Kinofilm „Themba – Das Spiel seines Lebens“ mit UNICEF-Kinderrechtspreis ausgezeichnet

Auf dem 13. internationalen Filmfestival in Sansibar (Afrika) wurde der Kinofilm „Themba – Das Spiel seines Lebens“ mit dem UNICEF-Kinderrechtspreis für Filme ausgezeichnet. Anlässlich der Deutschlandpremiere des Films am 1. August 2010 in Köln überreicht UNICEF die Auszeichnung an die Regisseurin Stefanie Sycholt.

„Themba“, in dem auch der frühere deutsche Nationaltorwart Jens Lehmann in einer Nebenrolle als Fußballtrainer mitspielt, erzählt die packende Geschichte einer ungewöhnlichen Befreiung im Gastland der gerade zu Ende gegangenen Fußball-Weltmeisterschaft.

Der elfjährige Themba kämpft sich durch seine Fußballkünste aus ärmsten Verhältnissen bis in die Jugendnationalmannschaft Südafrikas, Bafana Bafana. Auf dem Höhepunkt erfährt er, dass er HIV-positiv ist – Folge einer erlittenen Vergewaltigung. Doch Themba beschließt, das Schweigen um Aids zu brechen.

Der Name „Themba“ bedeutet übersetzt „Hoffnung“. Jens Lehmann erklärte nach den Dreharbeiten: „Ich wünsche den Kindern in Afrika, dass sie ebenso glücklich wie die Kinder in Deutschland leben und spielen können.“

Jens Lehmann bei seinem Schauspieldebut mit seinen südafrikanischen Schauspielkollegen (Foto: UNICEF)
Jens Lehmann bei seinem Schauspieldebut mit seinen südafrikanischen Schauspielkollegen (Foto: UNICEF)

„Themba“ wurde mit dem UNICEF-Preis ausgezeichnet, weil er ebenso unterhaltsam wie überzeugend das Leben von Kindern und Jugendlichen im südlichen Afrika erzählt. Er zeigt ihre Probleme wie extreme Armut und Aids genauso wie ihre Träume, ihre Hoffnungen und ihre Entschlossenheit, das Elend zu überwinden. „Themba“ ist Kino über Menschen – für Menschen“, sagt Rudi Tarneden, Sprecher von UNICEF Deutschland.

Seit sechs Jahren ehrt UNICEF im Rahmen des internationalen Filmfestivals in Sansibar den jeweils besten Film, der am überzeugendsten die Kraft der Kinder im Kampf um ihre Rechte im südlichen Afrika ausdrückt. „Themba“ gewann auch den künstlerischen Hauptpreis des diesjährigen Festivals als bester Film. Mit großer Intensität folgt „Themba“ seinem Helden und schafft es dabei, Tabuthemen wie Aids oder Missbrauch zu erzählen, ohne jemals die Hoffnung zu verlieren.

Nach Schätzungen von UNICEF hat Südafrika eine der höchsten Aids-Infektionsraten auf der Welt. Jedes Jahr stecken sich rund 500.000 Menschen neu an. Auch Gewalt in Familien und Missbrauch sind verbreitet. Allein 2008/2009 wurden 50.000 Kinder Opfer von Gewalt.

UNICEF unterstützt in Südafrika landesweite Programme für Kindergesundheit, den Aufbau kinderfreundlicher Schulen, Aids- Prävention und Kinderschutz sowie Sportprogramme. UNICEF setzt sich auch politisch für die Kinderrechte ein.

(Pressemitteilung UNICEF)

Hinweis:
„Themba“ wird auch gezeigt im Rahmen der „Positiven Begegnungen 2010“, am 27. August 2010 um 20:30 Uhr, mit anschließender Diskussion mit Dr. Lutz van Dijk, Autor des Romans „Themba“, auf dem der Film basiert.

MILK: 2 Oscars – ‚You Must Come Out!‘

„MILK“, der Film über ‚den Bürgermeister von Castro Street‘, den offen schwulen Politiker Harvey Milk, wurde in Los Angeles mit 2 Oscars ausgezeichnet.

