UNAIDS besorgt über Urteil gegen ‚Schwulenpaar‘ in Malawi (akt.)

UNAIDS zeigt sich sehr besorgt nach der Verurteilung eines ‚Homo-Paares‘ in Malawi zu 14 Jahren Haft.

Steven Monjeza (26) und Tiwonge Chimbalanga (33) wurden am 28. Dezember 2009 verhaftet, nachdem sie öffentlich eine traditionelle Heiratszeremonie abgehalten hatten. Tiwonge Chibalanga bezeichnet sich selbst als „Auntie Tiwo“ und betrachtet sich als Frau. Am 18. Mai 2010 wurden beide zu jeweils 14 Jahren Haft und Zwangsarbeit verurteilt – wegen „unnatürlicher Handlungen“, groben Sittlichkeitsvergehens sowie um „die Öffentlichkeit zu schützen“, so das Gericht in Malawi.

Kriminalisierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung sei ein Rückschlag für die Menschenrechte, betont UNAIDS. Hierdurch würde zudem die öffentliche Gesundheit gefährdet. Kriminalisierung dränge Menschen in den Untergrund und behindere wirksame HIV-Prävention auf diese Weise massiv.

UNAIDS fordert alle Regierungen auf, für die volle Respektierung der Menschenrechte homosexueller Menschen Sorge zu tragen.

Frankreich, Großbritannien sowie die USA haben inzwischen offiziell auf die Verurteilung der beiden Menschen in Malawi reagiert und diese verurteilt. Das Weiße Haus verurteilte das Urteil aufs Schärfste und betonte, Diskriminierung auf Grundlage der sexuellen Orientierung sei unverantwortlich. Der französische Außenminister verurteilte das Urteil. Derartige Entscheidungen, und dies im Umfeld des Internationalen Tages gegen Homophobie, rechtfertigten internationales Engagement gegen derartige schwere Verletzungen der Menschenrechte auf Basis der sexuellen Orientierung, so das französische Außenministerium.
Von Seiten der offiziellen Politik reagierte in Deutschland bisher der Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt Markus Löning und appellierte an die Regierung von Malawi, den Strafvollzug auszusetzen. Bundesaußenminister Westerwelle und Bundesregierung / Bundeskanzleramt selbst äußerten sich bisher nicht.

Update 30-05.2010:
Malawis Staatspräsident Bingu hat die beiden Verurteilten am 29. Mai 2010 begnadigt.
Peter Tatchell 29-05.2010: Malawi couple pardoned by President

weitere Informationen:
NYT 18.05.2010: Gay Couple Convicted in Malawi
taz 20.05.2010: Rechtsprechung in Malawi – 14 Jahre Haft für schwules Paar
Samstag ist ein guter Tag 20.05.2010: 14 Jahre Haft für Schwulenpaar in Malawi
UNAIDS 20.05.2010: UNAIDS expresses serious concern over ruling in Malawi
Tetu 20.05.2010: La communauté internationale s’indigne de la condamnation du couple gay au Malawi
Auswärtiges Amt 20.05.2010: Erklärung des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung zur Verurteilung eines homosexuellen Paares in Malawi
Advocate 20.05.2010: White House Condemns Malawi Ruling
Box Turtle Bulletin 22.05.2010: The Malawi Couple: Gay or Transgender? Or Something Else?
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„Respektier mich wie ich bin!“ – Frankreich sensibilisiert afrikanische Migranten für Homophobie

Homophobie von und gegenüber Migranten – eine an in Frankreich lebende Migranten aus Afrika gerichtete Kampagne der staatlichen Gesundheitsbehörde thematisiert die Lebenssituation homosexueller Migranten und Hass und Gewalt.

Samba ist ein junger Afrikaner, der noch bei seinen Eltern lebt. Samba ist homosexuell. „Du bist nicht mehr mein Sohn. Raus aus meinem Haus!“ – mit diesen Worten wirft ihn sein Vater aus dem Elternhaus.

"Toi-même tu sais!" - Deux Frères, Screenshot
"Toi-même tu sais!" - Deux Frères, Screenshot

Samba möchte in Freiheit leben, sein Leben genießen, seine Homosexualität leben. Mit dem Schiff reist er nach Frankreich, Land der Freiheit – nur um dort zu entdecken, dass das Land der Menschenrechte alles andere ist als ein Paradies für Schwule. Gerade in dem Land, von dem er sich Freiheit versprach, begegnen ihm verbale Gewalt, ob direkt und aggressiv oder subtil (‚ich hab ja nichts gegen Homosexuelle, aber es gibt doch Grenzen …‘), aber auch offener Hass und Gewalt – Homophobie, auch von Menschen die wie er Migrant sind.

In dem Video „Deux Frères“ („Zwei Brüder“) fährt Samba mit seinem Bruder Dioré durch das nächtliche Paris, erinnert sich an wichtige und oft schmerzhafte Erfahrungen, erzählt seine Geschichte …

Das Homophobie unter Migranten aus Subsahara-Afrika thematisierende Video ist Teil der Kampagne „«Toi-même tu sais!» (Du weißt es selbst!). Diese Kampagne beschäftigt sich (bereits in der zweiten Staffel) u.a. in Videos und Magazinen mit Gesundheitsfragen bei in Frankreich lebenden Menschen aus (Subsahara-) Afrika: „Im Herzen der Vorstadt – zwischen Gesundheitsfragen und dem Leben im Viertel“.

