post-Bareback – Welche Auswirkungen haben HAART und die Veränderungen der Therapie der HIV-Infektion auf das Leben von Menschen mit HIV und ihre Verhaltensweisen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein Text der französisch- belgisch- kanadischen Positivengruppe ‚the warning‘.
In Anspielung auf eine Aussage (2004) des Literaturwissenschaftlers, emieritierten Professors und College de France – Lectors Leo Bersani (u.a. „Homos“, Harvard Univ. Press 1995) erläutert der Autor zu Beginn, auf die Frage nach einer queeren und provokanten Definition des Begriffes post-Bareback würde er sagen, „das Rektum ist kein Grab mehr“:
„Si je devais donner une définition queer et provocatrice à post-bareback, je répondrais : « le rectum n’est plus une tombe », en forme de clin d’oeil à l’ouvrage de Leo Bersani…“
Dabei wird der Begriff ‚Bareback‘ auch als Ausdruck einer Zeit, als Höhepunkt eines bestimmten Dogmas betrachtet, das auch mit Sensationslust, Panikmache und Suche nach Sündenböcklen verbunden sei – und mit dem Begriff ‚post-Bareback‘ gefragt, in wie weit Prävention den notwendigen, durch die (sowohl HIV-Therapie- als auchpositiven Lebens-) Realitäten längst gegebenen Dogmenwechsel bisher überhaupt schon vollzogen hat.
post-Bareback sei in dieser Hinsicht auch Ausdruck der Bejahung einer Sexualität, die sich weder zur Geisel traditioneller (moralinsaurer) Prävention noch einer public-health-Ideologie machen lassen wolle. post-Bareback postuliert vielmehr die Ablehnung jeglicher normativer Verfügung, sowohl der Norm „immer mit Kondom“ , der Norm obligatorischer antiretroviraler Behandlung oder auch z.B. der Norm, seinen HIV-Status offen zu legen:
„Idéologiquement, le post-bareback correspond donc au refus de toute injonction normative : que ce soit celle du tout-préservatif, celle du traitement obligatoire ou celle de l’aveu de séropositivité.“
Vielmehr gelte es, das derzeit etablierte konzeptionelle Amalgam aus HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) zu dekonstruieren. Sowohl die Schwere als auch die mentalen, emotionalen, sexuellen und sozialen Folgen seien nicht dieselben. Dieses Konzept der Amalgamierung von HIV und STIs schaffe vielmehr eine mächtige Waffe sozialer Kontrolle durch die Kontrolle des Sexualverhaltens.
post-Bareback wolle sich auf die wahren epidemiologische Realitäten besinnen, gegen irrationale Panik. Vielmehr sei ein Umdenken erforderlich, das der sozio-sexuellen Vielfalt gerecht werde, ohne diese zu leugnen oder als „nicht-signifikante Variable“ zu reduzieren.
.
the warning 20.10.2012: Post-bareback : pour une prévention efficiente et sans moralisme comportemental