Der Tod zieht ein in Ugandas Präventions- ABC (akt.2)

Uganda war einst einer der Vorzeige-Staaten erfolgreicher Aids-Prävention. Inzwischen jedoch steht Uganda für Tod – für die Todesstrafe, die dort bald Homosexuellen sowie HIV-Positiven droht.

Ende der 1980er Jahre – die HIV-Epidemie zeigt drastische Auswirkungen auch in Afrika. Manche afrikanische Staaten beginnen, ihre eigenen Wege im Kampf gegen Aids zu suchen, während andere weiter in Ignoranz verharren. Als einer der erfolgreichsten Staaten Afrikas, ja weltweit, im Kampf gegen Aids, als Symbol für erfolgreiche HIV-Prävention gilt bald Uganda:

Bereits 1986 startete Uganda seine erste Aids-Präventions-Kampagne. Menschen mit HIV und ihre Angehörige wurden über Nicht-Regierungs-Organisationen wie TASO (The AIDS Support Organisation) erfolgreich in Präventions-Bemühungen eingebunden, Prävention die auch den Kampf gegen Diskriminierung und Stigmatisierung umfasste.

Nun jedoch gelangt Uganda zu trauriger Aufmerksamkeit: Homosexuellen sowie Menschen mit HIV droht dort demnächst die Todesstrafe, wenn ein von Parlamentsminister David Bahati eingebrachter Gesetzentwurf, der derzeit diskutiert wird, in Kraft treten sollte.

„Die Todesstrafe ist nicht nur für ‚Wiederholungstäter‘ vorgesehen, sondern auch in Fällen, in denen einer der Partner jünger als 18 ist, eine Behinderung hat oder HIV-positiv ist. Jeder, gegen den der Verdacht der ‚verschärften Homosexualität‘ geäußert wird, muss sich einem AIDS-Test unterziehen“ berichtet afrika.info.

Jegliches Engagement von und für Homosexuelle, jedwede Aids-Prävention, jede Hilfe für Menschen mit HIV werde so nicht nur beinahe unmöglich, sondern „faktisch verboten“, betont Amnesty.

Der Wandel in Ugandas Haltung und Politik zeichnet sich seit längerem ab. Bereits für 2008 berichtet der Länderreport Uganda von Amnesty International

„Im Oktober bezeichnete ein Minister der Regierung schwule und lesbische Lebensweisen als Krankheit und erklärte, Uganda sei bestrebt, die Gesetze, die Homosexualität kriminalisieren, noch weiter auszudehnen.“

Die Regierungen zahlreicher Staaten, darunter Frankreich, Großbritannien, Kanada und die USA, kritisierten und protestierten gegen das geplante Gesetz und bezeichneten es als inakzeptabel.

Die International Gay and Lesbian Human Rights Commission fordert (bereits seit Mitte Oktober 2009) zu Protesten an die Regierung Ugandas auf, ebenso die Hirschfeld-Eddy-Stiftung mit einem Aufruf zum Protest.

Nachtrag
29.11.2009: rawstory berichtet, das David Bahati, der hauptsächliche Betreiber des Gesetzentwurfs, führender Vertreter der Organisation ‚The Family‘ (auch: ‚The Fellowship‘) in Uganda sei. Diese Organisation, die „Elite-Organisation des christlichen Fundamentalismus'“, solle bereits 1986 den jetzigen Regierungschef Museveni als Schlüsselperson betrachtet und auf ihn eingewirkt haben, um ihn auf die Linie der us-amerikanischen Rechten zu bringen. In diesen Zusammenhang gehöre auch das Anti-Homosexualitäts-Gesetz, das nun auch HIV-Positive mit der Todesstrafe bedrohe.

Aktualisierung:
10.12.2009: Wie Bloomberg berichtet, enthält der überarbeitete Gesetzentwurf nun weder Todesstrafe noch lebenslange Haft. Die Angaben beruhen auf einem Telefoninterview mit dem ugandischen Minister für Ethik. Es bleibt jedoch bei der Ablehnung von Homosexualität als ‚un-ugandisch‘.

„Uganda erweitert sein Präventions-ABC“, bringt es das Blog Trevorade auf den Punkt. Das frühere ABC (Abstinence, Be faithful, Condoms) werde nun um ein D ergänzt – ein D wie Death, Tod.

Und er analysiert „Dies ist die logische Konsequenz, wenn amerikanische fundamentalistische Christen an der öffentlichen Kultur einer sich entwickelnden Nation.“

weitere Informationen:
sexual minorities uganda www.sexualminoritiesuganda.org/
Amnesty Report Uganda 2009
queeramnesty.ch 16.10.2009: Gesetzesentwurf droht Schwulen mit der Todesstrafe
Times 28.11.2009: Uganda proposes death penalty for HIV positive gays
trevorhoppe 28.11.2009: Uganda updates the acronym
therawstory 28.11.2009: Author: ‘The Family’ behind proposed Ugandan law that would execute HIV+ men
npr 24.11.2009: The Secret Political Reach Of ‚The Family‘
box turtle bulletin 03.12.2009: Uganda Responds To International Furor Over “Kill Gays” Bill
IRIN 03.12.2009: UGANDA: International pressure mounts against „harmful“ HIV bill
SpON 09.12.2009: Homophobie in Afrika – Uganda erwägt Todesstrafe für Schwule
Bloomberg 09.12.2009: Uganda to Drop Death Penalty, Life in Jail for Gays
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HIVisible 2009: and the winner is …

Die Gewinner des diesjährigen „clip & klar“ Wettbewerbs für Aids-Spots kommen aus Portugal und Deutschland.

„HIVisible“ lautetet das Motto des diesjährigen Wettbewerbs „clip & klar“. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat 2008 einen neuen Kreativwettbewerb an Film- und Medienhochschulen ins Leben gerufen.

„Ziel des Europäischen Aidsspotwettbewerbs clip & klar europe 09 ist es, kreativ, ansprechend und aufklärend auf die nach wie vor bedeutsamen Themen Schutz vor HIV und Aids in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen.“

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Der Wettbewerb steht in diesem Jahr unter der Schirmherrschaft von Eva Luise Köhler, der Frau des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Frau Köhler betonte in ihrem (von BZgA-Direktorin Prof. Pott verlesenen) Grußwort die Notwendigkeit von Aufklärung; daneben sei die Solidarität mit von HIV betroffenen Menschen von besonderer Bedeutung,. weil HIV-Positive immer noch von Ausgrenzung bedroht seien.

Die Jury des diesjährigen Wettbewerbs wurde gebildet von Dorka Gryllus, Schauspielerin (u.a. ‚Irina Palm‘), Michael Gubbins, Co-Organisator des Screenwriter’s Festival, Jukka-Pekka Laakso, Direktor des Tampere International Film Festival, Andrea Babar, Deutsche Aids-Stiftung, Robert Fieldhouse, Mitherausgeber ‚Base Line‘, Gisela Lange, EU-Kommission GD Gesundheit und Verbraucherschutz, Dr.Dr. Wolfgang Müller, BZgA, sowie Prof. Dr.- Jürgen Rockstroh, Präsident AIG.

Der Preis wird in zwei Kategorien verliehen: Kategorie 1: Beste nationale TV- und Kinokampagnen zur Aidsprävention, und Kategorie 2: Beste Aidsspots freier Filmemacherinnen und Filmemacher sowie Filmstudentinnen und Filmstudenten. In Kategorie 2 ist der Preis zudem mit einem Preisgeld dotiert: der 1. Preis mit 5.000,- Euro, der 2. Preis mit 3.000,- Euro und der 3. Preis mit 2.000,- Euro.