Jede Folge thematisiert eine für Migranten aus Subsahara-Afrika wichtige Gesundheitsfrage oder für die Gesundheit risikoreiche Situation, versucht Lösungswege aufzuzeigen und Präventions-Botschaften zu transportieren. Produziert wird die Kampagne vom französischen ‚Institut national de prévention et d’éducation pour la santé‘ (Inpes), dem französischen Pendant zur BZgA in Deutschland.

weitere Informationen:
Video „Deux Frères“ der 2. Staffel der Kampagne „Toi-même tu sais!“
Internetseite Toi-même tu sais!
Tetu 15.05.2010: Vidéo: Une fiction pour sensibiliser les migrants africains à l’homophobie
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Was bleibt. Ein Ratgeber der hms rund ums Erben und Vererben für Lesben und Schwule

In Zusammenarbeit mit dem Erbschaftsinstitut Berlin hat die hannchen mehrzweck stiftung (hms)  einen Ratgeber rund ums Erben und Vererben für Lesben und Schwule zusammengestellt.

Für viele Menschen ist die Frage, was nach ihrem Tod von ihnen bleibt, schon zu Lebzeiten von großer Bedeutung, andere sehen es eher so, dass sie das nach ihrem Ableben nicht mehr tangiert. Während sich Lesben und Schwule in diesem Punkt wohl eher nicht von der heterosexuellen Bevölkerungsmehrheit unterscheiden, stellen sich bestimmte Fragen in diesem Kontext für sie einmal mehr anders. Das mag daran liegen, dass der weit überwiegende Teil der Homosexuellen keine eigenen Kinder („natürliche Erben“) hat. Aber auch die häufig sehr ambivalenten Erfahrungen mit der Herkunftsfamilie wirken sich aus und haben ihren Anteil daran, dass Lesben und Schwule vielfältigere Bilder von Familie entwickelt haben. Wer Erbin oder Erbe werden soll, ist für uns eben nur selten eine Selbstverständlichkeit.

Was bleibt - Ein Ratgeber rund ums Erben und Vererben für Lesben und Schwule
Was bleibt - Ein Ratgeber rund ums Erben und Vererben für Lesben und Schwule

Klaus Müller fasst den Grundgedanken der Broschüre folgendermaßen zusammen: „Wir haben das Basiswissen zu Aspekten wie der gesetzlichen Erbfolge, zu Pflichtteils- und Steuerfragen zusammengestellt und dabei immer wieder unser Augenmerk darauf gelegt, welche Besonderheiten für Singles und für Eingetragene Lebenspartnerschaften bestehen. Mit den gesetzlichen Neuregelungen, die im letzten Jahr in Kraft getreten sind, haben sich hier nochmals wesentliche Veränderungen ergeben. In der Texterstellung haben wir auf die Expertise der BeraterInnen des Berliner Erbschaftsinstituts (www.erbschaftsinstitut) zurück gegriffen, in dem sich MediatorInnen, RechtsänwältInnen und Steuerfachleute zusammen geschlossen haben. Auf diese Weise ist der Ratgeber aus unserer Sicht zu einer guten Grundlage für eine weitere Beschäftigung mit dem Thema geworden.“

Karen Nolte erinnert daran, dass Andreas Meyer-Hanno mit dem Stiftungsgedanken eine politische Absicht verbunden hat: „Andreas, hat fast sein gesamtes Vermögen der hms vermacht. Er wollte damit nicht nur die Lesben- und Schwulenbewegung unterstützen und ihr zu mehr Autonomie verhelfen. Er wollte auch ein authentisches Zeichen setzen und deutlich werden lassen, dass aus seiner Sicht den Vermögenden unter uns eine besondere Verantwortung zukommt für die kommenden Generationen von Lesben und Schwulen.“ Auch diesem Gedanken ist unsere Broschüre verpflichtet, weshalb wir der Frage, wie man durch Zuwendungen die hms unterstützen kann, ein eigenes Kapitel gewidmet haben.

Die Broschüre ist Anfang April 2010 erschienen und kann über die Homepage der hms bestellt oder herunter geladen werden.

(Text der hms – Danke für die Übernahme-Genehmigung!)

Gran Canaria: jeder Fünfte Euro von Schwulen

Nahezu ein Fünftel der Einnahmen aus Tourismus gehen auf Gran Canaria inzwischen auf das Konto der Schwulen – und der Anteil soll weiter steigen.

Seit vielen Jahren ist Gran Canaria ein beliebtes Reiseziel für schwule Männer. Mit Homosexuellen lässt sich Geld verdienen – dies beginnt auch die örtliche Wirtschaft inzwischen, nach Jahren eines eher ‚distanzierten‘ Verhältnisses, zu erkennen.

Die CSD-Saison hat begonnen – auch auf Gran Canaria. Dort fand vom 3. bis 9. Mai der „Maspalomas Pride“ statt, bereits zum neunten Mal. Über 50.000 Teilnehmer zählte die Parade rings um das ‚Yumbo Center‚ am 9. Mai, insgesamt hätten über 200.000 Teilnehmer die Veranstaltungen des „Maspalomas Pride“ besucht, teilten die Veranstalter mit. Tourismus-Manager sprechen inzwischen vom Maspalomas-CSD als neuem zusätzlichen ‚Marketing-Tool‘ der Region.

Homosexuelle sind inzwischen auf Gran Canaria -einer Insel, die sehr ausgeprägt vom Tourismus lebt- ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. 2,5 Milliarden Euro werden jedes Jahr auf Gran Canaria im Tourismus erwirtschaftet, etwa 500 Millionen (18%) davon stammen aus dem Homo-Tourismus. 12 Prozent der jährlich 2,8 Millionen Touristen auf der Insel seien Schwule oder Lesben. Diese Zahlen des Tourismusverbandes wurden am Rand des „Maspalomas Pride“ bekannt.

Und der Anteil „schwuler Euros“ soll weiter steigern – der Hotel- und Tourismusverband von Las Palmas will mit speziellen Angeboten die Zahl homosexueller Touristen weiter erhöhen.

Geschichten über die große Bedeutung von Schwulen und Lesben als ‚Konsumfaktor‘ sind immer wieder zu lesen und hören. Auch (und gerade) von schwulen Medien wird (aus nur zu durchsichtigen Gründen) gern am Märchen vom konsumfreudigen Homo gestrickt – selbst wenn die Zahlen oftmals dagegen sprechen, eher zeigen ‚Schwule verdienen weniger‚.

