Magnus Hirschfeld – Gedenken zum 75. Todestag (akt.)

Vor 75 Jahren, am 14. Mai 1935, starb Magnus Hirschfeld in Nizza. Am 10. Mai 2010 wird Hirschfeld in Berlin mit einer Gedenkveranstaltung in Anwesenheit von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit sowie Bundesjustizministerin a.D. Brigitte Zypries gedacht.

Magnus Hirschfeld, am 14. Mai 1868 in Kolberg / Kołobrzeg geboren, studierte von 1888 bis 1892 in Straßburg, München, Heidelberg und Berlin Philosophie, Philologie und Medizin. Danach eröffnete er in Magdeburg eine naturheilkundliche Arztpraxis; zwei Jahre später zog er nach Berlin.

1897 gründete Magnus Hirschfeld gemeinsam mit dem Verleger Max Spohr, dem Juristen Eduard Oberg und dem Schriftsteller Max von Bülow das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK), zu dessen Vorsitzendem er gewählt wurde. Das WhK setzte sich u.a. zum Ziel, homosexuelle Handlungen zwischen Männern zu entkriminalisieren. Eine Petition zur Abschaffung des §175 fand große Unterstützung, scheiterte jedoch letztlich.

Magnus Hirschfeld gründete 1918 gemeinsam mit dem Dermatologen Friedrich Wertheim und dem Psychotherapeuten Arthur Kronfeld in Berlin das ‚Institut für Sexualwissenschaften‚ mit dem Ziel der „Förderung wissenschaftlicher Forschung des gesamten Sexuallebens und Aufklärung auf diesem Gebiete“.

Magnus Hirschfeld (1901)
Magnus Hirschfeld (1901)

Das Institut wurde 1933 durch die Nationalsozialisten geschlossen, die umfangreiche Institutsbibliothek bei der Bücherverbrennung auf dem Opernplatz (heute Bebelplatz) vernichtet.

Hirschfeld selbst war schon 1932 nach einer Auslandsreise direkt ins Exil gegangen, zunächst in die Schweiz (Ascona), dann nach Frankreich (Paris, dann Nizza). In Nizza starb Hirschfeld am 14. Mai 1935, seinem 67. Geburtstag. Er wurde auf dem Cimetière de Caucade von Nizza beigesetzt.

An Magnus Hirschfeld erinnert in Berlin seit Mai 2008 das Magnus-Hirschfeld-Ufer. Schon seit 1994 erinnert zudem eine Stele an das frühere Institut für Sexualwissenschaften. Zum 145. Geburtstag von Magnus Hirschfeld (geboren 14. Mai 1868 in Kolberg) soll am Magnus-Hirschfeld-Ufer ein Denkmal für Hirschfeld eingeweiht werden.

Am 10. Mai 2010 wird Hirschfeld mit einer Gedenkveranstaltung auf dem Bebelplatz in Berlin gedacht (15:30Uhr, am Mahnmal für die Bücherverbrennung). Ein Grußwort spricht Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin; die Gedenkrede hält Brigitte Zypries MdB, Bundesministerin der Justiz a.D..

Vom 11. Mai bis bis 10. Juni 2010 findet im Foyer der Humboldt-Universität („Kommode“) am August-Bebel-Platz die Ausstellung „Das erste Institut für Sexualwissenschaft 1919-1933“ statt. Anhand von Fotos und Dokumenten gibt die Ausstellung einen Überblick über die Arbeit des Instituts ab 1919. Sie stellt die wichtigsten Mitarbeiter, namhafte Besucher und Gäste vor. Exemplarisch werden das Engagement der Mitarbeiter illustriert, ihre Aktivitäten in der Sexualreformbewegung, in der Gerichtsmedizin, in Beratung, Aufklärung und Sexualerziehung.

Nachtrag 16.05.2010:
Am 14. Mai 2010 fand eine Gedenkveranstaltung auch am Grab von Magnus Hirschfeld in Nizza (Cimetière de Caucade) statt. Bericht und Foto auf tetu: Magnus Hirschfeld, vedette posthume 
du festival «Espoirs de mai» à Nice

weitere Informationen:
Magnus Hirschfeld Gesellschaft e.V., Stiftung Topographie des Terrors, Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, hannchen mehrzweck stiftung: Pressemitteilung Gedenken zum 75. Todestag von Magnus Hirschfeld (pdf)
.

Ein Beschäftigter von 1.000 ist HIV-positiv

Ein Beschäftigter von 1.000 ist HIV-positiv:
Deutsche AIDS-Hilfe fordert Integration von HIV-positiven Berufstätigen

Zum Tag der Arbeit macht die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. auf die Probleme von Menschen mit HIV/Aids am Arbeitsplatz aufmerksam: Mehr als zwei Drittel der ca. 67.000 Menschen mit HIV in Deutschland arbeiten – dies sind etwa 47.000. Eine/Einer von 1.000 Berufstätigen ist HIV-positiv. Doch wer kennt eine/n positive/n Kollegen oder Kollegin? Die HIV-Infektion ist gerade am Arbeitsplatz stark tabuisiert.

