Die Deklaration von Oslo über die Kriminalisierung von HIV

DIE DEKLARATION VON OSLO ÜBER DIE KRIMINALISIERUNG VON HIV

Verfasst von internationaler Zivilgesellschaft in Oslo, Norwegen, 13. Februar 2012

1. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass die Kriminalisierung der Nichtoffenlegung der HIV-Infektion, der potenziellen Exposition und der nicht vorsätzlichen Übertragung von HIV mehr Schaden anrichtet, als dass sie der öffentlichen Gesundheit und den Menschenrechten nutzt. [1]

2. Eine bessere Alternative zur Anwendung des Strafrechts sind Maßnahmen, die ein Umfeld schaffen, das es Menschen ermöglicht, sich testen, unterstützen und rechtzeitig medikamentös behandeln zu lassen und ihren HIV-Status unbeschadet zu offenbaren. [2]

3. Obwohl das Strafrecht in seltenen Fällen – wenn jemand in böswilliger Absicht HIV übertragen will – eine begrenzte Rolle spielen kann, bevorzugen wir, wenn Menschen mit HIV ab dem Zeitpunkt ihrer Diagnose so unterstützt und bestärkt werden, dass auch diese seltenen Fälle verhindert werden können. Dies erfordert einen nicht verurteilenden, nicht kriminalisierenden HIV-Präventionsansatz aus den Communitys, die das beste Wissen und Verständnis von HIV haben. [3]

4. HIV-spezifische Strafgesetze sollten gemäß den Empfehlungen von UNAIDS aufgehoben werden. [4] Falls nach sorgfältiger evidenzbasierter Revision auf nationaler Ebene HIV-bezogene Strafverfolgungen immer noch als notwendig erachtet werden, sollten sie gemäß den Prinzipien von Verhältnismäßigkeit, Voraussehbarkeit, Vorsatz, Kausalität und Gleichbehandlung erfolgen, auf dem neuesten Stand wissenschaftlicher und medizinischer Erkenntnisse zu HIV gründen, schadens- statt risikobasiert sein sowie mit den Zielen der öffentlichen Gesundheit und den Verpflichtungen zur Einhaltung der allgemeinen Menschenrechte in Einklang stehen. [5]

5. Wo für HIV-bezogene Strafverfolgungen allgemeines Recht angewendet werden kann oder angewendet wird, sollte die genaue Beschaffenheit der Rechte und Pflichten von Menschen mit HIV klargestellt werden – idealerweise durch juristische und polizeiliche Richtlinien, die unter Einbeziehung von Interessenvertretern aller Beteiligten erstellt werden, um sicherzustellen, dass polizeiliche Ermittlungen angemessen sind und Menschen mit HIV Gerechtigkeit zuteil wird.

Wir bitten Gesundheits- und Justizministerien sowie andere relevante Entscheidungsträger und Akteure des Strafrechtsystems respektvoll, bei jedweden Überlegungen, ob bei HIV-bezogenen Fällen das Strafrecht angewendet werden soll oder nicht, auch Folgendes zu berücksichtigen:

6. HIV-Epidemien werden durch nicht diagnostizierte HIV-Infektionen angetrieben und nicht durch Menschen, die ihren HIV-positiven Status kennen. [6] Ungeschützter Sex kann viele Folgen haben – positive und negative – einschließlich des Risikos einer sexuell übertragbaren Infektion wie HIV. Aufgrund der hohen Anzahl nicht diagnostizierter Infektionen führt die Strategie, sich selbst schützen zu wollen, indem man sich darauf verlässt, dass der andere seinen HIV-positiven Status offenlegt – wie auch die Verurteilung von Menschen wegen nicht offengelegtem HIV-Status – zu einem Gefühl falscher Sicherheit.

7. HIV ist nur eine von vielen sexuell übertragbaren oder ansteckenden Krankheiten, die langfristigen Schaden anrichten können. [7] HIV durch Sondergesetze oder Strafverfolgung herauszuheben, führt zu einer weiteren Stigmatisierung der mit HIV direkt und indirekt lebenden Menschen. HIV-bezogenes Stigma ist das größte Hindernis, um sich testen zu lassen, eine medizinische Behandlung zu beginnen und sich zu offenbaren, aber auch für den Erfolg eines Landes auf dem Weg zu „null Neuinfektionen, null Aids-Todesfällen und null Diskriminierung“. [8]

8. Strafgesetze ändern kein Verhalten, das tief in komplexen sozialen Gegebenheiten verwurzelt ist, besonders kein Verhalten, das auf sexuellem Verlangen basiert und durch HIV-bezogenes Stigma beeinflusst wird. [9] Solches Verhalten ist veränderbar durch Beratungs- und Unterstützungsangebote für Menschen mit HIV, die auf Gesunderhaltung, ein Leben in Würde und Empowerment zielen. [10]

9. Weder das Strafrechtssystem noch die Medien sind zurzeit gut auf den Umgang mit HIV-bezogenen Fällen vorbereitet. [11] Die entsprechenden Behörden sollten angemessene HIV-bezogene Fortbildungsmaßnahmen für Polizei, Staatsanwälte, Verteidiger, Richter, Schöffen und die Medien sicherstellen.