Die Gewinner 2009:

1. Kategorie „Beste nationale TV- und Kinokampagnen zur Aids-Prävention“
1. Platz: Portugal „5 reasons not to wear condoms“
2. Platz: Belgien / Wallonien „Gay“
3. Platz: Schweiz „Beach Bar“, und Russland „Pool“

2. Kategorie „Beste Aids-Spots freier europäischer Filmemacherinnen und Filmemacher sowie Filmstudentinnen und Filmstudenten“
1. Platz: Frauke Thielecke, Deutschland „Sturmfrei“
2. Platz: JuPo Köln „A perfect day“
3. Platz: Philipp Fricker, Deutschland „Was die Großmutter schon wusste“

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Der von BZgA-Direktorin Prof. Pott in ihrer Begrüßung formulierte Gedanke, mit dem europaweiten Wettbewerb auch zu Austausch und gegenseitigem Lernen beitragen zu wollen erscheint begrüßenswert, zumal auch die deutsche Aids-Prävention manches mal ein wenig behäbig daher zu kommen scheint – gegenseitiger Austausch, frischer Wind, Kreativität und neue Ideen könnten sicher nicht schaden.

Erfreulich auch Prof. Potts erneutes klares Statement (in der an die Preisverleihung anschließenden Podiumsdiskussion), dass Schock-Prävention (nach der auch die BZgA immer wieder gefragt werde) mit hohen Risiken belastet sei, die BZgA eher auf emotional positive, lernorientierte Spots setze und insbesondere Kampagnen wie die jüngste „Massenmörder-Kampagne“, die potentiell Menschen mit HIV schaden oder diskriminieren, eindeutig ablehne.

Dass allerdings beinahe zwei Jahre nach dem EKAF-Statement und dessen inzwischen breiter Akzeptanz nicht nur unter Medizinern sondern auch Präventionsexperten sämtliche Spots ausschließlich auf Kondome fokussiert sind, überrascht und erstaunt. Wenn Prof. Rockstroh auch Spots zu HIV-Tests anregt, so ist auf der anderen Seite z.B. zu fragen, wo denn Spots bleiben, die lebensnah individuelles Risikomanagement, insbesondere in Zeiten wirksamer Medikamente, zum Thema haben.

weitere Informationen:
Internetseite des Wettbewerbs HIVisible
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Premiere des neuen ‚Jung Positiv‘ -Spots

Im Umfeld des Europäischen Aids-Kongresses wurde am 12. November in Köln der neue Präventions-Spot des Kölner Projektes ‚Jung Positiv‘ vorgestellt.

‚Jung Positiv‘ ist ein Projekt Jugendlicher und junger Erwachsener zwischen 15 und 27 Jahren, HIV-positiv und HIV-negativ, überwiegend schwul.

Der neue Spot des Projekts beschäftigt sich mit der Suche nach Sex über das Internet:

„Ein junger Mann begibt sich im Chat auf die Suche nach (sexuellen) Abenteuern. Das passiert in Deutschland täglich Tausende Male, und deswegen ist es die Ausgangssituation des neuen JuPo-Spots. Er thematisiert die virtuelle Welt des Internet mit typischen Haltungen in Bezug auf HIV, den damit verbundenen Ansteckungsrisiken sowie den Möglichkeiten, damit umzugehen. Temporeich, jugendgerecht und zielgruppenorientiert deckt der Spot Mythen und Widersprüche auf – und das alles, ohne Angst zu machen oder mit dem erhobenen Zeigefinger daher zu kommen.“

Die 2003 gegründete Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, mit Filmen Prävention bei Jugendlichen zu betreiben. Die Filme werden in Jugendzentren, Schulen oder Diskotheken gezeigt und können auf der Internetseite des Projekts auf DVD oder VHS bestellt werden.

Seit 2009 kooperiert das Projekt ‚Jung Positiv‘ mit der Kampagne „ich weiss was ich tu!“ der Deutschen Aids-Hilfe DAH.

DAH-Kampagnen-Manager Matthias Kuske dazu:

„Die Verleihung des Preises für den JuPo-Spot 2007 zeigt, wie wichtig und erfolgreich es ist, junge Schwule in die Präventionsarbeit einzubeziehen und sie erzählen zu lassen, wie sie mit dem Thema HIV heute umgehen. Das passt perfekt zu „ich weiss was ich tu!“. Auch unsere Kampagne arbeitet mit Rollenmodellen, Menschen aus dem echten Leben. Wir freuen uns darum ganz besonders über die Auszeichnung für JuPo und darüber, dass wir seit diesem Jahr mit dem Projekt kooperieren!“

‚Jung Positiv‘ wurde auch im Rahmen des Europäischen Wettbewerbs „HIV visible“ prämiert. Der Clip „Ein perfekter Tag“ aus dem Jahr 2007 wurde mit einem Preis ausgezeichnet.

weitere Informationen:
Internetseite des Projekts ‚Jung Positiv
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Prävention schockt nicht

Mit ICH WEISS WAS ICH TU geht die HIV-Prävention neue Wege. Sind es die richtigen? DAH-Schwulenreferent Dr. Dirk Sander über Einwände, Hitlerspots und die Frage, ob Schwule sich heute weniger vor HIV schützen als früher

Herr Dr. Sander, seit Jahren wird sehr häufig die gleiche Frage gestellt: Wie kriegen wir die Schwulen dazu, endlich wieder mehr Kondome zu benutzen. Haben Sie eine Antwort darauf?

Die Schwulen benutzen doch wie verrückt Kondome! (lacht) Im Ernst: Die Motivation, sich zu schützen, ist bei schwulen Männern ungebrochen.

Wie können Sie da so sicher sein?

Studien zeigen immer wieder, dass das Schutzverhalten nicht abnimmt. Die Bereitschaft, sich beim Sex zu schützen, bleibt auf hohem Niveau stabil. Rund 70 Prozent schützen sich immer oder fast immer vor HIV, 20 Prozent meistens, nur 10 Prozent selten oder nie.

Dr. Dirk Sander, DAH
Dr. Dirk Sander, DAH

Wieso ist dann die Zahl der HIV-Neuinfektionen in den letzten Jahren gestiegen?

Das hat verschiedene Ursachen. Die wichtigste ist, dass sich andere sexuell übertragbare Infektionen verbreiten, insbesondere die Syphilis. Wenn ein HIV-negativer Mensch die Syphilis hat, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er sich mit HIV infiziert. Ein HIV-Positiver mit Syphilis kann HIV leichter weitergeben.

Was ist mit der Vermutung, die HIV-Neuinfektionen seien gestiegen, weil HIV den Schrecken des Todes verloren hat?

So einfach ist der Zusammenhang nicht. Viele Leute haben lange auf bestimmte Dinge beim Sex verzichtet, aus Furcht vor einer HIV-Infektion. Jetzt gibt es wieder mehr sexuelle Aktivität, auch mehr Analverkehr. Dabei kommt es logischerweise auch zu mehr Risikosituationen. Es hat immer Situationen gegeben, wo der Schutz nicht hundertprozentig gelingt, das liegt in der Natur der Sache. Es gibt mehr Sex – und damit mehr Risiko. Das ist ein reines Rechenspiel! Es bedeutet eben nicht, dass sich immer weniger Leute schützen wollen.

Interessant: Man könnte ja denken, dass mit der Todesdrohung tatsächlich eine wesentliche Motivation verschwunden ist.

Die Leute haben doch auch Grund genug, sich vor einer chronischen Erkrankung zu schützen. Auch heute ist HIV noch lange kein Zuckerschlecken. Es gehört zu unseren Aufgaben, das zu vermitteln.

Wie haben sich die Botschaften der Prävention verändert?

