„Aus“ für elektronisches Rezept, „Spar- Version“ für elektronische Gesundheits- Karte

Die Elektronische Gesundheitskarte, einst vermeintliches Vorzeigeprojekt der deutschen Gesundheitspolitik, wird vorerst auf eine Modernisierung der Versichertenkarte eingedampft. Das ‚elektronische Rezept‘ steht vor dem völligen ‚Aus‘.

Einst war die umfassende Elektronisierung Ziel und Vorzeigeprojekt deutscher Gesundheitspolitik. Langfristige Einsparungen im Milliardenbereich versprachen sich Gesundheitspolitik und Krankenkassen, eine Effizienzsteigerung der Abläufe die Ärzteschaft – und lukrative Aufträge die Industrie. Doch nun kommt einiges auf den Prüfstand, anders steht direkt vor dem ‚Aus‘.

Wie im Koalitionsvertrag ausgehandelt, soll zum Themenbereich „elektronische Gesundheitskarte“ zunächst eine Bestandsaufnahme erfolgen, bevor weitere Entscheidungen getroffen werden. Dabei sollen

„der mögliche Leistungsumfang der Gesundheitskarte sowie das Geschäftsmodell und die Organisationsstrukturen …  sowie die bisherigen Erfahrungen in den Testregionen überprüft und bewertet werden.“

Dazu Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler:

„Wir gehen den Aufbau der Telematikinfrastruktur schrittweise an und beginnen mit einer erweiterten und datenschutzrechtlich sichereren Krankenversichertenkarte. Die Realisierung weiterer medizinischer Anwendungen wird so lange mit einem unbefristeten Moratorium belegt, bis praxistaugliche, höchsten datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprechende Lösungen vorgelegt werden.“

Für die nahe Zukunft konkretisiert das Bundesministerium für Gesundheit:

„Die Erweiterung der Krankenversichertenkarte zu einer elektronischen Gesundheitskarte soll deshalb zunächst auf ein modernes, sicheres Versichertendatenmanagement sowie die Notfalldaten konzentriert werden.“

Das elektronische Rezept, das bisher als eines der Kernstücke einer umfassenden „Elektronisierung“ des Gesundheitswesens geplant war, wird es Medienberichten zufolge so nicht geben. Ein Vertreter des BMG kommentiert dazu trocken „wir müssen eine neue Sicht der Dinge entwickeln“.

Die elektronische Gesundheitskarte ist seit langem in der Kritik. Sylvia Urban, Vorstand der Deutschen Aids-Hilfe, hatte schon auf dem111. Deutschen Ärztetag 2008 in Ulm betont

„Meine Daten gehören zu mir als Mensch und sie müssen bei mir bleiben. Ich muss entscheiden können, wer sie bekommt. Es ist gegen mein informationelles Selbstbestimmungsrecht, wenn so intime Daten gezielt gewonnen werden und vielleicht bald von Kassen, Arbeitgebern und anderen interessierten Gruppen ausgewertet werden dürfen. Menschen mit schweren Erkrankungen wie Aids müssen eine Chance behalten“.

Neben vielen anderen Organisationen ist auch die Deutsche Aids-Hilfe einer der zahlreichen Partner der Initiative „Stoppt die e-Card“.

Gläserner Patient - Aktion "Stoppt die e-Card!"
Gläserner Patient - Aktion "Stoppt die e-Card!"

Fortschritt durch Einschränkungen? Röslers Worte klingen vermeintlich nach schrittweisem Aufbau – jedoch von etwas (elektronische Gesundheitskarte, elektronisches Rezept, …), das längst beschlossen wurde. Worum geht es de facto? Im Gespräch ist eine „ergebnisoffene  Bestandsaufnahme“ – mit Moratorium und vorheriger Einschränkung auf eine Versichertenkarte. So wird, was als umfassende Elektronifizierung des Gesundheitswesens konzipiert wurde, zunächst zu kaum mehr als einer Modernisierung der lang bekannten Versicherten-Karte. Verklausuliert ein Ausstieg auf Raten aus einem nicht nur aus Sicht von Patientenvertretern und Datenschützern fragwürdigen Projekt?

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weitere Informationen:
BMG 18.11.2009: Bestandsaufnahme für den Aufbau der Telematikinfrastruktur aufgenommen
heise 19.11.2009: Elektronische Gesundheitskarte: Abgespeckt bis aufs Gerippe
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Nichts zu verbergen? Und was wäre wenn … ?

Vorratsdatenspeicherung – warum nicht? Datenschutz, das stört doch nur? Du denkst, du hast doch eh nichts zu verbergen?

Stimmt, dieses Gefühl „ich hab doch eh nichts zu verbergen“ haben wohl viele.

Machen wir ein kleines Gedanken-Experiment

Stellen Sie sich vor, Sie haben Aids, sind zweimal auf Therapie …

Nun, das ist ja für einen HIV-Positiven eine Situation, die durchaus realistisch sein könnte

… und Ihr Chef möchte unbedingt wissen, was Sie haben.

Und auch das kommt vor, der neugierige Chef …

Nicht weil er so fürsorglich ist. Nein, weil er Sie kontrollieren möchte.

Und dieser Chef, der hast so seine Kanäle. der bekommt die Informationen, die er gerne hätte.

Und dann dringt diese Info auch noch nach außen.

Tja, und was nun? Dann weiß der Chef eben. Und weiter?

Sämtliche Mitarbeiter in Ihrem direkten Umfeld wissen dann: Der ist HIV positiv.

Sicher, das wäre nicht schön.

A ber – das ist ja nur ein Gedanken-Experiment. das kommt doch so niemals in Wirklichkeit vor.

Niemals?

In Österreich schon.