Die Angst vor Ausgrenzung, Diskriminierung und Kündigung ist das größte Problem, mit dem HIV-Positive am Arbeitsplatz zu kämpfen haben. Der Fall „Nadja Benaissa“ hat gezeigt, wie sehr Menschen mit HIV/Aids immer noch mit Ausgrenzung, Diskriminierung und pauschaler Kriminalisierung zu tun haben. Die Deutsche AIDS-Hilfe fordert Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände auf, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und die Integration von HIV-positiven Berufstätigen aktiv zu fördern. Alle Beteiligten sind eingeladen, gemeinsam mit der Deutschen AIDS-Hilfe an der Veränderung dieser Situation mitzuwirken.

Fast 15 Jahre nach Einführung der Kombinationstherapien, die eine wesentliche Veränderung für die Lebenssituation und -perspektive der Menschen mit HIV/Aids gebracht hat, kann bei dieser Aufgabe nur eine zeitgemäße Darstellung des Lebens mit HIV und Aids weiterhelfen: am Arbeitsplatz, in den Medien, im Familien- und Freundeskreis. Dank neuer Therapien sind die meisten HIV-Infizierten gut in der Lage, die Anforderungen ihres Berufes zu erfüllen.

Zur Integration von Menschen mit Behinderung und chronisch kranken Berufstätigen braucht es professionelle Konzepte, in denen auch HIV-Positive endlich angemessen Berücksichtigung finden müssen – hier wird die Deutsche AIDS-Hilfe in Zukunft stärker auf potentielle Bündnispartnerinnen und -partner zugehen.

(Pressemitteilung der deutschen Aidshilfe)

positiv versichert – Alternative Großbritannien?

Lebensversicherungen sind für viele Menschen mit HIV immer noch nur unter Schwierigkeiten zu erhalten. Zwei Anbieter aus Großbritannien haben sich u.a. auf Lebensversicherungen für Menschen mit HIV spezialisiert. Eine Alternative?

HIV-Positive haben in Deutschland seit zwanzig Jahren große Probleme, Versicherungen abzuschließen. Zahlreiche Versicherer fragen in ihren Anträgen nach einem etwaigen HIV-Test sowie dessen Ergebnis. Dies betrifft nicht nur Lebensversicherungen, sondern z.B. auch Berufsunfähigkeits-Versicherungen, Unfallversicherungen oder private Krankenversicherungen. Zudem wird anhand von Risikofaktoren kalkuliert, ob etwa ein Antragsteller potenziell ein hohes Risiko eines ‘Schadenfalls’ hat – auch hinsichtlich HIV-Infektion und Aids. So wird HIV im Denken von Versicherungen zu einem Risikofaktor, der vielen schwulen (oder als solchen vermuteten) Männern Versicherungen erschwert. Für HIV-positiv Getestete wird das Abschließen so mancher Versicherung sehr schwierig, wenn nicht  nahezu unmöglich.

Der Auschluß HIV-Positiver aus Lebensversicherungen ist nicht mehr zeitgemäß, beklagen Menschen mit HIV wie auch Aidshilfen seit langem. Manche Versicherer bieten inzwischen auch in Deutschland Lebensversicherungen für HIV-Positive an – oft mit teils beträchtlichem ‚Risikozuschlag‘, abhängig vom individuellen Gesundheitszustand.

Neben Versicherern aus Deutschland besteht prinzipiell auch die Möglichkeit, Angebote ausländischer Versicherer, besonders aus EU-Mitgliedsstaaten, in Anspruch zu nehmen. Immer wieder werden britische Versicherer als potentielle Alternative ins Gespräch gebracht.
Wie sieht die Möglichkeit HIV-Positiver, eine Lebensversicherung abzuschließen, in Großbritannien in der Praxis aus?

In einem Artikel für die April-Ausgabe von ‚hiv treatment update‘ hat die freiberufliche Finanz-Journalistin Emma Lunn die Situation in Großbritannien untersucht. Sie weist darauf hin, dass die meisten ‚Mainstream Versicherer‘ auch in Großbritannien HIV-positive Antragsteller weiterhin abweisen. Allerdings gebe es zwei speziell auf HIV-Positive zugeschnittene Lebensversicherungs-Policen.

Seit April 2009 biete die Gesellschaft ‚Prudential‘ die bereits bestehende ‚PruProtect‘ auch für HIV-Positive an, für eine Laufzeit bis zu zehn Jahren und Versicherungssummen bis 250.000 £. Bei dieser für HIV-Positive zwischen 25 und 50 Jahren angebotenen Police sei u.a. Bedingung, dass seit mindestens sechs Monaten eine antiretrovirale Therapie eingenommen werde CD4-Zellzahl gestiegen und Viruslast sehr niedrig sei. Positive, die sich durch iv-Drogenkonsum infiziert haben, sind von der Versicherung ausgeschlossen, ebenso HIV-Positive, die gleichzeitig mit Hepatitis B oder C infiziert sind.