Die grundlegenden Safer-Sex-Botschaften sind gelernt und bekannt. Das Schutzverhalten ist stabil, und nur noch ein Fünftel der Befragten sagt in unserer aktuellen Erhebung zu den Bedürfnissen der Zielgruppe, dass sie Infos zu Safer Sex wollen. Das bestätigen auch die Vor-Ort-Arbeiter: Wenn sie mit der altbekannten Safer-Sex-Ansage kommen, dann fragen die Leute: Habt ihr nicht was Neues auf der Pfanne?

Und haben Sie?

Statt mit der puren Aufforderung, Kondome zu benutzen, arbeiten wir mit differenzierten Botschaften. Wir sagen zum Beispiel: Benutzt Kondome, wenn sie nötig sind. Das ist aber nicht immer der Fall. Wir wollen nicht, dass alle sich gleich verhalten, obwohl sie unter ganz verschiedenen Bedingungen Sex haben – zum Beispiel als Positive oder als Negative, in einer gefestigten Beziehung oder nachts auf dem Parkplatz.

Überfordert man die Männer nicht mit differenzierten Botschaften?

Die Leute suchen selber zunehmend nach individuellen Lösungen. Ein Beispiel: Innerhalb einer offenen Beziehung wird das Kondom weggelassen und außerhalb wird es genommen. Früher hätte man den Leuten gesagt, sie sollen auch innerhalb der Beziehung ein Kondom benutzen.

Es gibt Leute, die sagen: Wenn einfach alle weiter Kondome nehmen, statt irgendwelche Strategien auszuprobieren, hätten wir kein Problem.

Ich glaube nicht, dass das alte Konzept auf Dauer tragfähig ist. Man muss berücksichtigen, dass sich die Konsequenzen einer HIV-Infektion verändert haben – und damit ändert sich auch das Verhalten der Menschen. Unsere Prävention setzt an den Lebensrealitäten an, weil wir sonst an den Leuten vorbei gehen. Das ist einfach pragmatisch und menschlich. Wir wollten ganz bewusst weg von den ganzen negativen Diskussionen der letzten Jahre. Die haben nämlich eine offene und ehrliche Auseinandersetzung verhindert.

Bei vielen bleibt die Wahrnehmung: Es passiert mehr ungeschützter Sex.

Wir gucken genau hin und fragen: Ist das wirklich so unsafe, was da unsafe scheint? Aber auch umgekehrt: Ist wirklich Safer Sex, was danach aussieht? Die Leute wollen sich weiterhin schützen, passen sich aber mit ganz verschiedenen Strategien den neuen Bedingungen an. Beim Abschätzen des Risikos, das man dabei in Kauf nimmt, kann man sich vertun. Wir wollen, dass die Leute über die Risiken, die sie eingehen, Bescheid wissen. Gegen Mythen setzen wir Fakten. Deswegen heißt unsere Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU.

Ist es gelungen, die Leute zu sensibilisieren?

Ich denke ja. Deutschland liegt bei der Zahl der Neudiagnosen in Europa ganz unten in der Statistik.

Warum haben Sie sich entschieden, echte Menschen als Rollenmodelle zu nehmen?

Über bestimmte Lebenswelten wird viel fantasiert, etwa über HIV-Positive. Da kursieren extrem negative Bilder: Das seien Menschen, denen ihre Gesundheit egal ist – und die anderer Menschen ebenfalls. Das ist Unsinn, denn diese Männer sind Menschen wie du und ich. Sie waren aus bestimmten Gründen in einer Situation mal schwach. Oder wenden Risikomanagementstrategien an, die fehlerhaft sind. Das genau wollten wir zeigen, statt Ideal-Typen konstruieren. Wir fordern auch dazu auf, mal ehrlich zu sich selbst zu sein, den eigenen Umgang mit Risiko zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern.

Manche Rollenmodelle sagen ganz offen, dass sie nicht durchgängig Kondome benutzen. Hat das auch Ärger gegeben?

Ja, es gab manche Irritation. Rollenmodell Stephan ist da ein gutes Beispiel. Er hat sein Leben lang Safer Sex gemacht. In der Beziehung gab es eine Absprache: Außerhalb der Beziehung nur mit Kondom, innerhalb ohne. Er und sein Freund haben sich infiziert. Das zeigt, dass man auch mit bewussten Strategien scheitern kann. Safer Sex birgt immer ein Restrisiko. Es ist ehrlich, das auch zu sagen.

In diesem Jahr gab es den Spot „Aids ist ein Massenmörder“ mit Adolf Hitler und eine Kampagne der Michael-Stich-Stiftung, die ebenfalls mit sehr drastischen Bildern gearbeitet hat. Die Macher haben argumentiert: Man muss schockierende Bilder zeigen und mit der Faust auf den Tisch hauen, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Natürlich muss man dem Thema Geltung verschaffen, aber der Weg mit Schockeffekten führt ins Nichts, die Botschaft verpufft. Solche Spots sind ja auch keine Kampagnen. Funktionierende Gesundheitskampagnen sind strategisch langfristig geplant, sie beziehen die Zielgruppen schon bei der Planung mit ein. Mich ärgert außerdem, dass diese Aktionen oft mit Stigmatisierung arbeiten. Sie treffen damit immer die Falschen, zum Beispiel die HIV-Positiven, und sie gehen komplett an der Realität vorbei.

Ist Prävention also heute notwendigerweise eine komplexe und langwierige Angelegenheit?

Von einer Kampagne kann man nicht erwarten, dass sie allen Angehörigen der Zielgruppe in einem Jahr Dinge wie ein individuelles Risikomanagement beibringen kann. Ergänzende Botschaften zu der bewährten Strategie zu etablieren dauert meines Erachtens mindestens fünf Jahre. So eine Kampagne muss langfristig angelegt sein.

Herr Dr. Sander, vielen Dank für das Gespräch!

(Interview und Foto: DAH)

HIV-Prävention und Homosexualität

Die aktuelle Ausgabe der „Swiss Aids News“ befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema „HIV-Prävention und Homosexualität“.

In der online verfügbaren Ausgabe finden sich u.a. Artikel zu Themen wie
– Auf welches Fundament baut «schwule Gesundheit»?
– ART for Prevention: Die Pillen sollens richten?
– Sex und HIV bei schwulen und bisexuellen Männern
– HIV-Prävention bei MSM: Mission Impossible für die AHS?
– Machen wir die richtige HIV-Prävention?
– Wem gehören die Krankenakten?

Swiss Aids News Nr. 3 September 2009: HIV-Prävention und Homosexualität

Fickende Hunde …

Fickende Hunde sind in den USA verboten. Selbst in der Aids- Prävention. Das musste jetzt ein Kondom-Hersteller erleben.

Zwei, gar drei aufgeblasene Hunde werben dafür,beim Sex Kondome zu benutzen. Aufgeblasen im wahrsten Sinne, bei den Hunden handelt es sich um Figuren aus aufgeblasenen Luftballons (oder aufgeblasenen Kondomen?). Figuren, die nach kurzem Beschnuppern direkt zur Tat schreiten, Sex in allen denkbaren Positionen.

Zu viel Deutlichkeit für die USA – dem Kondomhersteller wurde untersagt, den Spot seiner Kampagne „Get it on“ im US-Fernsehen zu zeigen.
Oder sein neuer Fall von ‚viralem Marketing‘ ?

