Medienpreis der Deutschen AIDS-Stiftung 2009/2010

Die Deutsche AIDS-Stiftung nimmt wieder Bewerbungen für ihren Medienpreis 2009/2010 an. Bewerbungsschluss ist der 31. Januar 2011.

Zugelassen sind Beiträge zum Thema HIV und Aids aus Print, TV, Hörfunk, Internet, anderen AV-Medien sowie künstlerische Beiträge, die in den Jahren 2009 oder 2010 erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht wurden.

Das Preisgeld beträgt insgesamt 15.000 Euro für bis zu drei herausragende Bewerbungen, gestellt von Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG.

Bewerbungen an die Deutsche AIDS-Stiftung, Medienpreis, Markt 26, 53111 Bonn

(Presseinformation der Deutschen AIDS-Stiftung)

weitere Informationen auch im Folder „Medienpreis_Folder_2009_2010“ der Deutschen AIDS-Stiftung

Der Zahn des Neanderthalers …

Bis vor einigen Jahren kaum mehr als eine unscheinbares Haus ein wenig abseits, im Tal der Düssel, hat das Neanderthaler-Museum längst ein beeindruckendes neues Museums-Gebäude bezogen. Dort auch zu finden: der Zahn des Neanderthalers.

Ein Zahn des Neanderthalers

Zahn eines Neanderthalers, gefunden 1997/2000 im Neandertal bei Düsseldorf

1856 entdeckten Arbeiter eines Steinbruchs im Tal der Düssel, in einem Abschnitt, der damals als Neandertal bekannt war, Knochen.

Johann Carl Fuhlrott, Lehrer an der Oberrealschule Elberfeld, begutachtete die Knochen als erster, ordnete sie zeitgeschichtlich ein und erkannte ihre Bedeutung.

Als Fuhlrott  begeistert schrieb, diese Funde widerlegten eindeutig das damalige „Dogma von der Nichtexistenz eines fossilen Menschen“, hatte er einen bedeutenden Widersacher. Rudolf Virchow, einer der bedeutendsten Pathologen und Mediziner seiner Zeit („die Medizin ist eine soziale Wissenschaft“) war einer der ärgsten und lautesten Gegner von Fulrotts Thesen. Bis zu seinem Tod 1877 erhielt Fuhlrott keine öffentliche Anerkennung.

Fundort des Neanderthalers, 2009
Fundort des Neanderthalers, 2009

Und warum es heute keine Neanderthaler mehr gibt? Wegen ihrer flachen Schädelbasis, so eine der neueren Thesen. Die hat der Neanderthaler – der homo sapiens aber eine gewölbte. Dies habe neuromuskuläre Auswirkungen, einen nach unten gerutschten Kehlkopf, Stimmbänder – wir können gut sprechen, gezielt artikulieren. Allerdings hat diese gewölbte Schädelbasis auch einen Nachteil – wir können uns verschlucken …

Neanderthal-Museum
Talstrasse 300
40822 Mettmann
www.neanderthal.de
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Blickfang Po

Heute steht der Po im Mittelpunkt – zumindest auf ARTE. Eine Dokumentation über den weiblichen wie auch den männlichen Arsch als optischen Anziehungspunkt unter dem Titel „Blickfang Po“:

„Ob kunst- oder sittengeschichtlich, ob paläontologisch oder kulturell: Die Wahrnehmung und Darstellung unseres Allerwertesten sind mannigfaltig und voller Überraschungen. Dieser Film enthüllt verborgene Ansichten eines zeitlos schönen und über alle Epochen hinweg vielbeachteten Körperteils.

Der Po als Kristallisationspunkt gesellschaftlicher Tabus und Lüste – die Dokumentation unternimmt eine Reise durch die Kulturgeschichte und untersucht Meisterwerke aus Kunst und Film sowie Bilder aus der Werbung, die den Po als Blickfang einsetzen.
Immer wieder zieht dieses – paradoxerweise für seinen Besitzer unsichtbare Körperteil – Blicke an und weckt Begehren. Aus weiblicher und männlicher Perspektive werden Darstellungen des menschlichen Hinterteils in Museen, im öffentlichen Raum und im Film auf ihren Gehalt an kollektiven Fantasien und auf ihre Bedeutung im Wandel der Zeiten und Kulturen hin untersucht.“

Blickfang Po (Foto: Arte)
Blickfang Po (Foto: Arte)

„Blickfang Po“
Dokumentation von Allan Rothschild und Caroline Pochon, Frankreich 2009
Sendetermine auf ARTE:
Erstausstrahlung Donnerstag, 10.12.2009, 22:45
Wiederholungen:
18.12.2009 um 05:00
22.12.2009 um 05:00
01.01.2010 um 05:00

Fickende Hunde …

Fickende Hunde sind in den USA verboten. Selbst in der Aids- Prävention. Das musste jetzt ein Kondom-Hersteller erleben.