Spitzelskandal bei den Bundesbahnen: Kranke wurden systematisch kontrolliert

berichtet news.at. Und erzählt eine Geschichte von einem HIV-positiven Mitarbeiter der ÖBB, dem genau dies geschehen ist.

Vorratsdatenspeicherung – is ja harmlos?
Immer noch?

Oder vielleicht doch besser mitmachen bei den Protesten gegen die Vorratsdatenspeicherung?
Vielleicht bei der Demonstration am 12.09.2009 in Berlin?
Oder zuhause? Oder im Internet? Oder oder oder …?

Datenschutz ist ein Grundrecht.
Sexualität und Gesundheit brauchen Datenschutz.

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Und die Geschichte, die keineswegs ein Gedanken-Experiment, sondern traurige Realität war, ist hier nachzulesen:

Spitzelskandal bei den Bundesbahnen: Kranke wurden systematisch kontrolliert

Nix zu verbergen? Vorratsdatenspeicherung gefährdet HIV-Prävention!

Nix zu verbergen? Vorratsdatenspeicherung gefährdet HIV-Prävention!

Seit dem 1. Januar 2008 sind die Anbieter von Telekommunikationsdiensten gesetzlich verpflichtet, für sechs Monate alle Internet- und Telekommunikationsdaten von jedem Provider zu speichern – auch von Beratungsstellen. Zwar werden keine Inhalte gespeichert, doch hinterlassen diese Verbindungen eine nachverfolgbare, langfristige Datenspur – bei Handy-Telefonaten wird sogar der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten. Damit ist die Vorratsdatenspeicherung eine Vorstufe der Telekommunikationsüberwachung.

Sexualität und Gesundheit brauchen (Daten)Schutz
Sexualität, Gesundheit und Präventionsfragen sind sensible Themen, die besonderen Schutz brauchen. Wenn sich jemand an eine Aidshilfe, Schwulen- oder Suchtberatungsstelle wendet, hat er ein berechtigtes Interesse, dass seine Daten anonym bleiben. Die per „Vorratsdatenspeicherung“ gesammelten Daten lassen jedoch Rückschlüsse darauf zu, wer mit wem kommuniziert hat – und anhand des Adressaten unter Umständen auf persönliche Problemlagen, die sexuelle Identität oder die Gesundheit . Damit gerät eine der Voraussetzungen für eine wirksame HIV-Prävention in Gefahr: die Vertraulichkeit der Beratung.

Missbrauch der Daten nicht auszuschließen
Ein Missbrauch der seit 2008 flächendeckend auf Vorrat gespeicherten Verbindungs-, Positions- und Internetzugangsdaten lässt sich durch Sicherheitsvorkehrungen nicht ausschließen. Darin sind sich alle der vom Bundesverfassungsgericht befragten Experten und Verbände einig. Entgeltliche Anonymisierungsdienste sind verboten.

Deutsche AIDS-Hilfe fordert Stopp der Vorratsdatenspeicherung
Unter der Vorratsdatenspeicherung leiden alle. Sie greift unverhältnismäßig in die persönliche Privatsphäre ein und verstößt gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Und sie gefährdet die Vertraulichkeit der HIV-Beratung und -Prävention. Die Deutsche AIDS-Hilfe fordert daher die Abschaffung der flächendeckenden Protokollierung der Kommunikationsdaten sowie eine unabhängige Überprüfung aller bestehenden Überwachungsbefugnisse im Hinblick auf ihre Wirksamkeit, Missbrauchsmöglichkeiten und andere schädlichen Auswirkungen.

Nix zu verbergen (c) DAH
Nix zu verbergen (c) DAH

Werden Sie aktiv und unterstützten Sie die Aktionen des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.
Infos unter: www.vorratsdatenspeicherung.de
www.aidshilfe-beratung.de
http://blog.aidshilfe.de

Poster Vorratsdatenspeicherung
Flyer Vorratsdatenspeicherung
Button „Nix zu verbergen“

(Pressemitteilung der Deutschen Aids-Hilfe)

Surfer haben Rechte

Surfer haben Rechte – Verbraucherzentrale Bundesverband schaltet Webseite zu Rechten und Stolperfallen im Internet frei

Welche Rechte habe ich in Sozialen Netzwerken? Welche Fallen drohen beim Download von Programmen? Informationen für Internetnutzer bietet seit heute die Webseite www.surfer-haben-rechte.de. Verantwortet wird das Angebot vom Projekt „Verbraucherrechte in der digitalen Welt“ im Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), gefördert vom Bundesverbraucherministerium. Der vzbv präsentierte die Webseite heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Verbraucherministerin Ilse Aigner.

Surfer haben Rechte (vzbv), Screenshot
Surfer haben Rechte (vzbv), Screenshot

Internetnutzer erfahren auf surfer-haben-rechte.de, was Rechtsthemen wie Urheberrecht, Datenschutz oder Vertragsrecht sind und was sie im Onlinealltag bedeuten. Praxisnah informiert die Webseite, was bei konkreten Angeboten zu beachten ist. Checklisten helfen dabei, die wichtigsten Punkte stets im Blick zu behalten. Außerdem stellt der Verbraucherzentrale Bundesverband seine Aktivitäten im Bereich Internet vor. „Die Verbraucher können auch in der digitalen Welt auf uns zählen“, erklärt Vorstand Gerd Billen.

Vielfach überschneiden sich die Interessen von Verbrauchern mit denen seriöser Anbieter. Doch in manchen Bereichen besteht noch Nachholbedarf. „Daten- und Verbraucherschutz sind kein veraltetes Feature, sondern gehören zwingend zu einer sozialen Marktwirtschaft 2.0“ erklärt Cornelia Tausch, Leiterin des Fachbereichs Wirtschaftsfragen und Internationales und Leiterin des Projekts Verbraucherrechte in der digitalen Welt beim vzbv. Unternehmen sollten dies auch als Chance begreifen, Vertrauen bei ihren Kunden zu schaffen.

