Welt-Gesundheits-Organisation: dringend Prävention gegen Ausbreitung von unbehandelbarem Tripper erforderlich

Die Welt-Gesundheits-Organisation WHO warnt, dass dringend Präventionsmaßnahmen erforderlich seien, um die weitere Ausbreitung einer unbehandelbaren Form der Gonorrhoe (umgangssprachlich Tripper) zu vermeiden.

Inzwischen seien Fälle von gegen Cepahlosporinen resistentem Tripper bereits u.a. aus Australien, Frankreich, Großbritannien, Japan, Norwegen und Schweden berichtet worden.Die vorhandenen Daten zeigten allerdings nur die Spitze des Eisbergs.

Cephalosporine sind die letzte Therapieoption gegen Neisseria gonorrhoea (Gonokokken), den Erreger des Tripper, so die WHO.

WHO 06.06.2012: WHO: Urgent action needed to prevent the spread of untreatable gonorrhoea
WHO: Global action plan to control the spread and impact of antimicrobial resistance in Neisseria gonorrhoeae
SpON 06.06.2012: Geschlechtskrankheit WHO besorgt über unheilbaren Tripper

Wie tauglich sind Schnelltests für niedrigschwelligen Testangeboten? RKI-Stellungnahme

Schnelltests für HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten werden vermehrt angeboten. Sie versprechen ein Ergebnis bereits nach wenigen Minuten. Doch – stimmt dies? Und sind Schnelltests besonders bei niedrigschwelligen Beratungsangeboten einsetzbar?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich die ausführliche „Gemeinsame Stellungnahme von Robert Koch-Institut (RKI), Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und der Deutschen STI-Gesellschaft zu Wertigkeit und Einsatzmöglichkeiten von Schnelltests für HIV, Hepatitis-B-Virus (HBV), Hepatitis-C-Virus (HCV), Chlamydia trachomatis, Gonokokken und Treponema pallidum (Syphilis)“. Sie wurde in der aktuellen Ausgabe (Nr. 5/2012) des Epidemiologischen Bulletins veröffentlicht.

Das kurzgefasste Ergebnis:

„Die Mehrheit der Schnelltests für STI-Erreger ist für eine zuverlässige Diagnostik nicht geeignet.“

Zu HIV-Schnelltests allerdings wird ergänzt

„Unter den HIV-Schnelltests erreichen einige CE-zertifizierte Tests die Leistungsfähigkeit der Standarddiagnostik. Der Einsatz dieser evaluierten HIV-Schnelltests kommt daher für ein niedrigschwelliges Testangebot, z. B. in AIDS-Beratungsstellen oder Gesundheitsämtern, durchaus in Betracht, um Personen zu erreichen, die nicht bereit sind, an einem Folgetag zur Mitteilung der Ergebnisse erneut die Einrichtung aufzusuchen. Bei reaktiven Tests ist eine zweite Untersuchung erforderlich.
Nicht alle HIV-Schnelltests sind ausreichend evaluiert.
Insbesondere bei Tests, die mit Speichel oder Urin durchgeführt werden, muss von einer unzureichenden Empfindlichkeit und Genauigkeit ausgegangen werden.“

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weitere Informationen:
RKI 06.02.2012: Schnelltests in der Diagnostik sexuell übertragbarer Infektionen. in: Epidemiologisches Bulletin 5/2012
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Nachtrag 15.03.2012: Ausführlich befasst sich mit dem Thema der HIV-Report Nr. 1 / 2012 ‚Schnelltests – Zuverlässigkeit und Einsatzfelder‘

Schweiz: gratis Syphilis-Test für Schwule

Die Syphilisfälle in der Schweiz nehmen seit einigen Jahren wieder stark zu. Besonders betroffen davon sind Männer, die Sex mit Männern haben. Deshalb startet die Aids-Hilfe Schweiz eine Gratis-Syphilis-Testaktion im Oktober.