Zwei, gar drei aufgeblasene Hunde werben dafür,beim Sex Kondome zu benutzen. Aufgeblasen im wahrsten Sinne, bei den Hunden handelt es sich um Figuren aus aufgeblasenen Luftballons (oder aufgeblasenen Kondomen?). Figuren, die nach kurzem Beschnuppern direkt zur Tat schreiten, Sex in allen denkbaren Positionen.

Zu viel Deutlichkeit für die USA – dem Kondomhersteller wurde untersagt, den Spot seiner Kampagne „Get it on“ im US-Fernsehen zu zeigen.
Oder sein neuer Fall von ‚viralem Marketing‘ ?

Nebenbei, das Making Of zeigt auch, dass Kondome nicht immere schützen ,-)

[via birewei.ch]

Erzählt vom Leben. Das Ende kennen wir schon.

„Erzählt vom Leben. Das Ende kennen wir schon.“ Zu diesem Schluss kommt Richard Kämmerlings, Literarturkritiker der FAZ, in einem lesenswerten Artikel über „Krebsliteratur“.

Schlingensief, Diez – Literatur über Krebs und den eigenen oder bei nahen Menschen erlebten Krebs-Tod erfreut sich gerade wieder einer bemerkenswerten Aufmerksamkeit.
„Lasst mich damit in Ruhe“, meint der FAZ-Literatur-Kritiker Richard Kämmerlings, und erläutert warum.Das Werk des Künstlers, das leben des Menschen gerate in den Hintergrund angesichts einer ‚Kontamination mit dem Boulevard‘, die auch durch vermeintliche Tabubrüche nicht (mehr) gerechtfertigt sei.

Kämmerlings vergleicht die heutige „Krebs-Literatur“ auch wegen dieser Frage des Tabu-Bruchs mit der „Aids-Literatur“ der 1990er Jahre:

„Hier ist ein Vergleich mit anderen Krankheiten lehrreich. Die Aids-Literatur der neunziger Jahre, die Filme von Derek Jarman oder die „Geschichte meines Todes“ von Harold Brodkey standen tatsächlich gegen ein soziales Tabu, und insofern hatte der aufklärerische Impetus seine Berechtigung. Aids war keine Volkskrankheit, sondern ein Stigma, eine vermeintliche Minderheitenangelegenheit, mit deren genauen Ursachen und Folgen man sich nicht befassen wollte – und nicht musste, denn das war eine Sache bestimmter „Schichten“.“

Kämmerling bezieht sich auch auf Susan Sontags „Aids als Metapher“ – und konstatiert auch hier einen Wechsel:

„Schon Susan Sontag hatte in ihrer Fortsetzung „Aids und seine Metaphern“ Ende der Achtziger festgestellt, dass die einstige Tabuisierung und Metaphorisierung von Krebs durch Aids abgelöst worden war. Heute wäre es vielleicht angebracht, „Demenz als Metapher“ zu beschreiben.“

Sein klares Resümee: „Erzählt vom Leben. Das Ende kennen wir schon.“

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Richard Kämmerlings: „Krebsliteratur – Der Schleier über den letzten Dingen„, FAZ 14.08.2009

Happy Birthday Hunter Reynolds

Hunter Reynolds is back in Berlin. Der Künstler und Aids-Aktivist Hunter Reynolds ist nach langer Zeit wieder zurück in Berlin – und mit einem Werk in einer Gruppenausstellung zusehen.

Der us-amerikanische Künstler und Aktivist Hunter Reynolds ist für wenige Tage zurück in Berlin, der Stadt in der er Mitte der 1990er viele Jahre lebte und aktiv war.

Bekannt wurde Reynolds u.a. mit seiner Kunstfigur ‚Patina du Prey‘ und seinen Performances (u.a. Memorial Dress).