Der Versicherer ‚Pulse‘ habe eine speziell für HIV-Positive konzipierte Versicherung im Angebot. Versichert sei nur der Tod aus natürlicher Ursache bis zu maximal 10.000 £, wobei Unfälle bis zu 200.000 £ versicherbar seien. Vorteil sei, dass diese Versicherung ohne Gutachten eines medizinischen Sachverständigen erhältlich sei. Experten würden jedoch kritisieren, dass es sich hierbei um wenig mehr als eine Unfall-Versicherung handele. Zudem sei die Prämie bis zu 30fach höher als die übliche Versicherungsprämie.

weitere Informationen:
Emma Lunn: ’securing your future‘
in: hiv treatment update, issue 195, April 2010
Artikel im HIV Treatment Update Archive derzeit noch  nicht online

Frankreich: Schülerinnen und Schüler gegen Homophobie

„Homosexualität ist kein Problem, Homophobie ist eines“, mit diesem Slogan und einer Kampagne wendet sich die französische ‚Schülergewerkschaft‘ FIDL gegen Homophobie an französischen Schulen.

„Neger … schwul … Nutte … Lesbe …“  Zwei Jungs und zwei Mädchen fragen den Betrachter „Hast du ein Problem damit?“ Mit diesem Motiv und einigen weiteren startet die französische Schülerinnen- und Schüler-Organisation FIDL eine landesweite Kampagne gegen Homophobie an Gymnasien und höheren Schulen (lycée).

schwul, lesbisch - haste ein Problem damit? (ein Motiv der FIDL-Anti-Homophobie - Kampagne)
schwul, lesbisch - haste ein Problem damit? (ein Motiv der FIDL-Anti-Homophobie - Kampagne)

Vom 17. April bis 17. Juni sollen die Motive der Kampagne in Anzeigen landesweit erscheinen, parallel wurde eine Internetseite gestartet.

Junge Homosexuelle sehen sich immer noch mit Zurückweisungen und Aggressionen konfrontiert, betont FIDL. Vor Intoleranz werde man nicht weiter die Augen verschließen, Gleichheit leben unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung sei das Gebot. Aus diesem Grund habe man die Kampagne gestartet.

Homosexualität ist nicht das Problem, Homophobie ist es! (ein Motiv der FIDL-Anti-Homophobie - Kampagne)
Homosexualität ist nicht das Problem, Homophobie ist es! (ein Motiv der FIDL-Anti-Homophobie - Kampagne)

FIDL, „le syndicat lycéen“ wie sich die Organisation im Untertitel nennt, wurde 1987 als Fédération Indépendante et Démocratique Lycéenne gegründet. Sie entstand in Reaktion auf das damals geplante „Gesetz Devaquet“, mit dem u.a. Zugangsbeschränkungen an Universitäten eingeführt werden sollten. Der Gesetzentwurf wurde Ende 1986 zurückgezogen, Innenminister Alain Devaquet musste aufgrund der Massenproteste am 8. Dezember 1986 zurücktreten.

weitere Informationen:
homophobie.fidl.org
.

Berlin: Straße zum Gedenken an Karl-Heinrich Ulrichs gefordert (akt.2)

Die Einemstraße in Berlin soll in Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße umbenannt werden. Dies fordern die ’schwulen Juristen‘ sowie die SPD. Auf Antrag der CDU soll zunächst ein Gutachten Klarheit verschaffen.

Magnus Hirschfeld hat in Berlin einen ganzen Uferweg, das Magnus-Hirschfeld-Ufer, und eine Gedenk-Stele für das Institut für Sexualwissenschaften. Kurt Hiller hat einen ‚Park‘ (de facto mehr ein Plätzchen) – den Kurt-Hiller-Park. An Karl-Heinrich Ulrichs erinnert bisher in Berlin – nichts.

Dies zu ändern versucht nun eine Initiative schwuler Juristen mit Unterstützung der SPD Berlin Tempelhof-Schöneberg. Sie fordern, dass die Einemstraße in Berlin-Schöneberg in Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße umbenannt wird.

Karl Heinrich Ulrichs
Karl Heinrich Ulrichs

Karl Heinrich Ulrichs (der auch unter dem Pseudonym Numa Numantius schrieb) ist einer der Vorkämpfer für die Rechte der Homosexuellen in Deutschland (Karl-Heinrich Ulrichs: Biographie). Der am 28. August 1825 in Westerfeld (heute zu Aurich gehörend) geborene Jurist stellte die Hypothese auf, bei manchen Menschen wohne eine weibliche Seele in einem männlichen Körper. Dies sei nicht krankhaft, sondern natürlich – und dürfe nicht bestraft werden.

Ulrichs sprach damals noch nicht von ‚Homosexuellen‘ – diesen Begriff prägte erst Jahre später 1869 der österreichisch-ungarische Schriftsteller Karl Maria Kertbeny (Karl Maria Benkert). Ulrichs selbst bezeichnete sich und seinesgleichen als ‚Urninge‘.

Der preußische Offizier, Kriegsminister (1903 – 1909), fanatische Monarchist und Hitler-Bewunderer Karl von Einem (1853 – 1934) gilt nach Angabe der ’schwulen Juristen‘ als Wegbereiter des Faschismus und wünschte in seiner Funktion als Kriegsminister in einer Reichstagsrede 1907 die Vernichtung homosexueller Männer.