Die Syphilis ist wieder auf dem Vormarsch. 975 neue Infektionen wurden dem Bundesamt für Gesundheit letztes Jahr gemeldet. Die Hälfte davon wurde bei Männern, die Sex mit Männern haben, diagnostiziert. Eine Syphilis ist heute mit Antibiotika zwar leicht behandelbar. Doch harmlos ist sie nicht. So erhöht eine Infektion mit Syphilis das Risiko einer HIV-Infektion um das fünf- bis zehnfache. Deshalb führt die Aids-Hilfe Schweiz in grösseren Schweizer Städten im Oktober Testwochen für schwule Männer durch.

Die Syphilis wird beim ungeschützten Sex leicht übertragen. Die Benutzung eines Kondoms verringert das Risiko einer Ansteckung. Doch die Safer Sex-Regeln schützen nicht vollständig gegen Syphilis: So kann der Erreger beispielsweise beim Oralsex übertragen werden. Da eine Syphilis zu Beginn kaum Beschwerden verursacht, wird eine Ansteckung oft spät entdeckt. Erste Symptome wie schmerzlose Geschwüre an den Eintrittsorten des Erregers verschwinden nach kurzer Zeit wieder. Betroffene geben daher die Syphilis unwissentlich weiter und gehen erst spät zum Arzt.

Die Kampagne der Aids-Hilfe Schweiz setzt hier an. Sie will die besonders stark betroffene Gruppe der schwulen Männer auf die Infektion und ihre Gefahren aufmerksam machen. „Das Ziel ist, die Männer zu regelmässigen Tests zu motivieren, damit die Syphilis erkannt, behandelt und damit nicht weitergegeben wird.“ erklärt Marco Müller, Kampagnenverantwortlicher bei der Aids-Hilfe Schweiz.

Am 1. Oktober startet die Kampagne. Die Aktion wird mit Flyern und Plakaten sowie dem Verteilen von Gutscheinen für die Tests an Veranstaltungen, in Bars und Lokalen mit hauptsächlich schwulem Publikum bekannt gemacht. Die Gutscheine können bis 18. November 2011 an einer der Teststellen eingelöst werden, die auf www.gay-box.ch verzeichnet sind. Unter dieser Internetadresse stehen auch Gutscheine für die Tests zum Download bereit.

Die Kampagne wird unterstützt vom Bundesamt für Gesundheit und von der Vereinigung der Gay-Betriebe (VEGAS). Sie wurde in enger Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Bern, der Aids-Hilfe beider Basel sowie den Checkpoints in Zürich und Genf entwickelt.

(Pressemitteilung der Aids-Hilfe Schweiz)

anale Untersuchungen häufig Mangelware

Schwule Männer erhalten in fast allen Staaten Europas zu selten anale Untersuchungen. Dies zeigt eine Detail-Auswertung der EMIS-Befragung.

Anale Abstriche werden der EMIS-Untersuchung zufolge regelmäßig nur angeboten in Großbritannien, Irland, Malta, den Niederlanden und Schweden. Viele andere Staaten – siehe Karte – Fehlanzeige:

EMIS Anteil Anal-Abstrich
EMIS Anteil Anal-Abstrich

Prozentsatz aller EMIS-Teilnehmer, die von einer STI-Untersuchung berichten,
bei der ein analer Abstrich gemacht wurde
(Quelle: EMIS Community Report Nr. 2)

Auch für Deutschland gaben nur 6% der EMIS-Teilnehmer an, in den vorangegangenen 12 Monaten Untersuchungen an Penis und Anus erhalten zu haben (immerhin 28% hatten sich einem Test auf sexuell übertragbare Erkrankungen unterzogen). EMIS (Europäische Internet-Befragung schwuler und bisexueller Männer) ist mit über 180.000 Teilnehmern (davon über 50.000 aus Deutschland) die größte Studie, die es je über Sex zwischen Männern gab.

Das Fehlen regelmäßiger analer Untersuchungen inkl. Abstrich kann für schwule Männer weitreichende Folgen haben. Feigwarzen (Kondylome), analer Tripper oder anale Chlamydien bleiben so lange Zeit unentdeckt – und unbehandelt. Feigwarzen sind eine der tabuisierten Krankheiten, insbesondere anale Feigwarzen (Fotos hier).