„Verbraucherrechte in der digitalen Welt“ läuft voraussichtlich bis Ende 2010 und kooperiert mit dem Projekt „Verbraucher sicher online“ der TU Berlin, das ebenfalls heute freigeschaltet wurde und technische Tipps gibt. Surfer-haben-Rechte.de wird im Projektverlauf weiter wachsen und die neuesten Entwicklungen widerspiegeln – zum Beispiel den Fortgang der Abmahnungen, die im Juli vom Projekt Verbraucherrechte in der digitalen Welt an fünf Betreiber sozialer Netzwerke verschickt wurden. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz finanziell gefördert.

(Pressemitteilung des vzbv)

Sexualität und Gesundheit brauchen Datenschutz

Vorratsdatenspeicherung gefährdet den Datenschutz – der gerade auch für Schwule und Lesben, sowie HIV-Positive von besonderer Bedeutung ist. Am 12. September findet in Berlin eine Groß-Demonstration gegen die Vorratsdatenspeicherung statt.

„Sexualität und Gesundheit brauchen Datenschutz“, betont die Deutsche Aids-Hilfe. Doch genau dieser Datenschutz ist in Gefahr. Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist seit 1. Januar 2008 in Kraft. Eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz (34.000 Beschwerdeführer) läuft derzeit.

‚Nach einem Gesetz, das CDU, CSU und SPD am 9. November 2007 gegen die Stimmen von FDP, Grüne und Linke beschlossen haben, ist seit 2008 nachvollziehbar, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS wird auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten. Entgeltliche Anonymisierungsdienste sind verboten. … Die Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellt die bislang größte Gefahr für unser Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben dar.‘ (AK Vorratsdatenspeicherung)

Auch Schwule und Lesben, auch Menschen mit HIV sind davon direkt betroffen.

Vorratsdatenspeicheurng - Meine Sexualität geht dich nichts an Wolfgang
Vorratsdatenspeicherung - Meine Sexualität geht dich nichts an, Wolfgang

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung nennt Beispiele, wie auch Schwule und Lesben direkt von der Vorratsdatenspeicherung betroffen sein könnten:

Was bedeutet es wohl für einen Jugendlichen, wenn schon der erste Anruf bei einer Coming-out-Hotline dauerhaft protokolliert wird?
Kann es einem nicht bange werden, wenn der Staat die anfallenden Kommunikationsdaten laut aktuellem Gesetzesentwurf selbst zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten auswertet?
Könnte es vielleicht sein, dass Schwule in Polen lieber auf ein Chat-Profil bei einem Kontaktportal verzichten, wenn sie wissen, dass der örtliche Polizist dies im Zweifel selbst noch nach 15 Jahren über die Bestätigungs-E-Mail erfahren könnte?

Wer der Ansicht ist, eine Vorratsdatenspeicherung könne doch nichts wesentlich Gefährliches produzieren, sie zu einem kleinen Experiment eingeladen, einem Versuch namens „open trace“:

open trace ist eine Art online-  ‚Fingerabdruck-Browser‘. Die Initiatoren:

„Alle Spuren, die du im Laufe der Zeit im Internet hinterlassen, werden dir angezeigt. Und was diese Spuren über dich verraten, kannst du dir jederzeit auswerten lassen. Der digitale Fingerabdruck ist mehr, als nur ein geflügeltes Wort.“

Auf http://open-trace.de/ kann ausprobiert werden, welche Spuren das eigene Surfverhalten im Internet hinterlässt – ein lohnenswertes, sehr aufschlussreiches Experiment (das keine Installation von Programmen o.ä. erfordert), gerade wenn man etwas länger sein gewohntes Internetverhalten über open trace macht (z.B. Feeds lesen, Blaue Seiten, Facebook & co.).

Erschrocken über die Ergebnisse? Nachdenklich geworden?
Nicht umsonst betont auch die Deutscher Aids-Hilfe „‚Freiheit statt Angst‘ – Vorratsdatenspeicherung gefährdet HIV-Prävention“.

Samstag, dem 12. September 2009 wird unter dem Motto „Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn!“ eine Großdemonstration in Berlin stattfinden. Treffpunkt: 15.00 am Potsdamer Platz

weitere Informationen:
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: Überwachung und Homosexualität
Deutsche AIDS-Hilfe 02.11.2007: Geplante Vorrats-Datenspeicherung gefährdet Online-Beratung der Aidshilfen
Deutsche AIDS-Hilfe 09.10.2008: „Freiheit statt Angst“ – Vorratsdatenspeicherung gefährdet HIV-Prävention
Sachstand zur Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung
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Rosa Listen in Leder ?

Zum Wochenende gibt’s zwei Lesetipps, beide über frische Irrungen und Wirrungen aus der Welt der „Lederszene“:

‚Samstag ist ein guter Tag …‘ berichtet über
– ein Ledertreffen mit Ausweis-Pflicht (ja, sowas gibt’s – in Hamburg, im Jahr 2009), und
– eine keusche Wahl zum ‚International Mr. Leather“, auf der jegliche Propagierung von Bareback verboten ist (ja, das gibt’s noch, auch 2009, Jahre nach den Bareback-Debatten hierzulande, ein Jahr nach EKAF, in Chicago).

siehe auch
LifeLube 17.07.2009: IML makes history
LifeLube 17.07.2009: IML says no to bareback merch
thesword.com 16.07.2009: IML Founder Chuck Renslow Responds
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HIV-Daten online gestellt – ein Jahr Freiheitsstrafe

Zu einer einjährigen Gefängnisstrafe wurde in den USA eine Krankenschwester verurteilt. Sie hatte Daten zur HIV-Infektion eines Patienten auf einer Online-Community online gestellt.