Dennoch – Gran Canaria ist seit vielen Jahren ein beliebtes Reiseziel gerade auch für Schwule. Von Yumbo-Center, Pink Playa und Dünen werden so manche Geschichten erzählt, bis hin zu Büchern wie ‚Elvira auf Gran Canaria‘ des 2002 verstorbenen schwulen Publizisten Hans-Georg Stümke.

Doch diese Geschichten des schwulen Touristenlebens auf Gran Canaria waren nicht immer nur amüsant. Schlägereien, Diebstähle, Verhaftungen – auch die Zahl der eher unangenehmen Erlebnisse war zeitweise hoch. ‚Gay friendly‘ – diese Devise galt lange Zeit längst nicht überall auf Gran Canaria.

Zu hoffen ist insofern, dass das Engagement der Canarischen Wirtschaft für schwule und lesbische Touristinnen über den Hotel-, Disco-  und Sahnekuchen-Euro hinaus reicht, auch dazu führt, dass sich die generelle Situation für Schwule und Lesben auf der Insel verbessert.

weitere Informationen:
La Provincia 02.05.2010: El turismo gay deja 500 millones de euros al año
Comprendres Gran Canaria 11.05.2010: Der Gay-Tourismus beschert Gran Canaria inzwischen 500 Millionen Euro im Jahr
Internetseite Gay Pride Maspalomas
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Litauen: Baltic Pride kann doch stattfinden (akt.)

Der „Baltic Pride“, der CSD der baltischen Republiken, kann nach einem heutigen Urteil des Obersten Verwaltungsgerichtshofs Litauens am morgigen 8. Mai doch stattfinden.

In einer Eil-Entscheidung hat das Oberste Verwaltungsgericht Litauens entscheiden: der ‚Baltic Pride‚ am 8. Mai 2010 kann stattfinden.

Noch gestern am 5. Mai hatte ein litauisches das Verwaltungsgericht des Distrikts Vilnius den ‚Baltic Pride‘ untersagt und damit eine vorher erteilte Genehmigung der Stadtverwaltung von Vilnius zurückgenommen. Das Gericht hatte seine Entscheidung mit einer „Störung der öffentlichen Ruhe“ begründet.

BalticPride

Die ILGA International Lesbian and Gay Association begrüßte die Entscheidung des litauischen Gerichts. Es sei erfreulich, dass sich Rechtsstaat und demokratische Werte durchgesetzt hätten. Litauen sei der letzte EU-Mitgliedsstaat gewesen, in dem die Behörden versucht hätten, Schwulen und Lesben ihre Bürgerrechte zu verwehren.

ILGA Europe war mit einer 50 Personen starken Delegation nach Vilnius, der Hauptstadt Litauens, gereist. Die litauische Organisation ‚Gay League‘ hatte nach dem Urteil des Vortags vom 5. Mai das Oberste Verwaltungsgericht angerufen, das am Freitag ab 11:00 Uhr verhandelte.

Im Vorfeld war die Verbots-Entscheidung auch unter litauischen Politiker/innen umstritten. Das Parlamentsmitglied Rokas Žilinskas bezeichnete das Urteil als „eine große Schande“, der litauische Europa-Abgeordnete und Philosoph Leonidas Donskis äußerte, Litauen werde „Russland immer ähnlicher“ in seiner Missachtung von Minderheiten-Rechten. Amnesty International und MerSi hatten sich mit einer Eil-Aktion gegen das Verbot gewandt.

Der ‚March for Equality‘ wird nun am morgigen Samstag, 8. Mai in Vilnius stattfinden, unter Teilnahme von Vertretern internationaler Schwulen- und Lesben-Organisationen. Ihre Teilnahme angekündigt haben auch drei Abgeordnete des Europa-Parlaments, Ulrike Lunacek, Michael Cashman und Sophie in’t Veld. MEP Ulrike Lunacek wird die Abschlußrede der Kundgebung halten.

Erstmals kann nun 2010 ein CSD, ein Gay Pride in Litauen stattfinden. Der ‚Baltic Pride‘ wird organisiert von Lesben-, Schwulen- und Transgender-Organisationen aus Lettland, Litauen und Estland. Die Organisatoren rechnen mit ca. 350 Teilnehmer/innen. Zu ihrem Schutz werden bis zu 800 Polizisten präsent sein.

Update 09.05.2010: aktuelle Infos bei Samstag ist ein guter Tag: Proteste gegen friedlichen Baltic Pride 2010 (Update!)

weitere Informationen:
Internetseite Baltic Pride – for human rights
Baltic Pride 07.05.2010: Permission for the march GRANTED
ILGA Europe 07.05.2010: Statement on Vilnius Baltic March for Equality
Samstag ist ein guter Tag 05.05.2010: Litauen verbietet Baltic Pride
Die Presse 07.05.2010: Litauen: Tauziehen um Homosexuellen-Parade beendet
Samstag ist ein guter Tag 07.05.2010: Baltic Pride kann doch stattfinden
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Homo-Mahnmal mit nächtlicher Beleuchtung

Die Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wurde fertiggestellt.

Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wird ab sofort zum Schutz vor Anschlägen beleuchtet. Die Beleuchtung wurde montiert, die Bauarbeiten scheinen abgeschlossen.

Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Uwe Neumärker, der Direktor der Stiftung Holocaust-Mahnmal, hatte die Installation von Beleuchtung bereits im November 2009 angekündigt. Die Stiftung ist auch für die Betreuung des Homo-Mahnmals einschließlich nächtlicher Wachgänge zuständig.

Seit der Einweihung des Denkmals am 27. Mai 2008 sind inzwischen drei Anschläge verübt worden. Jedesmal wurde die Sichtscheibe beschädigt, durch die der Film mit der Kuß-Szene betrachtet werden kann.