Sean Penn wurde geehrt als bester Darsteller , der 34jährige Dustin Lance Black für das beste Drehbuch – beide in ‚MILK‚.

Drehbuch-Autor Black äußerte sich im November bereits über Harvey Milk und warum er dieses Drehbuch geradezu schreiben musste:

„I was almost fourteen when I heard a recording of a speech. It had been delivered on June 9, 1978, the same year my biological father had moved my family out to San Antonio. It was delivered by what I was told was an “out” gay man. His name was Harvey Milk. … That moment when I heard Harvey for the first time . . . that was the first time I really knew someone loved me for me. From the grave, over a decade after his assassination, Harvey gave me life. . . he gave me hope.“

Milk – das ist weit mehr als eine anrührende Homo-Geschichte aus dem San Francisco der siebziger Jahre:

„You see, one of the biggest hurdles for the gay community has always been invisibility. Unlike the black movement and the women’s movement, gays and lesbians are not always immediately identifiable. People still go their entire careers without coming out to their co-workers, not to mention their relatives or their neighbors. Harvey Milk saw this problem, and shouted out the solution, “You must come OUT!”“

Sehr lesenswert: Drehbuchautor Dustin Lance Black über Harvey Milk:

towleroad.com: Milk Screenwriter Dustin Lance Black on Milk, 30 Years Later
Die Verleihung des Oscars für das beste Drehbuch an Dustin Lance Black mit seiner Dankesrede auf youtube (Dank an Dirk!).
towleroad.com: In the Oscar Pressroom with Lance Black and Sean Penn
calibanblog 03.03.2009: Dustin bei Oprah (Video)
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Fig Trees – Doku Oper über Aids-Aktivisten auf Berlinale (akt.)

Zackie Achmat und die Treatment Action Campaign – um Therapieaktivismus in Südafrika und Kanada geht es in einem ungewöhnlichen Film auf der Berlinale.

„Fig Trees“ behandelt die Arbeit der kanadischen und südafrikanischen Aids-Aktivisten Tim McCaskell und Zackie Achmat – in Form einer ‚Doku-Oper.

Das Blog e-politik berichtet:

„Die Grundidee des Films ist es, dass Gertrude Stein in der Gegenwart auftaucht und eine Dokumentar – Oper über die Bürgerrechtler im Kampf gegen HIV entwirft: Sie setzt einzelne Wörter, Sätze und Gedanken aus den Reden neu zusammen und komponiert daraus schrille Arien. Vor allem aber bedient sich diese Oper bei bekannten Pop – Songs der vergangenen Dekaden von Michael Jackson bis Bruce Springsteen, die auf sehr komische Weise adaptiert werden.“

Was eine ‚Doku-Oper‘ ist? Das Berliner Stadtmagazin zitty beschreibt den „radikalen Ansatz“ folgendermaßen:

„Archivaufnahmen, Interviews und Pressekonferenzen wurden mit Arien unterlegt. In einer Parallelhandlung recherchiert Gertrude Stein für ein Libretto über Tim und Zackie, die 100 besten Aids-Songs werden vorgestellt, Buchstabenspiele durchgeführt und schwule Komponisten von A bis Z aufgelistet.“

e-politik.de: Fig trees: Außergewöhnliche Dokumentar – Oper über AIDS – Aktivisten
berlinale.de: fig trees
siegesaeule.de: fig trees
zitty.de: angeschaut: kurz und kritisch

Nachtrag
14.02.2009: „Zum besten Dokumentarfilm der Berlinale 2009 erkor die internationale Jury den experimentellen Filmessay «Fig Trees».“
queer.de 28.04.2009: Schwul-lesbischer Filmpreis für John Greyson und seine Aids-Oper
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Sex Positive – Dokumentarfilm über einen Aids-Pionier

Schwul, Stricher, S/M -keine Ideal-Voraussetzungen für einen Film-Helden. Und nicht die Biographie, die man hinter einem Aids-Aktivisten vermutet. Der Film „Sex Positive“ portraitiert einen Aids-Aktivisten der ersten Stunde.