Hunter Reynolds, Berlin 18.07.2009
Hunter Reynolds, Berlin 18.07.2009

In seinem alter ego ‚Patina du Prey‘ und ihren Kleidern und Performances verleiht Hunter Reynolds, der selbst seit 25 Jahren mit HIV lebt, seit Anfang der 1990er den Gefühlen und Verlusten der Menschen mit HIV und Aids Ausdruck. Sein ‚Memorial Dress‘ (1993) z.B. besteht aus schwarzer Seide – bedruckt mit den Namen von 25.000 an den Folgen von Aids Verstorbenen.

„Eine Travestie der Trauer, Symbol des grenzenlosen Leids angesichts der von diesem grauenhaften Gesundheits-Desaster vernichteten Menschen“, beschrieb Frank Wagner (NGBK) 1993 die erste ‚Memorial Dress‘ – Performance in der NGBK Berlin.

Trauer, Verlust, Angst, Hoffnung – ‚Patina du Prey‘ verleiht ihnen Ausdruck, Gestalt.

Hunter Reynolds lebte in den 1990er Jahren lange Zeit in Berlin (u.a. als Stipendiat der Aids-Stiftung). In dieser Zeit hatte er zahlreiche Ausstellungen und Performances, u.a. in Berlin (NGBK), Köln, Hamburg, Polen, Niederlande. Ende der 90er kehrte Reynolds zurück nach New York.

Für einige Tage ist Reynolds nun nach Berlin zurück gekehrt – auch, um hier seinen 50. Geburtstag zu feiern. Ein Werk von ihm ist derzeit in einer Ausstellung in der Galerie Rupert Goldsworthy zu sehen.

„Hunter Reynolds, alias Patina du Prey, sets his full stakes on this performative act of differentiation. He is happy to be different from the rest; to lie diagonally in the riverbed of the Mainstream; to feel a sense of belonging with the Others: the Queens, the Fags, the Perverse.“ (Frank Wagner über Hunter Reynolds, 1993)

weitere Informationen:
Hunter Reynolds
Hunter Reynolds – Memorial Dress 1993 – 2007 (Video)
Galerie Rupert Goldsworthy
Creative Time: Patina du Preys Memorial Dress
Visual Aids / TheBody: Patina du Prey’s Memorial Dress
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Foto-Impressionen vom lesbisch-schwulen Strassenfest 2009

In Berlin feiern Schwule Lesben und allerlei sonstig Interessierte am 20. und 21. Juni 2009 unter dem etwas sperrigen Motto „Gleiche Rechte für Ungleiche“ das 17. Lesbisch-Schwule Strassenfest am Nollendorfplatz.

Hunderttausende Besucher an zwei Tagen, 25.000 Quadratmeter Fläche, und ein breites Spektrum vom Café PositHiv bis zum Tierschutzverein, von schwulen und lesbischen Sportvereinen bis zu queeren und homosexuellen Parteigliederungen, von Regenbogen-Nippes bis zum Sling-Geschäft.

Nebenbei, Antiteilchen scheint sich auf dem lesbisch-schwulen Stadtfest weniger amüsiert zu haben – ich durchaus, nette Menschen getroffen 🙂

MILK: 2 Oscars – ‚You Must Come Out!‘

„MILK“, der Film über ‚den Bürgermeister von Castro Street‘, den offen schwulen Politiker Harvey Milk, wurde in Los Angeles mit 2 Oscars ausgezeichnet.

Sean Penn wurde geehrt als bester Darsteller , der 34jährige Dustin Lance Black für das beste Drehbuch – beide in ‚MILK‚.

Drehbuch-Autor Black äußerte sich im November bereits über Harvey Milk und warum er dieses Drehbuch geradezu schreiben musste:

„I was almost fourteen when I heard a recording of a speech. It had been delivered on June 9, 1978, the same year my biological father had moved my family out to San Antonio. It was delivered by what I was told was an “out” gay man. His name was Harvey Milk. … That moment when I heard Harvey for the first time . . . that was the first time I really knew someone loved me for me. From the grave, over a decade after his assassination, Harvey gave me life. . . he gave me hope.“

Milk – das ist weit mehr als eine anrührende Homo-Geschichte aus dem San Francisco der siebziger Jahre:

„You see, one of the biggest hurdles for the gay community has always been invisibility. Unlike the black movement and the women’s movement, gays and lesbians are not always immediately identifiable. People still go their entire careers without coming out to their co-workers, not to mention their relatives or their neighbors. Harvey Milk saw this problem, and shouted out the solution, “You must come OUT!”“

Sehr lesenswert: Drehbuchautor Dustin Lance Black über Harvey Milk:

towleroad.com: Milk Screenwriter Dustin Lance Black on Milk, 30 Years Later
Die Verleihung des Oscars für das beste Drehbuch an Dustin Lance Black mit seiner Dankesrede auf youtube (Dank an Dirk!).
towleroad.com: In the Oscar Pressroom with Lance Black and Sean Penn
calibanblog 03.03.2009: Dustin bei Oprah (Video)
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Fig Trees – Doku Oper über Aids-Aktivisten auf Berlinale (akt.)