Besonders wichtig sind regelmäßige anale Untersuchungen für HIV-Positive: HIV-positive Männer, insbesondere (aber nicht nur) wenn sie Analverkehr haben / hatten, haben ein erhöhtes Risiko für Analkarzinom (Krebs am Darmausgang). Verursacht werden sie durch Humane Papillomaviren (HPV) – Auslöser auch der Feigwarzen. Möglichkeiten zur Früherkennung (Rektoskopie, Analabstrich) sollten aus diesem Grund gerade auch von HIV-Positiven genutzt werden.

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weitere Informationen:
EMIS Community Report Nr. 2 (hier)
Alle EMIS Community Reports sind im Internet inm 24 Sprachen abrufbar unter www.emis-project.eu.

Kurz notiert … Juli 2011

26. Juli 2011: Alexander McQueen, am 11. Februar 2011 verstorbener britischer Modedesigner, hat aus seinem 16 Millionen Pfund umfassenden Nachlass 100.000 Pfund der britischen Aids-Organisation Terrence Higgins Trust vermacht.

25. Juli 2011: Dem Kondom-Hersteller Durex werden die Kondome knapp, aufgrund einer bereits seit Mai 2011 andauernden Auseinandersetzung mit einem indischen Lieferanten.

20. Juli 2011: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat dem Hepatitis-C- Proteasehemmer Boceprevir (Handelsname Victrelis®) die Zulassung erteilt.

18. Juli 2011: Der Pharmakonzern Abbott kündigt an, eine Kombi-Pille aus Kaletra® und 3TC zu entwickeln.

14. Juli 2011: Die Regionen in den USA mit den höchsten HIV-Infektionsraten zählen zugleich zu den ärmsten Regionen der USA, berichten US-Medien. In den am meisten von HIV betroffenen Regionen im Süden der USA lebe einer von fünf HIV-Positiven unterhalb der Armutsgrenze.

13. Juli 2011: Zwei große Studien zur Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) haben gezeigt, dass Tenofovir bzw. Tenofovir plus Emtricitabine das Risiko einer sexuellen HIV-Übertragung bei heterosexuellen Paaren um 62 bzw. 73% reduzieren können.

12. Juli 2011: Liza Minelli wurde zum ‚Offizier‘ der französischen Ehrenlegion ernannt, u.a. wegen ihrer Verdienste um die Aids-Bekämpfung. Die Ehrenlegion ist die höchste Auszeichnung Frankreichs.

11. Juli 2011: Australien: HIV-positiver Mann zu 3 Jahren Haft verurteilt wegen Gefährdung von 3 Frauen durch ungeschützten Sex. Keine der Frauen wurde mit HIV infiziert.

Wissenschaftler haben in Japan einen Gonorrhoe- (auch: Tripper) Stamm entdeckt, der gegen die eingesetzten Antibiotika resistent ist.

Jerry Herman, offen HIV-positiver Hollywood-Erfolgs-Komponist u.a. der Musicals „Hello Dolly“ oder „La Cage Aux Folles“ (Ein Käfig voller Narren) wurde am 10. Juli 80 Jahre alt.

08. Juli 2011: Schweiz: eine 32jährige Frau aus Ostafrika wurde wegen schwerer Körperverletzung zu einer „teilbedingten Freiheitsstrafe“ von drei Jahren verurteilt. Falls das Urteil rechtskräftig wird, droht der Frau die Abschiebung aus der Schweiz.

05. Juli 2011: Millionen HIV-Positive, die auf günstige Aids-Medikamente angewiesen sind, werden sterben, falls Indien aufgrund des Handelsabkommens mit der EU aufhören muss, generische Aids-Medikamente herzustellen. Dies betont UNAIDS-Direktor Michel Sidibé.

04. Juli 2011: Eine Gruppe von 55 US-Ärzten fordert die US-Arzneimittelbehörde FDA auf, Truvada® nicht als ‚Präventions-Pille‚ zuzulassen.

03. Juli 2011: „Will Karel De Gucht be responsible for millions deaths ?“ EU-Handelskommissar Karel de Gucht wurde am frühen Sonntag Morgen von Aktivisten von ACT UP Paris geweckt (Video), die gegen die (von de Gucht vertretene) Position der EU in Handelsabkommen protestierten. Die Haltung der EU gefährde die Versorgung von Millionen HIV-Positiven mit preiswerten Generika.