Daryl Wein Regisseur von Sex Positive (Foto: darylwein.com)
Daryl Wein Regisseur von Sex Positive (Foto: darylwein.com)

‚Sex Positive‘ – unter diesem Titel portraitiert der Film des Regisseurs Daryl Wein den schwulen SM-Sexworker Richard Berkowitz. Berkowitz wurde Anfang der 1980er Jahren zum Aids-Aktivisten. Er war einer der ersten, die in den USA Safer Sex propagierten.

Berkowitz veröffentlichte im November 1982 (!) zusammen mit Michael Callen im New York Native den Artikel “Wir wissen, wer wir sind: Zwei schwule Männer erklären der Promiskuität den Krieg”. Er versuchte über Sexpraktiken zu informieren, die mit einem hohen HIV-Infektionsrisiko verbunden sind, er sprach sich u.a. gegen Drogengebrauch, Promiskuität und einige Sexpraktiken aus. Er führte Aids nicht nur auf ein Viresu zurück, sondern auch auf Promiskuität und ‚missbräuchliche Verwendung des eigenen Körpers‘. Seine Haltung brachte ihm unter Schwulen- und Aids-Aktivisten nicht nur Beifall, sondern auch zahlreiche Kritik ein.

Der Artikel „How to Have Sex in an Epidemic: One Approach“ von Berkowitz, Michael Callen, Dr. Joseph Sonnabend und Richard Dworkin von 1983 gilt als erster sexfreundlicher ‚Safer Sex – Ratgeber‘ für Schwule.

Berkowitz war u.a. auch einer der Teilnehmer der legendären ‚Denver Conference‘, auf der die Denver Prinzipien verabschiedet wurden, eine der ersten politischen Selbst-Äußerungen von Menschen mit HIV und Aids. Aus der Konferenz ging (ebenfalls mit Beteiligung von Berkowitz) die ‚National Association of People with Aids‘ hervor.

Der Dokumentarfilm ‚Sex Positive‘ (2008) von Daryl Wein ist für zahlreiche Festivals nominiert. Im Juli 2008 geann er den ‚Grand Jury Prize‘ des LA Outfest. Der Film kommt in den USA im März 2009 in die Kinos. Ob der Film auch in Deutschland einen Verleih findet, ist bisher unklar.

weitere Informationen:
LifeLube 15.06.2009: „Sex Positive“ – How the most promiscuous men pioneered safer sex
LA Times 14.06.2009: ‚Sex Positive‘ documents the pioneers of safe sex
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It’s our lives we’re fighting for!

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„There is hope for a better world,
there is hope for a better tomorrow!
Without hope, not only gays, but those blacks, the disabled, the seniors, the us,
without hope, the us give up!
I know that you cannot live on hope alone
but without it life is not worth living!
but you, and you, and you got to give them hope!“ (Harvey Milk)

Harvey Milk

(( und ja, ich weiss, dass ich Teil des viral marketing bin. Dafür gerne!))

‚Jung Positiv‘ – der Film

‚Jung Positiv‘ – ein neuer Film berichtet über Leben und Probleme junger schwuler Männer mit HIV.

Beim Start der bundesweiten Präventionskampagne „ich weiss, was ich tu!“ am 13. Oktober 2008 in Berlin wurde auch weltweit erstmals der Film „Jung Positiv“ gezeigt.
Der Film ist das gemeinsame Projekt von 15 jungen HIV-positiven Schwulen und entstand aus dem Projekt ‚JuPo‘ heraus.

'Jung Positiv' - Darsteller bei der Premiere des Films am 13.10.2008 in Berlin‚Jung Positiv‘ schildert in dokumentarischem Stil das Leben junger Positiver. Dabei geht er weniger auf die medizinischen Faktoren als vielmehr auf soziale Probleme ein. Die Frage der Toleranz, des ’nicht an den Rand gedrängt Werdens‘ erweist sich als eines der zentralen Themen, das junge Positive auf vielfältige Weise beschäftigt.