10. Ist der HIV-Status einer Person erst einmal unfreiwillig in den Medien offengelegt worden, wird dieser Sachverhalt für immer durch eine Internetsuche auffindbar sein. Menschen, die wegen HIV-bezogener „Taten“ angeklagt sind, für die sie keine Schuld tragen beziehungsweise nicht schuldig gesprochen werden sollten, haben ein Recht auf Privatsphäre. Für die öffentliche Gesundheit ergeben sich keine Vorteile, wenn diese Menschen in den Medien benannt werden. Falls frühere Partner aus Gründen der öffentlichen Gesundheit zu informieren sind, sollten dabei Regeln eingehalten werden, die ethischen Ansprüchen genügen und Vertraulichkeit gewährleisten. [12]

.

FAQs

Wer steht hinter der Deklaration von Oslo?

Wir sind eine Gruppe von Einzelpersonen und zivilgesellschaftlichen Organisationen aus aller Welt, die besorgt sind angesichts der unangemessenen und ausufernden Anwendung des Strafrechts, bei der Menschen mit HIV für ein Verhalten verurteilt und bestraft werden, das in anderen Zusammenhängen als rechtmäßig eingestuft werden würde.

Unser Bestreben ist es, dieses Unrecht zu beenden. Zu uns zählen Menschen, die mit HIV leben, und wir werden von engagierten Fürsprechern aus dem HIV-Bereich unterstützt. Unsere Expertise umfasst medizinisches, soziales, ethisches, politisches, menschenrechtliches und juristisches Fachwissen in Bezug auf HIV und Strafrecht.

Warum der Name „Deklaration von Oslo“?

Wir haben uns in Oslo (Norwegen) getroffen, am Vorabend der „High Level Policy Consultation on the Science and Law of the Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission“. Dieses Spitzentreffen wurde von der norwegischen Regierung und dem Joint United Nations Programme on HIV/AIDS (UNAIDS) einberufen. Ziel war, ein weltweites Forum zu schaffen, in dem sich politische Entscheidungsträger und andere betroffene Beteiligte über ihre derzeitigen Gesetze und Richtlinien in Bezug auf die Kriminalisierung der Nicht-Offenlegung der HIV-Infektion, Exposition oder Übertragung von HIV beraten können, auf Grundlage der neuesten und relevanten wissenschaftlichen, medizinischen, rechtlichen und die öffentliche Gesundheit betreffenden Daten.

Obwohl unsere Deklaration kein offizielles Dokument der High Level Policy Consultation ist, unterstützen wir die Ziele dieses Treffens. Wir möchten politische Entscheidungsträger dazu ermutigen, ihre eigenen Gesetze und Richtlinien zu überprüfen, und alle nötigen Schritte zu veranlassen, um bestmögliche Ergebnisse in Bezug auf Gerechtigkeit und Schutz der öffentlichen Gesundheit zu erlangen, um effektive, nationale Strategien gegen HIV zu implementieren und die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen aufrecht zu erhalten.

Was ist der aktuelle Stand bezüglich der Kriminalisierung von HIV?

Strafverfolgung findet in vielen Ländern der Welt statt, entweder mit HIV-spezifischen Strafgesetzen oder mit einer großen Bandbreite von oft unangemessenen, allgemeinen Strafgesetzen.13

Die meisten Strafrechtsfälle werden von den Anklägern und den Medien als Fälle von „absichtlicher“ oder „vorsätzlicher“ HIV-Übertragung dargestellt, während es bei der überwiegenden Zahl der Fälle weder „bösartigen Vorsatz“ noch eine vermutete oder sogar bewiesene Übertragung von HIV gegeben hat.14

In den vergangenen Jahren sind sowohl die Zahl der Strafverfolgungen als auch die Zahl von neuen HIV-spezifischen Strafgesetzen angestiegen15, und das, obwohl die Strategie des öffentlichen Gesundheits-Sektors gegen HIV – basierend auf einem menschenrechtlichen und evidenzbasierten Ansatz16 – die Anzahl der Neuinfektionen maßgeblich gesenkt und die Lebensqualität von Menschen mit HIV stark verbessert hat.17

Im Bewusstsein der wissenschaftlichen und medizinischen Fortschritte im HIV-Bereich überdenken jedoch nun mehrere Länder ihren bisherigen Umgang in der Anwendung des Strafrechts.18

Wie schaden HIV-bezogene Strafgesetze und Strafverfolgung den Bemühungen der HIV-Prävention?

