Wahlen in Cottbus wieder prüfbar

Einen kleinen Erfolg gibt es in Sachen Wahlcomputer zu vermelden: die Stadt Cottbus plant heute zu beschließen, den Kauf von Wahlcomputern rückgängig zu machen.

Wahlcomputer sind in Deutschland gemäß Bundeswahlgesetz zugelassen.
Und sie sind unsicher weil manipulierbar, wie mehrfach gezeigt wurde. Zudem bieten Wahlcomputer im Gegensatz zu den bisherigen schriftlichen Abstimmungsverfahren keine Möglichkeit, das Ergebnis nach Abschluss der Wahl zu überprüfen – es liegen keine Stimmzettel als Belege vor. Kritiker bezeichnen Wahlcomputer aus diesem Grund auch als ’nicht demokratietauglich‘.

Bereits im Herbst letzten Jahres hatte sich eine Petition gegen Wahlcomputer gewendet, über 45.000 Unterstützer/innen hatten sich der Petition angeschlossen. Die Bedenken werden nun dem Petitionsausschuss des Bundestags vorgetragen.

Der Cottbusser Stadtrat hatte eigentlich – nach erfolgreichen Versuchen bei bisherigen Wahlen (mit aus Köln ausgeliehenen Geräten) – beschlossen, 74 Wahlmaschinen des niederländischen Herstellers Nedap (Typ ESD1) zu kaufen.

Gegen den Einsatz von Wahlcomputern hatten sich mehrere Cottbusser Bürger (u.a. mit Unterstützung des Chaos Computer Clubs) gewandt, auch mit einem Einspruch, der jedoch vom Wahlprüfungsausschuss zurückgewiesen wurde.

Nun jedoch scheinen die Bedenken zu fruchten: die Cottbusser Stadtverordneten wollen auf ihrer Sitzung am heutigen Mittwoch beschließen, den geplanten Kauf rückgängig zu machen. Die Wahlcomputer seien nicht sicher genug, äußerte ein CDU-Stadtverordneter gegenüber der Presse.

Vorreiter beim Einsatz von Wahlcomputern ist derzeit Nordrhein-Westfalen und dort insbesondere Köln (570 eingesetzte Wahlcomputer). In den Niederlanden werden Wahlcomputer landesweit genutzt.
Inzwischen mehren sich jedoch die Bedenken gegen Wahlcomputer auch international. So plant Italien, auf den Einsatz von Wahlcomputern bald wieder zu verzichten.

Über Kondome und Ignoranz

Dass einige Politiker im Bundestag einen Antrag eingebracht haben, mit dem die ‚fahrlässige HIV-Verbreitung‘ zukünftig unter Strafe gestellt werden soll, geistert ja inzwischen sogar durch die sich ansonsten oftmals eher weniger durch Inhalt profilierenden Gratis-Homoblätter.

Dabei gerät allerdings gerne in Vergessenheit, dass eine bewusste Infektion eines/r anderen bereits heute strafbar sein kann – und dass schon heute Positive auch in Deutschland wegen ‚gefährlicher Körperverletzung‘ verurteilt werden, wie jüngst ein schwuler Mann in Memmingen.

Unterdessen läuft auch in Würzburg seit Ende Dezember 2006 ein Verfahren wegen bewusster HIV-Infektion (das außerhalb der regionalen Medien kaum wahrgenommen wird). Ein 38jähriger Mann afrikanischer Abstammung muss sich dort vor Gericht verantworten. Ihm wird zur Last gelegt, mit mindestens sieben Frauen ungeschützten Sex gehabt zu haben; mindestens eine davon wurde mit HIV infiziert. Als Motiv wird ihm Rache vorgeworfen.
(In einem anderen Fall wurde gestern ein sehbehinderter HIV-positiver Berliner freigesprochen, der in Notwehr einen Potsdamer in den Finger gebissen hatte, der ihn vorher mehrfach rassistisch beleidigte und angriff.)

Ein Teil der schwulen Szene reagiert, eine langsam wachsende Zahl von Betreibern schwuler Treffpunkte schließt sich einer freiwilligen Selbstverpflichtung an (insbes. kostenloses Bereitstellen von Kondomen und Gel), in Berlin sogar unter einem „Markennamen“: safety4free.

Umso mehr macht es mich sauer, wenn (gerade auch in Berlin) immer noch Betreiber von Sex-Orten wie Darkrooms oder Saunen sich weigern, unentgeltlich Kondome auszugeben. Und, darauf angesprochen, reagieren mit Kommentaren wie ‚das musste dir schon selbst mitbringen‘ oder ‚das können wir uns hier nicht leisten‘.
Wem sie mit ihrer Ignoranz in die Hände spielen, ist wohl offensichtlich … und der Gast mag vielleicht nachdenken, ob er (es gibt Auswahl genug) nicht lieber an Orte gehen mag, die sich Gedanken um die Szene und ihre Gäste machen – und im Bedarfsfall Kondome bereit stellen.

Es gilt, ein Klima zu erhalten (oder auszubauen), das Solidarität ermöglicht, Diskriminierung vermeidet und so erst die Basis für Präventionsbemühungen bietet.

Die Versuche, Positive zu kriminalisieren, einseitig „Schuld“ und „Verantwortung“ nur einer Seite zuzuweisen, schreiten derweil voran. Wachsam bleiben.

Noch mehr Cruise-Sch…

Wie der Caliban (unter dem wunderbaren Titel „Schwule, Heten und andere Katastrophen“) mitteilt, ist wohl wieder einmal von Wundern (oder Katastrophen?) zu berichten: Tom Cruise ist zu Jesus mutiert.

