USA: Richtlinie empfiehlt antiretrovirale Therapie für alle HIV-Positiven

Die Leitlinien zur Behandlung der HIV-Infektion wurden in den USA aktualisiert. Empfohlen wird nun eine antiretrovirale Behandlung aller HIV-Positiven.

Mit der Aktualisierung werde u.a. den Feststellungen Rechnung getragen, dass fortdauernde HIV-Vermehrung schädliche Folgen habe; zudem solle dem positiven Effekt der antiretroviralen Therapie auf eine Verhinderung der HIV-Übertragung entsprochen werden.

Zentraler Satz: antiretrovirale Therapie werde allen HIV-Positiven empfohlen – „ART is recommended for all HIV-infected individuals.“ Die Stärke dieser Empfehlung variiere abhängig von der CD4-Zellzahl.

Die neue Richtlinie führt aus:

„Initiating Antiretroviral Therapy in Treatment-Naive Patients
The Panel updated its recommendations on initiation of ART in treatment-naive patients. The changes are primarily based on increasing evidence showing the harmful impact of ongoing HIV replication on AIDS and non-AIDS disease progression. In addition, the updated recommendations reflect emerging data showing the benefit of effective ART in preventing secondary transmission of HIV. The updated section includes more in-depth discussion on the rationale for these recommendations and on the risks and benefits of long-term ART.
The Panel’s recommendations are listed below.

  • ART is recommended for all HIV-infected individuals. The strength of this recommendationa varies on the basis of pretreatment CD4 cell count:
    – CD4 count < 350 cells /mm³ (AI)
    – CD4 count 350 to 500 cells / mm³ (AII)
    – CD4 count >500 cells/mm³ (BIII)
  • Regardless of CD4 count, initiation of ART is strongly recommended for individuals with the following conditions:
    – Pregnancy (AI) (see perinatal guidelines for more detailed discussion)
    – History of an AIDS-defining illness (AI)
    – HIV-associated nephropathy (HIVAN) (AII)
    – HIV/hepatitis B virus (HBV) coinfection (AII)
  • Effective ART also has been shown to prevent transmission of HIV from an infected individual to a sexual partner. Therefore, ART should be offered to patients who are at risk of transmitting HIV to sexual partners (AI [heterosexuals] or AIII [other transmission risk groups]).
  • Patients starting ART should be willing and able to commit to treatment and should understand the benefits and risks of therapy and the importance of adherence (AIII). Patients may choose to postpone therapy, and providers, on a case-by-case basis, may elect to defer therapy on the basis of clinical and/or psychosocial factors.“

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siehe auch:
ondamaris / Michèle Meyer 02.02.2012: Lasst uns aus der kollektiven Schockstarre des Verseuchtseins erwachen! Freut euch!
ondamaris / Ulrich Würdemann 22.07.2011: “treatment as prevention” – ein Konzept mit latent freiheitseinschränkenden Tendenzen?

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weitere Informationen:
U.S. Department of Health and Human Services 27.03.2012: Guidelines for the Use of Antiretroviral Agents in HIV-1-Infected Adults and Adolescents (pdf)
AidsInfo 26.03.2012: Guidelines for the Use of Antiretroviral Agents in HIV-1-Infected Adults and Adolescents – What’s New in the Guidelines?
POZ 28.03.2012: Revised U.S. Guidelines: HIV Treatment is Recommended for All People Living With HIV
aidsmap 29.03.2012: New US treatment guidelines recommend antiretroviral treatment for all people with HIV
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Kurz notiert … Oktober 2010

28. Oktober 2010: Hepatitis C : Die DAH weist hin auf Verhaltensänderungen bei Hepatitis-C-Behandlung: neue Medikamenteninformationen

24. Oktober 2010: Trotz seiner langwährenden Freundschaft mit Ernie sei er nicht schwul, lässt Sesamstraßen-Figur Bert erklären.

22. Oktober 2010: Die derzeit angewendeten US-Behandlungsrichtlinien für die Behandlung von Syphilis bei HIV-Positiven haben eine sehr geringe Evidenz-Basis, betont eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift.