Karl von Einem 1907:

„Ein Eindringen jüdischer Elemente in das aktive Offizierskorps [ist] nicht nur schädlich, sondern für direkt verderblich zu erachten“. (zit. nach Volker Ullrich „Die nervöse Großmacht: Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871-1918“)

Ein Teil der Maaßenstrasse in Berlin Schöneberg (von Nollendorfplatz bis Lützowplatz) wurde am 13. Juni 1934 in Einemstrasse umbenannt. Die schwulen Juristen fordern nun, diesen Abschnitt in ‚Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße‘ umzubenennen. Melanie Kühnemann, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Berlin Tempelhof-Schöneberg, brachte am 11. Januar 2010 einen entsprechenden Antrag in die BVV ein. Sie begründete

„Karl von Einem war ein aktiver Gegner der Demokratie. In seiner Funktion als Kriegsminister rief er zum Kampf gegen die Sozialdemokratie auf und forderte im Reichstag explizit die Vernichtung homosexueller Männer.“

Kühnemann sieht gute Chancen für die Umbenennung:

„Das Berliner Straßengesetz vom 29.11.2005 sieht Umbenennungen zur Beseitigung von Straßennamen aus der Zeit von 1933 bis 1945 vor, insofern diese nach aktiven Gegnern der Demokratie und zugleich Wegbereitern bzw. Verfechtern der nationalsozialistischen Ideologie benannt wurden.“

In einigen Städten wird Karl-Heinrich Ulrichs bereits geehrt. So wurde 1998 in München der Platz an der Ecke Holzstraße / Am Glockenbach im Glockenbachviertel Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz benannt. In Bremen wurde 2002 im Stadtteil Ostertor der Platz im Mündungsbereich von Wulwestraße und Hohenpfad Ulrichsplatz genannt, zeitgleich wurde eine nahegelegene Straßenbahn-Haltestelle entsprechend umbenannt. Und in Hannover-Mitte erhielt 2006 ein Verkehrsweg den Namen Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße.

Aktualisierung 19.03.2010:
Melanie Kühnemann (SPD, BVV Berlin Tempelhof-Schöneberg) teilt auf Anfrage zum aktuellen Stand mit: „Der Antrag wurde im Kulturausschuss am beraten. Die CDU-Fraktion hat einen Änderungsantrag gestellt, nach dem zunächst ein wissenschaftliches Gutachten erstellt werden soll. Dieses soll prüfen, ob Herr von Einem nicht nur als Feind der Demokratie, sondern auch als Wegbereiter des Nationalsozialismus gelten kann. Letzteres wurde von den anderen Fraktionen angezweifelt. Der Antrag ist nun am vergangenen Mittwoch, den 17. März in der BVV in der veränderten Fassung einstimmig beschlossen worden.“
Der einstimmige Beschluss der BVV vom 17.03.2010 (Drucks. Nr: 1300/XVIII) lautet „Die BVV ersucht das Bezirksamt zu prüfen, ob die Einemstraße umbenannt werden kann, ob die Voraussetzungen der AV Benennung vorliegen. Hierzu ist ein wissenschaftliches Gutachten einzuholen.“
Ergo: zunächst muss auf Drängen der CDU ein Gutachten beauftragt, erstellt und das Ergebnis diskutiert und politisch bewertet werden. Auf die Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße muss noch gewartet werden.

siehe auch:
Detlev Grumbach: „Der erste Schwule der Weltgeschichte“
SPD Berlin BVV-Fraktion Tempelhof-Schöneberg 11.01.2010: Umbenennung der Einemstraße
Berliner Zeitung 22.08.2003: Herrenrunde – Schon zu Kaiser Wilhelms Zeiten beschäftigte ein schwuler Politiker die Medien
LSVD 24.03.2010: „Von Karl zu Karl!“ – Straße zum Gedenken an Karl Heinrich Ulrichs gefordert
.

ich weiss was ich tu: Facelifting für Internetauftritt der erfolgreichen HIV-Präventions-Kampagne

„ich weiss, was ich tu!“, die bundesweite HIV-Präventionskampagne der Deutschen Aids-Hilfe, wartet seit dem 8. März mit einem neu gestalteten Internetauftritt auf.

Ab 8. März 2010 erstrahlt die Internetseite der HIV-Kampagne „ich weiss was ich tu!“ in neuem Glanz. nach einem kompletten ‚Facelifting‘ stehen vereint unter einer frisch renovierten Startseite zahlreiche neue Funktionen zur Verfügung.

Sebastian, eines der Rollenmodelle von 'ich weiss, was ich tu!'
Sebastian, eines der Rollenmodelle von 'ich weiss, was ich tu!'

Die Neuigkeiten auf www.iwwit.de im Einzelnen:
– Die Site wurde umgestellt um auf Blogstruktur. Das ermöglicht noch mehr aktuelle Berichterstattung in den neuen Rubriken „Gesund und munter“, „Sex und Beziehung“, „Medizin und Forschung“, „Szene und Gesellschaft“, „Kultur und Kult“ sowie natürlich „IWWIT und Co.“
– Jetzt kann jeder Rollenmodell werden: In der neuen Rubrik „Ich weiß was ich tu, weil …“ können User Kommentare und Fotos hochladen.
– Die Startseite hat ein übersichtliches neues Layout bekommen. Darin finden User das Blog, Kampagnen-News, aktuelle Videos, die letzten User-Kommentare und vieles mehr.
– User können sich auch im Blog verewigen – mit eigenen Berichten, Fotos und Videos.
– Heiße Diskussionen sind erwünscht: Alle Blogbeiträge dürfen selbstverständlich kommentiert werden.
– Mit einer neuen Filterfunktion kann man jetzt Rollenmodelle gezielt nach Themen suchen, zum Beispiel in den Kategorien „Jungspunde“, „Leben mit HIV“, „Beziehungskisten“ oder „Safer-Sex-Strategen“.
– und, ganzer Stolz der Initiatoren, Videos in Gebärdensprache, die mit dem gehörlosen Rollenmodell Christian aus Hamburg produziert wurden.