Die Scientology-Sekte betrachte Tom Cruise als ihren neuen Jesus, melden mehrere englischsprachige Medien. Cruise sei vielfach für seine Ansichten angegriffen und kritisiert worden, in Zukunft werde er hierfür angebetet werden. Cruise ist seit den 1980ern Mitglied von Scientology.

Nun ist mir diese Sekte (nach persönlichen Erfahrungen im Bekanntenkreis schon vor 25 Jahren) mehr als suspekt. Was man/frau von Cruise als Jesus nun halten mag? Vielleicht hat des Künstlers Kind Suri das schon ausgedrückt … ‚Baby Poop‘, einfach sch…

Schade, einige der Cruise-Filme mochte ich echt gerne, zumindest unter dem Aspekt, gut unterhalten zu werden. Das hat sich nun definitiv erledigt …

Gewinne Gewinne Gewinne

Heute noch so eine Geschichte, die man lieber nicht erzählen möchte. Wieder eine Geschichte aus dem bunten Pharma-Zirkus, in dem sich alles um Gewinne Gewinne Gewinne dreht. Eine Geschichte um Pillen und Aids.

Die Immunschwäche-Krankheit Aids wird ausgelöst durch eine Infektion mit dem HI-Virus. Die HIV-Infektion kann inzwischen oftmals erfolgreich behandelt (wenn auch nicht geheilt) werden, eine größere Anzahl Medikamente steht in den wohlhabenden Industriestaaten, zunehmend aber auch in einigen Staaten der sogenannten ‚Dritten Welt‘ zur Behandlung zur Verfügung.

Die Pillen, der Markt und der Preis
Eines dieser Medikamente ist Norvir des Herstellers Abbott. Norvir (Wirkstoff Ritonavir) wurde ab Mitte der 90er Jahre als Medikament gegen HIV eingesetzt (von den Patienten allerdings u.a. aufgrund seiner Nebenwirkungen wenig geliebt). Bis man feststellte, dass Norvir auch in der Lage ist, schon in einer geringen Dosierung andere Medikamente in ihrer Wirksamkeit zu verstärken. Dies wurde bald zum hauptsächlichen Einsatzgebiet von Norvir, während als eigentliches Medikament oftmals Substanzen von Wettbewerbern eingesetzt wurden. Fast jedesmal jedoch verdiente Abbott mit, da als ‚Verstärker‘ Norvir eingesetzt wurde.

Nun könnte man als Hersteller überlegen, ’na, schön dass unsere Pille trotz all der Nebenwirkungen und besseren Konkurrenzprodukte überhaupt noch ein Einsatzgebiet hat und damit Umsatz bringt‘. Nicht so jedoch der Pharmakonzern Abbott.
Dem reichte der Umsatz als „Verstärker“ nicht. Im Jahr 2003 begann man zu überlegen, was denn getan werden könnte, um den eigenen Marktanteil zu sichern und den Umsatz anzukurbeln. Welch perfide Vorschläge dabei ernsthaft erwogen wurden, enthüllte jetzt das Wall Street Journal.

Eine der Ideen: der Pharmakonzern könnte Norvir in den USA ganz vom Markt nehmen – um Wettbewerber zu schädigen, die Norvir als Verstärker (Booster) für ihre Medikamente nutzen (und dann nicht mehr einsetzen könnten).
Eine weitere Option: die Kapseln durch den Saft zu ersetzen (der wirklich so eklig schmeckt, dass selbst die Außendienst-Mitarbeiter des Konzerns sich nach Ausprobieren weigerten, die Probe zu wiederholen).
Dies hätte Patienten vermutlich gezwungen, auf das konzerneigene Medikament Kaletra zu wechseln (in das Norvir selbstverständlich als Booster, und geschmacksneutral, eingebaut ist).

Was hätten diese Alternativen in der Praxis bedeutet?
Abbott hätte Norvir (Kapseln) vom Markt genommen. Da wenig Umsatz, wäre der direkte finanzielle Verlust nicht sehr groß gewesen.
Die Patienten und ihre Ärzte hätten sich entscheiden müssen. Sie könnten weiterhin Medikamente eines anderen Herstellers einnehmen, aber nur ohne „Verstärker“, oder nur mit dem wirklich unerträglich schmeckenden Norvir-Saft. Oder sie wechseln zu einem Produkt von Abbott (hier also Kaletra) – denn in seine eigenen Pillen baut der Konzern selbstverständlich den Verstärker auch weiterhin ein, auch mit erträglichem Geschmack.

Um dem ganzen noch einen besonderen Akzent zu geben, wurde diskutiert, wie denn diese schwer erträgliche Entwicklung vor Ärzten und Patienten gerechtfertigt werden könnte. Die perverse Idee: die ‚dritte Welt‘ könnte doch die Schuld bekommen. Man benötige alle Produktionskapazitäten, um den Staaten der ‚Dritten Welt‘ ausreichend Norvir zur Verfügung stellen zu können, so das Gedankenspiel zur Begründung der diskutierten Möglichkeit, Norvir in den USA vom Markt zu nehmen.

Und wie gingen diese perfiden Planspiele aus?
Der Pharmakonzern entschied sich im Dezember 2003 für eine dritte Option. Der Preis für Norvir wurde in den USA erhöht, und zwar drastisch.
Die angenehme Nebenfolge für Abbott: während sich die Gesamt-Preise für die Produkte der Wettbewerber, die ja das nun 5fach teurere Norvir als Verstärker benötigen, massiv erhöhten, würde Kaletra (das hauseigene Produkt mit ‚eingebautem‘ Norvir-Verstärker) preislich attraktiver sein und dadurch massive Marktanteile gewinnen.
Diese Begründung wurde natürlich nie offiziell gegeben. Abbott begründete vielmehr die Preiserhöhung damit, der neue Preis reflektiere nun endlich den ‚wahren Wert‘ der Substanz in der Therapie.