02. Juli 2011: „Die gestoppten Gelder für den Globalen Fonds schnellstens freigeben“, fordert (nicht nur) die Deutsche Aids-Hilfe von Bundesentwicklungsminister Niebel.

01. Juli 2011: Der Schmuck der am 23. März 2011 verstorbenen Filmschauspielerin Elizabeth Taylor soll im Dezember 2011 versteigert werden. Der Erlös soll der Elizabeth Taylor Aids Foundation zugute kommen.

Einige Aids-Medikamente der Klasse der NRTIs können bei HIV-Positiven zu vorzeitiger Alterung beitragen. Die durch sie verursachten Veränderungen an den Mitochondrien könnten irreversibel sein, so Wissenschaftler.

Kurz notiert … September 2010

29. September 2010: Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria lässt seinen neuen Verwaltungssitz in Genf bauen, für 92 Mio. sFr. Die Fertigstellung ist für 2015 geplant.

Langwierige und kostspielige Bürokratie behindert in China eine adäquate medizinische Versorgung und Betreuung HIV-Positiver, so US-Forscher David Ho.

28. September 2010: Mit dem ‚Positive Justice Projectwendet sich erstmals ein landesweites Projekt in den USA gegen HIV-Positive kriminalisierende Gesetze. Das Projekt wurde gegründet vom ‚Center for HIV Law and Policy‚.

Francoise Barré-Sinoussi, Medizin-Nobelpreis-Trägerin und Mit-Entdeckerin des HIV, fordert in ‚Le Monde‘ für Frankreich Druckräume für Drogengebraucher: „Il est urgent d’ouvrir des centres d’injection supervisée de drogues“

27. September 2010: Mit dem Pharmahersteller Gilead hat erstmals ein Medikamenten-Hersteller im Aids-Bereich für noch Patent-geschützte Medikamente (hier: Atripla®, Truvada®) einen Rabattvertrag abgeschlossen, mit der AOK Berlin (gültig seit Juli 2010).

Robert Mugabe, diktatorischer Staatschef von Simbabwe, beabsichtigt die Einführung von HIV-Zwangstests im Land.

26. September 2010: Zukünftig soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Kostenübernahme für ein neues Medikament nur noch ablehnen können, wenn er dessen Unzweckmäßigkeit beweisen kann. Eine entsprechende als pharmafreundlich betrachtete Änderung plant die Bundesregierung.

20. September 2010: Das Mikrobizid ‚Pro2000‘, ein vaginal anzuwendendes Gel, hat in einer Studie keine Wirkung gezeigt.

18. September 2010: In Russland wurden Aids-Aktivisten verhaftet. Sie hatten gegen Versorgungsprobleme bei Aids-Medikamenten protestiert. Die Versorgungsprobleme haben bereits zu Therapie-Unterbrechungen geführt.

In einem Film über den an den Folgen von Aids verstorbenen Sänger der Gruppe ‚Queen‘  Freddy Mercury soll Sascha Baron Cohen (bekannt u.a. aus ‚Borat‘) die Hauptrolle übernehmen.

16. September 2010: HIV-positive Patienten hatten einen ähnlichen Verlauf wie HIV-Negative bei Infektionen mit H1N1 („Schweinegrippe„), berichten spanische Forscher.

US-Forscher berichten, dass inzwischen über ein Drittel der Fälle von Kaposi Sarkom bei HIV-Positiven mit mehr als 250 CD4-Zellen auftreten.

Die HIV-Prävention bei schwulen Männern in Frankreich benötigt neue Ansätze – die Neu-Diagnosezahlen sind hoch. Wissenschaftler des französischen Public Health Instituts behaupten, die HIV-Infektion sei bei schwulen Männern in Frankreich „außer Kontrolle“.

14. September 2010: Das Durchfallmittel Loperamid ist unter bestimmten Voraussetzungen wieder verordnungsfähig.

10. September 2010: Apotheken dürfen ihren Kunden in geringem Umfang Preisnachlässe auf verschreibungspflichtige Medikamente gewähren, urteilte der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 193/07, 72/08 u.a.). Über die Frage, ob die deutscher Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente auch für im Ausland sitzende Internetapotheken gilt, wird der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe später befinden.