Nebenbei, das Making Of zeigt auch, dass Kondome nicht immere schützen ,-)

[via birewei.ch]

Deutsche AIDS-Hilfe startet „ICH WEISS WAS ICH TU“-Testwochen

Deutsche AIDS-Hilfe startet „ICH WEISS WAS ICH TU“-Testwochen
Ziel ist, mehr unentdeckte HIV-Infektionen zu erkennen

Von September bis November 2009 finden im Rahmen der „ICH WEISS WAS ICH TU“- Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. (DAH) bundesweite HIV-Testwochen statt: Während dieses Zeitraums werden durch fast 90 Projekte Test- und Beratungsangebote zu HIV und teilweise auch zu anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (STDs) beworben und durchgeführt. Diese Testwochen richten sich gezielt an schwule, bisexuelle und andere Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Erreicht werden sollen vor allem HIV-Infizierte, die noch nichts von ihrer Infektion wissen, Männer mit erhöhtem Risikoverhalten sowie Männer, die Testangebote bisher eher nicht in Anspruch genommen haben. Von den ca. 63.500 HIV-Infizierten in Deutschland weiß laut Expertenschätzung jeder Dritte nicht von seiner Infektion und ist dadurch für die Botschaften der HIV-Prävention nicht ausreichend erreichbar.

Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:  „Ziel der Testwochen ist es, Männer zu motivieren, sich Klarheit zu verschaffen, ob sie HIVnegativ oder HIV-positiv sind. Wenn wir nun durch unsere konzertierte Aktion helfen, bisher verdeckte Infektionen aufzudecken, dann ist das ein großer Erfolg im Rahmen unserer langfristigen und nachhaltigen Strategien in der Prävention: Je früher die eigene HIV-Infektion bekannt ist, desto effektiver kann schweren Folgen einer HIV-Infektion begegnet werden. Die modernen Therapien können das HI-Virus gut in Schach halten, vor allem, wenn sie rechtzeitig eingesetzt werden. Durch die zunehmende Bereitschaft in der Zielgruppe, sich mit einem positiven HIV-Test auseinanderzusetzen, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Anstieg der beim Robert Koch Institut (RKI) gemeldeten Neudiagnosen kommen. Dies wäre kein Misserfolg, sondern im Gegenteil ein Erfolg unserer Arbeit: Denn wer über seine Infektion Bescheid weiß, kann sich und andere besser schützen und gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie beginnen. So können wir nachhaltig und langfristig die Infektionszahlen senken.“

Matthias Kuske, DAH-Kampagnenmanager: „An der Umsetzung der in Europa bisher einmaligen HIV-Testwochen sind insgesamt 86 Organisationen beteiligt: Dies sind 48 Aidshilfen, 38 Gesundheitsämter und Vereine der schwulen Selbsthilfe sowie Landesverbände der Aidshilfen. In vielen dieser Einrichtungen wird der sogenannte HIV-Schnelltest angeboten, der bereits innerhalb von wenigen Minuten ein Ergebnis ermöglicht. Insgesamt gibt es während der IWWIT-Testwochen bundesweit 533 einzelne Veranstaltungen, in denen der Test einschließlich der obligatorischen Testberatung erfolgt. Die Deutsche AIDS-Hilfe startet „ICH WEISS WAS ICH TU“-Testwochen Ziel ist, mehr unentdeckte HIV-Infektionen zu erkennen.

Testangebote an 61 Testorten im gesamten Bundesgebiet sind bewusst niedrigschwellig: Viele Angebote sind z.B. direkt in Einrichtungen der schwulen Szene zu finden, um Männer zu erreichen, die sonst eher nicht
zum Test gehen. Das obligatorische Beratungsangebot vor dem Test kann zudem falsche Bewertungen in der Risikoeinschätzung korrigieren und damit die Primärprävention stärken.“
Alle Hintergrundinformationen (z.B. über die Qualitätsstandards beim Test) und die Kontaktdaten der beteiligten Partner sowie Orte und Zeitpunkte der Test-Angebote finden Sie im Internet unter www.iwwit.de/testwochen.

(Pressemitteilung der deutschen AIDS-Hilfe)

Virus-Mythen 8: Schock-Prävention nützt – nicht!

Der jüngste Versuch eines umstrittenen kleinen Vereins, mit Massenmördern Aids-Prävention zu machen, aber auch die inzwischen gestoppte Kampagne ‚Der Schwanz als Diktator‚ werfen wieder einmal die Frage auf, ob Schock-Effekte in der Prävention wirken.

Dazu äußert sich in einem sehr lesenswerten Beitrag im DAH-Blog Dr. Dirk Sander, Referent für Kampagnen und Prävention in der Deutschen Aids-Hilfe:

„Wenn Laien Kampagnen beurteilen, dann bewerten sie deshalb auch Schock-Bilder als wirksamer. Dabei wissen wir z.B. aus der Wirkungsforschung, dass Kampagnen, die mit Humor arbeiten und einen benefit vermitteln, nachhaltiger und wirksamer sind.“

Und können Schock-Kampagnen wirken?

„Diese Kampagnen sind wie ein Zirkus, sie kommen in die Stadt, beherrschen das mediale Interesse für eine kurze Zeit, aber dann sind sie wieder weg und kaum einen interessiert das mehr.“

Sander äußert sich auch zu der Frage, wie gute Präventions-Kampagnen entwickelt werden, sowie unter welchen Bedingungen eine Kampagnen wirkt und nachhaltig ist.

„Laien beurteilen Schock-Kampagnen als wirksamer – Hintergrundgespräch mit Dr. Dirk Sander, Referent für Kampagnen und Prävention in der Deutschen Aids-Hilfe e.V. zur aktuellen Diskussion um HIV-Schockkampagnen“
DAH-Blog, 11.09.2009

Deutsche AIDS-Hilfe fordert sofortigen Stopp der Aids-Kampagne mit Hitler-Spot

Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) fordert den sofortigen Stopp der Kampagne „Aids ist ein Massenmörder – schütz dich selbst“, die von der Hamburger Werbeagentur „das comitee“ für den Regenbogen e.V. entwickelt wurde. Es ist eines der schlimmsten Kampagne seit dem Ausbruch der HIV-Epidemie. So wird in einem Spot der Diktator Adolf Hitler beim Geschlechtsverkehr mit einer Frau gezeigt. Dieser Spot soll u.a. im Fernsehen und im Kino gezeigt werden.

Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der DAH:
„Die Deutsche AIDS-Hilfe verurteilt den Spot des Vereins Regenbogen auf das Schärfste. Wir fordern den sofortigen Stopp der Kampagne. Dieser widerliche Spot mit einem Adolf-Hitler-Imitator verhöhnt alle Opfer des Nationalsozialismus und setzt HIV-positive Menschen mit Massenmördern gleich. Das äußert provozierende Video setzt auf dumpfe Angst. Diese Kampagne schadet der HIV-Prävention, sie hat keine Botschaft, wie man sich vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen schützen kann. Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene ist sie völlig ungeeignet. Wir fordern die Medien und Kinobetreiber auf, diese Kampagne nicht auszustrahlen. Unser Appell geht auch an die Gesundheitspolitiker, sich von dieser Kampagne zu distanzieren. Dem Verein Regenbogen sollte die Gemeinnützigkeit aberkannt werden, da es hier offensichtlich um Panikmache auf dem Rücken von Menschen mit HIV und Aids geht. Wir prüfen rechtliche Schritte gegen den Verein. Die prominenten Unterstützerinnen und Unterstützer des Regenbogen e.V. sollten sich fragen, ob sie ihren guten Namen für eine solche Kampagne hergeben wollen – wir fordern sie auf, sich zu distanzieren.“

Dr. Dirk Sander, Referent für strukturelle Prävention der DAH:
„Aus fachlicher Sicht ist dieses Kampagne im Hinblick auf die angegebenen Ziele wirkungslos, überflüssig und kontraproduktiv. Es geht hier nur um billige Effekthascherei – allerdings auf besonderes ekelerregende und infame Weise. Der Spot ist eine fürchterliche Diskriminierung und Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen. Die erfolgreiche HIV-Prävention der Deutschen AIDS-Hilfe (www.aidshilfe.de, www.iwwit.de) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA (www.machsmit.de) informieren sachlich über die Gefahren einer HIV-Infektion und motivieren zum Schutz mit Kondomen. Unsere Kampagnen arbeiten mit alters- und zielgruppengerechten Botschaften und wirksamen Präventionsmaßnahmen, die Menschen mit und ohne HIV unterstützen, sich und andere vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen.“

(Pressemitteilung der deutschen Aids-Hilfe vom 08.09.2009)

Offener Brief an die Organisation Regenbogen e.V.