Rhonda W.F. arbeitete in einer Klinik auf Hawaii. Bei ihrer Arbeit konnte sie auch vertrauliche Patientenakten einsehen. Die 22-Jährige entdeckte, dass eine ihr bekannte Frau HIV-positiv ist. Sie gab diese Informationen an ihre Schwägerin weiter.

Zwischen Ende 2007 und Anfang 2008 wurden Aussagen über den HIV-Status der Frau, die inzwischen verstorben ist, mehrfach auf dem Coommunity-Portal Myspace online gestellt, auf eine „ekelhafte, schmerzvolle und abstoßende“ Art und Weise, wie der Anwalt der Verstorbenen betonte.

Das Vorgehen der Angeklagten sei „ungeheuerlich“, erläuterte der Richter. Die Haftstrafe solle auch als Signal und Abschreckung wirken. Diese Art von Verhalten dürfe nicht toleriert werden. Auch das Internet dürfe nicht für gesetzwidriges Verhalten genutzt werden.

Zusätzlich zu ihrer Strafe wurde W.F. zu fünf Jahren Bewährung verurteilt. Zudem muss sie 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Nach Bekanntwerden ihrer Tat war die Krankenschwester von der Klinik entlassen worden. Die Klinik betonte, man räume dem Datenschutz einen hohen Rang ein.

Ein Fall, weit weit weg.
Oder?
Ein Fall, der zeigt, dass auch auf Online-Communities wie Facebook, Myspace & Co. bewusst und sensibel mit Fragen des Datenschutzes umgegangen werden muss.
Und ein Fall, der erneut darauf hinweist, dass gerade auch für Menschen mit HIV und Aids der Datenschutz von besonderer Bedeutung ist.
Datenschutz ist wesentlich für eine erfolgreiche Behandlung, wie erst jüngst der Datenschutz-Beauftragte von Berlin betonte. Und der Bruch des Datenschutzes kann -wie auch der aktuelle Fall aus den USA zeigt- schnell Dimensionen annehmen, die in Richtung soziale Hinrichtung gehen.
Diese enorme Bedeutung des Datenschutzes, des Schutzes der Vertraulichkeit von Arzt-Patient-Verhältnis und Patientenakten sollte nicht nur HIV-Positiven, sondern allen Beteiligten bewusst sein. Auch deutschen Staatsanwälten.

weitere Informationen:
TheBody 11.06.2009: Hawaii: HIV Case — Medical Privacy Violator Gets One Year
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Datenschutz ist Voraussetzung einer erfolgreichen Behandlung – auch bei HIV ?

Das Gespräch mit meinem Arzt ist vertraulich – darauf verlässt sich vermutlich fast jeder Patient. Dass es um diese Vertraulichkeit nicht gut bestellt ist, zeigt die Beschlagnahme der Patientenakten einer HIV-positiven Frau. Wie steht es um Patientendaten und Datenschutz?

‚Was ich mit meinem Arzt oder meiner Ärztin bespreche, das ist völlig vertraulich, bleibt unter uns. Das Arztgeheimnis schützt. Und auch wenn etwas in meine Patientenakte geschrieben wird, ist diese Patientenakte geschützt vor Zugriffen Dritter.‘

Ein Großteil der Patienten geht wohl von dieser Einschätzung aus. Patientenakten und das Gespräch mit dem Arzt gelten als vertraulich. Wie könnte es auch anders sein – schließlich vertraut man / frau seinem Arzt, seiner Ärztin oft persönliche, privateste Angelegenheiten an, bis hin zum Sex-Leben, nicht nur als HIV-Positiver.

Und diese Einschätzung basiert auf langer Erfahrung. So sagt der Hippokratische Eid, das Berufsethos, dem jeder Arzt, jede Ärztin verpflichtet ist:

„Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgang mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich verschweigen und als Geheimnis bewahren.“

Doch – diese Einschätzung könnte falsch, oder doch nicht völlig zutreffend sein. Patientenakten sind scheinbar nicht so sicher wie oftmals angenommen wird. Der Fall der Verhaftung einer Pop-Sängerin zeigte dies. Ihre Krankenakte wurde von der Staatsanwaltschaft in einer Frankfurter Klinik beschlagnahmt. Ihr HIV-Status wurde von der Staatsanwaltschaft per Pressemitteilung breit kommuniziert.

„Das war der öffentliche Pranger durch eine Justiz, die eigentlich die Persönlichkeitsrechte von Beschuldigten zu schützen hat“, kommentiert die SZ.

Eine Krankenakte bei der Staatsanwaltschaft? Um Ermittlungen gegen diese Patienten (nicht gegen einen Arzt!) zu „unterstützen“?

Scheinbar sind Patientenakten weit weniger sicher, als bisher oftmals angenommen wird.

Der Strafrechtler Prof. Winfried Hassemer im Interview:

„Als Strafverteidiger würde ich mich nicht darauf verlassen, dass der Zugriff auf Patientenakten eigentlich nicht geht. Wenn es sich um eine strafrechtliche Beschuldigung handelt, dann ist der Schutz von Akten, die den Beschuldigten selbst betreffen, relativ gering. Denn wenn es anders wäre, könnte in vielen Fällen ein Strafverfahren erst gar nicht stattfinden. Der Schutz fängt an, wenn es um Patientenakten von anderen Personen geht, die man vielleicht zum Vergleich heranziehen müsste – dann wird es schwierig.“

Hassemer ergänzt

„Natürlich wird die Anzeige geprüft, aber der Anfangsverdacht ist schnell da, es ist eben nur ein Anfangsverdacht. Und deshalb ist es so wichtig, an die Geheimhaltung des Ermittlungsverfahrens zu denken.“

Der Schutz der Vertraulichkeit von Patientenakten weitaus geringer, als bisher vermutet? Dies könnte gravierende Auswirkungen haben, Auswirkungen auf das Arzt-Patient-Verhältnis, aber letztlich vor allem auch auf die Gesundheit von Patienten und Patientinnen.

