12., 21:28, ergänzt 3.12. 12:40)

Schock in Brandenburg

Dass Justitia in London und Memmingen gegen Positive vorgeht, hatte ich ja bereits berichtet.

Nun aber zeigt sich das bekannte Fachblatt mit den vier Buchstaben schockiert …

Schock in Brandenburg
Dass ein sogenannter ‚HIV-Kranker‘ (was soll denn das sein? Ein HIV-Positiver? oder ein Aids-Kranker?) mit Frauen schlief, und gleich mit zwölf! Schock schwere Not! Na welcher Neid steht da denn dahinter, hat da ein frustrierter Redakteur überlegt, ‚zwölf, wann hatt‘ ich das jemals‘??? Und darüber vergessen, dass es nicht um den Sex an sich, sondern das Wörtchen ’safer‘ geht?

Besonders ekelig, dazu direkt ein Portrait-Foto mit notdürftigem Augen-Balken abzubilden. Vielleicht noch direkt die Adresse und den vollen Namen dazu, wie wär’s direkt mit ’ner Aufforderung zum Lynchen?

Das „Gold-Bingo“ darunter fällt dann wohl eher in die Kategorie „unfreiwillige Satire“ …

Ich bin nicht willens, auch noch Geld für dieses Erzeugnis auszugeben – so dass ich Ihnen den Rest der Story leider nicht erzählen kann. Aber es reicht ja auch so …

Kriminalisierung von Positiven in Europa

Vor einigen Tagen habe ich ja bereits über die Kriminalisierung von Positiven, über ein Urteil in Deutschland, Verfolgungsversuche der Krankenkassen und die drastische Situation in Großbritannien geschrieben.

Nun befasst sich auf dem „Eigth International Congress on Drug Therapy in HIV Infection“, einem der wichtigsten HIV-Kongresse in Europa, ein ganzer Workshop mit dem Thema.
Im Verlauf des Kongresses, der vom 12. bis 16. November 2006 in Glasgow stattfindet, wird es ein Satelliten-Symposium unter dem Titel „Criminalisation of HIV Transmission: The implications for clinical services, confidentiality and doctor-patient relations, national policy“ geben.

Einen guten Überblick über den derzeitigen Stand der Kriminalisierung von Positiven in Europa (Datenbasis 2004) gibt die Untersuchung „Criminalisation of HIV transmission in Europe – A rapid scan of the laws and rates of prosecution for HIV transmission within signatory States of the European Convention of Human Rights“ auf den Seiten von gnp+, dem Global network of people living with HIV/Aids.

Mit Justitia gegen Positive?

Sind es nur Zufälle? Oder mehren sich die Anzeichen, dass auch in Deutschland vermehrt mit juristischen Mitteln gegen HIV-Positive vorgegangen werden soll?
justitia
Einige Fälle in jüngster Zeit veranlassen zum Nachdenken.

In Großbritannien und einigen skandinavischen Ländern wird bereits seit einigen Jahren vermehrt das Mittel des Strafrechts gegen Positive eingesetzt. In jüngster Zeit gab es nun auch in Deutschland einige bemerkenswerte Fälle, in denen Positive Gegenstand juristischer Ermittlungen wurden:

Der Fall „Barmer“
Die Siegessäule berichtet in ihrer September-Ausgabe über mehrere Fälle, in denen die Barmer Ersatzkasse bei ihr krankenversicherte Positive angefragt hat mit der Bitte anzugeben, bei wem sie sich mit HIV infiziert hätten.
Auf Nachfrage und Beschwerde des HIV-/Aids-Wohnprojekts ZiK bestätigte die Barmer, ja, sie habe diesbezüglich nachgefragt, Ziel seien mögliche Regressforderungen. Sie sei sich zwar der Problematik der haftungsrechtlichen Prüfung bewusst, glaube aber zu Regress-Versuchen verpflichtet zu sein.
Regress heißt in diesem Fall: die Barmer versucht, ausfindig zu machen, wer den bei ihr versicherten Patienten infiziert haben könnte – um dem dann etwa die Behandlungs- und weiteren Folge-Kosten aufzubürden?
Sollen hier wieder einseitig Positive zur Verantwortung gezogen werden? Als gäbe es nicht eine beidseitige Verantwortung, auch beim Thema Safer Sex? Versucht hier eine Krankenkasse (etwa als „vorgeschobener Versuchsballon“?), eine Drohkulisse auszubauen? Oder drohen echte finanzielle Regress-Versuche gegen Positive?