Mit Ritonavir (Handelsname Norvir®) geboostetes Saquinavir (Invirase®) kann zu Herzrhythmusstörungen führen, berichten Medien. Die US-Packungsbeilage wurde geändert.

Der Pharmakonzern Johnson & Johnson macht Infektionskrankheiten (darunter HIV)  zu einer Priorität seiner Geschäftsaktivitäten.

21. Oktober 2010: Den seltenen Fall einer HIV-Übertragung durch eine Messer-Attacke haben Forscher in Taiwan dokumentiert.

19. Oktober 2010: Auch München braucht einen Gedenkort für schwule NS-Opfer, fordert die Rosa Liste in einem Antrag.

15. Oktober 2010: Zwei HIV-positive Strafgefangene haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erfolgreich gegen Russland bzw. gegen die Ukraine geklagt. Sie erhielten Schmerzensgeld in Höhe von 27.000 bzw. 8.000 Euro zugesprochen, ihre medizinische Versorgung sei menschenunwürdig.

Die ARGE muss die Fahrtkosten zur Substitutionsbehandlung übernehmen, urteilte das Sozialgericht Wiesbaden.

Aids könne eine „Art von immanenter Gerechtigkeit“ für den Missbrauch der Liebe sein, meint der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz von Belgien.

14. Oktober 2010: Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat ihre Richtlinie zur Behandlung der HIV-Infektion bei Frauen und Kindern aktualisiert.

13. Oktober 2010: Über 80.000 Menschen im Iran seien an Aids erkrankt, meldet der unabhängige Sender ‚Radio Zamadeh‘ aus Amsterdam. Offizielle Zahlen liegen bei 22.000.

Der Pharmakonzern Abbott hat mit dem niederländischen Biotech-Unternehmen Qiagen eine Vereinbarung geschlossen über die gemeinsame Vermarktung von Tests auf HIV, Hepatitis C und Humane Papilloma-Viren.

„The Gay Liberation Front’s social revolution“ – Peter Tatchell erinnert in einem Kommentar an die Gründung der Schwulengruppe ‚Gay Liberation Front‚ in London am 13. Oktober 1970.

11. Oktober 2010: Der Vertreib von HIV-Heimtests ist gesetzlich geregelt, (nicht nur) die DAH warnt immer wieder. Nun warnen auch Ärzte vor HIV-Heim-Tests.

Medizinische Leitlinien haben weitreichende Folgen. Entstehen sie immer unabhängig? Über Interessenverflechtungen berichtet „Augen auf beim Leitlinien-Kauf“

9. Oktober 2010: In Paris findet die  erste Internationale Konferenz homosexueller Muslime (CALEM Conférence des associations LGBT européennes et musulmanes) statt – unter Beteiligung der beiden einzigen offen homosexuellen Imame.

7. Oktober 2010: Uridin hilft nicht gegen Fettschwund bei HIV-Positiven (Lipoatrophie), zeigte eine US-Studie.

6. Oktober 2010: Erstmals soll ein ‚therapeutischer Impfstoff‚ eine „funktionale Heilung“ erreicht haben – bei SIV, einer ‚Affen-Variante‘ von HIV. In einer Gruppe mit der Substanz des Unternehmens VIRxSYS Corporation geimpfter Affen soll die HIV-Vermehrung unter Kontrolle und das Voranschreiten der Erkrankung aufgehalten worden sein.

5. Oktober 2010: Wegen Unwirksamkeit beendet der Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) alle seine Studien zum Herpes-Impfstoff „Simplirix“.

4. Oktober 2010: Klassischer Fall von Homophobie gepaart mit Serophobie in Indonesien: der Informationsminister macht Schwule für Aids verantwortlich.

„Schwulenhass bleibt ein Thema“, betont Dirk Brüllau vom schwul-lesbischen Netzwerk „Queer Football Fanclubs“ zum Thema Homophobie und Fussball im Magazin „11FREUNDE“.

3. Oktober: Der Brite Robert Edwards erhält den diesjährigen Medizin-Nobelpreis für die Entwicklung der künstlichen Befruchtung. Erst jüngst hatte der G-BA einen Anspruch auf künstliche Befruchtung als GKV-Leistung auch für von HIV betroffene Paare beschlossen.