Relaunch

Die Internetseite www.iwwit.de ist Herzstück der bundesweiten HIV-Präventionskampagne „ich weiss, was ich tu!“.

die neu gestaltete 'ich weiss was ich tu' - Kampagnen-Seite (Screenshot)
die neu gestaltete 'ich weiss was ich tu' - Kampagnen-Seite (Screenshot)

„Ich weiss was ich tu“ wurde am 13. Oktober 2008 in Berlin gestartet. DAH-Vorstand Carsten Schatz bezeichnete in seiner Rede zum Start ‚die Kampagne ‚ich weiss was ich tu!‘ als Meilenstein auf dem Weg zur Modernisierung der HIV- und STD-Prävention in Deutschland‚.

Die Kampagne selbst erläutert ihre Ziele:

„Unsere Kampagne reagiert auf das Ansteigen der HIV-Neuinfektionen. Wir wollen uns mit euch über HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten auseinandersetzen:
– warum ist es wichtig, dass ich mich schütze?
– Wie schütze ich mich überhaupt richtig?
– Was heißt es heute, HIV-positiv zu sein?
– Was bedeutet Safer Sex heute, wenn HIV und Aids zu einer schweren chronischen Erkrankung geworden sind?“

.

siehe auch:
ich weiss, was ich tu! www.iwwit.de
.

Bestatten per Internet

Auch das Bestattungsgewerbe hat die Zeichen der Zeit erkannt! Jetzt neu: Bestatten im Internet …

online bestatten ?
online bestatten ?

online bestatten, Bestattung per Internet – sicher eine moderne Sache.

Nur, eine Frage hab ich da noch. Wie mach ich das mit Opa, so im Fall des Falles? Ich mein, den Opa fotografieren oder einscannen und als jpeg im Internet hochladen, das löst ja noch nicht alle Fragen. Wie kommt der Opa oder was von ihm übrig bleibt denn dann online?

Schockeffekte führen ins Nichts

„Schockeffekte führen ins nichts, die Wirkung verpufft“ – Aus Anlass einer am 16.2.2010 startenden ’neuen‘ Kampagne einer Stiftung, die immer noch der Ansicht ist, Schock wirke als Schutz gegen HIV, ein Hinweis auf ein Interview zum Thema Schock-Kampagnen:

„Natürlich muss man dem Thema Geltung verschaffen, aber der Weg mit Schockeffekten führt ins Nichts, die Botschaft verpufft. Solche Spots sind ja auch keine Kampagnen. Funktionierende Gesundheitskampagnen sind strategisch langfristig geplant, sie beziehen die Zielgruppen schon bei der Planung mit ein. Mich ärgert außerdem, dass diese Aktionen oft mit Stigmatisierung arbeiten. Sie treffen damit immer die Falschen, zum Beispiel die HIV-Positiven, und sie gehen komplett an der Realität vorbei.“

Dr. Dirk Sander, DAH
Dr. Dirk Sander, DAH

das ganze Interview:
Dr. Dirk Sander, Deutsche Aids-Hilfe: Prävention schockt nicht

.

‚Ich weiss was ich tu!‘, die bundesweite Präventionskampagne der Deutschen Aids-Hilfe, kommentiert den Start der ’neuen‘ Kampagne einer Stiftung trocken

„Aids-Experten und Kritiker hatten in der Vergangenheit bereits häufiger bemängelt, dass die Stich-Stiftung mit angsterzeugenden Kampagnen kontraproduktiv im Bemühen und Prävention wirke. Zudem fördere dies die Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen. Von der Schelte unbeeindruckt setzt die Stiftung ihre Angst-Kampagnen fort.“

.

Sehr lesenswert ist auch, was Beate Jagla schon im Juni 2008 zu damaligen ‚Kampagnen‘ einer gewissen Stiftung äußerte. Jagla betonte damals unter anderem

„HIV ist kein Todesurteil! Abgesehen davon, dass wir es in Deutschland mit keinem Massenphänomen zu tun haben, liegt die Zeit, in der aus HIV sehr schnell Aids wurde, und in der eine Aidsdiagnose tatsächlich das zeitnahe Todesurteil bedeutete, hinter uns. Wir können uns heute freuen, dass aus positiven Kindern Jugendliche werden. Sie haben Zeit, ihre (Achtung!) Sexualität zu entdecken und sie hoffentlich auch zu entwickeln. Werden dann in den Augen der Michael-Stich-Stiftung aus Unschuldigen Schuldige werden?“

Jagla kam damals zu dem Schluss

„Hören Sie auf, HIV und Aids zu dramatisieren und zu dämonisieren. „More Drama, Baby!“ – das ist das Niveau der Daily Soaps im Privatfernsehen.“

Dies und mehr nachzulesen in: Beate Jagla: No more Drama, Michael and Oliver!
.