Der ‚wahre Wert‘ allerdings erschreckte nicht nur Marktbeobachter, Ärzte und Patienten. Abbott verfünffachte (!) den Preis von Norvir in den USA.
Der Großhandelspreis für eine Packung Norvir-Kapseln (100 Stück à 100mg) wurde von Abbott erhöht von 205,74 US-$ auf nunmehr 1.028,71$. Trotz massiver Proteste von Ärzten, Aktivisten, Patientenvertretern und Gesundheitspolitikern blieb es bis heute bei dieser Preiserhöhung.

Eine Geschichte, die beinahe so klingt, als hätten sie Drehbuch-Autoren wenig ambitionierter Movies sich nachts aus den Fingern gesogen – und die dennoch traurige Wirklichkeit ist.
(weitere Informationen: Hintergrundinformationen hier)
Norvir und Kaletra sind geschützte Warenzeichen von Abbott

Potenz bald rezeptfrei?

Auch Gesundheit und Medikamente sind ein Markt. Klar doch.
Oder nicht?
Geht es nicht um mehr als „nur“ darum, möglichst viel Profit zu machen mit Krankheit und Gesundheit? Sind Medikamente wirklich das gleiche wie Autoreifen oder Fastfood, nämlich nur ein Wirtschaftsgut, mit dem Konzerne versuchen möglichst viel Gewinn zu machen?
Manchmal befürchte ich, ja, auch Medikamente sind nur ein Markt, ein Monopoly, Geschäftemacherei.

Wie bei der Meldung jüngst, der Pharmakonzern Pfizer überlege, seine Potenzpille Viagra auch ohne Rezept zugänglich zu machen.

Und warum, gerade bei Viagra (das ja trotz Rezeptpflicht nicht von den Kassen erstattet wird, sondern vom Anwender selbst zu bezahlen ist)? Hat sich vielleicht bei den vielen Millionen Anwendungen bisher gezeigt, dass dieses Medikament harmlos, ohne potenzielle Nebenwirkungen oder Schäden ist? Oder macht sich ein selbstloser Pharmakonzern Sorgen, dass vielleicht nicht alle Männer in der Lage sein könnten, von den Vorteilen seines tollen Produkts zu profitieren?

Mitnichten, keineswegs.

Der Grund ist vielmehr, ganz profan: Umsatz. Gewinn. Geld.
Auch bei Potenzmittel ist seit der Zulassung der Viagra-Konkurrenten Cialis und Levitra der Wettbewerb ausgebrochen, wenn auch nicht über den Preis, so doch über die ‚Leistung‘. Und diesen Wettbewerb scheint Pfizer nun zu merken, am Viagra-Umsatz (der, nebenbei, allein im dritten Quartal 2006 bei 423 Millionen US-$ lag).

Und klar doch, was liegt da näher, als ein Medikament, zudem ein in seiner Anwendung nicht immer gerade risikoloses, rezeptfrei zugänglich zu machen? Nehmen wir’s mal schnell aus der Rezeptpflicht, wird sich schon ein Weg zu finden (z.B. Dosisänderung).
Umsatzförderung durch Senken der Schwellen?
Dann braucht der schüchterne Mann nicht einmal mehr seinen Arzt zu fragen, sondern kann gleich in den Supermarkt um die Ecke gehen und vielleicht einfach so neben H-Milch und Billig-Bier auch noch eine Packung Potenz kaufen? Und nebenbei stimmt der Umsatz dann auch wieder?

Und wann dreht die BZgA dann einen Spot mit „Tina, wat kosten die Viagra?“
Und wo bleibt der Unterschied zwischen Medikamenten und Waschmittel?

Teste dich zum Richtigen?

Nach einigen bald beendeten Ausflügen in virtuellen Welten (wie das zügig wieder verlassene MySpace) habe ich mich erneut auf die Reise durch die unendlichen Weiten der elektronischen Kontaktaufnahme begeben.

Virtuelle Welten sind ja so eine zwiespältige Sache. Da chattet man und chattet, und heraus kommt, wenn überhaupt, oft ein Fake. Oder man schreibt sich die Bloggerfinger wund, und kaum jemand liest’s. Oder wird von Spam-Messages und Marketing-Tricks überschüttet.
Letztens jedoch bin ich beim Surfen (durch eine Mail eines Bekannten) auf ein Portal aufmerksam geworden, das ganz erfrischend und interessant wirkt und mir einen Versuch wert scheint.

OKCupid! ist eines dieser vielen Portale, auf denen sich Menschen für was auch immer begegnen können. Na, nicht noch ein Gayromeo, denkt der schwule Leser sicher sofort, ein anderer mag sich fragen ‚wozu das denn noch‘.
OKCupid bietet genau ein Feature, das es von den zahlreichen anderen Sites unterscheidet – Tests. Die Ergebnisse dieser Test werden dann dazu verwendet, unter all den angemeldeten Usern (oder nach eigenen Filtern) zu suchen, wer mit den eigenen Antworten, Einstellungen und Vorlieben zusammen passen könnte (sogenannte Matches).

Die Tests haben dabei zweierlei Form. Zum einen einfache Fragen nach dem One-Choice-Prinzip, bei denen man/frau zusätzlich angibt, welche Antwort der potenzielle Partner möglichst geben sollte, und wie wichtig einem diese Frage ist. Zum anderen aber, und das gibt oftmals sehr interessante Ergebnisse, eine Vielzahl von Tests (mit einer bis zu 30 Fragen) zu den unterschiedlichsten Fragen (von Politik und Weltanschauung über Kochen und Urlaub bis zu Sexualität).
Wie viel man/frau von sich preisgeben möchte, bleibt dem eigenen Gusto überlassen – alle Fragen können übersprungen werden, alle Tests sind freiwillig.