Zackie Achmat und die Treatment Action Campaign – um Therapieaktivismus in Südafrika und Kanada geht es in einem ungewöhnlichen Film auf der Berlinale.

„Fig Trees“ behandelt die Arbeit der kanadischen und südafrikanischen Aids-Aktivisten Tim McCaskell und Zackie Achmat – in Form einer ‚Doku-Oper.

Das Blog e-politik berichtet:

„Die Grundidee des Films ist es, dass Gertrude Stein in der Gegenwart auftaucht und eine Dokumentar – Oper über die Bürgerrechtler im Kampf gegen HIV entwirft: Sie setzt einzelne Wörter, Sätze und Gedanken aus den Reden neu zusammen und komponiert daraus schrille Arien. Vor allem aber bedient sich diese Oper bei bekannten Pop – Songs der vergangenen Dekaden von Michael Jackson bis Bruce Springsteen, die auf sehr komische Weise adaptiert werden.“

Was eine ‚Doku-Oper‘ ist? Das Berliner Stadtmagazin zitty beschreibt den „radikalen Ansatz“ folgendermaßen:

„Archivaufnahmen, Interviews und Pressekonferenzen wurden mit Arien unterlegt. In einer Parallelhandlung recherchiert Gertrude Stein für ein Libretto über Tim und Zackie, die 100 besten Aids-Songs werden vorgestellt, Buchstabenspiele durchgeführt und schwule Komponisten von A bis Z aufgelistet.“

e-politik.de: Fig trees: Außergewöhnliche Dokumentar – Oper über AIDS – Aktivisten
berlinale.de: fig trees
siegesaeule.de: fig trees
zitty.de: angeschaut: kurz und kritisch

Nachtrag
14.02.2009: „Zum besten Dokumentarfilm der Berlinale 2009 erkor die internationale Jury den experimentellen Filmessay «Fig Trees».“
queer.de 28.04.2009: Schwul-lesbischer Filmpreis für John Greyson und seine Aids-Oper
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Me absolvo – Wer vergibt wem was, und was ist Sünde?

Im Rahmen der ‚Positiven Begegnungen 2009‘ fand vom 29.1. bis 1.2.2009 im Stuttgarter Rathaus auch die Ausstellung „Bilder eines Stigmas“ statt.

Eines der ausgestellten Objekte:

Me absolvo - Michèle Meyer
Me absolvo - Michèle Meyer
Me absolvo - Michèle Meyer
Me absolvo - Michèle Meyer
Me absolvo - Michèle Meyer
Me absolvo - Michèle Meyer
Me absolvo - Michèle Meyer
Me absolvo - Michèle Meyer

Me absolvo
(K)Ein Ort des Verweilens.
Michèle Meyer
Beichtstuhl, begehbares Objekt: Aussen Original Zustand Holz mit Intarsien, 17. Jahrhundert. Innen: Mit Stoff, Objekten, kleinen Bildern etc. ausgestattet.

Nur schwule Männer …

… können Metal singen, genauer, können wirklich bei Judas Priest singen.

Meint Rob Halford.
Rob Halford ist seit 1973 Mitglied und Sänger der britischen Heavy-Metal-Band ‚Judas Priest‘.  Seit 1998 lebt Rob Halford offen schwul. Er outete sich in einer MTV-Live-Sendung. Homosexualität ist immer wieder gelegentlich Thema in ‚Judas Priest‘ – Songs (wie Sex in einer Schwulenbar in ‚Raw Deal‘).

„Ist Heavy Metal in Wirklichkeit eine schwule Musikform?“, fragen Medien, und ‚die Helden meiner Jugend sind schwul‘ freuen oder wundern sich Fans in Foren. Und selbst beim bekannten ‚Wacken Open Air‘ wird im Forum diskutiert ‚was denkt ihr über schwule Metaller?‘ …

Coming Out eines Profi-Fußballers

Premiere im Fußball, zumindest im französischen Profi-Fußball: erstmal hat ein hochrangiger ehemaliger Liga-Spieler und früherer Nationalspieler sein Coming-Out.