Dr. Alexander Dix, Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, formulierte hierzu auf dem Patientenforum Berlin am 1. Juli 2009 die These

„Wer seinem behandelnden Arzt nicht vertrauen kann, weil er nicht weiß, wie dieser mit intimsten Informationen über körperliche oder seelische Leiden des Patienten umgeht, der wird dem Arzt entweder von vornherein nicht alle nötigen Informationen offenbaren, oder dessen Genesungsprozess wird durch die permanente Unsicherheit gefährdet. Vertrauen und Sicherheit sind geradezu notwendige Voraussetzungen für jede wirksame Therapie. Sie sind nicht alles in der Medizin, aber ohne sie ist wahrscheinlich alles nichts.“

Dix‘ Resüme:

„Der Schutz des Patientengeheimnisses ist zentrale Voraussetzung für jede erfolgversprechende medizinische Behandlung.“

Sollte Dix‘ These zutreffen, steht die Frage im Raum, ob die erfolgreiche medizinische Behandlung einer HIV-infizierten Frau von der Staatsanwaltschaft gefährdet wurde.

Darüber hinaus steht die Frage im Raum (und zwar nicht nur für HIV-Positive, sondern für alle Patienten), wie es denn um ihre Behandlungsqualität, um ihre zukünftige Gesundheit steht, wenn Behandlungsakten dermaßen leicht in die Hände der Staatsanwaltschaft gelangen können.

weitere Informationen:
Prof. Dr. Axel W. Bauer: Der Hippokratische Eid
FR 18.06.2009: Verhängnisvolle Affären
Dr. Alexander Dix, „Patienten – Daten – Schutz“, Vortrag beim Patientenforum Berlin am 01.07.2009 (pdf)
SZ 14.07.2009: Welcome – das neue Leben der Nadja Benaissa
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USA: detaillierte Daten von HIV- und Aids-Patienten frei im Internet gefunden

Zehntausende digitale Patientenakten fanden Forscher im Internet – darunter auch zahlreiche Daten von HIV-Patienten.

Detaillierte persönliche Angaben zu Zehntausenden von Patienten, Informationen zu physischen oder mentalen Krankheitsdiagnosen sowie Versicherungsnummern, Namen, Adressen und Krankengeschichten fand ein Forscher im Internet. Die Identität der betroffenen Klinik wollte der Forscher, der die Daten im Internet fand, nicht nennen.

„Mit den Informationen könnte man nicht nur die betroffenen Patienten bloßstellen, sondern auch medizinische Betrügereien begehen“, berichtet heise.de über eine entsprechende Meldung des US-Dienstes nextgov.

Unter den Zehntausenden Patientendaten einer Klinik, die mithilfe sogenannter File-Sharing-Software gefunden werden konnten (und, so vermutete heise.de, immer noch online stehen) befanden sich auch detaillierte Angaben zu 4 HIV-Patienten, einschließlich Namen.

Eric Johnson, der Forscher, der die Daten während einer zweiwöchigen Recherche im Januar 2009 im Internet entdeckte, fand (wie er in einem pdf-Paper selbst berichtet) zudem u.a. auch Datentabellen eines Zentrums, das auf die Behandlung von HIV-Positiven und Aids-Kranken spezialisiert war. Personenbezogene Angaben für 242 Positive konnte er ausmachen, nebst Namen, Adressen und Labordaten.

Bei einigen der Daten vermutete Johnson, dass bereits eine kommerzielle Verwendung erfolgt oder geplant sei.

Bereits wiederholt ist es zu ‚Datenpannen‚ im Gesundheitswesen gekommen, nicht nur in den USA. Wobei der Begriff ‚Datenpanne‘ angesichts der möglichen Konsequenzen für die betroffenen Menschen ein wenig zu verharmlosend klingt.

Der Vorfall in den USA zeigt erneut, dass bei der Elektronisierung des Gesundheitswesens besondere Vorkehrungen und Vorsicht angebracht sind – besonders, wenn neben lokalen Systemen vor Ort auch vorgesehen ist, Daten zentrenübergreifend zu verwenden, z.B. via Internet.

Die neue seit langem vor der Einführung stehende elektronischen Gesundheitskarte (e-Card) wirft in diesem Kontext nochmals Fragen auf – gerade HIV-Positive sollten hier eine Sensibilität, ein besonderes Augenmerk auf Datenschutz und Sicherheit haben.

heise.de 20.02.2009: Daten von zehntausenden US-Patienten im Internet gefunden
nextgov.com 27.02.2009: File-sharing networks used to uncover thousands of medical records
Eric Johnson: ‚Data Hemorrhages in the Health-Care Sector‘ (pdf).

Weitere Informationen:
Stationäre Aufnahme 10.03.2009: Google Health lässt Patienten Daten verteilen
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vor 25 Jahren: Recht auf informationelle Selbstbestimmung begründet

Heute vor 25 Jahren, am 15.12.1983 verkündete das Bundesverfassungsgericht das ‚Volkszählungs-Urteil‘, in dem es das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung begründete.

Mehr auf tagesschau.de „Nichts zu verbergen, nichts zu befürchten?“

[via netzpolitik.org]

Nachtrag:
15.12.2008: „Das Internet vergisst nicht“ – netzpolitik.org berichtet über einen Vortrag von Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts

ex-Edvige: Dekret jetzt ohne personenbezogene Homo-Daten? (akt.)