Je mehr dieser (frei auswählbaren) Tests ausgefüllt werden, desto genauer werden die Matches – und führen oft zu erstaunlichen Ergebnissen. Tatsächlich stoße ich nach einigen Tagen auf Menschen, bei denen ich anhand ihres Profils und der Ergebnisse ihrer Test denke, ‚ooops, da könnte was passen‘, oder ‚interessanter Mensch, mit dem könnte man sich mal treffen‘. Die aufsummierten Testergebnisse und Fragen scheinen ein realistischeres Bild von der Person zu geben, als es durch noch so ausgefeilte Selbstdarstellungs- Profile auf Gayromeo und Co. möglich ist. Eine komfortable Suche ermöglicht dazu ein Eingrenzen nach regionalen Faktoren oder Geschlechtern und sexuellen Vorlieben.

Während sich ansonsten die Kontaktforen (gerade für Schwule) immer weiter ausdifferenzieren, sich immer speziellere Zielgruppen suchen (von jungen Homos über Fetisch bis Bareback), wendet sich OKCupid! an „alle“ – und ermöglicht so sowohl, den eigenen ‚Mus-Topf‘ einmal wieder zu verlassen, als auch überraschende neue Kontakte zu machen.

Auch hier besteht die Welt der im Profil anzugebenden (auf dieser Site möglichen) Identitäten allerdings aus nur sehr wenigen Dimensionen – genau sechsen, die sich aus den Paarungen männlich / weiblich sowie straight / bisexuell / gay ergeben. So mancher Transgender wird sich da kaum wiederfinden mögen.
Die Site ist insgesamt weitgehend leicht und intuitiv zu bedienen (und wer mehr basteln will, die ausgefuchsteren Dinge erinnern weitgehend an Wiki-Syntax).

OKCupid! – ein interessantes Portal zum (virtuellen) Kennenlernen von Menschen, die einem sonst wahrscheinlich nicht begegnet wären. Sehr interessant und reizvoll finde ich insbesondere die Vielzahl der angebotenen Test – hier ergeben sich, gerade wenn man/frau ein wenig mehr „Futter“ an das eigene Profil gebracht hat, doch recht interessante „matches“. Ich bin auf Menschen gestoßen, von denen ich (anhand ihres Profils) tatsächlich Interesse hätte sie kennenzulernen, und die mir so wahrscheinlich im real life kaum begegnet wären.
Ein Problem hat die Site: auf OKCupid! sind bisher überwiegend US-amerikanische User, nur recht wenige Nutzer aus Europa und insbesondere Deutschland. Da dürften die meisten interessanten Matches wohl bei Email- und Chatkontakten bleiben….

Wortverlust

Über den Verlust von Worten klagen ja bereits einige Blogger, scheint ein Zeit-Phänomen zu sein 😉

Eins der verloren gehenden Worte ist wohl ‚Groschenroman‘. Den Groschen haben wir schon seit einigen Jahren nicht mehr, und die mit diesem Zusatz bezeichneten ‚Romane‘ hatte ich schon viele viele Jahre nicht mehr in den Händen. Obwohl, in meiner Jugend gab’s durchaus den ein oder anderen Groschenroman, den ich verschlungen habe. Nicht Courths-Mahler oder andere Herzensgeschichten. Aber Perry Rhodan. Der war durchaus eine Zeit lang Held meiner Lese- und Traum-Phantasien.
Und heute? Perry Rhodan gibt es immer noch (erstaunlich …), und die Roman-Kategorie, Format A5, die ihren Namen vom ehemaligen Verkaufspreis bezieht, auch – aber das Wort, das sie bezeichnet, der ‚Groschen-Romans‘, dieses Wort ist wohl dabei verloren zu gehen.

Ein anderes Wort hab‘ ich nicht verloren – allein, auch dieses Wort hat mit Sinnverlust zu kämpfen.
Der Glücks-Pfennig! Ja, ausgerechnet dieses kleine Kupfer-Ding. Oder sagen Sie etwa seit einiger Zeit ‚Glücks-Cent‘? Ich bring das nicht über’s Herz, oder besser: die Lippen. Das Glückssymbol, oft zu Silvester (am besten zusammen mit dem obligaten vierblättrigen Kleeblatt, das längst durch Blumenzuchtanlagen entwertete wurde), oder, in stiller Freude, als Überraschungsfund auf dem Gehsteig, bleibt für mich der ‚Glückspfennig‘ – Währungsumstellung hin oder her.

Käufliche Proteste

Demonstrationen, das Recht, seine eigene Meinung, auch in der Gruppe, öffentlich zu äußern, gehört zu den Grundrechten und ist im Grundgesetz garantiert (Versammlungsfreiheit). Sie sind ein wichtiger Bestandteil einer freiheitlichen Gesellschaft – und drohen gerade, in die Klauen von Geschäftemachern zu geraten.

Findige Geschäftsleute haben eine neue Idee entdeckt und beginnen sie im Internet zu vermarkten: miete dir deine Demonstranten.

Auf einer Internetplatform, die auch Stretchlimousinen und Stripperinnen feilbietet, stehen in der Art eines Marktplatzes (unter der Kategorie Personal / Demonstrant) bereits mehrere Hundert Personen bereit, sich für Demonstrationen jeglicher Art gegen Geld als Teilnehmer mieten zu lassen. Mit Photo und persönlichen Daten versehen, kann der Demonstrations-Organisator sich hier seinen Massenprotest drapieren lassen – zu Preisen von derzeit 145,- Euro pro Einsatztag. Gemietete Demonstrationen – Demokratie als Operette und das Recht auf freie Meinungsäußerung als Farce.