9. September: Die Bundesregierung plant offenbar, sich aus dem Global Fonds zur Bekämpfung von Aids. Tuberkulose und Malaria zurückzuziehen. Zahlreiche Organisationen protestieren.

8. September 2010:  Der US-Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb (BMS) erwirbt die Biotech-Firma Zymo Genetics für 885 Mio. US-Dollar. BMS will damit u.a. sein Portfolio an Substanzen gegen Hepatitis C stärken.

7. September: Bei der Entlassung des IQWIG-Chefs Peter Sawicki spielte auch das Bundeskanzleramt eine Rolle, berichtet SpON.

6. September 2010: Ein Drittel aller HIV-Positiven haben posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS). Darauf weisen britische Forscher hin.
Im Epidemiologischen Bulletin 35/2010 des Robert-Koch-Instituts (RKI) werden Ergebnisse zur Erarbeitung von Standards in der Prävention von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) durch die Arbeitsgemeinschaft „Sexuelle Gesundheit“ vorgestellt.

4. September 2010: Dürfen Kliniken HIV-Patienten ambulant behandeln? Nein, sagt das Sozialgericht Hannover – und setzt damit einen Streit fort, der seit langem zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken entbrannt ist.

2. September 2010: „Wenn einer verantwortlich ist, dann bin ich das.“ Der Staatspräsident Kubas Fidel Castro bedauert die Hetze gegen Schwule in Kuba und übernimmt die Verantwortung. Zu einer etwaigen Entschädigung äußert er sich nicht.

Lymphgranuloma venereum – warum gehäuft bei HIV-Positiven?

Eine Untersuchung in Großbritannien widmet sich der Frage, warum die an sich seltene sexuell übertragbare Erkrankung LGV (Lymphgranulom venereum) u.a. besonders bei Menschen mit HIV auftritt.

Im ersten Quartal 2010 wurden in Großbritannien mehr als zweimal so viele Erkrankungen an LGV diagnostiziert wie im vergleichbaren Vorjahres-Zeitraum. Dies meldet das Online-Portal aidsmap. In den ersten drei Monaten des Jahres 2010 wurden dem Bericht zufolge 113 Fälle von LGV diagnostiziert, eine Zunahme auf 209%.

Die Forscher präsentierten auf einer Konferenz in Großbritannien auch erste vorläufige Daten zur Frage, welche Faktoren das Risiko erhöhen, an LGV zu erkranken. trotz der relativ niedrigen Zahl an Fällen zeigte eine multivariate Analyse der Daten, dass (verglichen mit symptomfreien Männern) zwei Faktoren unabhängig von einander signifikant mit einer Erkrankung an LGV assoziiert waren: Fisten sowie der Besuch von (schwulen Sex-) Saunen. In einer zweiten Analyse zeigte sich zudem ungeschützter insertiver Analverkehr als Risikofaktor.

Das gehäufte Auftreten von LGV bei HIV-positiven Männern führten die Forscher nicht auf biologische Faktoren zurück. Sie vermuteten vielmehr, die Tatsache an HIV infiziert zu sein könne eine Determinante sein für bestimmte Verhaltensweisen wie Serosorting oder Kontakte in bestimmten sexuellen Netzwerken, innerhalb derer LGV übertragen werde.

LGV (Lymphgranuloma venereum) ist eine eigentlich seltene sexuell übertragbare Erkrankung, die von einem spezifischen Stamm Chlamydien verursacht wird. LGV ist in Afrika, Asien und Südamerika verbreitet – und wird seit einigen Jahren zunehmend auch in den USA und Europa diagnostiziert.

Seit 2003 wird LGV auch in Deutschland vermehrt festgestellt bei Männern, die Sex mit Männern haben. Regionale Schwerpunkte in Deutschland waren bisher Hamburg und Berlin. Ob der Anstieg in Deutschland auf eine wirkliche Zunahme an Erkrankungen zurückzuführen ist oder auf eine vermehrte Aufmerksamkeit und Diagnostik auf LGV, ist bisher unklar. Auch in Deutschland ist der Anteil an LGV-Erkrankten, die gleichzeitig HIV-positiv sind, hoch.