Frankreichs Innenministerin Michèle Alliot-Marie scheint nach massiven Protesten einen Rückzieher zu machen. In der umstrittenen Datei ‚Edvige‚ wird überarbeitet und sollen zukünftig doch keine personenbezogenen Daten zu Homosexualität gespeichert werden. Ein neues Dekret soll in Kürze vorgelegt werden.

Am Donnerstag, 18. September kündigte Michèle Alliot-Marie, die französische Innenministerin, ein neues Edvige-Dekret an. Personendaten sollen demzufolge nicht mehr in der Datei ‚Edvige‘, sondern vor Ort in den Präfekturen gespeichert werden. Informationen zur Homosexualität sollen nur noch über Organisationen, nicht mehr über Personen gespeichert werden. Über die Speicherung von Daten zu HIV nach dem neuen Dekret wurde bisher nichts bekannt.

Bereits am Dienstag (9.9.) abends hatte sich die Entwicklung angekündigt. Sarkozy hatte angesichts der Proteste und Klagen gegen Edvige zu einem Krisentreffen in den Elysée-Palast gebeten. Zuvor hatten selbst Minister aus Sarkozys Kabinett Zweifel an Edvige geäußert (Verteidigungsminister Hervé Morin und Rama Yade, Staatsministerin im Auswärtigen Amt).

Am Wochenende 13./14.9. tauchten dann erste Spekulationen auf, ein neues Edvige betreffendes Dekret befinde sich bereits in konkreter Vorbereitung und werde kurzfristig vorgelegt. Diese neue Version werde keine Angaben mehr enthalten zu sexueller Orientierung und HIV-Status. Abgeordnete forderten u.a. statt eines Dekrets ein Gesetz für Edvige.

Innenministerin Alliot-Marie hatte ‚Edvige‘ eigentlich ohne große Debatten durchsetzen wollen. Bisher hatte die Regierung nur zugestanden, über Edvige sei unzureichend informiert worden. Inhaltliche Fehler oder Probleme hingegen waren bisher nicht zugestanden worden. Immer wieder rechtfertigte sie ihr Dekret.

Staatspräsident Sakozy hingegen wurde wegen der Proteste zunehmend unruhig und betonte am 11.9., er hoffe auf baldige klarstellende Entscheidungen in den nächsten Tagen. Er kommentierte, alles was (bei Edvige) für die Sicherheit Frankreichs nicht erforderlich sei, könne doch entfallen. Dies galt bereits als Anzeichen anstehender inhaltlicher Modifikationen.

Im Rahmen von Edvige sollten ursprünglich u.a. auch Daten zu sexueller Orientierung sowie Gesundheit (auch HIV-Status) gespeichert werden.

Die Proteste gegen Edvige gingen durch nahezu die gesamte französische Gesellschaft. Schwulen- und Lesbengruppen fürchteten neuer ‚Rosa Listen‘, Aids-Gruppen protestierten gegen die Speicherung von HIV-Daten.

Nach den immer stärker werdenden Protesten erklärte Alliot-Marie ihre Bereitschaft, Aufbewahrungszeiten mancher Daten zu verkürzen.

Für den 16. Oktober ist eine große Protest-Demonstration in Paris geplant.

Die französische Schwulenzeitschrift Tetu enthüllte inzwischen, dass Daten zu Homosexualität längst gespeichert werden …

Nachtrag 20.9.2008: Edvige heißt nicht mehr Edvige … (Le Monde über ex-Edvige, danke an M.!) und gespeichert werden sollen nun ’nur noch‘ die Daten von ‚Personen, die als Bedrohung für die öffentliche Ordnung gelten‘.
Nachtrag 23.9.2008: SOS Rassisme fordert, auch keine Daten zur ethnischen Abstammung zu speichern.
Nachtrag 29.9.2008: Edvige heißt nun EDVIRSP – doch Kritik bleibt
Nachtrag 01.10.2008: die Bewegung „Non à Edvige“ hält ihren Aufruf zur Großdemonstration am 16.10.2008 in Paris aufrecht
Nachtrag 10.10.2008: Mit der Vorlage von Edvirsp wird Edvige zurückgezogen, dies hat das französische Innenministerium klargestellt.
Nachtrag 20.11.2008: ‚Cette fois, ‚Edvige‘ est bien morte‘

Der zumindest halbe Rückzieher, den die französische Regierung nun macht, zeigt einmal mehr, wie sehr sich zivilgesellschaftliches Engagement auszahlen kann. Ausschlaggebend für diesen teilweisen Rückzug waren nicht zuletzt die massiven Proteste eines äußerst breit angelegten Bündnisses von Gewerkschaften über politische Gruppierungen bis zu Schwulen- und Lesbengruppen sowie Aids-Organisationen.

… und, sorry, (fast) alle Links zeigen diesesmal auf französischsprachige Seiten … themenbedingt …

Frankreich: neue Rosa Listen auch für Schwule & Lesben, HIV-Positive?

In Frankreich wird eine Datenbank eingeführt, mit der ‚potenzielle Störer‘ überwacht werden sollen. Auch sexuelle Orientierung und HIV-Status werden gespeichert.

Der französische Inlands-Geheimdienst DCRI soll zukünftig Personen ab 13 Jahren (!) in einer Datenbank  speichern, wenn ihr Verhalten für die Zukunft eine mögliche Störung der öffentlichen Ordnung  befürchten lässt. Dabei soll die Speicherung von Fotos, Körper- und Wesensmerkmalen, Adressen und anderen Daten zulässig sein. Edvige, so soll die neue Datenbank heißen (Exploitation Documentaire et Valorisation de l’Information Genérale), wurde am 27. Juni mit einem Dekret angeordnet.  Unklar ist bisher, wer alles Zugang zu den Daten haben soll.