Als einer der Vorreiter dieser unappetitlichen Vorgänge erweist sich ausgerechnet die Ärzteschaft in Deutschland.
Anlässlich ihrer Protestaktionen gegen die Pläne der Bundesregierung zur Gesundheitsreform „mietete“ sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung Presseberichten zufolge Ende 2006 etwa 170 Mitarbeiter eines Dienstleistungsunternehmens und „beschäftigte“ sie als Demonstranten für die Interessen der deutschen Ärzteschaft. Das, was in Zeitung und TV als „demonstrierende Ärzte“ und Beleg für massenhafte demokratische Proteste dargestellt wurde, war nichts weiter als ein Spektakel, eine Inszenierung, ein gekaufter Protest.

Kommerzielle Anbieter käuflicher Demonstranten wie der o.g. Marktplatz jubeln natürlich über diesen Dammbruch. Während sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung damit herausredet, das ganze sei ja nicht als Demonstration angemeldet gewesen, das war ja nur die Abschlussveranstaltung einer PR-Kampagne. Ach so …

Proteste zu kommerzialisieren ist ein zutiefst antidemokratischer Schritt.
Der dazu führen könnte, dass Interessen zunehmend nur noch dann eine Chance haben öffentlich wahrgenommen zu werden, wenn entsprechend Kapital hinter ihnen steht. Der die Form der Demonstration als Weg der öffentlichen Meinungsäußerung insgesamt diskreditieren könnte. Der Demokratie wieder einen Schritt mehr dahin führen könnte, dass sie zu einem ‚Brot-und-Spiele-Zirkus‘ verkommt.

Die Kommerzialisierung von ‚Protesten‘ mag vielleicht für manche Funktionäre und Wirtschaftsvertreter eine reizvolle Vorstellung sein – mein Ziel bleibt eine Demokratie, in der möglichst viele Menschen an der Willensbildung und an Entscheidungsprozessen beteiligt sind, z.B. im Sinne einer partizipatorischen Demokratie .

Guck mal wer da spricht …

„Nicht über uns reden, sondern mit uns“ forderte ACT UP Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre, ging mit Aktionen und Inhalten in die Aids-Kongresse, zwang Mediziner Forscher und Pharmaindustrie zum Dialog, zum Streitgespräch mit ‚Betroffenen‘.

Und heute?

Manchmal scheint mir, die gleichen ACT UP – Aktionen müssten heute in so einigen Aidshilfen stattfinden. Damit Positive endlich (wieder) nicht nur als Klienten, als zu bespaßende und beratende Kundschaft (und, nebenbei, als Existenzgrundlage der Jobs vieler Mitarbeiter) betrachtet werden, sondern als Partner mit denen zusammen Aidshilfen handeln, und die selbstverständlich aktiv mit einbezogen werden.

Viele Aidshilfen haben sich inzwischen zu Organisationen entwickelt, in denen Selbsthilfe, aktives Einbeziehen von Positiven (auch in Entscheidungen) oder Fördern von positivem Selbst-Engagement Fremdworte zu sein scheinen, die höchstens noch zu dunklen Schatten einer fernen Vergangenheit gehören.

Dazu ist es nicht ohne Grund gekommen – welche/r Positive will sich denn heute noch einmischen, sich auch nur Gedanken machen? Ich fürchte, ihre Zahl ist gering, ihr Alter eher hoch.

Und dennoch – brauchen wir nicht neben aller Bespaßung Betreuung Befütterung -auch- wieder eine Kultur, in der die, die es angeht, selbstverständlich aktiv mit eingebunden werden? In der Positive ermuntert, aktiv unterstützt werden sich zu beteiligen? In der Selbsthilfe und positives Engagement wieder selbstverständlich und erwünscht sind? In der Kritik geschätzt, Diskussionen und Debatten gewürdigt (und nicht als unerwünschtes Einmischen abgekanzelt) werden?

Oder müssen wir uns von der Illusion verabschieden, dass Aids-Hilfe noch etwas mit Selbsthilfe, mit aus eigener Betroffenheit engagierter Interessenvertretung zu tun hat?

Fette Hunde

Hunde können anscheinend intelligent sein und sogar Schilder lesen. Hunde können aber anscheinend (wie ihre Herrchen und Frauchen) auch zu fett werden.

Wie gut, dass wir da die fürsorgliche Industrie haben. Denn: die Überfluss-Gesellschaft hat eine neue Errungenschaft geboren, die Abnehm-Pille für fette Hunde.

Der Wirkstoff Dirlotapide gegen Fettleibigkeit im Tier-Bereich wurde am 4.1.2007 mit Wirkung ab 12. Dezember 2006 von der US-Medikamentenbehörde FDA für Hunde zugelassen. Die FDA begrüßte dies als Bereicherung für die Tiermedizin, weil Fettleibigkeit bei Hunden ein zunehmendes Problem sei.

Eine Fettpille für Hunde halte ich für mindestens so überflüssig und dekadent wie Biofutter für Hunde

… und jeglichen Kommentar, wie viele Menschen täglich auf der Welt sterben an den Folgen von Mangelernährung oder Erkrankungen, die mit Medikamenten wirkungsvoll bekämpft werden könnten, die nur Cent-Beträge kosten (oder noch nicht entwickelt wurden, weil sie für die Pharmaindustrie zu wenig Profit versprechen), versuche ich mir zu verkneifen …

… und werde den Gedanken nicht los, warum Hersteller Pfizer nicht direkt auch noch Viagra für Hunde auf den Markt bringt? Gewinn bringt das bestimmt auch …

Synonymisiert im Kompotenz-Netz

Früher – ja früher, da fingen Märchen noch mit „es war einmal“ an…..
Und Datenschutz war noch ein hehres Anliegen, ein Thema, das viele politisch denkende Menschen bewegte.