APuZ-Heft „Homosexualität“

Das Magazin „Aus Politik und Zeitgeschichte“ widmet sich in seiner aktuellen Ausgabe dem Thema Homosexualität.

„Aus Politik und Zeitgeschichte“ (APuZ) ist eine Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“ zu zeitgeschichtlichen und sozialwissenschaftlichen Themen. Sie wird von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegeben.
Aus der Ankündigung:

„Zwischen fünf und zehn Prozent der Weltbevölkerung sind homosexuell. Nach aller wissenschaftlichen Erkenntnis ist Homosexualität ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal. Weltweit unterliegen Lesben und Schwule jedoch bis heute vielfältigen Formen häufig religiös verbrämter Diskriminierung.
Auch in Deutschland wird ihnen als gesellschaftlicher Minderheit nicht selten mit Angst oder gar Hass begegnet. Ein Coming Out ist, abhängig vom gesellschaftlichen und beruflichen Status sowie vom persönlichen Umfeld, meist noch immer mit einem nicht unerheblichen Risiko verbunden.“

Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 15-16 / 2010 "Homosexualität"
Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 15-16 / 2010 "Homosexualität"

Inhalt:

Editorial (Hans-Georg Golz)
Homosexuelle zwischen Verfolgung und Emanzipation – Essay (Volkmar Sigusch)
Eine Regenbogengeschichte (Benno Gammerl)
Diskriminierung von Homo- und Bisexuellen (Melanie Caroline Steffens)
Homosexualität und Fußball – ein Widerspruch? (Tatjana Eggeling)
Respekt und Zumutung bei der Begegnung von Schwulen/Lesben und Muslimen (Bernd Simon)
Homosexualität und internationaler Menschenrechtsschutz (Hans-Joachim Mengel)
AIDS-Prävention: Erfolgsgeschichte mit offenem Ausgang (Michael Bochow)

Aus Politik und Zeitgeschichte
Homosexualität
48 Seiten
erschienen 12.04.2010
(APuZ 15-16/2010)
pdf

Danke an Dirk für den Hinweis!

„Eine Straße für Karl “ – Unterschriften-Aktion angelaufen

Die Forderung, in Berlin eine Straße nach Karl-Heinrich Ulrichs zu benennen, kann nun mit einer Unterschriften-Aktion unterstützt werden.

„Eine Straße für Karl“ heißt die Initiative um die Landesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen Berlin, die fordert, die bisherige Einemstraße in Berlin in Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße umzubenennen.

Über die Aktion informiert die Initiative nun auf einer Internetseite „Eine Straße für Karl„. Dort ist auch der Download von Unterschriften-Listen möglich; zukünftig soll seit 8. Mai 2010 ist auch eine Online-Unterstützung möglich sein.

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weitere Informationen:
Eine Straße für Karl
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Göttinger Laudationes: Karl Heinrich Ulrichs, Jurist

Ohne Karl Heinrich Ulrichs und seine Überlegungen zum dritten Geschlecht, dem der Homosexuellen oder Urninge, wäre Magnus Hirschfeld, der bekannteste Sexualwissenschaftler der Jahrhundertwende, wäre  kaum denkbar gewesen, betont Bernd Aretz in einer Laudatio auf Ulrichs.

Karl Heinrich Ulrichs braucht eine Straße – findet die Initiative Schwule Juristen, und wird von vielen Personen dabei unterstützt. An zahlreichen Orten wird bereits dem frühen Pionier einer Emanzipation „mann-männlicher Liebe“ gedacht, bisher nicht in Berlin.

1997 wurde in Göttingen am Haus Markt 5 eine Gedenktafel für Karl Heinrich Ulrichs angebracht. Für die Einweihung der Göttinger Tafel hielt der Jurist Bernd Aretz 1997 folgende Laudatio:

Göttinger Laudationes: Karl Heinrich Ulrichs, Jurist

Rede anläßlich der Enthüllung einer Gedenktafel am 17.1.1997, Markt 5

„Karl Heinrich Ulrichs war von mittlerer Statur, von hoher Stirn, von der wenige, aber ziemlich lange Haare herabhingen, von ernstem und ausgeprägtem Gesichtsschnitt, mit perfekten Zügen, beschmückt mit einem kurzen und dünnen Bart, eher nüchtern, mit geringen Bedürfnissen und geistig angestrengt, gekleidet mit eher ärmlicher als bescheidener Kleidung, mit ruhigem würdevollen Gang, ohne Geziertheit, gestützt auf einen Stock, immer mit einigen Büchern, die er unter den Arm geklemmt hatte.“ So begann 1895 Marchese Nicolo Persichetti in Aquila in den Abruzzen seine Grabrede für den am 14. Juli gestorbenen geschätzten Freund.

Die Daten, der äußere Weg: Karl Heinrich Ulrichs wurde am 28. August 1825 in Aurich in Ostfriesland in eine bürgerliche, von Beamten und Pfarrern geprägte Familie geboren. Der frühe Tod des Vaters führte dazu, daß Ulrichs in einem Internat in der Nähe von Hildesheim und, von Verwandten aufgenommen, die Gymnasien in Detmold und in Celle besuchte. Das Studium führte ihn nach Göttingen. Die Universität bescheinigte 1846 unter anderem. „Der Studierende Ulrichs, welcher schon seit 5 Semestern nach der Aussage seiner Lehrer sehr fleißig seine Vorlesungen besucht, auch sonst Zeichen eines nicht gewöhnlichen Fleißes gegeben hat, steht in dem Rufe ein ordentlicher Mensch zu sein, hat auch von Seiten der Disziplin niemals Veranlassung zu Klagen gegeben“.