Die Maßnahme, die sich vor allem gegen die Gewalt von Jugendlichen in den Vorstädten richten soll, stößt auf Bedenken und Proteste. Die französische Datenschutzbehörde CNIL machte zahlreiche Einwände geltend. Doch Proteste kommen bei weitem nicht nur bei Datenschützern. Die Liga für Menschenrechte sprach von bereits einem ‚orwellschen Plan‘.

Schwulen- und Lesbenorganisationen beklagen insbesondere, dass auch Daten zur sexuellen Orientierung enthalten sein sollen. Zudem wird auch der HIV-Serostatus gespeichert.
Ein Vertreter des Innenministeriums hat mehrfach die Speicherung von sexueller Orientierung und HIV-Status bestätigt.

ACT UP Paris spricht von einem Rückfall in soziale Kontrolle wie in den 1950er Jahren und  beteiligt sich an von der Nichtregierungsorganisation RAS koordinierten breiten Protesten gegen Edvige (Unterstützung des Protest-Aufrufs gegen Edvige hier). Zu den Unterzeichnern des Protests gegen Edvige gehören u.a. Aides (franz. Aidshilfe) , Amnesty International Frankreich, Attac, zahlreiche Gewerkschafts-Abteilungen und zahlreiche Lesben-, Schwulen- und Transgender-Gruppen und SNEG (Vereinigung schwuler Unternehmen).

Dokumente:
Dekret Nr. 2008-632 über Edvige

Nachtrag 24.07.2008: Le Monde berichtet (auf frz.) „Edvige beunruhigt Homosexuellen-Menschenrechts-Organisationen“ und Tetu hat eine Direktorin des CNIL (eine Art Datenschutz-Behörde) im Interview: „Fichier Edvige: l’interview de la Cnil“
Nachtrag 25.7.: Michèle Alliot-Marie, französische Innenministerin, rechtfertigt die Speicherung von Daten zu Gesundheit und sexueller Orientierung
Nachtrag 03.09.2008: gegen Edvige formiert sich weiter der Widerstand. „Ein Regen an Einsprüchen vor dem Conseil d’Etat“, berichtet Tetu (der Conseil d’Etat ist das oberste französische Verwaltungsgericht). Alle Einsprüche zielen auf die Annulation des Dekrets, mit dem Edvige beschlossen wurde. Der Conseil d’Etat wird bis Ende Dezember 2008 über die Zulässigkeit des Dekrets für Edvige entscheiden.

in google we trust … (akt.)

Auf einen besonderen Fall von problematischem Umgang Datenschutz im Kontext schwulen Cruisens weist Gay Dating Tricks hin: ‚Wer hat Angst vor’m schwarzen Mann?‘ – Lesen!

Ja ja, die Macht der Googles … aufwachen …

(Neben-Bemerkung: die Überschrift ist vielleicht bei GDT nicht ganz optimal (oder ironisch?) gewählt … die Formulierung ‚wer hat Angst vor’m schwarzen Mann‘ spielt mit m.E. potenziell mit rassistischen Grundhaltungen.)

Nachtrag 13.5.2008: gr hat reagiert – und sieht keine Probleme beim Datenschutz, da nur die IP weitergegeben werde. Antwort im Originalpost bei GDT in den Kommentaren.

‚Ich war noch niemals in New York …‘ (akt.)

„Ich war noch niemals in New York“ – vom US-Einreiseverbot für Menschen mit HIV und Aids können Positive ein Lied singen. Die EU soll das jetzt ändern.

Die EU-Kommission soll bei den USA durchsetzen, dass EU-Bürger mit HIV-Infektion bei der Einreise in die USA nicht mehr diskriminiert werden, fordern EU-Parlamentarier. Gespräche zwischen EU und USA finden morgen statt.

Bereits seit langem wird das de facto bestehende Einreiseverbot der USA für Menschen mit HIV und Aids kritisiert. Die EU-Kommission hingegen hat bisher nicht sehr viel unternommen, um auf nicht-diskriminierende Einreiseregelungen der USA für HIV-Positive hinzuwirken.

Nun jedoch fordern britische Politiker, die EU solle das Thema auf die Agenda ihrer Gespräche mit den USA setzen. Insbesondere solle das Einreiseverbot auch beim für morgen (13.3.2008) angesetzten Treffen der Justiz- und Sicherheits-Minister von EU und USA behandelt werden.

Baroness Sarah Ludford, Mitglied des Europaparlaments (Liberal Democrats) äußerte gegenüber pinknews „die EU sollte mit einer gemeinsamen Stimme nicht nur für die Visa-Freiheit bei Reisen in die USA für die Bürger aller ihrer 27 Mitgliedsstaaten eintreten, sondern auch dafür, dass dies auf nicht-diskriminierende Art erfolgt.“
Sie betonte weiter „die Regierunsgchefs sollten nicht tolerieren, dass ihre HIV-positiven Bürger zusammen mit Kriminellen eingesperrt oder wie moderne Aussätzige behandelt werden.“

Ludford erklärte, sie wolle zusammen mit anderen Kollegen im EU-Parlament eine Petition einbringen, mit der die EU-Kommission aufgefordert werden soll, die Reisefreiheit für HIV-Positive in die USA in das Verhandlungs-Mandat mit aufzunehmen.

Das Thema Einreiseverbot für HIV-Infizierte ist zudem Thema auf der Sitzung des US-Senats am kommenden Freitag. Dort wird ein Antrag der Senatoren John Kerry und Gordon Smith behandelt. Sie hatten zusammen mit der kalifornischen Abgeordneten Barbara Lee einen Gesetzentwurf eingebracht, den ‚HIV Non-Discrimination in Travel and Immigration Act‘.