Über LGV wie auch über andere sexuell übertragbare Krankheiten informiert eine kostenlos erhältliche Publikation der deutschen Aids-Hilfe: “sexuell übertragbare krankheiten”

weitere Informationen:
aidsmap 30.04.2010: Sharp increase in LGV cases in the UK; risk factors identified
RKI: Informationen zu Lymphogranuloma venereum (LGV)
hiv and more 2/2007: Lymphogranuloma venereum Häufigkeit nimmt zu
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Syphilis: seit 5 Jahren stabil

3.172 Fälle von Syphilis wurden 2008 dem Robert-Koch-Institut gemeldet. Damit haben sich die Meldezahlen seit 2004 stabilisiert, so das RKI.

Durchschnittlich 3,9 Fälle von Syphilis pro 100.000 Einwohner wurden im Bundesgebiet 2008 festgestellt. Berlin gehört (mit Brandenburg, Bremen und Hamburg) zu den Bundesländern mit 2008 gestiegener Syphilis-Inzidenz (Berlin: 19,1 Fälle von Syphilis pro 100.000 Einwohner).

In Berlin stieg die Zahl der Syphilis-Fälle 2008 im Vergleich zu 2007 um 44% (Hamburg 33%; Inzidenz 11,1). Köln gehört mit einer Inzidenz von 17,9 Fällen pro 100.000 Einwohner ebenfalls zu den Städten mit hoher Syphilis-Inzidenz.

Zur Gruppe der MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) bemerkt das RKI

„In der Gruppe der MSM hat sich offenbar seit dem Jahr  2004 ein neues Endemieniveau etabliert, welches sich von einem sehr niedrigen Stand der Syphilis-Zirkulation Ende der 1990er Jahre aus entwickelt hat. Dieses neue Endemieniveau konnte sich vermutlich etablieren durch die (Re-) Konstitution einer Kerngruppe von Männern, innerhalb derer die Syphilis sehr intensiv zirkuliert.“

Das RKI merkt an, dass in Großstädten (Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München) inzwischen 50% der Fälle von Ärzten als Re-Infektion (erneute Syphilis-Infektion nach bereits mindestens einmal durchgemachter Syphilis-Infektion) bezeichnet werden.Das RKI sieht eine Ursache dieser hohen Syphilis-Zirkulation in „sexuellen Netzwerken mit rasch wechselnden Partnern, in denen bei HIV-Serostatuskonkordanz häufig auf die Verwendung von Kondomen verzichtet wird“.

Kritiker weisen darauf hin, dass es sich bei dem hohen Prozentsatz an Re-Infektionen um eine ärztliche Einschätzung handelt – und dass sich hierin auch reaktivierte Fälle von Syphilis, z.B. nach nicht ausreichender Behandlung, verbergen könnten.

Die Zahl der Syphilis-Fälle wieder nennenswert zu senken sie nicht einfach. Das RKI betont, hierzu müsste insbesondere der Zeitraum zwischen Infektion und Feststellen der Syphilis (bzw. Behandlung) verkürzt werden, vor allem in der Gruppe der Menschen mit hohen Partnerzahlen.

Bei Menschen mit HIV sollte die Untersuchung auf Syphilis in die regelmäßigen Labor-Untersuchungen einbezogen werden. In den von Syphilis besonders betroffenen Gruppen sei vermehrte Aufklärung über typische Erkrankungssymptome erforderlich.

weitere Informationen:
Syphilis in Deutschland im Jahr 2008. in: Epidemiologisches Bulletin Nr. 49/2009
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Verantwortung stärken, Angebote ausweiten- Mehr Mut bei der AIDS-Prävention

Verantwortung stärken, Angebote ausweiten. Mehr Mut bei der AIDS-Prävention

Zum Welt-AIDS-Tag 2009 erklärt Axel Blumenthal, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die Zahl der HIV-Neuinfektionen unter Männern, die Sex mit Männern (MSM) haben, hat sich im vergangenen Jahr stabilisiert. Das ist ein Beleg für die qualitativ gute zielgruppenspezifische Arbeit der Deutschen AIDS-Hilfe. Ein Warnsignal ist hingegen der Anstieg der Syphilis-Infektionen. Es zeigt, dass die Bemühungen zur Aufklärung über HIV/AIDS und andere sexuell übertragbare Krankheiten verstärkt werden müssen.