Comeback von ACT UP ?

In den USA treten 20 Jahre nach dem Höhepunkt dieser Form des Aids-Aktivismus wieder ACT UP – Gruppen mit Aktionen in Erscheinung. Eine Rückkehr von ACT UP, wie POZ spekuliert?

Vor 20 Jahren war sie auf ihrem Höhepunkt, die ACT UP – Bewegung. „Aids Coalition To Unleash Power“, unter diesem Motto fanden sich von HIV betroffene Menschen zusammen, um sich mit medienwirksamen Aktionen Gehör zu verschaffen. Inzwischen war es ruhig geworden um ACT UP, nur noch sehr wenige Gruppen existieren, die meisten ohne größere Aktionen.

Schweigen = Tod (ACT UP - Motto; Foto: Carpenter Center)
Schweigen = Tod (ACT UP - Motto; Foto: Carpenter Center)

Doch in den letzten Monaten haben mehrere ACT UP – Aktionen in den USA für Aufmerksamkeit gesorgt, allein 2009 wurden vier ACT UP – Gruppen neuu oder wieder gegründet in den USA . So bildete sich in Wisconsin eine ACT UP – Gruppe neu, um die Gründung einer Aids-Organisation anzustoßen. Zuvor hatte diese ACT UP – Gruppe bereits eine existierende lokale Aids-Organisation angegriffen mit dem Vorwurf, sie nütze Positive aus, und ihre schlechte Service-Qualität beklagte.
Eine andere ebenfalls neu (wieder-) gegründete Gruppe in San Diego kämpft gegen massive Kürzungen des Aids-Budgets in der Region. Und Mitglieder der (bereits existierenden) ACT UP Gruppe Philadelphia waren beteiligt bei der Besetzung der Rotunde des Kapitols in Washington im Rahmen einer Aids-Protest-Aktion.

Und am Rand der Ausstellung „ACT UP NEW YORK: ACTIVISM, ART, AND THE AIDS CRISIS, 1987–1993“, die von Oktober bis Dezember 2009 gemeinsam vom Carpenter Center for the Visual Arts und dem Harvard Art Museum gezeigt wurde, kam es zu einem Handgemenge mit Mitgliedern der religiösen Rechten.

Die US-amerikanische Positiven-Zeitschrift POZ fragt sich nun, ob dies erste Anzeichen eines Wandels in der Kultur und in den HIV-Communities seien, erste Zeichen für eine „Rückkehr von ACT UP“.

Erwacht ACT UP in den USA aus einem langen Winterschlaf? Einige US-Aktivisten meinen ja. Die vorhandenen Aids-Organisationen seien viel zu sehr dem Geist der 1980er Jahre verhaftet und darauf fokussiert, einerseits Prävention anzubieten und andererseits „Klienten von der Diagnose bis zum Tod zu begleiten“. ACT UP könne diese Organisationen aus der Vergangenheit reißen, sie zwingen sich den neuen Herausforderungen des Lebens mit HIV zu stellen und veränderte Dienstleistungen anzubieten.

Kritiker beklagen eine seltsame Mischung aus Selbstgefälligkeit und Hilflosigkeit. Einerseits seien viele HIV-Positive gerade in der Situation von Rezsession und Wirtschaftskrise dankbar für jede Art von Angebot, nähmen alles kritiklos hin. Und andererseits gebe es viel Selbstgefälligkeit bei Aids-Organisationen, die der Ansicht seien, sie leisteten bereits alle erforderliche Arbeit.

ACT UP könne diesen Positiven wieder eine Stimme geben – und die Aids-Organisationen zwingen, sich den neuen Realitäten anzupassen. Menschen mit HIV müssten die (auch) für sie gedachten Organisationen wieder mehr in die Pflicht nehmen.

Zudem hoffen einige Aktive, dass die nach der Aufhebung des US- HIV-Einreiseverbots nach Ankündigung der IAS 2012 in Washington stattfindende Welt-Aids-Konferenz neuen Schwung in den Aids-Aktivismus in den USA bringen werde.

Kritiker entgegnen, es gebe immer noch eine große Apathie, gerade auch unter HIV-Positiven. Die Bereitschaft, sich zu engagieren, für die eigenen Interessen und Rechte, und sich zu organisieren sei immer noch sehr gering.

Eine spannende Situation und Debatte, die sich in den USA abzeichnet über eine etwaige Rückkehr von ACT UP.

Und der Eindruck, dass einem vieles bekannt vorkommt. Aids-Organisationen, die selbstgefällig glauben, allein im Besitz der Wahrheit zu sein, soll es auch hier geben. Und Apathie und Desinteresse unter Positiven, sich für ihre eigene Situation einzusetzen soll auch gelegentlich beobachtet worden sein.

Andererseits gibt es immer wieder HIV-Positive, die sich gegen Diskriminierung und Stigmatisierung zur Wehr setzen, wie jüngst bei der angekündigten Behandlungs-Verweigerung in einer Klinik oder bei einem Zahnarzt.