Und heute?
Ich wundere mich, welche (geringe) Bedeutung anscheinend Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Bewusstsein vieler nur noch haben.

Selbst Menschen, die noch vor einigen Jahren den Volkszählungs-Boykott mit organisierten, haben heute keine Bedenken, ihre privatesten Daten bereitwillig zur Verfügung zu stellen.
Selbst diejenigen, die noch vor wenigen Jahren hinter jedem Spiegel eine ‚Rosa Liste‘ vermuteten, sind heute mit persönlichsten Details im Netz zu finden.
Und auch ich selbst muss mich ja immer wieder selbst beäugen – wie viel Privates will ich von mir, z.B. in diesem Blog, preisgeben?

Das alles sind aber immer noch freiwillige, selbst entschiedene (und hoffentlich nicht nur unüberlegte) Preisgaben persönlicher Informationen.
Nun aber – werden selbst medizinische Daten Positiver unkontrolliert und ungenehmigt ins Ausland geliefert? Ohne Einwilligung, unter Umgehung des Datenschutzes? Für eine Studie, die Genom-Untersuchungen macht?
Ein interessanter Artikel auf gay-web zeigt, dass die Affäre noch lange nicht vorbei zu sein scheint. Sondern der weiteren, neutralen Aufarbeitung harrt.

Jetzt einfach im nachhinein einige Einverständnisse doch noch einholen, etwas die Formulare (der Einverständnis-Erklärung) aufhübschen, dann weiter wie bisher – das ist zu wenig.
Das wäre ein Herumdoktern an Symptomen, mehr nicht.
Zu viele Fragen sind noch offen, zu viele Probleme noch nicht befriedigend geklärt.
Erforderlich wäre ein offensives Angehen der bestehenden Probleme. Die zahlreicher zu sein scheinen, als einige offensichtlich wahrnehmen zu wollen bereit sind. Probleme, die z.B. reichen von einer (dann hoffentlich verständlichen) Patienten-Aufklärung über Konzept und Realität des Datenschutzes, die Klärung juristischer Fragen (z.B. Beschlagnahmeschutz) bis zur Klärung von Fragen von Doppel-Funktionen und Interessen-Konflikten.

Ein größerer Katalog, gewiss. Aber wohl der einzig saubere Weg, mit bestehenden Problemen umzugehen. Und zu vermeiden, dass an der nächsten Ecke (z.B. der nächsten Studie, internationalen Kooperation o.ä.) die nächste Krise auftritt.

Vor allem aber – nur ein offener Umgang mit der Situation, die nun einmal entstanden ist, kann eventuell das beeinträchtigte Vertrauen wieder herstellen, vielleicht eine neue Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit legen. Eine Zusammenarbeit, bei der dann PatientInnenrechte und Datenschutz selbstverständlich gewahrt und respektiert werden – und nicht ausgetrickst.
Dies wird wohl nur eine unabhängige Aufklärung der Vorgänge ermöglichen können.

Färöer – ein Schritt in die richtige Richtung

Es gibt erfreuliches über die Färöer zu berichten …

Ende Oktober schrieb ich über Homophobie auf den Färöer. Nach einer Häufung von Übergriffen gegen Schwule hatte die Gruppe Act against Homophobia eine Unterschriften-Kampagne gegen Homophobie auf den Färöer gestartet. Die gesammelten Unterschriften sollten der Regierung übergeben werden.

Die Aktion scheint von einem Erfolg gekrönt: Gestern Abend meldete Sabine in ihrem Blog: das Parlament der Färöer in Tórshavn hat ein Gesetz verabschiedet, das zukünftig die Diskriminierung von Schwulen und Lesben untersagt. 17 Abgeordnete stimmten für das neue Gesetz, 15 dagegen.

Mehr Infos auch auf gayweb.
Und – danke an Sabine für die Nachricht 🙂

Daten von Positiven wieder geschützt?

In Sachen des laxen Umgangs mit Patienten-Daten hat sich eine teilweise Lösung ergeben: Daten und Material sollen vernichtet bzw. zurückgesandt werden.

Das Kompetenznetz HIV plant (auch weiterhin), an internationalen Studien teilzunehmen. Hierzu sollten auch Daten deutscher HIV-Patienten an ausländische Forscher (in diesem Fall an die sogenannte Euro-CHAVI-Kohorte in der Schweiz) geliefert werden.
Deutsche Aids-Hilfe, Patienten-Beirat und Positiv e.V. hatten sich hiergegen gewandt. Der Grund: die Einverständnis-Erklärung, die die Patienten unterschrieben haben, deckt derzeit nur eine Verwendung in Deutschland ab. Der Datenschutz sensibler Daten HIV-positiver Patienten sei nicht gewährleistet.

Inzwischen teilte der Leiter des Kompetenznetzes HIV mit, die italienischen Stellen seien gebeten worden, dort vorhandene Daten zu löschen und das Material zu vernichten bzw. zurückzusenden. Blutproben sollen vernichtet oder ebenfalls zurückgesandt werden.
Für die zukünftige Fortsetzung und Erweiterung internationaler Zusammenarbeit soll die Patienten- Einverständniserklärung überarbeitet werden.

Bei einer Überarbeitung der Einverständnis-Erklärung könnte nun die Chance genutzt werden, auch weitere offene Fragen zu klären, die im Laufe der Diskussionen, aber auch im Rahmen einer Veranstaltung zum Kompetenznetz in der Berliner Aids-Hilfe erneut deutlich wurden. Hierzu zählen z.B. Fragen des Datenschutzes, aber auch der Verständlichkeit der Patienteninformation.