Olivier Rouyer hat in der Fußballsendung ‚L’Equipe Magazine‘ (Ausgabe 16.2.2008) erklärt „Ja, ich bin schwul“. (via)

Rouyer, heute 52 Jahre alt, war in den 1970er Jahren Stürmer der Erstliga-Mannschaft von Nancy und der französischen Fußball-Nationalmannschaft. Heute ist er u.a. Berater des Bezahl- Kanalsystems Canal+.

Rouyer berichtete im TV weiter: „Anfangs hab ich ich versteckt. Eine Freundin diente mir als Alibi. Aber als ich nach Strasbourg ging [1981], hab ich mich verliebt, und ich wurde es leid zu lügen.“ Rouyer zog sich zurück. Bis heute. „Ich bin jetzt 52 Jahre alt, und ich bin glücklich. Es ist an der Zeit darüber zu sprechen …“

Einer von elf Fußballern ist schwul„, hatte das deutsche Fan-Magazin ‚Rund‘ schon Ende 2006 getitelt. Der Ruf blieb bisher ungehört, kein deutscher Profi-Fußballer hatte bisher sein Coming-Out als Schwuler.
Doch hierzulande heißt es nur zu oft immer noch ‚Ich bin Fußballer. Ich kann nicht schwul sein‘. Zur EM 2008 findet in Wien immerhin ein Plakat-Wettbewerb gegen Homophobie im Fußball statt, ‚endlich schwuler kicken‚ …

Blue again

„Blue“, der wegweisende, unter die Haut gehende Film des Regisseurs Derek Jarman, ist in digitaler Version jetzt wieder in den Kinos, darauf macht hivblog aufmerksam.

„Blue“ ist in meinem Augen (ähnlich wie Susan Sontags „Aids und seine Metaphern“) ein ‚Muss‘ der kulturellen Auseinandersetzung mit Aids.
Claus Gillmann (gest. 29.8.1994), Weggefährte in früheren Jahren von schwulen- und aidspolitischem Engagement, schrieb 1994 über Blue:

Die Leinwand ist – blau. Etwa 70 Minuten lang. Sonst nichts. Alltags- und Naturgeräusche, Gesprächsfetzen, meditative Musikelemente sind nur zu hören. Ein Monolog Jarmans bringt Erinnerungen, Bobachtungen und Reflexionen. Mitunter sarkastisch kommentiert er seine Krankheit.
Blue is darkness made visible’ sagte er einmal und lieferte damit den Schlüssel für die ästetische Umsetzung seiner Erfahrung. Das monochrome Blau setzt den Zuschauer der Befindlichkeit des in Folge von AIDS Erblindeten -Jarmans Realität- in radikaler Weise aus. Dem entginge man nur, wenn man seine Augen verschlösse. ‚Blau’ steht aber auch für die quälende Ungewissheit (‚incertainty’) der verrinnenden und noch zu lebenden Zeit bis zum gewissen Tod. ‚Blue’ ist nun wohl Jarmans letzter Film. Opulente Bilderfülle und Farben, wie wir sie etwa von ‚Caravaggio’ oder ‚Edward II’ kennen, wird es nicht mehr geben. ‚Blue’ ist eines der überzeugendsten Dokumente der vieldiskutierten ‚AIDS-Kultur’ – und das ganz persönliche Vermächtnis eines engagierten Künstlers.“

(Claus Gillmann in ‚Boulevard HIV‘ Januar 1994),

2008: endlich schwuler Kicken

Tausende Fußballer und Fußball-Fans treffen sich im Sommer diesen Jahres in Österreich und der Schweiz (gestern begann der Ticket-Verkauf). Europameisterschaft 2008 ist das Zauberwort, dass nicht nur die Gemüter erhitzt.
Aber, trotz Sommer und heißer Stimmung, wie warm ist der Fußball im Sommer 2008?

„25 schwule Profikicker müsste es in der Österreichischen Bundesliga geben, wenn man annimmt, dass von 500 Profispielern wie in der Gesamtbevölkerung fünf Prozent homosexuell sind“, schreibt qwien.at. Und doch, wir hatten es nicht anders vermutet – es gibt keinen einzigen offen schwulen Profi-Fußballer, weder in Österreich noch in Deutschland.