Viele Experten haben angesichts des großen Schadens, den ein regulativer und Strafrecht-basierter Ansatz für die HIV-Prävention nach sich zieht, ihre Bedenken angemeldet.19

Insbesondere gibt es Anzeichen für negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit durch:

  • falsche Darstellungen und Überbewertungen von HIV-bezogenen Risiken und Schädigungen. Dies führt zu weiteren Mythen über HIV, inklusive Übertragungsrisiken und wie man sich am besten schützen kann.
  • wachsendes, HIV-bezogenes Stigma. Dies hat Auswirkungen darauf, ob sich eine Person über HIV informieren und darüber sprechen möchte.
  • das Ausblenden der Bedeutung von individuellem Wissen und eigener Verantwortung als Schlüsselkomponenten eines HIV-Präventionsansatzes. Der Schutz vor einer HIV-Übertragung in einer mit beiderseitigem Einverständnis bestehenden sexuellen Beziehung ist eine gemeinsame Verantwortung – und sollte auch als solche wahrgenommen werden.
  • die abschreckende Wirkung, die Menschen davon abhalten kann, ihren HIV-Status wissen zu wollen. Nicht diagnostizierte (und daher unbehandelte) HIV-Infektionen schaden der Gesundheit des Betroffenen und der öffentlichen Gesundheit.20

Wie schaden HIV-bezogene Strafgesetze und Strafverfolgung den Menschenrechten?

Es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass solche Gesetze und Strafverfolgung einen negativen Einfluss auf alle mit HIV lebenden Menschen haben,21 weil sie:

  • für Verwirrung und Angst hinsichtlich der Rechte und gesetzlichen Pflichten sorgen.
  • Menschen davon abhalten, Sexualpartnern ihren HIV-positiven Status zu offenbaren.
  • Menschen davon abhalten, Fachkräften des Gesundheitswesens ihr HIV-bezogenes Risikoverhalten zu offenbaren.

Ferner lassen Berichte aus aller Welt22 vermuten, dass:

  • Strafverfolgung und Ermittlungen selektiv und willkürlich erfolgen.
  • unsachgemäße und unsensible polizeiliche Ermittlungen zu unangemessener Offenlegung des HIV-Status, Verlust des Arbeitsplatzes und schwerem Leid führen können.
  • in den Medien eine stigmatisierende Berichterstattung stattfindet, bei der Namen, Adressen und Fotos von Menschen mit HIV veröffentlicht werden, die noch keiner Straftat für schuldig befunden wurden.
  • mit HIV lebenden Menschen nur eingeschränkt Gerechtigkeit zuteil wird.
  • Verurteilungen ergehen und Strafen verhängt werden, die oft in keinem Verhältnis zum möglichen oder tatsächlichen Schaden stehen.23

Warum schadet die Kriminalisierung von HIV vor allem Frauen?

Politiker und andere Entscheidungsträger mögen annehmen, dass sie Frauen schützen, indem sie HIV-spezifische Gesetze vorschlagen und verabschieden. Aber Kriminalisierung von HIV schützt Frauen nicht vor Nötigung oder Gewalt. Gesetze, die Frauen durch das Schaffen sozialer, rechtlicher und finanzieller Gleichberechtigung stärken und Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe stellen, hingegen schon.

Die Kriminalisierung von HIV schadet Frauen mehr, als dass sie ihnen hilft, weil:

  • Frauen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit strafrechtlich verfolgt werden, da sie, aufgrund von routinemäßigen HIV-Tests während einer Schwangerschaft, oft die ersten in einer Beziehung sind, die von ihrem HIV-Status erfahren, und sie weniger wahrscheinlich dazu in der Lage sind, ihren Partnern ihren HIV-positiven Status unbeschadet offenbaren zu können. Dies ist eine Folge von ungleichen Machtverhältnissen, wirtschaftlicher Abhängigkeit und einem hohen Grad geschlechterbasierter Gewalt innerhalb von Beziehungen.24
  • Frauen mit HIV unter Umständen davon abgehalten werden können, schwanger zu werden, und/oder mit Strafverfolgung wegen der Übertragung von HIV auf ihr Kind im Mutterleib oder beim Stillen rechnen müssen. Dies beschränkt ihre reproduktive Entscheidungsfreiheit und ihre diesbezüglichen Rechte.25

Wo kann ich mehr über die Kriminalisierung von HIV erfahren?