2. Oktober: US-Präsident Obama entschuldigt sich nach über 60 Jahren für Syphilis-Versuche in den 1940er Jahren. Ohne ihr Wissen wurden 1.500 Menschen in Guatemala mit Syphilis infiziert, um die Wirkungsweise von Penicillin zu untersuchen. Die Teilnehmer hatten keinerlei Möglichkeit einer informierten Einwilligung (informed consent). Die Untersuchungen fanden im Zusammenhang mit dem berüchtigten „Tuskegee Syphilis Experiment“ statt.

1. Oktober 2010: Homosexuelle mit einzubeziehen sei entscheidend für Malawis Kampf gegen Aids, betonte die Vizepräsidentin des afrikanischen Staates, Joyce Banda, bei einem Spitzentreffen religiöser Führer. Schwule und Lesben seien eine Realität in Malawis Gesellschaft, dies dürfe nicht ignoriert werden.

Welche Anforderungen und Bedürfnisse haben Transgender-Männer an HIV-Prävention?, fragt ‚Youths2getherNetwork: „What are transgender men’s HIV prevention needs?“

Sexualaufklärer Oswald Kolle ist bereits am 24. September im Alter von 81 Jahren in den Niederlanden verstorben, wie erst am 1. Oktober bekannt wurde.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat am 1. Oktober den Verdienstorden des Landes Berlin an 14 Bürgerinnen und Bürger verliehen, darunter auch an Kai-Uwe Merkenich, von 2000 bis 2009 Geschäftsführer des Berliner Aids-Hilfe e.V..

Der von der französischen Staatssekretärin für Sport Rama Yade angekündigte ‚Aktionsplan gegen Homophobie im Sport‚ nimmt Gestalt an, die Arbeitsgruppe, die den Plan entwickeln soll, kam zu einem ersten treffen im Ministerium zusammen.

Therapiebeginn: wann ist der richtige Zeitpunkt? (akt.)

Wann ist der optimale Zeitpunkt, mit einer antiretroviralen Therapie zu beginnen? Eine seit Jahren immer wieder diskutierte Frage – mit nun einer neuen Antwort aus den USA: ab 500 CD4-Zellen. Oder früher…

Spätestens seit es Kombi-Therapien und eine gewisse Auswahl an Medikamenten gibt, steht immer wieder auch die Frage im Raum: wann ist der beste Zeitpunkt, mit der Therapie zu beginnen?

Bisher gab es immer wieder verschiedene Aussagen zu dieser Frage – und bisher wenig harte Daten. Kaum eine Studie hatte bisher konkret untersucht, welche unterschiedlichen Folgen für den Patienten (z.B. in Form von Erkrankungen) verschiedene Zeitpunkte des Therapiebeginns haben. Nun liegen Studiendaten vor, und eine neuen Empfehlung aus den USA.

Das ‚USA-Panel‘ der IAS International Aids Society kommt nun (für die USA) zu dem Schluss, dass für HIV-Infizierte ohne Symptome ein Beginn einer antiretroviralen Therapie bei 500 CD4-Zellen empfohlen wird. Positive mit Immunwerten über 500 CD4 sollten (unabhängig vom konkreten CD4-Wert) einen Therpaiebeginn erwägen, insbesondere wenn sie einen starken Abfall der CD4-Werte haben, oder z.B. an Ko-Erkrankungen wie Hepatitis B oder Hepatitis C leiden, über 60 Jahre alt sind oder ein erhöhtes Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben:

„Therapy is recommended for asymptomatic patients with a CD4 cell count ≤500/µL, for all symptomatic patients, and those with specific conditions and comorbidities. Therapy should be considered for asymptomatic patients with CD4 cell count >500/µL.“

und

„Therapy is recommended regardless of CD4 cell count in the following settings: increased risk of disease progression associated with a rapid decline in CD4 cell count (ie, >100/µL per year) or a plasma HIV-1 RNA level greater than 100 000 copies/mL; older than 60 years; pregnancy (at least by the second trimester); or chronic HBV or HCV coinfection … ; HIV-associated kidney disease …“