Darf man Aids-Prävention mit Massenmördern machen? Darf man Menschen mit HIV mit Diktatoren gleichsetzen? Nein, denkt die niederländische Positivengruppe ‚poz and proud‘, und fordert die Organisatoren der Kampagne auf, den Spot unverzüglich zurück zu ziehen:

„Offener Brief an die Organisation Regenbogen e.V.

Ich, als HIV-positiver Mensch, fordere den Verein Regenbogen e.V. in Deutschland dazu auf, unverzüglich ihren neuen Präventionsspot “AIDS ist ein Massenmörder” zurückzuziehen.

Es ist eine Schande wie in diesem Spot Menschen mit HIV und AIDS dargestellt werden. Ich bin entsetzt und fühle mich in meiner persönlichen Ehre verletzt durch diese entwürdigende Kapagne.

Menschen mit HIV und AIDS mit Hitler, Stalin oder Sadam Hussein gleichzusetzen ist diskriminierend, ehrverletzend und indiskutabel, besonders noch von einem Verein, der sich Solidarität mit Menschen mit HIV und AIDS auf die Fahne schreibt.“

Menschen, die sich dem offenen Breif anschliessen wollen, sollten obigen Text per Email senden an hs@stopaids.de

Quelle: poz and proud

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AIDS-Prävention mit Massenmördern ? (akt.5)

Seit Anfang September sorgt eine Aids-Kampagne für Aufregung, in der Menschen mit HIV als Hitler, Stalin und Saddam Hussein dargestellt werden. Menschen mit HIV fordern, die Kampagne sofort zurück zu ziehen.

Ein kopulierendes Paar ist in einem TV-Spot zunächst zu sehen, im Halbdunkel, sonst nichts. Ganz zum Schluss dann ein Gesicht, das des Mannes, und – es wird immer klarer, dies soll Adolf Hitler sein. „Aids ist ein Massenmörder“, schreit die Kampagne.

Und nur dies. Nichts weiter, keine Präventionsbotschaften, kein „Verwende Kondome“, kein „Safer Sex reduziert dein Risiko“ oder ähnliches.

Die Kampagne wurde initiiert von dem Verein „Regenbogen e.V.“ und realisiert von der Werbeagentur „das comitee“. Regisseur war Ivo Wejgaard. Der Spot ist als TV-Spot konzipiert und soll ab nächster Woche im TV laufen. Die Mediengruppe RTL allerdings hat inzwischen die Ausstrahlung des Spots abgesagt.
Erreichbar ist der Initiator der Kampagne auf der Kampagnenseite nur über eine kostenpflichtige Telefonnummer.

Menschen mit HIV implizit als Hitler, Stalin oder Hussein darzustellen – geht das? Ganz klar nein, finden zahlreiche Menschen mit HIV, und auch zahlreiche Aids-Organisationen im In- und Ausland. Bezeichnen den Spot als menschenverachtend, positivenfeindlich, stigmatisierend. Kritisieren die Kampagne als unverantwortlich dramatisierend.

Auch im Internet ist die Kampagne inzwischen massiver Kritik ausgesetzt. Der Verein habe sich zum Ziel gesetzt „Ängste und Diskriminierung in der Gesellschaft gegenüber HIV positiven und an AIDS erkrankten Menschen entgegenzutreten“, betont ‚alivenkickin‘, und bezeichnet gerade angesichts dieser Zielsetzung die aktuelle Kampagne des Vereins als „Schlag ins Gesicht aller Menschen die HIV Positiv sind“. Er kritisiert zudem die fehlende Transparenz des Vereins – die Verwendung der akquirierten Spendengelder bleibe völlig im Dunklen.
Blogger Kalle betont „durch die Erzeugung von Angst und Schrecken bei den Betrachtern, werden (alte HIV-) Ängste neu geschürt, und Betroffene mit Massenmördern verglichen.“ „Aidskranke sind Nazis“, bringt netzfeuilleton die Wirkung des Spots auf den Punkt und resümiert „Wieder einmal ein Beispiel dafür, wie man etwas Gutes im Sinn haben kann und dabei noch mehr Schaden anrichtet.“

Reaktionen, die die Initiatoren bewusst in Kauf nehmen? Darstellungen von Positiven, die stigmatisieren, bewusst in Kauf genommen? „Dass die Kampagne möglicherweise über das Ziel hinausschießt, haben wir in Kauf genommen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen“, sagt ein Vertreter der Werbeagentur.
Und wenn Menschen mit HIV sich gekränkt, angegriffen, an den Pranger gestellt fühlen sollten? „Wenn sie das Video auf diese Weise verstehen, ist das ihr Problem“, so der Vizedirektor der Werbeagentur laut AP.

Es geht um Aufmerksamkeit – für wen, die Frage lässt die Agentur unbeantwortet. Die FAZ jedenfalls kommentiert lakonisch „Da hat man doch hoffentlich die Klickzahlen bei YouTube nicht mit einer Aufklärungsquote verwechselt?“

Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) hat sich zu dem Spot und den Aktivitäten bisher nicht geäußert deutlich geäußert – als „ekelerregend“ und „entsetzend“ bezeichnete der Pressesprecher die Kampagne, „es ist unerträglich, die Aids-Prävention mit dem Holocaust zu vergleichen“. Die DAH forderte den sofortigen Stopp der Kampagne und kündigte an, TV-Sender aufzufordern, den Spot nicht auszustrahlen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bezeichnete den Spot laut ZDF und AFP als „geschmacklos und kontraproduktiv für die Prävention“.

Auch die deutsche Aids-Stiftung (DAS) verurteilt die Kampagne. „Die Kampagne leistet damit der Stigmatisierung HIV-positiver Menschen Vorschub. Gleichzeitig ist sie geeignet, bei allen anderen Menschen Unsicherheit und Ängste zu schüren. … Auch angesichts der historischen Tatsachen ist der Spot untragbar. Männer die Sex mit Männern haben, wurden von den Nationalsozialisten grausam verfolgt. In Deutschland zählen sie zur am stärksten von HIV betroffenen Gruppe. Es ist eine Verhöhnung der NS-Opfer und dieser Männer, sie durch einen „Aufklärungsspot“ mit Adolf Hitler in der Hauptrolle schützen zu wollen.“

Die Schweizer Interessenvertretung von Menschen mit HIV und AIDS, LHIVE, forderte unterdessen den Verein auf, den Spot sofort zurück zu ziehen. Es sei „eine Schande wie in diesem Spot Menschen mit HIV und AIDS dargestellt werden. Wir sind entsetzt und erwarten insbesondere, dass alle Prominente, die sich vor bzw. hinter diesen Verein stellen, zu dieser entwürdigenden Kampagne Stellung nehmen. Menschen mit HIV und AIDS mit Hitler, Stalin oder Saddam Hussein gleichzusetzen ist indiskutabel.“ Werde der Spot nicht zurück gezogen, werde der Verein rechtliche Schritte erwägen.
Auch die niederländische Positiven-Gruppe ‚poz and proud‘ fordert in einem offenen Brief inzwischen auf, die Kampagne zurück zu ziehen, und bittet Positive, sich per Email an die Organisatoren der Kampagne zu wenden. LHIVE hat sich diesem offenen Brief angeschlossen.