Alle unsere Aussagen untermauernden Belege können in den Fußnoten, mit Links zu den Originaldokumenten, gefunden werden. Bitte besuchen Sie auch folgende Websites für weitere Informationen:

AIDSLEX: CRIMINALIZATION OF HIV TRANSMISSION LIBRARY (international)

CANADIAN HIV/AIDS LEGAL NETWORK: HIV CRIMINALIZATION PUBLICATIONS

CENTER FOR HIV LAW & POLICY: POSITIVE JUSTICE PROJECT (USA)

GNP+: GLOBAL CRIMINALISATION SCAN (international)

IPPF: HIV AND THE LAW (international)

NAM: HIV AND THE CRIMINAL LAW (international)

POZ: HIV CRIMINALIZATION (USA)

SERO: SERO PROJECT (USA)

Die folgenden Dokumentarfilme geben weitere Einblicke in das Thema:

How Could She?, Schweden, 2010

Legalizing Stigma, USA, 2010

Verdict on a Virus, Großbritannien, 2011

HIV Is Not a Crime, USA, 2011

Perpetuating Stigma, USA, 2012

[Deutsche Übersetzung: Nicholas Feustel]

.

Fußnoten

[1] UNAIDS. Report of the Expert Meeting on the Scientific, Medical, Legal and Human Rights Aspects of Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission, 31 August-  2 September 2011.Geneva, February 2012.

[2] UNAIDS/UNDP. Policy Brief: Criminalization of HIV Transmission. Geneva, July 2008; Open Society Institute. Ten Reasons to Oppose the Criminalization of HIV Exposure or Transmission. 2008; IPPF,GNP+ and ICW. Verdict on a Virus. 2008. See also: IPPF. Verdict on a Virus (documentary) 2011.

[3] GNP+/UNAIDS. Positive Health Dignity and Prevention: A Policy Framework. Amsterdam/Geneva, January 2011.

[4] UNAIDS/UNDP. Policy Brief: Criminalization of HIV Transmission. Geneva, July 2008.

[5] UNAIDS. (2012) Op. cit.

[6] Marks G et al. Estimating sexual transmission of HIV from persons aware and unaware that they are infected with the virus in the USA. AIDS 20(10):1447-50, 2006; Hall HI et al. HIV transmissions from persons with HIV who are aware and unaware of their infection, United States. AIDS 26, online edition. DOI: 10.1097/QAD013e328351f73f, 2012.

[7] Bernard EJ, Hanssens C et al. Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission: Scientific, Medical, Legal and Human Rights Issues. UNAIDS, Geneva, February 2012; Carter M. Hepatitis C surpasses HIV as a cause of death in the US. Aidsmap.com, 21 February 2012.

[8] UNAIDS. Getting to Zero: 2011-2015 Strategy. Geneva, December 2010.

[9] Bernard EJ and Bennett-Carlson R. Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission: Background and Current Landscape. UNAIDS, Geneva, February 2012.

[10] GNP+/UNAIDS (2011) Op. cit.

[11] Bernard EJ and Bennett-Carlson R (2012) Op. cit.

[12] UNAIDS. Opening up the HIV/AIDS epidemic: Guidance on encouraging beneficial disclosure, ethical partner counselling & appropriate use of HIV case-reporting. Geneva, 2000.

[13] GNP+: The Global Criminalisation Scan Report 2010, Amsterdam, 2010; Bernard EJ: Criminal HIV Transmission Blog (2007 – 2012)

[14] Bernard EJ and Bennett-Carlson R (2012) Op. cit.

[15] Ibid.

[16] UNAIDS (2010) Op. cit.