Er betrieb als Schwerpunkt die Juristerei, studierte aber als Mann von breitgefächerten Interessen auch Archäologie und Literaturwissenschaft. Wer darum weiß, wieviel Energien es heute immer noch jugendliche im coming out kostet, ihre Homosexualität zu entdecken und zuzulassen, wird erahnen können, welche Qualen ein Mann durchlitten haben muß, für den es keinerlei öffentliche Vorbilder oder Orte der umfassenden sozialen Begegnung gab. In einer gesellschaftlichen Situation, die manche von Ulrichs Freunden in den Selbstmord trieb, blieb Karl Heinrich Ulrichs handelndes Subjekt.

Wissenschaftliche Veröffentlichungen, insbesondere im öffentlichen Recht, wurden preisgekrönt, auch von der Universität Göttingen. Literarische und politische Texte von ihm sind erhalten, wie zum Beispiel das „Großdeutsche Programm“, in dem er zu Recht darauf hinwies, daß die deutsche Einheit nicht so gezimmert werden dürfe, daß einzelne sich darin nicht wohl fühlten. Er kämpfte für einen wechselseitigen Respekt gegenüber den kulturellen Leistungen der unterschiedlichen Volksgruppen.

In Göttingen konnte er auch dem geselligen Leben durchaus etwas abgewinnen. Er gab, teils selbstgeschriebene, Studentenlieder heraus. Und er tastete sich zu dem vor, was sein Hauptwerk werden sollte: die zwölfbändige Schrift „Forschungen über das Räthsel der mann‑männlichen Liebe“. Ulrichs wagte es als erster, das Unaussprechliche auszusprechen, den Sehnsüchten einen nicht negativ besetzten Namen zu geben, die mann‑männliche Liebe. Und er legte so zwischen 1864 und 1879 den Grundstein für eine nicht diskriminierende Forschung zu sexuellen Identitäten.

Magnus Hirschfeld, der bekannteste Sexualwissenschaftler der Jahrhundertwende, wäre ohne Ulrichs und seine Überlegungen zum dritten Geschlecht, dem der Homosexuellen oder Urninge, kaum denkbar gewesen. Ulrichs war ein radikaler Kämpfer für die Gleichberechtigung. Er korrespondierte mit Menschen in der ganzen Welt über das Empfinden und Leben homosexueller Männer, stand mit allen Größen der beginnenden Sexualwissenschaft in Kontakt. Er konzipierte die erste schwule Zeitschrift und entwarf schon die Satzungen für den Urningsbund. Eine Hülfskasse sollte eingerichtet werden, die großen politischen Entwürfe sollten mit der Politik des Machbaren vereint werden. Und diese Forderungen erhob er öffentlich.

Daß seine Karriere im Staatsdienst trotz der herausragenden fachlichen Qualitäten nur von kurzer Dauer war, versteht sich fast von selbst. Auch daß das freie deutsche Hochstift in Frankfurt, das auch heute noch das Goethe‑Haus betreibt, ihn wegen seiner Homosexualität hinauswarf, verwundert kaum. Verblüffender ist da eher schon, daß die beiden Haftstrafen in der Festungshaft zu Minden nicht seiner Homosexualität galten, sondern seinem öffentlichen Protest gegen die Annektionspolitik Preußens.

Ulrichs schlug sich nunmehr als Privatgelehrter, Journalist, Autor, Privatsekretär und Hauslehrer durch. Sein Lebensweg führte ihn über verschiedene deutsche Städte nach Italien, wo er in den letzten Jahren eine in aller Welt verbreitete Zeitschrift zur Wiederbelebung der lateinischen Sprache, Alaudae, herausgab. Göttingen darf sich glücklich schätzen, einen Mann aus seinen Reihen ehren zu dürfen, auf dessen Ehrentafel nicht nur Jurist hätte stehen können, sondern mit gleicher Berechtigung schwuler Bürgerrechtler oder Sexualwissenschaftler.
Wir verdanken ihm folgendes Bekenntnis zur Solidarität: „Die Vergewaltigten und Geschmähten kennen kein Recht der Vergewaltigung durch nackte Gewalt, noch ein Recht der Schmähung. Darum ist unsere Stellung überall auf Seite der Vergewaltigten oder Geschmähten: mögen sie heißen Pole, Jude, Hannoveraner, Katholik, oder sei es ein unschuldiges Geschöpf, das den Leuten anrüchig ist, weil es so sittenlos war, außerehelich geboren zu werd en, wie wir ja so unsittlich waren, mit der Urningsnatur ausgestattet zu werden, oder mag es eine arme „Gefallene“ sein, die der hochsittliche Barbarismus des 19. Jahrhunderts zu Akten der Verzweiflung treibt, zu Kindsmord, Fruchtabtreibung, wohl gar zu Selbstmord. Wir, die wir wissen, wie es tut, vergewaltigt und gemartert zu werden: Wir können so recht von Herzen die Partei jener ergreifen, die wir in ähnlicher Lage erblicken. Neben dem Juden stehen wir, sobald ein übermüthiger Katholik ihn beschimpft, neben dem Katholiken, sobald ein intoleranter Liberaler ihn um seines Glaubens willen schmäht. Wir verteidigen nicht heuchlerisches Augenverdrehen, wohl aber das Recht, Katholik zu sein, das Menschrecht für Glauben und Nichtglauben sich zu verantworten vor dem eigenen Gewissen und nicht vor schmähsüchtigen Parteien. Mit Charakteren sympathisieren wir, mit jedem freien Menschen, nie mit Parteisklaven. Wir bekämpfen die Arroganz despotischer Majoritäten. Unter allen Umständen verachten wir daher den herrschenden Liberalismus, welcher hohler ist als taube Nüsse, welcher uns statt Brotes Steine beut; welcher Freiheit nur für Majoritäten fordert, die bereits am Ruder sind, sobald es sich dagegen um unterdrückte Minoritäten handelt, die seinem Geschmack nicht zusagen, nie und nirgend für Freiheit eintritt, der ohne Ende die selbe fälscht durch den ihm innewohnenden Despotismus, der ohne zu erröten alle Tage Menschenrecht verhöhnt und Menschenwürde zertritt.“
Auf seinem Grabstein steht unter anderem zu lesen: „Er eignete sich alle Bereiche der humanistischen Bildung in einem solchen Maße an, daß er von berühmten Gelehrten in Göttingen und Berlin zu ihresgleichen gerechnet wurde, warf in Antropologie und der Jurisprudenz neue Fragestellungen auf, wurde mit hohen Ämtern
geehrt und wurde in günstigen Urnständen nie übermütig und in widrigen nie verzagt. Schwierige Ereignisse vertrieben ihn aus dem Land Hannover und als armer Mann
wanderte er durch einen großen Teil Europas. Überall erwies er sich als Mann von Geist, Gelehrsamkeit und Tugend.“
Ich danke den Göttinger Schwulen, daß sie durch die Wiederherstellung des Grabsteins von Ulrichs einen Beitrag gegen das Vergessen geleistet haben. Ich danke der Stadt Göttingen, daß sie mit der Tafel eine der Facetten Ulrichs ehrt, wenn auch zweifellos nicht die wichtigste. Im Verschweigen dessen, was sein Hauptwerk war, wird deutlich, wie weit Ulrichs seiner Zeit voraus war.