Coming Out, offen positiv sein, und mögliche Folgen eines positiven Coming-Outs beschäftigen viele. So beschreibt Markus, wie sich der Umgang mit ihm durch sein offenes Auftreten als HIV-Positiver verändert hat, und beklagt „ich bin doch in erster Linie Mensch, und nicht das Virus – das vergessen viele“.

Die meisten der im Film portraitierten jungen Positiven haben einen Weg gefunden, offen mit ihrem HIV-Status umzugehen. So formuliert einer von ihnen „die Entscheidung, es offen zu sagen kam relativ früh. Sonst hätte ich ja immer aufpassen müssen, wer weiß was. Es hätte mich irgendwann erdrückt.“

'Jung Positiv' - Darsteller bei der Premiere des Films am 13.10.2008 in BerlinTrotz ihres Mutes, jeder aus seine Weise  mit HIV umzugehen, erleben sie vielfache Formen von Diskriminierungen. „Gerade in der Gay-Szene gibt es Leute, die mit dem Finger auf einen zeigen – gerade da, wo man es am wenigsten erwartet“, entrüstet sich einer der Protagonisten. Auch die Partnersuche erweist sich als schwierig – solange man offen mit HIV ist. „Du sagst es, und schon ist alles verpufft.“

Die jungen Positiven des Films haben auch Zukunftssorgen, die HIV ihnen erst macht, und nicht nur medizinisch gesehen: So berichtet ein junger Mann, der im Kfz-Gewerbe gelernt hat, „Meister machen – der Traum ist geplatzt. Wer gibt mir schon noch einen Kredit, als Positiver? Die verlangen ja eine Lebensversicherung als Sicherheit. Und die bekomm‘ ich mit HIV doch nicht.“

'Jung Positiv' - Darsteller bei der Premiere des Films am 13.10.2008 in Berlin
„Jung Positiv“ ist entstanden um das Projekt JuPo herum.
Dieses bereits 2003 ins Leben gerufene Filmprojekt ‚JuPo – Jung und Positiv – das Präventionsfilmprojekt‚ beschreibt sich selbst „Das JuPo-Präventionsprojekt ist ein Filmprojekt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Thema HIV. Wir sind etwa 22 junge Leute zwischen 15 und 27, wir sind HIV negativ und HIV positiv und wir sind schwul, lesbisch, bi und hetero“. Frühere Filmprojekte von JuPo gibt’s auf der Site des Projekts als Download.

Der Film ‚Jung Positiv‘ ist Teil der Bundeskampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘ der Deutschen Aids-Hilfe und hatte am 13. Oktober in Berlin seine Uraufführung.

Der Film steht derzeit als DVD zur Verfügung und wird ab ca. Anfang November 2008 als Stream auf der Site der Präventionskampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘ unter www.iwwit.de online zu sehen sein.

Milk – Preview

Im November kommt in den USA „Milk“ in die Kinos, der Film über Harvey Milk, den „Bürgermeister von Castro Street„.

Gus van Sant verfilmt das Leben von Harvey Milk. Dem ersten offen schwulen Stadtrat in San Francisco. der nur wenige Monate im Amt war, dann von einem ehemaligen Stadtrat erschossen wurde.

„It’s more than an issue. It’s our lives we’re fighting for!

Inzwischen gibt’s eine Preview des Gus-van-Sant-Films zu sehen, der am 26. November 2008 in den USA in die Kinos kommt. Kinostart in Deutschland ca. Anfang 2009.

Dank palisadesberlin :-).