Selbst Insbesondere im Ausland stößt die Kampagne auf irritierte Reaktionen, auf Erschrecken und Proteste. Irritationen, ob in den Niederlanden, der Schweiz, Kanada, Großbritannien oder den USA. So titelt der britische Aids-Informationsdienst Aidsmap „Hitler safe sex ad condemned as stigmatising. “

Zahlreiche Kritiker weisen auf die problematischen Folgen der Kampagne auch für die Aids-Prävention hin. So betont Henrik Arildsen, von HIV Danmark „warum sollten sich jetzt noch Menschen auf HIV testen lassen, wenn sie wissen, dass sie mit Massenmördern in einen Topf geworfen werden?“

Der Initiator der Kampagne, der Verein „Regenbogen e.V.“, steht bereits seit längerem in der Kritik, nicht nur wegen seiner intransparenten Spendenpraxis. So fragte Blogger ulgurath schon im Mai 2009 „Sind das Aufmerksamkeitstäter, die sich gewissenlos daran bedienen, dass Medien beim Thema Aids gerne „genommen“ wird?“ und weist auf die ominöse Struktur hin: „scheint der Regenbogen e.V. nichts anderes zu machen als Webseiten und TV-Spots zu produzieren und dafür Spenden zu sammeln und Merchandising zu verkaufen. Das Regenbogen-Kampagnenimperium ist groß – sehr groß für einen vorgeblich kleinen privaten Verein aus Saarbrücken.“ Seine Fragen nach Qualifikation und Seriosität der Arbeit wurde bisher ebenso wenig beantwortet wie die nach Umsätzen oder Kooperationen mit anderen Aids-Organisatoren.

Weitere Informationen:
alivenkickin 07.09.2009: Regenbogen e.V. – ein Verein der mehr Fragen offenläßt als er beantwortet
netzfeuilleton.de 07.09.2009: Aidskranke sind Nazis
NGZ 07.09.2009: Hitler-Spot im Kampf gegen Aids
aidsmap 07.09.2009: Hitler safe sex ad condemned as stigmatising
LHIVE e.V. 07.09.2009: offener Brief an Regenbogen e.V.
ulgurath 03.05.2009: Der Regenbogen e.V. und die Aids-Aufmerksamkeits-Industrie
SpON 07.09.2009: Umstrittene Aids-Prävention – Im Bett mit Hitler
Kalle bloggt 07.09.2009: Was die Massen bewegt …
stern.de 07.09.2009: Sex mit Hitler
queer.de 07.09.2009: Scharfe Kritik an deutscher Hitler-Aids-Kampagne
pinknews 07.09.2009: German HIV advert uses Hitler lookalike
welt online 07.09.2009: Was das HI-Virus mit Adolf Hitler gemeinsam hat
Basler Zeitung online 07.09.2009: Aids-Kampagne mit Hitler-Spot wird heftig kritisiert
FAZnet Kommentar 07.09.2009: HIV negativ
BBC News 07.09.2009: Romping Hitler Aids ad criticised
AP 07.09.2009: German AIDS group uses Hitler look-alike in awareness video
poz and proud 08.09.2009: Hitler als boegbeeld van Duitse anti-aidscampagne
HIV Danmark 07.09.2009: AIDS – en trist affære!
TV2 (Dänemark) 07.09.2009: Hiv-Danmark: Aids-kampagne krænker
dagblat.no 07.09.2009: Bruker Hitler i sex-video mot aids
demorgen.be 08.09.2009: Aids-Hitler stoot op heftige kritiek
DAH 08.09.2009: DAH fordert sofortigen Stopp der Aids-Kampagne mit Hitler-Spot
DAS 08.09.2009: AIDS-Kampagne des Vereins Regenbogen stigmatisiert HIV-positive Menschen
ZDF 08.09.2009: HIV und Hitler: Geht das?
SZ 08.09.2009: Massenmörder im Bett
POZ 08.09.2009: Controversial German HIV Prevention Ads Feature Adolf Hitler, Saddam Hussein
Time 08.09.2009: Germany’s New AIDS Ad — Starring Hitler
FAZnet Video: Anti-Aids-Kampagne sorgt mit Hitler-Vergleich für Wirbel
werbeblogger 09.09.09: World AIDS Day 2009: Mass Murderer (Follow-Up)
ksta.de 09.09.09: Youtube sperrt umstrittenes Aids-Video
Saarbrücker Zeitung 08.09.2009: Aids-Spot mit Adolf Hitler sorgt für Wirbel
taz 08.09.2009: Hitler-Porno gegen Aids
kress mediendienst 08.09.2009: „Billige Effekthascherei“: Aids-Hilfe fordert Stopp der Hitler-Werbung
netplosiv 09.09.09: Zensur: Youtube sperrt Hitler-Aids-Video
gay.de 09.09.2009: „Aids ist ein Massenmörder“ – AIDS-Hilfen sind empört!
Tagesspiegel 09.09.2009: Nazis und nacktes Frauenfleisch ziehen immer
samstagisteingutertag 09.09.2009: HI-Viren mit Hitlerbärtchen
lifelube 09.09.09: Is Invoking Hitler the Right Way to Fight the AIDS Epidemic?
New York Times 08.08.2009: Safe-Sex Ad Featuring Hitler Stirs German Anger
yahoo-news 08.09.2009: Safe-sex ad featuring Hitler stirs German anger (AP-Meldung, die in diversen Medien bis nach Neuseeland aufgenommen wurde)
Welt 09.09.2009: Anti-Aids-Verein verteidigt Spot mit Hitler-Darstellung
bild.de 09.09.2009: Stich verteidigt Schock-Plakat gegen Aids
newsclick.de 10.09.2009: „Diese Bilder wecken Angst und beleidigen Aidskranke“
alivenkickin 10.09.2009: „Gedanken über ein deutliches Statement“
Financial Times 09.09.2009: Youtube sperrt umstrittenes Aids-Video
DAH-Blog 10.09.2009: Internationaler Protestbrief wegen “Hitler-Spot” an Ministerin Schmidt
termabox 10.09.2009: einer aufgeklärten Gesellschaft unwürdig (akt.)
queer.de 10.09.2009: Homo-Gurke für die HIV-Hitler-Kampagneros
DAH-Blog 11.09.2009: Laien beurteilen Schock-Kampagnen als wirksamer
Berliner Zeitung 09.09.2009: Empörung über Aids-Kampagne
xtra.ca 11.09.2009: Hitler HIV campaign = Colossal FAIL
Badische Zeitung 12.09.2009: Leitartikel: Die öffentliche Empörung
alivenkickin 13.09.2009: Nachhilfestunde für Jan Schwertner – Regenbogen e.V.
alivenkickin 15.09.2009: Danke Birgit Schrowange – Danke RTL Extra
Aids-Hilfe Schweiz 16.09.2009: Offener Brief an den Verein Regenbogen e.V.
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Annie Lennox – HIV-Botschafterin für positive Frauen und Kinder?

Pop-Star Annie Lennox hat dem schottischen Parlament vorgeschlagen, sich als Botschafterin für Schottlands HIV-positive Frauen und Kinder einzusetzen.

„Ich wäre gerne eine schottische Repräsentantin für HIV-positive Frauen und Kinder“, sagte Annie Lennox an das schottische Parlament (das dieses Jahr sein 10jähriges Bestehen feiert) gewandt.

Annie Lennox, frühere Sängerin der ‚Eurythmics‘, äußerte sich auf dem ‚Festival of Politics‘ des schottischen Parlaments. Lennox, selbst in Aberdeen geboren, sagte an den Vorsitzenden Alex Fergusson gewandt:

„I would really like, if the Scottish Parliament could use me in some way, to be their Scottish representative for women and children and HIV. Do you think that’s possible, Alex?“

Annie Lennox, die sich seit langem im Kampf gegen Apartheid engagiert, sagte, sie sei zu ihrem Aids-Engagement durch Nelson Mandela motiviert worden. Mandela hatte die HIV-Pandemie unter anderem als ‚Genozid‘ bezeichnet. Als Mutter zweier Kinder, weiß, gut ausgebildet, ökonomisch gut gestellt habe sie sich herausgefordert gesehen, dem Fehlen von Behandlungsmöglichkeiten für Frauen und Kinder zu begegnen.