Literatur:
Karl Heinrich ULRICHS:Forschungen über das Räthsel der mannmännlichen Liebe“, hg. von Hubert Kennedy, Berlin 1994, Reprint der Ausgabe von 1864‑1879.
Hubert KENNEDY: „Karl Heinrich Ulrichs ‑ Sein Leben und sein Werk“, Stuttgart 1990, Beiträge zur Sexualforschung 65.

(vielen Dank an Bernd Aretz für die Erlaubnis, den Text (der bereits auch in der ‚posT‘ publiziert wurde) hier zu übernehmen!)

Helmut Schmidt war nicht nicht Kanzler der Schwulen

Helmut Schmidt hat sich in seiner Zeit als Bundeskanzler nicht gegen die Streichung des Paragraphen 175 gestellt. Und die ihm in den Mund gelegte Aussage, er sei „nicht Kanzler der Schwulen“ ist frei erfunden.

Sagt Helmut Schmidt. In einem ‚Leserbrief‘ an die Welt.

weitere Informationen:
Welt 28.03.2010: Etwas andere Männer
Welt 11.04.2010: Leserbriefe – Helmut Schmidt stellt klar
Steven Milverton 09.04.2010: “Da müssen Sie sich einen anderen Koalitionspartner suchen.”
Der Spiegel 10.11.1980: RECHT – Kiefer runter
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Gesetzesinitiativen und Urteile zum Diskriminierungsschutz

Im Jahr 2009 gab es einige interessante Entwicklungen und Tendenzen hinsichtlich des Schutzes vor Diskriminierung. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat Gesetzesinitiativen, Urteile und sonstige Entwicklungen in einem Jahresrückblick für Sie zusammengestellt. Es überrascht nicht, dass insbesondere den Europäischen Gerichtshof, aber auch die deutschen Gerichte Fragen der Altersdiskriminierung vermehrt beschäftigt haben.

AGG_2009

Antidiskriminierungsstelle des Bundes:
Urteile, Gesetzesinitiativen und Entwicklungen zum Diskriminierungsschutz im Jahr 2009 (pdf, 500 KB)

via die andere welt
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Homosexualität als Verbrechen – die Situation von Schwulen und Lesben im Iran

Nach kurzen Jahren mit beginnender homosexueller Emanzipation ist die Lage schwuler Männer und lesbischer Frauen im Iran seit Amtsantritt des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad zunehmend von staatlicher Verfolgung und Lebensgefahr geprägt. Die heute in Kalifornien lebende Iranerin Janet Afary berichtet in Lettre über die Situation Homosexueller im Iran.

Janet Afary ist Iranerin, studierte in Teheran Linguistik, ging 1978 ins Exil in die USA. Sie promovierte über die iranische Revolution von 1906 und lehrt derzeit an der University of California. Afary ist Mitarbeiterin von The Nation und Guardian.

Afary befasst sich in ihrem Artikel in Lettre International Nr. 88 neben Themen wie „Frauen, Reformen, Menschenrechtsdiskurs“, der „Politik der Geburtenkontrolle“ und „Heiratskonventionen und sexuelles Erwachen“ auch in zwei ausführlichen Kapiteln mit der Situation männlicher und weiblicher Homosexueller im Iran: „“Diskurs über die Rechte von Homosexuellen“ sowie „“Staatliche Verfolgung sexueller Transgression“.

Lettre88

Afary folgt in ihrer Analyse stellenweise Gedanken des französischen (1984 an den Folgen von Aids verstorbenen) Philosophen Michel Foucault, z.B. dem Gedanken (aus „Sexualität und Wahrheit“), die „wahrhafte Explosion des Diskurses“ über Sexualität im Europa des 17. Jahrhunderts habe stattgefunden auf der Basis eines „funktionierenden Apparats zur Erzeugung eines noch umfangreicheren Diskurses der Sexualität, dessen Ökonomie er zu beeinflussen trachtete“. Diese Darstellung Foucaults auf den heutigen Iran anwendend, beschriebt sie die Situation von Frauen und Homosexuellen im Iran.