Fotos von den Dreharbeiten

PS.
– Zur Zeit Milks entstand vor 30 Jahren die Regenbogenflagge, die ihren ersten ‚großen Auftritt‘ 1979 hatte: nach der Ermordung von Harvey Milk sollte der Gewalt und dem Entsetzen in den Communities farbenfrohe Zuversicht entgegen gesetzt werden. Eine Zeit, in der die Regenbogenflagge Symbol war für Solidarität, Hoffnung, Vielfalt stand …
– Über Harvey Milk informiert sehr gut die (1985 mit einem Oscar prämierte) Dokumentation „The Times of Harvey Milk“ von Rob Epstein (Besprechung Xenon).

„Milk – his life changed history, his courage changed lives“ – ein recht amerikanischer Werbespruch, dennoch, ja, seine Courage hat etwas bewegt. War Vorbild für viele die ihm folgten in seinem Engagement.
Schon bei der Preview läuft es mir wieder kalt den Rücken runter …
Schön, dass Milk nun endlich wieder ein wenig mehr Aufmerksamkeit erfährt. Zu hoffen ist, dass der Film vielleicht den ein oder anderen zum Nachdenken, zu neuer Aktivität anregt.

Brasilien: … faca com camisinha

„Mach was du willst, aber mach es mit Kondom“ – so lautet das Motto einer neuen Aids-Präventionskampagne in Brasilien.

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(c) Foto: Ministério da Saúde, Brasilien

„Mach was du willst, aber mach es mit Kondom“ – mit dieser Kampagne wendet sich das brasilianische Gesundheitsministerium an Männer die Sex mit Männern haben (MSM) sowie an Transvestiten. Insbesondere junge Männer zwischen 13 und 19 Jahren sollen erreicht werden – hier liegen die HIV-Infektionsraten besonders hoch.

Klaus Hart berichtet in seinem Blog ‚Brasilientexte‘ über die neue Präventionskampagne und insbesondere auch über die Situation zwischen boomender Homo-Szene und gleichzeitig grassierender Homophobie.

“Bei Morden an Schwulen liegt Brasilien weiterhin an der Spitze“, zitiert Hart einen brasilianischen Schwulenaktivisten, „durchschnittlich jeden zweiten Tag wird einer umgebracht, keine andere Minderheit wird so abgewertet, so diskriminiert. Wir leben noch in einer heterosexistischen Gesellschaft, Änderungen sind nur auf sehr lange Frist vorstellbar.“
Jede Veränderung der Situation, jede Aids-Prävention müsse auch eine Bekämpfung der Homosexuellenfeindlichkeit in Brasilien beinhalten, so Toni Reis, Präsident der Brasilianischen Assoziation der Gays, Lesben, Bisexuellen, Transvestiten und Transsexuellen(ABGLT).

Die Aids-Politik Brasiliens gilt international als beispielhaft.
Brasilien geht u.a. seit vielen Jahren auch spannende Wege in der Versorgung der HIV-Infizierten des Landes mit Medikamenten (siehe „Patienten, Patente und Profite„). Eine eigene Generika-Produktion wurde aufgebaut. Generische Versionen wichtiger Aids-Medikamente werden im Land hergestellt. Mit der realen Möglichkeit der Produktion von Generika wurden Pharmakonzerne zu Preis-Zugeständnissen gebracht. Inzwischen konnte ein sehr hoher Versorgungs- und Behandlungsstandard erreicht werden. Mehrere hunderttausend brasilianische HIV-Positive werden erfolgreich antiretroviral behandelt.

diese Zeiten sind für immer vorbei?

In den (nein, in wenigen, leider) Kinos läuft derzeit ein bemerkenswerter Film. „Johan„, ein schon im Sommer 1975 entstandener quasidokumentarischer Spielfilm, 1996 im französischen Filmarchiv wiederentdeckt, und erst 2008 in deutschen Kinos.

Regisseur Philippe Valois erzählt die Geschichte von Johan, der Hauptfigur des Films. Nur, Johan sitzt im Knast – und bleibt den gesamten Film lang unsichtbar. Stattdessen sucht der Regisseur Ersatz, an allen Orten die das schwule Leben im Paris Mitte der siebziger Jahre zu bieten hatte, in Saunen und Bars, bei Freunden und Feinden von Johan.