Erste Anzeichen eines neuen Engagements für die eigenen Rechte- auch bei uns?

weitere Informationen:
Newsweek 01.12.2009: The Comeback of AIDS Activism
POZ 03.02.2010: ACT UP’s Latest Act
POZ November 2009: Acting Up
Carpenter Center: ACT UP NEW YORK: ACTIVISM, ART, AND THE AIDS CRISIS, 1987–1993
ACT UP Wisconsin
ACT UP San Diego
ACT UP Philadelphia
rollcall 09.07.2009: AIDS Activists Arrested After Shutting Down Capitol Rotunda
housing works 09.07.2009: 26 AIDS activists shut down U.S. capitol
The Badger Herald 03.02.2010: HIV/AIDS activists clash over unspecified funding, limited services offered (pdf)
.

Südafrika: Vorenthalten wirksamer Therapie verursachte 330.000 Aids-Tote

Lange Zeit wurden in Südafrika hochwirksame Aids-Medikamente verteufelt und zahlreichen Positiven vorenthalten. Eine Politik, die mindestens 330.000 Südafrikaner mit dem Leben bezahlten, so eine Publikation von Harvard-Forschern.

Der Preis ist hoch, den eine verfehlte Aids-Politik fordert. Am Beispiel der südafrikanischen Aids-Politik der Jahre 2000 bis 2005 haben Forscher  die Ausmaße der tragischen Konsequenzen der Aids-Leugner zu quantifizieren versucht: 330.000 Tote.

Die im Dezember 2009 verstorbene ehemalige Gesundheitsministerin Tshabalala Msimang war während ihrer Amtszeit als Gesundheitsministerin (1999 – 2008) höchst umstritten. In ihrer Zeit fiel Südafrika im Kampf gegen Aids weit zurück. Wegen ihrer seltsamen Aussagen zu HIV und Aids wurde Manto Tshabalala-Msmimang auch “Dr. Rote Beete” genannt – sie hatte jahrelang von antiretroviraler Therapie gegen HIV abgeraten und stattdessen jahrelang Zitronensaft, Olivenöl, Knoblauch und Rote Beete empfohlen.

Wirksame Medikamente gegen HIV hielt sie für ‘Teufelszeug des Westens’. Die Folge: hunderttausende Positive in Südafrika erhielten keinen oder nur sehr schwer Zugang zu wirksamer antiretroviraler Therapie. Und HIV-positiven Schwangeren wurde auf Weisung der Regierung die Möglichkeit der Medikamenten-Einnahme zur Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung (teils trotz unentgeltlich zur Verfügung gestellter Medikamente) vorenthalten. Erst Gerichtsklagen konnten eine Veränderung dieser Haltung erzwingen.

Für Hunderttausende Aids-Tote in Südafrika trage sie die Verantwortung, warfen ihr Kritiker nicht nur von TAC vor. Manto Tshabalala-Msmimang stand dabei für eine Reihe von Aids-Leugnern, die die südafrikanische Aids-Politik jahrelang prägten – mit Wissen, jahrelanger Billigung und Unterstützung des damaligen (1999 – 2008) Staatspräsidenten Thabo Mbeki. Mbeki selbst hatte 2000 eine Kommission eingesetzt zur Klärung der Frage, ob HIV überhaupt die Ursache von Aids sei – und in diese Kommission den wohl bekanntesten Aids-Leugner Peter Duisberg berufen.

der ehemalige südafrikanische Staatspräsident Thabo Mbeki 2003 (Foto: wikipedia)
der ehemalige südafrikanische Staatspräsident Thabo Mbeki 2003 (Foto: wikipedia)

Diese Politik der Aids-Leugner forderte einen hohen Tribut: zwischen 2000 und 2005 starben 330.000 Südafrikanerinnen und Südafrikaner vorzeitig an den Folgen von Aids, und ca. 30.000 Kinder wurden mit HIV infiziert (bereits 2008 waren zwei Untersuchungen zu ähnlichen Zahlen gekommen, s.u.).  Diese Zahlen publizierten Pride Chigwedere und M. Essex von der Harvard School of Public Health in der Fachzeitschrift „AIDS and Behaviour“ (online-Vorab-Veröffentlichung, s.u.):

„Factoring in the efficacy of ARVs, we concluded that from 2000 to 2005 at least 330,000 South Africans died prematurely and 35,000 babies were infected with HIV as a result of Mbeki’s policies.“

Die Autoren analysieren in ihrem Bericht (der eine Reaktion auf Kritiken von Aids-Leugnern an ihrem ersten Bericht darstellt) ausführlich die Thesen der Aids-Leugner, gehen dezidiert auf die Frage ein, ob HIV Aids verursache, analysieren intensiv ob antiretrovirale Medikamente zur Behandlung der HIV-Infektion sowie zur Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung sinnvoll und wirksam sind, und betrachten erst darauf basierend die Bevölkerungs-Entwicklung sowie die Zahl der Aids-Toten. Sie kommen letztlich zu dem Resümee

„When AIDS denialism enters public health practice, the consequences are tragic“,

fragen aber auch nach der Verantwortlichkeit – ist solche Politik kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Wer trägt die Verantwortung? Wer wird zur Rechenschaft gezogen?