Laxer Umgang mit Patienten-Daten ?

Das Kompetenznetz HIV möchte an internationalen Studien teilnehmen, hier auch Daten und Biomaterial deutscher PatientInnen einbringen. Da die bisherige Einverständnis-Erklärung dies nicht zulässt, scheint man sich mit Tricksereien behelfen zu wollen.

Das Kompetenznetz HIV (1) plant, an internationalen Studien teilzunehmen. Hierzu sollen nun auch die Daten der Teilnehmer der HIV-Kohorten-Studie [immerhin etwa 14.000 Positive mit bis zu 400 Einzeldaten je Person, (3)] an ausländische Forscher und Studiengruppen weitergegeben werden – die Daten sollen in eine europäische Kohorte einfließen.
Allerdings – der Daten- (und Biomaterial-) Übermittlung ins Ausland haben bisher die Patienten (die ja für die Teilnahme und die Verwendung ihrer Daten und Biomaterialien eine Einverständnis-Erklärung unterschreiben müssen) nicht zugestimmt (in der derzeitigen Einverständniserklärung wird dezidiert von ‚deutschen Praxen und Kliniken‘ gesprochen).

Ärgerlich, dachte sich wohl das Netzwerk. Das jetzt bei jedem einzelnen der 14.000 PatientInnen nachzuholen, wird wohl recht zeit- und kostenaufwendig. Hätte man vorher dran denken können (an die Möglichkeit, auch mit ausländischen Forschern kooperieren zu wollen), hat man aber anscheinend nicht.
Wie bekommen wir das wieder hin, hat man wohl überlegt. Und ist Ende November auf einen ganz einfachen Trick verfallen – man nimmt den/die ausländischen Forscher, mit denen kooperiert werden soll, einfach in den Verein Kompetenznetz auf – dann müsste das doch gehen.

Nun ersetzt eine Aufnahme ausländischer Mitglieder keine Einverständniserklärung der Patienten, und ändert auch nichts daran, dass Daten und Bio-Material im Ausland verwendet werden sollen.

Nach der Deutschen Aids-Hilfe hat am Wochenende auch „Positiv e.V.“ (der Veranstalter der bundesweiten Positiventreffen) sich mit einem Protest an das Kompetenznetz gewendet. Darin wurde um Bestätigung gebeten, dass bisher keine Daten oder Biomaterialien ins Ausland geliefert wurden (2) und dies auch zukünftig nur mit Einverständnis der Patienten erfolgen wird. Notfalls müsse man, wissend um die mögliche Bedeutung einer Kohortenstudie, betroffenen Patienten den Rückzug aus der Studie empfehlen.

Wohlgemerkt, es geht nicht darum, eine an sich sicher sinnvolle deutsche Kohorten-Studie zu torpedieren. Auch nicht darum, ebenso sinnvolle internationale Forschungs-Kooperationen zu verhindern.

Wohl aber geht es um die Frage, wie hierzulande mit den sensiblen Daten von Tausenden HIV-Positiven (die Kohorte umfasst Daten zu einem Viertel aller Positiven in Deutschland) umgegangen wird. Es geht um die Frage, welche Bedeutung die Verantwortlichen den Einverständniserklärungen beimessen. Und um die Frage, welche Bedeutung für sie Datenschutz und das Recht der beteiligten Patienten auf informationelle Selbstbestimmung haben.

Es scheint, dass die Verantwortlichen des Kompetenznetzes mit ihrem trickreichen Umgehen der fehlenden Einverständnisse deutlich gezeigt haben, welche Bedeutung sie der Patienteninformation und -einverständniserklärung zumessen: eine äußerst niedrige. Eine lästige, leider wohl erforderliche Pflichtübung, die bei nächstbestem Anlass, und sei es mit umstrittenen Verfahrenstricks, ausgehebelt wird.

Bravo, mag man da nur noch zynisch sagen.
Wie soll man/frau da noch glauben, dass der Datenschutz funktioniert? Dass die Daten der Positiven beim Kompetenznetz gut aufgehoben sind? Dass die Daten als HIV-Patient sicher sind, wenn erst (statt „nur“ anderen Forschern) der Staatsanwalt vor der Tür steht?

Nachtrag: wer mehr über das Kompetenznetz, die Kohortenstudie und die derzeitigen Vorgänge erfahren möchte, kann sich informieren auf einer Veranstaltung in der Berliner Aids-Hilfe am 13.12.2006 um 18:30 Uhr.

Anmerkungen:
1) Das Kompetenznetz HIV ist eines von 18 deutschen Kompetenznetzen in der Medizin. In ihm sind Forscher, die in klinischer und praxisnaher Grundlagen-Forschung zu HIV/Aids arbeiten, zu einem Verbund zuzsammengeschlossen. Das Kompetenznetz HIV wird in bedeutendem Umfang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.
2) Für die Bitte um die Bestätigung, dass bisher noch keine Daten ins Ausland geliefert wurden, gibt es konkreten Anlass. Nämlich die gelegentlich kolportierte Befürchtung, dies könnte längst passiert sein. Wir anders ließe sich erklären, dass die Teilnahme der deutschen Kohorte an einer internationalen Studie (COHERE) von ausländischen Forschern abgelehnt wurde, wie zu hören ist wohl auch mit Hinweis auf die Qualität der Daten? (Wer die Qualität der Daten beurteilen kann, muss ja doch wohl Einblick gehabt haben, könnte man vermuten?)
3) In der Kohortenstudie werden die Daten von derzeit ca. 14.000 HIV-positiven Patienten erfasst, die hierzu ihr Einverständnis erklärt haben. Erfasst werden u.a. „soziodemographische sowie fortlaufend detaillierte medizinische Daten“ (Newsletter 01/2006 des Kompetenznetzes).