Entstanden ungefähr zeitgleich mit ‚La cage aux folles‘ (‚Ein Käfig voller Narren‘), ist dieser Film doch das ganze Gegenteil – ein Paradebeispiel eines schwulen Lebensstils noch vor der Industrialisierung des Sex, vor geklonten Pseudo-Freiheiten.
Und er zeigt dabei ein Leben weit in Zeiten vor Aids, ein Leben, das sich so mancher meiner Freunde und Bekannten, die ihr Coming Out erst später, erst in den Jahren schon mit HIV hatten, kaum vorstellen kann.

Ein Film voll, so die Besprechung im Berliner schwulen Stadtmagazin ‚Siegessäule‘ (Ausgabe März 2008), voll „offen und schuldlos gelebter Sexualität“.
Der Rezensent schließt an, dieser Film sei ein Dokument, wohl wahr.
Ein Dokument, so der gleiche Rezensent weiter, „aus einer Welt, die keine zehn Jahre später durch Aids unwiederbringlich verloren war, für immer.“

Ich stutzte, irgend etwas rebelliert spontan in mir. Noch einmal lesen. Genau.

Ja, diese Welt war nur wenige Jahre später verloren, diese Welt einer unschuldigen, naiven und hemmungslosen Sexualität. In diesem Punkt empfinde ich ähnlich wie der Rezensent.

Aber – warum dieses apodiktische „für immer“?

Warum diese Schere im Kopf? Warum diese freiwillige Kastrierung eigener Hoffnungen?

Ist es nicht vorstellbar, dass es auch wieder eine Zeit ohne HIV, ohne Aids gibt? Oder eine Zeit, in der HIV ’nur‘ irgendeine weitere dieser lästigen, aber letztlich behandelbaren sexuell übertragbaren Infektionen ist? Und nicht mehr die potenziell tödliche Bedrohung?

Warum keine Visionen? Und wenn sie derzeit vielleicht auch als Utopien erscheinen mögen?

Ich will diese Hoffnung nicht aufgeben …
… diese Hoffnung auf eine Heilung
… diese Hoffnung auf eine neue Zeit ohne HIV und Aids

„Wer keinen Mit zu träumen hat, hat keine Kraft zu kämpfen“

Blue again

„Blue“, der wegweisende, unter die Haut gehende Film des Regisseurs Derek Jarman, ist in digitaler Version jetzt wieder in den Kinos, darauf macht hivblog aufmerksam.

„Blue“ ist in meinem Augen (ähnlich wie Susan Sontags „Aids und seine Metaphern“) ein ‚Muss‘ der kulturellen Auseinandersetzung mit Aids.
Claus Gillmann (gest. 29.8.1994), Weggefährte in früheren Jahren von schwulen- und aidspolitischem Engagement, schrieb 1994 über Blue:

Die Leinwand ist – blau. Etwa 70 Minuten lang. Sonst nichts. Alltags- und Naturgeräusche, Gesprächsfetzen, meditative Musikelemente sind nur zu hören. Ein Monolog Jarmans bringt Erinnerungen, Bobachtungen und Reflexionen. Mitunter sarkastisch kommentiert er seine Krankheit.
Blue is darkness made visible’ sagte er einmal und lieferte damit den Schlüssel für die ästetische Umsetzung seiner Erfahrung. Das monochrome Blau setzt den Zuschauer der Befindlichkeit des in Folge von AIDS Erblindeten -Jarmans Realität- in radikaler Weise aus. Dem entginge man nur, wenn man seine Augen verschlösse. ‚Blau’ steht aber auch für die quälende Ungewissheit (‚incertainty’) der verrinnenden und noch zu lebenden Zeit bis zum gewissen Tod. ‚Blue’ ist nun wohl Jarmans letzter Film. Opulente Bilderfülle und Farben, wie wir sie etwa von ‚Caravaggio’ oder ‚Edward II’ kennen, wird es nicht mehr geben. ‚Blue’ ist eines der überzeugendsten Dokumente der vieldiskutierten ‚AIDS-Kultur’ – und das ganz persönliche Vermächtnis eines engagierten Künstlers.“

(Claus Gillmann in ‚Boulevard HIV‘ Januar 1994),

Der Bürgermeister der Castro Street

„The Mayor of Castro Street“ – unter diesem Titel wird das Leben des US-Politikers und schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk verfilmt. Im Januar soll mit den Dreharbeiten begonnen werden.