Begründet werden die veränderten Empfehlungen u.a. mit Ergebnissen der Cascade-Studie. Auf der XVIII. Internationalen Aids-Konferenz in Wien vorgestellte Daten der Studie an 9.455 Teilnehmern zeigten Vorteile für einen Therapiebeginn schon ab 500 CD4-Zellen. Die Rate der Aids-Erkrankungen und Todesfälle sank in der Gruppe, die zwischen 350 und 499 CD4/mm³ hatten, von 21 pro 1.000 Personen-Jahre (bei den Teilnehmern, die mit Therapiebeginn warteten) auf 17 pro 1.000 Personen-Jahre bei denen, die bei 500 CD4  mit der Therapie begannen (minus 25%). In der Gruppe 200 bis 349 CD4 belief sich der Unterschied auf 29 im Vergleich zu 19 pro 1.000 Personen-Jahre (minus 40%).

Die aktuellen Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion betonen

„Die Indikationsstellung zur Therapie … muss im Dialog zwischen spezialisiertem Arzt und informiertem Patienten gestellt werden.“

Und äußert sich zur Frage eines Therapiebeginns zwischen 350 und 500 CD4:

„In diesem Bereich der CD4+-Zellzahl ist eine Therapieindikation daher generell vertretbar. Bei Hinzutreten zusätzlicher Risikofaktoren oder rasch sinkenden CD4-Zellzahlen ist eine Therapie im allgemeinen ratsam.“

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Die Frage ‚wann beginne ich mit antiretroviraler Therapier‘ ist für jede und jeden HIV-Positiven im Verlauf seiner HIV-Biografie eine wichtige Frage. Zumal es sich i.d.R. um eine ‚Entscheidung fürs Leben‘ handelt – geht es doch darum, einmal angefangen die Medikamente lebenslang zu nehmen.

Allerdings ist bei der Frage, welcher Zeitpunkt der richtige für einen Therapiebeginn ist, immer auch der Blickwinkel und die Interessenlage entscheidend. Geht es um Behandlung? Oder geht es um Prävention?

Ein HIV-Positiver wird vermutlich neben reinen Zahlen und Werten auch seine Lebensumstände in Erwägung ziehen, sich über Nebenwirkungen und Langzeit-Folgen Gedanken machen.

Ein Epidemiologe oder auch ein Präventionist hingegen wird z.B. eher die Frage im Auge haben, wie entwickelt sich das Infektionsgeschehen. Tendenziell wird dies potentiell zu der These führen, jeder HIV-infizierte sollte schnellstmöglich dauerhaft Medikamente nehmen – weil er dann nicht mehr infektiös ist. Überlegungen und Konzepte wie „test and treat“ zeigen, dass dies weit mehr ist als nur eine unkonkreten Befürchtung.

Die Frage des Therapiebeginns war lange eine überwiegend individuelle Frage. Eine Entscheidung von Arzt und Patient. inzwischen jedoch wird sie zunehmend auch zu einer kollektiven Frage, zu einer von Prävention und Public Health (gemacht). Eine Verschiebung der Gewichte, die die Frage aufwirft, welche Bedeutung noch Situation und Wille des einzelnen Patienten haben. Und – im Extremfall, wo das Recht und die Freiheit des Patienten bleibt, dennoch, trotz aller möglicherweise guten Gründe, ’nein‘ zu sagen zum Angebot der medikamentösen Therapie.

Wir erleben eine der schwierigen Folgen des EKAF – Statements. Schon finden auf Ärzte-Kongressen (wie dem DAGNÄ-Workshop 2010) Veranstaltungen statt mit Titeln wie „Alle Infizierten behandeln“ – immerhin derzeit noch mit einem Fragezeichen dahinter.