Lennox kritisierte laut BBC gewisse Meinungsäußerungen des Papstes zu HIV und Aids als kontraproduktiv.

„Churches can do a tremendous amount, and I know they do, but then again they can do tremendous harm, because when the Pope goes to a country in Africa and tells them that they shouldn’t be using condoms when we know that HIV is a sexually transmitted disease, I don’t think that makes any sense at all.“

weitere Informationen:
Annie Lennox auf dem „Festival of Politics“ (video)
BBC 18.08.2009: Lennox hits out at HIV ‚pandemic‘
The Herald 20.08.2009: Lennox: I’d like to be your HIV ambassador
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Expertentreffen schwule Gehörlose

Auf einem Expertentreffen möchte die Deutsche AIDS-Hilfe mit Gehörlosen diskutieren, welche Broschüren zur HIV-Prävention für diese Gruppe benötigt werden.

Dr. Dirk Sander und Martin Westphal von der Deutschen Aids-Hilfe möchten schwule Gehörlose einladen. Dr. Dirk Sander ist der Referent für schule Männer bei der Deutschen AIDS-Hilfe und Martin Westphal ist Sachbearbeiter.

Für ein Treffen suchen sie Experten aus der schwulen Gehörlosengemeinde. „Wir möchten mit Euch besprechen, welche Broschüren oder Flyer in der Gehörlosenszene eurer Meinung nach zum Thema HIV und AIDS gebraucht werden,“ betont Dirk Sander. „Wir möchten auch mit Euch darüber reden, wie wir in Zukunft die Seminare für gehörlose und hörbehinderte (HIV-positive) Schwule gestalten wollen. Dazu brauchen wir Eure Hilfe“ Als Termin für das Treffen ist das Wochenende von Freitag bis Sonntag, 06.-08.11.2009 geplant. Insgesamt sollen ca. 4-6 Gehörlose bzw. hörbehinderte schwule Männer aus der gesamten Republik und 2 Gebärdendolmetscher eingeladen werden.

Rückfragen an Martin Westphal, Email martin.westphal@dah.aidshilfe.de

weitere Informationen:
Taubenschlag 13.08.2009: Expertentreffen schwule Gehörlose
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6. Todestag Hans Peter Hauschild

Am 4. August 2003, heute vor sechs Jahren, starb Dr. Hans Peter Hauschild an den Folgen von Aids.

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Hans Peter Hauschild gilt u.a. als „Mit-Erfinder“ des Konzepts der strukturellen Prävention, das bis heute tragender Gedanke der Aids-Prävention in Deutschland ist (siehe Leitbild der Deutschen AIDS-Hilfe).

weitere Informationen:
Homepage Dr. Hans Peter Hauschild
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„Wer weiß, dass er HIV infiziert ist, hat heute einen gewissen Vorteil“ – die iwwit-Testwochen

Am 1. September starten im Rahmen der Präventionskampagne der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) „Ich weiss was ich tu!“die bis Ende November dauernden „HIV-Testwochen“.
Dazu ein Interview mit Matthias Kuske, Kampagnenmanger von ICH WEISS WAS ICH TU:

Du reist mit Deinem Team gerade von einer Stadt zur nächsten. Die ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne ist stark auf den CSDs vertreten. Wie kommt die Kampagne aktuell bei den Männern, die Sex mit Männern haben, an?

Matthias Kuske: Momentan wird unsere ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne sehr stark deutschlandweit wahrgenommen. Viele Leute kommen jetzt erstmals mit der Kampagne direkt in Berührung. Das liegt daran, dass wir jetzt nicht nur über Anzeigen, Partys und Präventionsteams präsent sind, sondern zusätzlich mit unseren Wagen auf den meisten CSDs sehr stark vertreten sind. Unsere CSD-Wagen sind mit riesigen Bannern bespannt, auf denen die Rollenmodelle unserer Kampagne zu sehen sind. Das sorgt für große Aufmerksamkeit auf allen CSDs und kommt bei den Männern besonders gut an. Viele Leute werden dadurch auch auf unsere Kampagnenhomepage www.iwwit.de aufmerksam und lesen sich dort z.B. die Interviews mit den Kampagnenmodellen durch oder testen in einem Quiz, wie gut sie sich wirklich beim Thema Prävention auskennen. Auf den CSDs sind immer jemand aus unserem Kampagnenteam und mindestens eines der Rollenmodelle vor Ort mit dabei. Das erhöht die Authentizität der Kampagne.

Was macht ICH WEISS WAS ICH TU denn genau auf den CSDs?

MK: Wir sind nun seit Wochen schon auf fast allen CSDs in Deutschland präsent. Und immer zusammen mit den regionalen Teams, die die Präventionsarbeit vor Ort machen. Die regionalen Vor-Ort-Teams verteilen Informationsmaterial der Kampagne, sprechen Leute an, verteilen Cruising Packs. Häufig stellen wir die Kampagne auch bei den Empfängen, begleitenden Straßenfesten etc. kurz persönlich auf der Bühne vor. Die Rollenmodelle sind auf diesen Veranstaltungen für Fragen zur Kampagnen ansprechbar.

Matthias Kuske, Kampagnenmanger von ICH WEISS WAS ICH TU
Matthias Kuske, Kampagnenmanger von ICH WEISS WAS ICH TU

Du hast einen Flyer „HIV-Testwochen“ entwickelt, der auf einigen CSDs bereits verteilt wird. Testwochen klingt ja ziemlich auffordernd und auch ein wenig nach Werbekampagne. Um was handelt es sich hier eigentlich?

MK: Wir starten im Herbst vom 1. September bis zum 30. November die ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen. Mit dieser Aktion wollen wir den HIV-Test und Tests auf andere sexuell übertragbare Infektionen (STDs) in den Fokus rücken. Wir bewerben damit ganz gezielt und bundesweit die bestehenden Testangebote auf HIV und andere STDs, damit sich Männer, die Sex mit Männern haben, verstärkt testen lassen.

Bisher waren die Deutsche AIDS-Hilfe und die lokalen Aidshilfen eher zurückhaltend bei der Bewerbung der Testangebote. Warum wird der Test jetzt so stark propagiert?

MK: Da gibt es eine Reihe von Gründen. Aus Präventionsgesichtspunkten ist es zu begrüßen, wenn sich Menschen mit Risikoverhalten verstärkt testen lassen. Wenn man z.B. weiß, dass man HIV-positiv ist, kann man heute mit den Mitteln der antiretroviralen Therapie den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen und den Ausbruch von AIDS verhindern. Man hat heute bei HIV eine annähernd gleiche Lebenserwartung wie bei anderen chronischen Erkrankungen auch, vorausgesetzt, dass man gut therapiert wird. Wer also weiß, dass er HIV infiziert ist, hat heute einen gewissen Vorteil. Das war nicht immer so. Und wenn man weiß, ob man HIV-negativ oder -positiv ist, kann man sein Safer-Sex-Verhalten und seine Risikomanagementstrategien anpassen. Wir wissen, dass Menschen nach wie vor Angst vor dem Test haben, und wir möchten HIV auch nicht verharmlosen. Wir möchten der Krankheit aber den tödlichen Schrecken nehmen. Nur eine zeitgemäße und ehrliche Prävention erreicht die Männer heutzutage noch. Da bei den Tests immer auch eine Beratung angeboten wird, kann man dabei Informationen zu Risikoverhalten und Safer Sex setzen. Viele Männer wissen z.B. nicht, dass das Risiko, sich mit HIV zu infizieren um ein Vielfaches steigt, wenn man sich z.B. mit Syphilis infiziert hat oder wenn gerade Herpesbläschen am „Blühen“ sind. Die Leute wissen noch zu wenig, dass die Infektiösität – und damit das Risiko für andere – in den ersten Monaten der HIV-Infektion besonders hoch ist.

iwwit - Testwochen 01.09. - 30.11.2009
iwwit - Testwochen 01.09. - 30.11.2009

Wo können sich die Männer überhaupt testen lassen?