Harvey Milk war der erste offen schwule Stadtrat in San Francisco. Vermutlich war er der erste offen schwul lebende Politiker überhaupt in den USA.
Er wurde 1977 in den San Francisco Board of Supervisors gewählt. Unter Bürgermeister George Moscone gelangen ihm einige wesentliche Verbesserungen für Lesben und Schwule in San Francsico, unter anderem brachte er ein ‚gay rights bill‘ ein und verhinderte eine Verordnung, die offen schwul und lesbisch lebende LehrerInnen an der Berufsausübung gehindert hätte.

Harvey Milk konnte nur elf Monate als Stadtrat arbeiten. Am 27. November 1978 wurde Milk vom ehemaligen Stadtrat Dan White erschossen. Auch Bürgermeister Moscone fiel dem Attentat zum Opfer.

Der Attentäter Dan White wurde im Mai 1979 verurteilt. Das Strafmaß (sieben Jahre Gefängnis) wurde von vielen Einwohnern San Franciscos als skandalös niedrig empfunden. Es kam zu massiven Demonstrationen und schweren Zusammenstößen mit der Polizei (bekannt als White Night). Bei anschließenden Aktionen der Polizei wurden mehrere schwule Bars in der Castro Street zerstört.

Milk selbst hatte mit Gewaltaktionen gegen ihn gerechnet. Er hatte Tonbänder vorbereitet, die gespielt werden sollten für den Fall, dass er Opfer eines Attentats werde. „Sollte eine Kugel mein Gehirn treffen, lasst diese Kugel jede Schranktür zerstören“ (Schrank -> closet, Symbol für den (unfreiwillig) nicht offenen, den ‚Schrank-Schwulen‘).

Nach seinem gewaltsamen Tod wurde Milk endgültig zu einer schwulen Ikone, zu einem Symbol eines neu erwachten schwulenpolitischen Bewusstseins im San Francisco der 1970er Jahre. Viele Orte und Zentren schwulen- und lesbenpolitischen Lebens und Engagements wurden nach ihm benannt, am bekanntesten vielleicht die ‚Harvey Milk Highschool‘ in New York (inzwischen eine öffentliche High School). Das Leben Harvey Milks wurde von Rob Epstein unter dem Titel ‚The Times of Harvey Milk‘ verfilmt.

Der Regisseur Gus van Sant wird nun das Leben von Harvey Milk als Spielfilm (BioPic) verfilmen. Beginn der Dreharbeiten soll nach jahrelangen Vorarbeiten im Januar 2008 sein. In den Hauptrollen sollten als Darsteller des Harvey Milk Sean Penn sowie als Darsteller des Dan White Matt Damon im Gespräch sein. Damon solle aber aus terminlichen Gründen doch abgesagt haben, wie pinknews berichtet.

Dokus zu HIV & Aids

Anlässlich des Welt-Aids-tags sendet der Digital-Kanal ARD Extra einige Dokumentationen und Reportagen rund um HIV und Aids:

Jung. Sorglos. HIV-positiv. (1.12., 13:30 Uhr)
A Right to Live – Medikamente für Millionen (11.12., 14:45 Uhr)
Der Fluch der Ahnen (1.12., 20:15 Uhr)
Früher Frost – ein Fall von Aids (1.12., 22:00 Uhr)
Tanz ums Schilfrohr (4.12., 20:15 Uhr)
Liebes-Safari in Kenia – weiße Frau sucht schwarzen Mann (4.12., 21:15 Uhr)

Weitere Informationen zu den Sendungen sowie Wiederholungs-Termine hier.