Der Fall „Memmingen“
Aus Süddeutschland wird der Fall der Verurteilung eines Positiven wegen gefährlicher Körperverletzung gemeldet.
Das Landgericht Memmingen verurteilte am 27. Juni 2006 einen HIV-Positiven zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Ihm wurde vorgeworfen, im Frühjahr 2004 einen Sex-Partner zumindest bedingt vorsätzlich mit HIV infiziert zu haben (Körperverletzung).

Ein Tötungsvorsatz wurde im konkreten Fall nicht unterstellt. Das Teilgeständnis des Angeklagten wurde strafmildernd gewertet; zu Lasten des Angeklagten wurde hingegen gewertet, dass er wahrheitswidrig seine eigene HIV-Infektion verleugnet hatte (erhebliche kriminelle Energie). Gutachter im Prozess war Prof. Goebel (München).

Die Situation in Großbritannien
In Großbritannien ist es in den vergangenen Jahren bereits zu zahlreichen Verurteilungen von Positiven u.a. wegen Körperverletzung gekommen.

Erst vor kurzem (Mitte September) wurde ein 43jähriger Brite (die britische Presse nannte in Berichten seinen vollen Namen und Adresse!) zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, mit einer 49jährige britische Frau (die in der darauf folgenden Zeit HIV-positiv getestet wurde) ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, ohne sie über seine HIV-Infektion aufzuklären. Psychische Probleme des Angeklagten wurden als nicht urteilsrelevant erachtet.

Dieser Fall war bereits der neunte Fall einer Verurteilung eines Positiven in Großbritannien wegen HIV-Übertragung. Von den ersten acht Fällen kamen nur zwei zur Verhandlung vor Gericht, in den übrigen sechs Fällen lagen vorher Schuld-Erklärungen vor. Die sieben ersten Fälle betrafen heterosexuelle Männer und Frauen, denen eine bewusste Infektion eines Sexpartners vorgeworfen wurde.

Ende Juli wurde erstmals auch ein schwuler Mann wegen bewusster Infektion verurteilt. Er hatte sich anfangs aufgrund virologischer Daten (und dem Rat seiner Verteidiger) selbst für schuldig erklärt. Ein Widerruf dieses Geständnisses wurde dann nicht für glaubwürdig erachtet.
Anfang August war erstmals in Großbritannien ein schwuler Mann vom Vorwurf der bewussten Infektion eines Sexpartners freigesprochen worden. Sein Verteidiger hatte mithilfe von Gutachtern nachweisen können, dass mit größter Wahrscheinlichkeit das HIV des Angeklagten keine Verwandtschaft mit dem HIV des Klägers haben kann (er also seine Infektion bei einem anderen Partner erworben haben müsse).

Beachtenswert ist, dass britische Gerichte in letzter Zeit vermehrt virologische Gutachten für die Urteilsfindung heranziehen. Virologisch kann nachgewiesen werden, ob zwischen zwei Varianten von HIV (zum Beispiel dem des Klägers und dem des Angeklagten) eine genetische Verwandtschaft besteht und wie eng diese ist.

Die britische Staatsanwaltschaft (Crown Prosecution Service) hat inzwischen einen Entwurf für Richtlinien erstellt und zur öffentlichen Diskussion gestellt. Diese Richtlinien sollen zukünftig regeln, wie die Staatsanwaltschaften mit Fällen umgehen, in denen die sexuelle Übertragung von Infektionskrankheiten (u.a. HIV) schwerwiegende körperliche Beeinträchtigungen hervorruft. Vor Abfassung des Entwurfs waren u.a. auch HIV-Ärzte sowie Aids-Gruppen konsultiert worden.