Danke an Udo für den Hinweis!

weitere Informationen:
Pride Chigwedere, M. Essex: „AIDS Denialism and Public Health Practice“, online-Vorab-Veröffentlichung in … am 08.01.2010 (pdf), auch online bei natap
Science Daily 19.01.2010: More Proof That Withholding HIV Treatments Led to Thousands of Deaths in South Africa
Chigwedere P, Seage GR 3rd, Gruskin S, Lee TH, Essex M.: Estimating the Lost Benefits of Antiretroviral Drug Use in South Africa. J Acquir Immune Defic Syndr. 2008 Oct 16 (abstract)
Nicoli Nattrass: AIDS and the Scientific Governance of Medicine in Post-Apartheid South Africa. African Affairs 2008 107(427):157-176 (abstract)
.

Philosoph Daniel Bensaïd starb an den Folgen von Aids

Am 12. Januar 2010 starb der französische Philosoph Daniel Bensaïd – an den Folgen von Aids, wie ACT UP Paris heute mitteilte.

Es war eine sehr kurze Mitteilung, wohl die kürzeste seit dem Bestehen. ACT UP Paris teilte heute morgen einzig sechs Worte mit „Daniel Bensaïd est mort du sida“, nur gefolgt von dem bekannten Motto Silence = Mort (Schweigen = Tod). Mit dieser Aktion äußerte sich ACT UP Paris zum Tod des französischen Philosophen Daniel Bensaïd – und dazu, dass in allen wichtigen französischen Medien die Ursache seines Todes verschwiegen wurde.

Daniel Bensaïd 2008 (Foto: Wikipedia)
Daniel Bensaïd 2008 (Foto: Wikipedia)

Daniel Bensaïd starb am Morgen des 12. Januar 2010 in Paris im Alter von 63 Jahren. Er war französischer Philosoph und wichtige Person der französischen Studentenbewegung des Mai 1968. „Daniel Bensaïd war Professor der Philosophie an der Pariser Universität-VIII (Saint-Denis) und galt als eine der bedeutendsten kritischen Stimmen der französischen Linken.“ (Wikipedia). Daniel Bensaïd war seit vielen Jahren HIV-infiziert und in ärztlicher Behandlung.

Schweigen = Tod
Schweigen = Tod

ACT UP zeigte sich gegenüber dem französischen Schwulen-Magazin Tetu schockiert, dass in den Medienberichten über seinen Tod nur über eine „langandauernde Krankheit“ gesprochen wurde. Manche Medien wie die taz oder der britische Guardian sprechen gar von einem Krebs-Leiden. Man habe das Gefühl eines Zurück in die 1980er Jahre, als Familien Todesanzeigen schalteten ohne die Todesursache zu nennen, und als ACT UP-Mitglieder Anzeigen in der französischen Tageszeitung Libération schalteten, um das Schweigen zu brechen und die wahre Todesursache zu benennen.

ACT UP sprach von einer „Rückkehr der Scham“ für HIV-Positive und Aids-Kranke. Es gehe bei der Aktion nicht darum, das Sterben eines prominenten zu instrumentalisieren. Aber es gehe darum, die Rückkehr der Scham zu verhindern – und klar zu sagen, dass auch 2010, und auch in Europa, Menschen an den Folgen von Aids sterben.

weitere Informationen:
ACT UP Paris 16.01.2010 : Daniel Bensaïd est mort du sida
Le Monde 13.01.2010: Nécrologie: Daniel Bensaïd, philosophe, cofondateur de la Ligue communiste révolutionnaire
The Guardian 14.01.2010: Daniel Bensaïd obituary
taz 14.01.2010: Komplize der konkreten Utopie
tetu 16.01.2010: «Daniel Bensaïd est mort du sida.»
.

Homophobie tötet – französische Kampagne wird fortgesetzt

„Homophobie tötet“ – eine französische Kampagne gegen Homophobie wird fortgesetzt, zum Jahresbeginn 2010 in Bordeaux.

Am 17. Mai 2009 stellte eine in Südfrankreich ansässige Gruppe (Collectif Contre l’Homophobie CCH, Montpellier) ihre erste Kampagne gegen Homophobie vor.

Die Kampagne wurde seit Frühjahr 2009 unter anderem in Montpellier, Nantes, St. Nazaire und den Départements Hérault und Somme gezeigt.

Nun hat sich auch die Stadt Bordeaux angeschlossen – 80 großformatige Plakate der Aktion sind an Straßenbahn-Haltestellen im Großraum Bordeaux (CUB Communauté urbaine de Bordeaux) zu sehen. Parallel fand zum Auftakt eine Konferenz zum Thema ‚Diskriminierungen in Bordeaux‘ statt.

Homophobie tötet - L'Homophobie tue (C) CCH
Homophobie tötet - L'Homophobie tue (C) CCH

„Homophobie tötet“ ist nicht die einzige Kampagne gegen Homophobie in Frankreich. Im Sommer 2009 war von der französischen Bildungs- und Forschungsministerin Valérie Pécresse eine landesweite Kampagne gegen Homophobie an Hochschulen mit 60.000 Plakaten gestartet worden.

weitere Informationen:
Centre Collectif contre l’Homophoibie CCH
Tetu 07.01.2010: Bordeaux s’affiche à son tour contre l’homophobie
.