In ihrem „Diskurs über die Rechte von Homosexuellen“ im Iran berichtet  Afary zunächst besonders über die Bedeutung der nur zwei Jahre (vom Dezember 2004 bis 2006) existierenden bahnbrechenden Publikation und Website ‚MAHA: The First Iranian GLBT E-Magazine“. Die mutige Rolle MAHAs werde deutlich an frühen Aussagen wie

„Wir leben in einer Gesellschaft, in der Pädophilie legal ist und durch die Scharia begründet wird, während eine freie und freiwillige sexuelle Beziehung zwischen zwei homosexuellen Erwachsenen als Verbrechen gilt.“

MAHA habe nicht nur das Verhalten des klerikalen Iran kritisiert, sondern auch das der säkularen Intellektuellen und Künstler:

„Würden, wenn ein/e Künstler/in oder jede/r andere wegen des ‚Verbrechens‘ der Homosexualität in Haft käme, iranische Künstler und Linke sich öffentlich zu seiner/ihrer Verteidigung äußern? Die definitive Antwort lautet: Nein!“

Allerdings habe MAHA auch betont, „es gebe unter den verschiedenen NGOs und politischen oppositionellen Gruppen eine eine größere Toleranz für moderne Homosexuellenrechte.“

MAHA sei nach nur zwei Jahren Bestehen eingestellt worden – vor allem aus Furcht vor Verhaftung und Hinrichtung der Mitarbeiter. Organisationen aus dem Exil (wie Cheraq oder Iranian Queer Organisation) würden sich bemühen, die Arbeit fortzusetzen. Im Iran selbst hingegen habe sich die Situatiuon ab 2005 deutlich verschärft:

„Der Krieg gegen die Homosexualität und eine offen zur Schau getragene homosexuelle Lebensweise eskalierte nach der Wahl des basidsch [basidsch: Abteilung bzw. Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde, d.Verf.] Ahmadinedschad zum Präsidenten.“

Seit Ahmadinedschad würden basidsch als Agents Provocateurs eingesetzt, um Homosexuelle mit verdeckten Aktionen zu ‚enttarnen‘ und festzunehmen. Die heutige Verfolgung ginge noch über das Procedere der Scharia hinaus: während diese ein Geständnis oder Zeugenaussagen in flagranti verlange, würden Behörden heute nach medizinischen Beweisen der Penetration suchen. Lägen derartige Beweise vor, werde die Todesstrafe verkündet.

„Da die Hinrichtung von Männern aufgrund des Vorwurfs der Homosexualität international für Empörung gesorgt hat, tendiert der Staat dazu, ihn mit Anklagen wie Vergewaltigung und Pädophilie zu verbinden. Die Anwendung dieser Taktik hat den Status der Homosexuellengemeinde im Iran untergraben und die Sympathien der Öffentlichkeit vermindert.“

Die iranische Gesellschaft befinde sich in einem Umbruch-Prozess, was sexuelles Verhalten angehe. Der Staat weigere sich jedoch hartnäckig, seinen Widerstand gegen Reformen aufzugeben. „Familienwerte“ oder „unmoralisches sexuelles Verhalten“ seien inzwischen zu Reizthemen zum Ausbau der Macht der Neokonservativen geworden.

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weitere Informationen:
Janet Afary
„Sexualökonomie im Iran –
über Bevölkerungspolitik, weibliche Emanzipation und Homosexualität“
Lettre International Nr. 88
(Text-Auszug)

schwuler surfen

Homophobie ist im Sport immer noch ein weit verbreitetes Problem. Nicht nur im Fußball, auch beim Surfen. Doch nun hat ein Franzose ein Internetportal für schwule und lesbische Surfer/innen gestartet.

Seit einigen Jahren jedoch scheint die Homophobie im Fußball ins Wanken zu geraten, wenn auch langsam. Zahlreiche Proficlubs haben inzwischen auch schwule Fanclubs. Einer von elf Fußballern ist schwul – und über das Coming-out eines schwulen Profi-Fußballers wird weiterhin viel spekuliert. Eine Dokumentation über Homosexualität im Fußball erhält den Grimmepreis. In Deutschland wie auch in Frankreich engagieren sich Fans und Offizielle uns sagen nein zu Homophobie im Fussball.

Fast scheint es, als gerate mit dem Fußball die letzte Domäne der Homophobie im Sport ins Wanken. Doch – wie sieht es aus beim Boxen, beim Rugby (außer nackten Rugby-Spielern) oder in der Formel 1? Oder – beim Surfen?

Frankreich hat entlang seiner zahlreichen Küsten viele Traumstrände zu bieten (und, nebenbei, auch viele besuchenswerte schwule Strände). Und Frankreich hat zahlreiche „Surf Spots“, Orte mit besonders guten Bedingungen für’s Wellenreiten, für  Surfen – ob Lacanau Océan, Hossegor oder Biarritz, um nur drei Beispiele zu nennen, die alle auch Plätze des internationalen ‚Surf-Zirkus‘ sind, mit ihren Wettbewerben, Championships etc.

Traumstrand

Braungebrannte junger Männer (und Frauen) lassen sich hier bewundern, gut gebaut, breitschultrig, wohl muskliert. Und doch – schon ein Besuch an Surf-Stränden, ein Beobachten einer der zahlreichen nationalen und internationalen Surf-Wettbewerbe wie z.B. der ‚Lacanau Pro‘ zeigt schnell: Surfen erweckt den Eindruck, eine Bastion wahrer Männlichkeit, ein Brennpunkt der Heterosexualität zu sein. Trotz aller gut gebauten Körper, kraftstrotzenden Männer, eng anliegenden Neopren-Kombis – von offen schwulen Männern und lesbischen Frauen weit und breit keine Spur.

Doch – dies soll sich nun ändern. Zumindest wenn es nach Thomas, einem schwulen Surfer geht. Er hat eine Internet-Community für schwule Surfer und lesbische Surferinnen gegründet – und schon kurz nach dem Start über 60 Teilnehmer/innen.

„Ich bin seit vielen Jahren Surfer,“ berichtet er im französischen Homo-Magazin Tetu. „Ich habe viel im Ausland gelebt, in Sydney und Los Angeles … Oft habe ich versucht, andere schwule Surfer kennen zu lernen, erfolglos.“ Dem wollte Thomas ein Ende bereiten – und gründete www.gaysurfers.net, eine Community für schwule Surfer und lesbische Surferinnen. Eine Site, die es (auch anonym) ermöglicht, Freundschaften zu knüpfen und Kontakte zu halten, Photos online zu stellen, Tipps auszutauschen.