Noch steht dort ein Fragezeichen. Wie lange noch? Denkbar ist ein Szenario, dass der sofortige Beginn einer medikamentösen Therapie nach Test Pflicht, gar Zwang wird, unabhängig von der individuellen Situation des einzelnen HIV-infizierten Menschen, allein „zum Wohl der Volksgesundheit“. Eine erschreckende Vorstellung – die so unrealistisch nicht scheint. Es gilt wachsam zu sein …

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Nachtrag 03.08.2010: Im gedruckten Vorab-Programm des DAGNÄ-Workshops 2010 war ein Vortrag von St. Deeks mit dem Titel „Alle Infizierten behandeln?“ angekündigt. Im nun online stehenden Programm hat der Vortrag des selben Redners den (das Thema vermutlich weiter umschreibenden bis vielleicht verhüllenden) Titel „HIV and inflammation: the pathogenesis of treated HIV disease and its implications for when to start ART“.

weitere Informationen:
aidsmap 23.07.2010: CASCADE analysis finds antiretroviral treatment benefits are evident below CD4 count of 500, uncertain above this level
JAMA 21.07.2010: Antiretroviral Treatment of Adult HIV Infection – 2010 Recommendations of the International AIDS Society–USA Panel
hivandhepatitis.com 23.07.2010: New International AIDS Society-USA Guidelines Recommend Starting Antiretroviral Therapy at 500
NZZ online 24.07.2010: Frühzeitige Behandlung als Mittel gegen die HIV-Epidemie

Marcel Dams 27.07.2010: Mein persönliches Horroszenario: Ein Therapiezwang!
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Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion

Das Robert-Koch-Institut hat auf seinen Internetseiten die aktualisierte Fassung der Deutsch-Österreichischen Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion (Stand 04.03.2010) veröffentlicht.

Das RKI merkt zu den Leitlinien an:

„Diese Empfehlungen beruhen auf randomisierten kontrollierten Studien mit klinischen Endpunkten, randomisierten kontrollierten Studien mit Labormarkern als Endpunkten, Kohortenstudien und weiteren klinischen, pathophysiologischen und pharmakologischen Daten sowie der Meinung von Experten. … Die Empfehlungen und der Begriff „HIV-Infektion“ beziehen sich im Folgenden ausschließlich auf die Infektion mit HIV-1. Zur HIV-2-Infektion werden gesonderte Leitlinien erarbeitet.“

Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion (Stand 04.03.2010; erschienen 01.06.2010)

UK: neue Therapierichtlinie HIV & Hep

Die British HIV Association BHIVA hat eine völlig überarbeitete Ausgabe ihrer Therapierichtlinie für die Ko-Infektion von HIV und Hepatitis B bzw. Hepatitis C heraus gegeben.

Die British HIV Association hat ihre Therapie-Richtlinien für die Behandlung der Ko-Infektion von HIV und Hepatitis B bzw. Hepatitis C nach 5 Jahren neu herausgegeben.

BHIVA

2005 waren die Vorläufer der jetzigen Therapie-Richtlinie noch separat für Hepatitis B und für Hepatitis C erschienen. Die neue, 30 Seiten umfassende Therapierichtlinie fasst nun beide Ko-Infektionen zusammen.

weitere Informationen:
BHIVA: British HIV Association guidelines for the management of coinfection with HIV-1 and hepatitis B or C virus 2010 (pdf)
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Europäische HIV-Therapie-Richtlinien 2009

Begleiterkrankungen sowie Altern mit HIV sind neue zusätzliche Schwerpunkte der Europäischen HIV-Therapierichtlinine, die in Köln vorgestellt wurden.

Auf dem 12. Europäischen Aids-Kongress, der vom 11. bis 14. November 20099 in Köln stattfand, wurde auch die neue Ausgabe der Europäischen HIV-Therapierichtlinien (European Guidelines for treatment of HIV infected adults in Europe) vorgestellt.

Seit 2003 veröffentlicht die Europäische Aids-Gesellschaft (EACS European Aids Clinical Society) HIV-Therapierichtlinien. Regelmäßig werden diese aktualisiert und an die medizinische Entwicklung angepasst.

Die inzwischen 90 Seiten starke 2009-Version der HIV-Therapierichtlinien umfasst jetzt auch Hinweise zur Behandlung von 14 Begleiterkrankungen und -Infektionen, die zur HIV-Infektion hinzu kommen können.