Hilfe für die Selbsthilfe ?

Ist Selbsthilfe, aktives Engagement und Interessen- Vertretung von Positiven noch erwünscht? Warum scheint sie immer schwieriger, sowohl in der Arbeit vor Ort als auch der politischen Interessenvertretung auf Bundesebene? Eine der Frage wurde am Samstag ausgiebig diskutiert, die andere blieb offen im Raum stehen.

Bereits seit einiger Zeit tobt unter einigen Positiven, in Netzwerken, Selbst- und Aids-Hilfen eine Diskussion über ‚Aids-Hilfe und Selbsthilfe‘. Fragen, die dabei diskutiert werden sind z.B.: wie weit ist Aids-Hilfe noch Selbst-Hilfe? Wie weit ’nur noch‘ Service-Einrichtung? Welche Rolle spielen Sekundär- und Primär-Prävention? Welche Rolle haben Positive überhaupt noch in Aids-Hilfen?

Hintergrund dieser Fragen ist u.a., dass so manche Aids-Hilfe nicht gerade ein Hort positiver Selbsthilfe zu sein scheint. Dass es Aids-Hilfen gibt, in denen es beim Thema Selbsthilfe mehr auf Schein als auf Sein, mehr auf den (billigen) Effekt als auf die (langfristige) Wirkung ankommt, auch das wird des öfteren als Befürchtung geäußert.

In diesem Spannungsfeld möglicher Fragen und Herausforderungen an und durch Selbsthilfe veranstaltete das Netzwerk plus am 9.12.2006 in Berlin eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Mehr Schein als Sein? – Beteiligungsmöglichkeiten von HIV-Positiven in Selbsthilfestrukturen“.

Netzwerk 02
Deutlich wird schon zu Beginn der Veranstaltung, mit welcher Bescheidenheit Selbsthilfe zurecht zu kommen, manchmal zu kämpfen hat. Da werden z.B. Selbstverständlichkeiten (wie die Teilnahme an öffentlichen Sitzungen) als großzügiges Entgegenkommen verkauft. Wenn Verantwortliche sich tatsächlich Fragen stellen, auch kritischen Fragen, ist man/frau schon vorab dankbar allein für die Bereitschaft – und sieht sich, je kritischer die Fragen werden, doch mit dem Vorwurf konfrontiert, man sei doch nicht ‚Rechenschaft schuldig‘. Oder da da wird die Entsendung von Selbsthilfe-Vertretern in Entscheidungsgremien von der Zustimmung von Vorständen abhängig gemacht.

Viel Enttäuschung, viel an Zugangshemmnissen ist zu erahnen, wenn des öfteren unterschwellig der verzweifelte Ruf herauszuhören ist ‚wir machen hier nun so mühevoll Selbsthilfe – warum kommt denn kaum jemand?‘.

Etwas anders die Beteiligung von PatientInnen- Vertretern auf Bundesebene, die als Ergebnis der letzten Gesundheitsreform inzwischen ihre Anfänge nimmt (insbesondere, wenn auch noch ohne Stimmrecht, im ‚Gemeinsamen Bundesausschuß‘ G-BA). Hier ist ganz klar – die Hürden sind hoch, haben Namen wie ‚Vertretung politischer Gruppeninteressen, nicht von Einzelschicksalen‘ oder ‚viel Gremien-Arbeit, viel Frustrationstoleranz sind gefragt‘.

Diese beiden Ebenen in der Diskussion um Selbsthilfe zu unterscheiden – ‚wie kann ich mich in der Selbsthilfe engagieren‘, und die Frage, ‚wie kann Selbsthilfe sich an (politischen) Prozessen beteiligen‘ (also der Innen- und der Aussenwirkung) – bleibt im Verlauf der Diskussion immer wieder Herausforderung.

Einigkeit besteht hingegen bald, dass auf beiden Feldern eine wesentliche Herausforderung die Vermittlung von Kompetenzen ist. Kompetenzen, die in der praktischen Selbsthilfe vor Ort ein effizienteres Arbeiten ermöglichen, die aber auch für die Gremienarbeit auf Bundesebene erforderlich sind. Die Patientenbeauftragte für Berlin sowie anwesende Aids-Hilfe-Vertreter sehen hier Möglichkeiten konkreter Unterstützung, die sie bieten könnten – eine baldige Umsetzung wäre im Sinne effektiver Selbsthilfe-Arbeit wünschenswert.

Und es wird im Verlauf der Diskussion deutlich, wie wichtig es -gerade für die politische Interessenvertretung auf Bundesebene- ist, eine breite Basis aufzubauen. Eine Basis, die die vorhandenen Strukturen (insbes. von Netzwerken und Aids-Hilfen) nutzt, die auf Probleme aufmerksam macht. Eine Struktur, die einerseits eine Bündelung von Themen, Interessen und anstehenden Fragen ermöglicht und eine Kondensierung für die bundespolitische Arbeit bietet, diese andererseits auch ‚erdet‘ und am ‚Abheben‘ hindert.

Die letztlich entscheidende, das Spannungsfeld (s.o.) treffend auf den Punkt bringende Frage wird erst ganz gegen Schluss gestellt: welches Interesse haben Aids-Hilfen überhaupt noch, dass Positive sich befähigen, sich engagieren, aktiv einbringen und beteiligen?

Diese Frage bleibt gen Ende der Veranstaltung im Raum stehen – verbunden mit dem Hinweis, die Leitbild-Diskussion der DAH beschäftige sich ja genau damit.