Die neue Regierung sollte dringend die sachfremden und rigiden Beschränkungen aufheben, denen die Präventionsarbeit für MSM bislang unterliegt. Es müssen adäquate, zielgruppenspezifische, barriere- und diskriminierungsfreie Möglichkeiten der Information und Aufklärung geschaffen werden.

Wir fordern, dass die vielversprechende „Ich weiß was ich tu“ -Kampagne der Deutschen Aidshilfe auch in Mainstream-Medien beworben werden darf. Bisher wurde hierauf – mit falscher Rücksicht auf konservative Teile der Gesellschaft – verzichtet. Es darf nicht sein, dass Männer, die sich gar nicht als schwul verstehen, erst nach Informationen suchen müssen.

Auch der Öffentliche Gesundheitsdienst muss das Angebot erweitern. Vielfach fehlen kostenlose und anonyme Screenings für sexuell übertragbare Krankheiten. Außerdem müssen Fortbildungsangebote genutzt und erweitert werden. Nicht zuletzt sollte auch die Ärzteschaft stärker in die Verantwortung einbezogen werden. Fehlende oder gar falsche Beratung, verpasste Untersuchungen oder nicht diagnostizierte Infektionen mit Syphilis und Tripper werfen kein gutes Licht auf die Beratungsstandards. Es kann nicht angehen, dass es immer noch ein Glücksfall ist, jemanden finden zu können, der den Betroffenen diskriminierungsfrei hilft.

Männer, die Sex mit Männern haben, kann man nur erreichen, wenn man die Aufklärungswelt nicht einfach streng in homo und hetero teilt. Das Leben ist vielfältig, die Präventionsarbeit sollte es auch sein.

(Pressemitteilung des LSVD)

Krätzmilben – ein Ratgeber informiert

Krätze – eine Hauterkrankung, die auch sexuell übertragbar ist. Und die gerne verdrängt, vergessen wird.

Ein unangenehmes Jucken, oft an Hand- oder Kniegelenken, im Gürtelbereich oder an den Genitalien. Auch Kratzen hilft nicht – im Gegenteil, bald sind die entsprechenden Stellen wund gescheuert oder -gekratzt.

Die durch die Krätzmilbe verursachte Skabies ist eine unangenehme, wenn auch leicht und erfolgreich zu bekämpfende Erkrankung. Und eine Erkrankung, die auch sexuell übertragen wird.

Typische Übertragungswege sind, so das RKI,

„gemeinsames Schlafen in einem Bett, Kuscheln, Spielen, Körperreinigung und Liebkosen von Kleinkindern, Geschlechtsverkehr und Körperpflege von Kranken. Dementsprechend findet die Übertragung in der Regel zwischen Kindern, zwischen Mutter (Großmutter) und (Enkel)Kind, zwischen sexuell aktiven Erwachsenen, oder zwischen Patient und Pflegepersonal statt.“

Und – auch wenn die Ausrede von zu mehreren Personen benutzten Handtüchern etc. immer noch zu hören ist: das RKI weist darauf hin, dass

„die Übertragung der Milbe durch direkten Körperkontakt erfolgt, und dass die indirekte Übertragung über Textilien in der Regel nur eine unwesentliche Rolle spielt.“

Das für Skabies typische Jucken wird dabei nicht von den nur wenige Mikrometer großen Milben selbst verursacht, sondern von ihren Ausscheidungen. Der Milbenkot ruft in der Haut allergische Reaktionen hervor.

Der Ratgeber „Krätzmilben“ des Robert-Koch-Instituts informiert u.a. über Vorkommen und Infektionswege, Diagnostik und mögliche Therapiemaßnahmen.