Die Österreicher sind mutig – in Deutschland titelte ‚Rund‘ noch im November 2006 „Einer von elf Fußballern ist schwul„, bei den Österreichern sollen es jetzt direkt die fünf Quoten-Prozent sein. Da müssten dann während der Europameisterschaft ja einige Stadien recht homosexuelle Kurven haben können …

Wenn da nicht das Klischee von Männlichkeit, Herbe und ‚letzer Männer-Domäne‘ wäre. Fußball und offen schwul – immer noch scheint dies ein Widerspruch, je höher in den Ligen man blickt. Den lesbischen Fußballspielerinnen (und Fans) geht es nicht wesentlich anders, auch wenn hier die Gerüchteküche heißer kocht.

Homosexualität und Fußball, das sind immer noch zwei Themen, die oftmals voll Missverständnissen, Berührungsängsten (im wahrsten Sinn des Wortes), Aggression und Diskriminierung auf einander treffen.

Dem will qwien nun begegnen. qwien, das ‚Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte‘ in Wien, plant während der EM 2008 das Thema ‚Homophobie und Fußball‘ breit im Wiener Stadtbild zu behandeln.

Hierzu wurde unter dem Motto „Homo : Foul“ europaweit ein Plakat-Wettbewerb ausgeschrieben, der bis zum 30. April 2008 läuft. Einer Jury wird die besten 50 Plakatentwürfe auswählen. Die Sieger werden am 5. Juni, kurz vor dem Auftakt zur EM 2008, im Rahmen einer Ausstellung präsentiert.

Ob der Körperkontakt während und nach der EM unverkrampfter wird? Heißt die Alternative auch 2008 weiterhin „Schwuler Kicken“ oder „wahre Männlichkeit“? Oder geht beides zusammen, (Profi-)Fußball und Schwulsein?

Welt-Aids-Tag: neuer Queen-Song gratis

Zum ersten Mal seit zehn Jahren bringt Queen einen neuen Song heraus, aus Anlass des Welt-Aids-Tags. Und – der neue Song steht auf der Website der Gruppe zum gratis Download unentgeltlich zur Verfügung.

Freddy Mercury wäre heute schon 61 – wenn er nicht am 24. November 1991 an den Folgen von Aids verstorben wäre.
Seit 1997 spielen Queen wieder zusammen, 1998 kam ihre bis dato letzte Neu-Einspielung „No-One But You“ auf den Markt.
Die Band hat nun zusammen mit dem neuen Sänger Paul Rodgers „say it’s not true“ eingespielt – die erste öffentlich verfügbare Aufnahme der Gruppe seit zehn Jahren. Das Lied sei dem Welt-Aids-Tag gewidmet, und solle die Kampagne ‚46664‚ von Nelson Mandela unterstützen, so die Band. Sie wolle Mandelas Aufforderung folgen „it’s in our own hands to bring a stop to this“.

Der Song wurde erstmals beim Launch der ‚46664‘-Kampagne im November 2003 in Kapstadt aufgeführt. Während der ‚Queen and Paul Rodgers‘-Tournee 2005 wurde der Song in einer akustischen Version gespielt. Dieses Jahr entschied sich die band, den Song neu einzuspielen und zur Unterstützung der Mandela-Kampagne zu veröffentlichen.
Der Song enthält die Botschaft, dass HIV und Aids jedem begegnen kann.

Queen und Paul Rodgers „say it’s not true“ steht unentgeltlich (gegen Registrierung) auf der Website der Gruppe Queen Online sowie auf der Website der Kampagne 46664 zum Download zur Verfügung.


Lichtspiel

Köln hat eine neue Touristen-Attraktion.

Dom 01
Nein, nicht den Dom.
Der steht schon etwas länger.
Aber darin befindet sich seit einigen Wochen …

Dom02
… das neue ‚Richter-Fenster‘.

Das Fenster des Künstlers Gerhard Richter wurde am 25. August 2007 im Kölner Dom geweiht – und hat sich seitdem zu einem Touristen-Magneten entwickelt. An Wochenenden stehen schon einmal Hunderte von Interessierten und schauen angespannt nach oben …

Dom 03
Ist dies nun ein besonders starker Ausdruck aktueller Gegenwarts-Kunst im religiösen Raum? Oder wenig mehr als kirchliches Pixelrauschen?

Ein gutes eigens Urteil lässt sich wohl nur selbst vor Ort bilden, und in einer begleitenden Ausstellung „Gerhard Richter – Zufall“ im Kölner Museum Ludwig, die verschiedene Entwürfe zeigt und über Hintergründe des realisierten Fensters berichtet.