MK: Es gibt bundesweit eine Vielzahl an Projekten, die sich an den ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen beteiligen. Das sind viele Aidshilfen, Präventionsprojekte und auch einige Gesundheitsämter, die zielgruppenspezifische Angebote vorhalten. Gerade die Aidshilfen und die Präventionsprojekte gehen besonders sensibel auf schwule Männer ein. Nichts zuletzt, weil auch viele schwule Männern beraten und auch viele schwule Ärzte die Tests durchführen. Für viele Männer fällt dadurch die Hemmschwelle, die Testangebote auch wahrzunehmen und Fragen zu ihrem Sexleben und ihren individuellen Ansteckungsrisiken zu stellen. Man wird vor dem Test beraten und man kann auch hinterher mit den geschulten Experten reden. Alle Tests finden anonym statt.

Wo erfahre ich denn, welche Testangebote es überhaupt gibt?

MK: Seit Juli gibt es auf www.iwwit.de einen Bereich für unsere Testwochen, wo man alle Angaben zu den beteiligten etwa 50 Projekten in ganz Deutschland erfährt, die von September bis November im Rahmen der ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne mitmachen.

Kostet der Test etwas?

MK: Das ist von Region zu Region ganz unterschiedlich. Das kommt auch darauf an, welche verschiedenen Tests z.B. auf STD angeboten werden. Zum Teil wird der Standardtest angeboten, d.h. man bekommt eine Nummer und muss einige Tage auf sein Ergebnis warten. Zum Teil wird der Schnelltest angeboten, dessen Ergebnis man nach einer halben Stunde erfährt und wo es nur bei einem positiven Ergebnis zu einer erneuten Blutentnahme und einem Bestätigungstest kommt. All dies kann man sehr transparent aufgebaut auf www.iwwit.de nachlesen.

Wenn sich nun viele Leute testen lassen und vielleicht mehr HIV-Infektionen als bisher angenommen entdeckt werden – ist dies dann ein Erfolg der DAH-Präventionsarbeit oder eine Niederlage für die ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne?

MK: Das wäre auf jeden Fall ein „Erfolg“, weil wir ja die bisher nicht entdeckten Infektionen erkennen wollen, damit sich die Männer gegebenenfalls behandeln lassen und ihr Präventionsverhalten anpassen können. Je länger eine HIV-Infektion unentdeckt bleibt, desto größer ist die Gefahr irreparabler Gesundheitsschäden bis hin zum Ausbruch von AIDS. Auch die Therapieerfolge sinken, wenn man bereits jahrelang positiv war, da das Immunsystem dann schon sehr stark geschädigt sein kann. Viele ändern ihr Verhalten, wenn sie das Testergebnis kennen – egal ob es positiv oder negativ ausfällt. In der Testberatung bekommen die Leute Hilfestellungen, wie sie sich besser vor HIV und anderen STD schützen können. Manch einer hat nämlich ziemlich vage Vorstellung, was Safer Sex ist und was nicht. Abschließend: Die Testwochen können vorübergehend zu steigenden Neudiagnosezahlen führen, denn wir werden schließlich mehr unerkannte Infektionen entdecken. Das ist allen Beteiligten klar.

Interview: Jörg Litwinschuh, Deutsche AIDS-Hilfe

Foto Matthias Kuske: Manoploy

EMIS – europaweite Befragung von Männern, die Sex mit Männern haben

Europaweit sollen im Rahmen eines von der EU-Kommission geförderten Projekts Männer, die Sex mit Männern haben, zu Wissen, Einstellungen und Verhalten bezüglich HIV und STDs befragt werden.

In den meisten europäischen Staaten sind Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), die gesellschaftliche Gruppe, die am stärksten von HIV betroffen ist. Doch auch bald 25 Jahre nach Beginn von HIV-Prävention ist die Gesundheit wie auch gesundheitsförderndes Verhalten von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), immer noch nicht nur von ihren allgemeinen Lebensbedingungen abhängig, sondern auch durch Stigmatisierung von Homosexualität und HIV-Infektion beeinträchtigt.

Erst jüngst hatten vergleichende Analysen der HIV-Neudiagnosen bei schwulen Männern (ungleich MSM) gezeigt, dass zwischen 2000 und 2005 die zahl der HIV-Diagnosen in West-Europa, Nord-Amerika und Australien annähernd in gleichem Umfang gestiegen sind (druchschnittlich +3% jährlich).
Innerhalb West-Europas hat Deutschland im Vergleich mit 33,5 HIV-Neudiagnosen pro 1 Million Einwohner die niedrigsten HIV-Neudiagnose-Raten.

Befragungen zu Wissen, Einstellungen und Verhalten von MSM wurden bisher in Europa überwiegend regional oder national durchgeführt, mit verschiedenen Medien, unterschiedlichen Forschungsansätzen etc. Sie sind deshalb i.d.R. auf europäischer Ebene kaum vergleichbar.

Dies will nun das Projekt EMIS (European MSM Internet survey on knowledge, attitudes and behaviour as to HIV and STIs) angehen. Erstmals in Europa sollen MSM mit einem einheitlichen Fragebogen (in 19 Sprachen) und überall gleichem Forschungs-Design via Internet befragt werden.

„Untersucht werden nun sollen Sexualverhalten, HIV- und STI-Testverhalten, Präventions-Ressourcen (z.B. Wissen zu Übertragungswegen und Behandelbarkeit) und Präventions-Hinternissen (z.B. Stigma Homosexualität, Stigma HIV-Infektion, Fehlannahmen zu Übertragungswegen).“

Teilnehmen am Projekt EMIS sollen nicht nur nahezu alle EU-Staaten, sondern auch die Schweiz, Russland, die Ukraine, Moldavien, Serbien, die ehemalige jugoslavische Republik Mazedonien sowie die Türkei.

„Das Projekt wird gemeinsam getragen und durchgeführt vom Robert Koch-Institut, der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), der niederländischen Universität Maastricht, der italienischen Regione del Veneto (Verona), dem katalanischen Zentrum für epidemiologische Studien zu Aids und STI (CEEISCAT, Barcelona) und dem an der Universität Porthmouth angesiedelten Präventionsforschungsinstitut Sigma Reseach (London).“

Mit ersten Ergebnissen wird im Sommer 2010 gerechnet.
Derzeit sind die Projektpartner aufgefordert, in allen Teilnehmerstaaten nach für die Befragung in Betracht zu ziehenden Internetseiten zu forschen. Dabei geht es den Verantwortlichen darum, nicht nur Organisationen aus dem Bereich public health oder Epidemiologie einzubinden, sondern besonders auch Organisationen schwuler und bisexueller Männer.

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weitere Informationen:
RKI 22.06.2009: EMIS-Projekt – Europäischer MSM Internet Survey
RKI 19.06.2009: The EMIS project
aidsmap 22.06.2009: Similar rises in gay men’s HIV diagnoses seen in Western Europe, North America and Australia since 2000
koww 22.06.2009: HIV-Prävention – Deutschland niedrigste Neu-Diagnosen in West-Europa
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