Ob die Surf-Szene sehr homophob ist? Nun, schwer zu sagen, betont Thomas. Verschlossen ist sie auf jeden Fall. Über Sexualität wird wenig geredet, auch nicht unter den Hetero-Surfern. Und dass Homosexualität nicht gerade begrüßt werde, zeige schon die Geschichte zweier auch international bekannter Surfer (Cheyne Horan und Robbins Thompson, siehe ‚weitere Informationen‘ unten), die nach Bekanntwerden ihrer Homosexualität ihre Sponsoren verloren.

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weitere Informationen:
www.gaysurfers.net
Tetu 28.03.2010: Pour les surfeurs gays, c’est «vivons heureux, restons cachés»
Advocate 25.02.2008: In Search of Gay Surfers
The Free Library 1997: Beached by homophobia; how Robbins Thompson caught a wave of antigay sentiment and quit the professional surfing circuit
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Lebenspartnerschaft: Gleichstellung mit Ehe im Steuerrecht „zeitnah“ ?

Das Bundesfinanzministerium arbeitet an einem Gesetzentwurf, mit dem die eingetragene Lebenspartnerschaft im Einkommenssteuer- Recht der Ehe gleichgestellt wird.

In weiteren Bereichen würden gesetzliche Änderungen geprüft. Dies geht aus aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor.

Die Parlamentskorrespondenz HiB meldet:

„Die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe soll laut Bundesregierung im Einkommenssteuerrecht zeitnah erfolgen. Dazu würden Gesetzgebungsvorschläge vom Bundesfinanzministerium ausgearbeitet, betont die Regierung in ihrer Antwort (17/978) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/740). Ferner werde damit unter anderem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe umgesetzt, heißt es in der Antwort weiter.

Auf die Frage, welche Änderungen mit Blick auf die Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten bereits vorgenommen wurden, schreibt die Regierung: ”Das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch vom 21. Dezember 2007 wirkt sich sowohl auf die Rechtsstellung von Ehegatten als auch von Lebenspartnern aus.“Auch in weiteren Bereichen, wie der gesetzlichen Unfallversicherung und dem BAföG, würden gesetzliche Änderungen zur Gleichstellung geprüft, ergänzt die Bundesregierung in ihrer Antwort.“

Die Antwort der Bundesregierung auf die Frage nach der steuerrechtlichen Gleichstellung klingt allerdings ein wenig ausweichender:

„Wann entsprechende Gesetzgebungsvorschläge vorgelegt werden, wird von dem in der Bundesregierung für Steuerrecht federführenden Bundesministerium der Finanzen geprüft.“

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weitere Informationen:
Die Grünen Kleine Anfrage 17.02.2010 „Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe“ Drucksache 17/740 (pdf)
Antwort der Bundesregierung 10.03.2010 auf die kleine Anfrage (pdf)
Deutscher Bundestag HiB 24.03.2010: Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird bei anstehenden Regelungen umgesetzt
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Hate Map – die Landkarte der Gesetze gegen Homophobie

Die Europäische Sektion der ILGA International Lesbian and Gay Association hat eine „Hate Map“ veröffentlicht.

Mit der „hate map – Laws against homophobic hate crime and hate speech in Europe“ legt die ILGA Europe eine Karte vor, in der aufgezeigt wird, in welchen europäischen Staate es gesetzliche Regelungen gegen „hate speech“ gibt, gegen Hass-Reden und Hass-Verbrechen gegen homosexuelle und transsexuelle Menschen.

Map of homophobic and transfobic hate crime/speech legislation in Europe (ILGA; Screenshot)
Map of homophobic and transfobic hate crime/speech legislation in Europe (ILGA; Screenshot)

Deutschland ist in der Karte (Stand Dezember 2009) im Gegensatz zu allen westlichen und vielen östlichen Nachbarstaaten ein weißer Fleck …

weitere Informationen:
ILGA Europe: hate map (pdf, 5,1 MB)
ILGA Europe: Resources on hate crime and violence
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Homophobe Traditionen

„Homophobe Traditionen – Verfolgung von Lesben und Schwulen im Nationalsozialismus“ – unter diesem Titel erschien eine neue Ausgabe des Magazins ‚Lernen aus der Geschichte“.

Die Herausgeber schreiben über die Ausgabe:

„Mit der vorliegenden Ausgabe greifen wir die Thematik der Verfolgung von Schwulen und Lesben auf. Die Diskriminierung und Verfolgung gleichgeschlechtlicher Lebensformen ist kein ausschließliches Merkmal des Nationalsozialismus, wurde aber dort verschärft.
Die Darstellung der Problematik erscheint uns auch deshalb relevant, weil sie im historischen Lernen kaum einen Platz findet und häufig der außerschulischen politischen Bildung überlassen wird. Dabei lassen sich in der schulischen und außerschulischen Bildung verschiedene Anknüpfungspunkte zur Thematisierung finden, die sich nicht auf den Geschichtsunterricht beschränken.“

Das Magazin umfasst u.a. Texte zu
– Die nationalsozialistische Homosexuellenverfolgung und ihre Folgen
– Zum geschichtspolitischen und didaktischen Umgang mit dem Thema „Homosexualität im NS“
– Anmerkungen zur Verfolgung von lesbischen Frauen im Nationalsozialismus
– Homosexualität zum Thema machen oder warum Heterosexismus ein Problem für die Bildungsarbeit ist!
– Lernort – Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

„Lernen aus Geschichte“ ist ein Verein, der eng mit dem Institut für Gesellschaftswissenschaften und historisch-politische Bildung  der Technischen Universität Berlin verbunden ist.

„Lernen aus Geschichte – Magazin vom 10. März 2010 (03/10)
Homophobe Traditionen – Verfolgung von Lesben und Schwulen im Nationalsozialismus