Die meisten dieser Erkrankungen stehen in Zusammenhang mit Fragen des Alterns mit HIV. So sind z.B. neu aufgenommen Hinweise zu Krebs-Vorsorge-Untersuchungen, Herz-Kreislauf-Problemen, Bluthochdruck, Diabetes, Depressionen, Nierenfunktionsstörungen oder Diagnose erhöhter Leberwerte. Neu hinzu gekommen ist zudem ein Kapitel zu Therapiewechseln bei HIV-Positiven mit Viruslast unter der Nachweisgrenze sowie ein kapitel über HIV und Tuberkulose.

weitere Informationen:
EACS European Aids Clinical Society: European Guidelines for treatment of HIV infected adults in Europe
aidsmap 16.11.2009: New EACS guidelines address co-morbidities and diseases of age
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Opportunistische Infektionen: neue Behandlungs-Richtlinie in den USA

Erstmals seit 5 Jahren wurden in den USA neue Richtlinien zur Behandlung opportunistischer Infektionen vorgestellt.

Opportunistische Infektionen (OI) erklärt das „Taschenlexikon HIV/Aids“ als

„auf der Basis einer Immunschwäche mit gestörter Immunantwort auftretende Infektionen mit Erregern, die bei Immunkompetenz nicht zu Erkrankungen führen“.

Einfach gesagt: eine fortgeschrittene HIV-Infektion macht das Immunsystem anfällig für Erreger, mit denen ein „gesundes“ Immunsystem gut klar kommen würde. Oft resultieren daraus schwerste Erkrankungen, die auch angesichts des stark geschwächten Immunsystems nur schwer behandelt werden können. Opportunistische Erkrankungen waren und sind eine der wesentlichen Todes-Ursachen bei HIV-Positiven.

Zu diesen opportunistischen Infektionen zählen u.a. die Pneumocystis-carinii-Pneumonie (PcP; eine Form der Lungenentzündung), Toxoplasmose (bei HIV oft in Form der Entzündung des Gehirns), Kaposi Sarkom (ein krebs der Blutgefäße mit Veränderungen an haut und Schleimhaut) oder atypische Mykobakteriosen (MAI/MAC).

In den USA wurde nun am 10. April 2009 erstmals seit 5 Jahren neu überarbeitete Behandlungs-Richtlinien für opportunistische Infektionen veröffentlicht.

Guidelines for HIV-Associated Opportunistic Infections

Guidelines for HIV-Associated Opportunistic Infections

Grund der Aktualisierung seien sowohl wesentlich verbesserte diagnostische Möglichkeiten als auch weitere Fortschritte in den Behandlungs-Optionen. Zudem stünden bessere Präventions-Möglichkeiten zur Verfügung.

Die neue Richtlinie vereint erstmals die früher getrennten Präventions – und Behandlungs-Richtlinien in einem Werk.

Opportunistische Infektionen – ein Begriff, der in den 1990er Jahren vielen  Positiven, vielen Aids-Kranken geläufig war, oft genug (und oft genug berechtigter) Anlass für Ängste – und doch ein begriff, der angesichts der Erfolge antiretroviraler Therapien in den letzten Jahren ein wenig in Vergessenheit geriet.

Zwar ist die Häufigkeit, mit der opportunistische Infektionen auftreten zurück gegangen – aber ihren Schrecken haben opportunistische Infektionen auch heute nicht verloren. Auch wenn sie seltener auftreten, PcP und Toxoplasmose, Kaposi Sarkom und Mykobakteriosen sind weiterhin schwerwiegende, potentiell lebensbedrohliche Erkrankungen – und eine ernstzunehmende Bedrohung für die Gesundheit von HIV-Positiven.

Eine Verbesserung der Behandlungs-, Diagnose-  und Vorbeugungs-Möglichkeiten ist deswegen für Menschen mit HIV auch in Zeiten wirksamer Therapien von großer Bedeutung.

Gerade in Zeiten, in denen viele jüngere HIV-Behandler (im Gegensatz zu ihren ‚älteren‘ Kollegen mit langjähriger HIV-Erfahrung) nur sehr selten mit einst häufigen Erkrankungen konfrontiert werden, kommt Behandlungs-Richtlinien große Bedeutung zu, um eine hochwertige und dem Stand der Wissenschaft entsprechende Behandlungs-Qualität sicher zu stellen.

weitere Informationen:
NIAID 16.04.2009: press release: U.S. Releases Updated Clinical Guidelines for HIV-Associated Opportunistic Infections
Clinical Guidelines for HIV-Associated Opportunistic Infections
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