Erst jüngst hatte die EU von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt mit dem ‚Department of Homeland Security‘ (DHS) der USA eine Vereinbarung getroffen, nach der die USA Zugriff auf die Daten von Flugpassagieren erhalten, u.a. auch über deren sexuelle Orientierung. Das DHS besteht darauf, diese Daten auch zur Seuchenbekämpfung einsetzen zu können.

Zwar planen die USA seit einer Ankündigung aus dem Weißen Haus im Dezember 2006 eine Lockerung des HIV-Einreiseverbots. Die bisher vorgeschlagenen neuen Regelungen, die das ‚Department of Homeland Security‘ im Herbst 2007 als Entwurf vorgelegt hatte, sind jedoch bei Politikern, Experten und Aktivisten auf breite Kritik und Ablehnung gestoßen.

Erst jüngst hatte die Aids-Organisation der Vereinten Nationen UNAIDS ein ‚Task Team‘ eingesetzt, das sich mit HIV-bedingten Reisebeschränkungen befassen und für deren Abschaffung einsetzen soll.

Nachtrag 15.03.2008: der Antrag ‚HIV Non-Discrimination in Travel and Immigration Act‘ hat im US-Senat am Donnerstag die Zustimmung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten erhalten und wird nun dem gesamten US-Senat zur Beratung vorgelegt. [via 365gay.com]

Sex-Schnüffler bei der EU?

Sie haben Sex?
Sie leben in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung?

Schon zwei Gründe, sich für die geplante EU-Volksbefragung zu interessieren …

Sie haben wegen Ihrer HIV-Infektion (oder auch aus anderen Gründen) einen Schwerbehinderten-Ausweis?
Sie engagieren sich freiwillig / ehrenamtlich in einer Schwulengruppe, einer Aids-Hilfe?

Schon wieder zwei Gründe, warum die EU-Volksbefragung die interessieren könnte!

Denn genau auch nach diesen Punkten möchte die EU gerne ihre Bürger befragen. Sie plant für 2011 eine EU-Volkszählung, den Zensus 2011. Und ist gerade im Begriff, dazu ein ‚EU- Volkszählungs-Gesetz‘ zu verabschieden. Darin formuliert sie umfangreiche Informations- Interessen – bis hinein in tiefste Privatsphären der Bürgerin und des Bürgers …

Zu den Punkten, die bei der Volkszählung u.a. abgefragt werden sollen, gehören laut Gesetzestext (bzw. dem hier besonders wichtigen Anhang) zum Beispiel:
– Familienstand
– Datum des Beginns der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
– ehrenamtliche Tätigkeit
– Behinderung
– Typ einer Patchwork-Familie

Derzeit wird im EU-Parlament nach zum Teil deutlicher Kritik aus mehreren Fraktionen diskutiert, ob die Plenar-Abstimmung über das EU-Volkszählungs-Gesetz wegen unklarer Fragen auf 2008 verschoben werden soll.

Früher stießen Volkszählungen auch in Lesben- und Schwulenkreisen auf massive Kritik. In Zeiten freiwilliger Selbst-Auskunfts-Wut im Internet (siehe blaue Seiten) scheinbar nicht, Probleme mit Datenschutz sind kaum noch Thema. Zumindest ist Kritik an der geplanten EU-Volkszählung aus Schwulen-, Lesben- und Aids-Kreisen bisher nur wenig zu vernehmen …

weitere Informationen:
Daniela Schröder: Gegen den gläsernen Europäer. In: Das Parlament 49/2007
derzeitiger Beratungsstand des EU-Volkszählungsgesetzes im EU-Parlament
Procedure File des EU-Parlaments zur EU-Volkszählung
Vorschlag der EU-Kommission für die EU-Volkszählung (pdf)

positiver Protest

In zahlreichen Städten fanden am 6.11.2007 Demonstrationen gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung statt. Auch die deutsche Aids-Hilfe hatte darauf hingewiesen, dass die geplante Vorratsdatenspeicherung die Arbeit von Aids-Hilfe gefährden kann.

Einen besondere Form des Protests wählten Demonstranten in Karlsruhe: rund 100 Bürger versammelten sich bei der Demonstration am Marktplatz – und einige der Demonstranten zeigten auf Passanten mit Schildern, auf denen „homosexuell“ oder „HIV-positiv“ stand. Mit einer Kamera-Attrappe wurden die Passanten dabei gefilmt.

Idee dabei war, auch unbeteiligten Passanten deutlich sichtbar zu machen, wie leicht die geplanten Maßnahmen auch zu Eingriffen in jedermanns Privatsphäre führen können. Andere Demonstranten trugen dazu z.B. Schilder mit Hinweisen wie „Hinz hat mit Kunz um 3:30 Uhr telefoniert.“

Über Reaktionen der Passanten auf die ‚positiv‘- oder ’schwul‘-Ansprache wurde nicht berichtet.

Zunächst mag es befremdlich erscheinen, auf Passanten mit Schildern wie „HIV-positiv“ zu zeigen. Auf den ersten Blick erinnert die Aktion vielleicht an die bestürzenden Fotos des Fotografen Oliviero Toscani, der z.B. Ärsche mit „H.I.V. positive“ stempelte.
Aber – geht es nicht genau um diese ‚Indiskretion‘? Drückt nicht genau diese Drastizität aus, was viele Menschen befürchten, wenn die Vorratsdatenspeicherung umgesetzt wird? Dass es nichts Privates mehr gibt, dass alle möglichen persönlichen Daten viele Monate gespeichert werden, womöglich verwendet für Zwecke, von denen niemand genau erfährt?
Hat diese Art der Demonstration nicht ’nur‘ bestehende Ängste treffen auf den Punkt gebracht?