Personen mit Krätze bzw. Verdacht darauf dürfen nach §34 Infektionsschutz-Gesetz (IfSG) „in Einrichtungen, in denen überwiegend Säuglinge, Kinder oder Jugendliche betreut werden, keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstige Tätigkeiten ausüben dürfen, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben. Diese Tätigkeiten sind verboten, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Skabies nicht mehr zu befürchten ist.“

Krätzmilbenbefall -(Skabies) ein Ratgeber des RKI

Proktologische Lehrstunde

Analverkehr, Arschficken – ein tabuisiertes Thema, selbst bei vielen schwulen Männern. Erst recht, wenn Probleme auftreten.

– anale Selbstbefriedigung – was sollte man besser nicht anal einführen?
– was tun wenn etwas schief geht?
– welche Geschlechtskrankheiten können im Arsch vorkommen?
– wie werden anale Feigwarzen festgestellt?
– und was ist ein Proktologenstuhl? und was ein Proktoskop?
– um viele Probleme zu vermeiden – wie kann ich meinen Po pflegen?

Fragen über Fragen – die offen und verständlich Proktologe Dr. Andreas Bellmunt im Video erklärt:

Video: ich weiss was ich tu

Sex Pigs – a rough guide to dirty sex

Wie kann Prävention, Förderung sexueller Gesundheit aussehen für schwule Männer, die sich entscheiden, Sex ohne Kondom zu haben? Eine australische Kampagne geht szenenah Wege, Risikominimierung zu ermöglichen.

Die australische Positivengruppe ‚Positive Life New South Wales‘ hat 2007 und 2008 eine Kampagne durchgeführt unter dem Titel ‚Sex Pigs – a rough guide to dirty sex‘.

Sex Pigs - a rough guide to dirty sex (c) positivelife.org.au
Sex Pigs - a rough guide to dirty sex (c) positivelife.org.au

Eine Kampagne, die sich gezielt an schwule HIV-positive Männer wendet, die sich entschieden haben, Sex ohne Kondom zu haben. Sowie an HIV-negative oder ungetestete Männer, die sich in dieser ‚Szene‘ bewegen. Eine Kampagne, die sexuell übertragbare Krankheiten thematisiert, Syphilis, Hepatitis C, sexuelle Gesundheit. Eine Kampagne, die Gruppensex, gang bang, Fisten, Party-Drogen und andere Themen angeht, verständlich, in Alltagssprache. Eine Kampagne für eine Szene, die die Initiatoren als ’sex pig culture‘ bezeichnen.

Kathy Triffit von Positive Life New South Wales erläutert

„I received a directive to develop a prevention campaign for guys who have been described as being into sexually adventurous sex — group sex, fisting, drugs, and so on. Because we’re an organization geared towards HIV-positive people, what we’re doing here is we’re speaking to HIV-positive guys who choose not to use condoms.“

Worum geht es? Erneut Triffit:

„The messages are about sexual health. It’s more serious for an HIV-positive guy to get syphilis, for example — it progresses a lot faster. So there’s a message there around testing for STIs. There are messages there around changing gloves and condoms when you’re moving from partner to partner — from ass to ass, if you want to be graphic. Because there’s not only syphilis, but there’s also sexually transmitted hep C [hepatitis C], which is really starting to emerge as an area that we need to be looking at.“

Die Broschüre wird in Australien gezielt an Orten vertrieben, an denen ‚Sex vor Ort‘ angeboten wird. Ergänzt wird sie um Internet-Informationen, Anzeigen in Szene-Publikationen, aber auch um Einbindungen in Gay Dating Platformen wie gaydar.

Erst jüngst hatte sich die Studie „Wie leben schwule Männer heute?“ u.a. mit der Frage beschäftigt, wie in Deutschland die HIV-Prävention in ‚Kernbereichen sexueller Interaktion‘ verbessert werden kann.

Sex Pigs – a rough guide to dirty sex
eine Kampagne von Positive Life New South Wales
online als pdf hier

Die Kampagne wurde auf der Welt-Aids-Konferenz in Mexico mit einem Poster erläutert (als pdf hier):
Triffitt K. Sex pigs: A rough guide to dirty sex — a new approach to prevention. In: Program and abstracts of the XVII International AIDS Conference; August 3-8, 2008; Mexico City, Mexico. Abstract THPE0347