[17] WHO, UNAIDS, UNICEF: Global HIV/AIDS Response: Epidemic update and health sector progress towards Universal Access 2011 Progress Report, Genf, 2011

[18] UNAIDS: Countries questioning laws that criminalize HIV transmission and exposure, 26. April 2011; Bernard EJ: Getting tough on criminalisation, HIV Treatment Update 210, Winter 2012

[19] Weait M: Intimacy and Responsibility: The criminalisation of HIV transmission, Abingdon, Oxon: Routledge-Cavendish, 2007; Burris S, Cameron E, Clayton M: The criminalisation of HIV: time for an unambiguous rejection of the use of criminal law to regulate the sexual behavior of those with and at risk of HIV, Social Science Research Network, 2008; Open Society Institute: Ten Reasons to Oppose the Criminalization of HIV Exposure or Transmission, 2008; IPPF, GNP+ und ICW: Verdict on a Virus, 2008; Cameron E: Criminalization of HIV transmission: poor public health policy, HIV/AIDS Policy & Law Review
14 (2), 2009; AFAO und NAPWA: HIV, Criminal Law & Public Health Forum, Canberra, September 2011; RFSU, RFSL and HIV Scheden, HIV, Crime and Punishment, Dezember 2011

[20] Cohen MS et al.: Prevention of HIV-1 Infection with Early Antiretroviral Therapy, N Engl J Med 2011, 365:493-505

[21] Mykhalovskiy E: The problem of “significant risk”: Exploring the public health impact of criminalizing HIV non-disclosure,Social Science & Medicine, 2011; Bourne A, Dodds C, Weait M.: Responses to criminal prosecutions for HIV transmission among gay men with HIV in England and Wales, Reproductive Health Matters 17(34):135–145, 2009; Menadue D.: The impact of the criminalisation issue on HIV-positive people, in: Cameron S und Rule J (eds): The Criminalisation of HIV Transmission in Australia: Legality, Morality and Reality, Sydney, NAPWA, 2009

[22] GNP+ (2010) Op. cit.; Bernard EJ. (2007 – 2012). Op. cit.; Bernard EJ and Bennett-Carlson R (2012) Op. cit.

[23] Strub S: HIV Is Not a Crime, Dokumentarfilm, 2011

[24] Athena Network: 10 Reasons Why Criminalization of HIV Exposure or Transmission Harms Women, 2009; In The Life Media: Perpetuating Stigma, Dokumentarfilm, 2012

[25] Heywood TA: State HIV disclosure forms legally inaccurate, Michigan Messenger, 7. Februar 2011; Heywood TA: Missouri backs off use of HIV client acknowledgment form, Michigan Messenger, 23. Mai 2011

.

siehe auch
ondamaris 23.02.2012: Oslo Declaration on HIV criminalisation
ondamaris 23.02.2012: Oslo-Erklärung zu HIV-Kriminalisierung unterzeichnet

.

Deutsche Aids-Hilfe unterzeichnet Oslo-Erklärung zu HIV-Kriminalisierung

Die Deutsche Aids-Hilfe hat die Oslo-Erklärung zu HIV-Kriminalisierung unterzeichnet.

Die Oslo Erklärung zu HIV-Kriminalisierung (Oslo declaration on HIV criminalisation) wurde am 13. Februar 2012 von 20 Einzelpersonen und Organisationen in Oslo unterzeichnet; inzwiswchen wird sie von annähernd 550 Personen und Organisationen unterstützt. Die Deklaration problematisiert die Kriminalisierung der HIV-Infektion, zeigt ihre Probleme und negativen Folgen auf und weist wege des Umgangs damit in Justiz und Politik.

Die Deutsche Aids-Hilfe DAH ist der Bundesverband der Aids-Hilfen in Deutschland. Ihr gehören derzeit ca. 120 Mitgliedsorganisationen an, ganz überwiegend regionale Aids-Hilfen.

Aus Deutschland unterstützen inzwischen 49 Personen und Organisationen die ‚Oslo Erklärung‘, unter ihnen neben der Deutschen Aids-Hilfe auch Prof.Dr. Martin Dannecker, der Rechtsanwalt Jacob Hösl und zahlreiche Verterter/innen aus dem Bereich der HIV-Positiven-Selbsthilfe.

Ein Mit-Zeichnen der Oslo Erklärung als Unterstützer ist hier möglich.

.

siehe auch

Die Deklaration von Oslo über die Kriminalisierung von HIV

Oslo Declaration on HIV criminalisation

Oslo Declaration on HIV criminalisation

Prepared by international civil society in Oslo, Norway on 13th February 2012

  1. A growing body of evidence suggests that the criminalisation of HIV non-disclosure, potential exposure and non-intentional transmission is doing more harm than good in terms of its impact on public health and human rights.[1]
  2. A better alternative to the use of the criminal law are measures that create an environment that enables people to seek testing, support and timely treatment, and to safely disclose their HIV status.[2]
  3. Although there may be a limited role for criminal law in rare cases in which people transmit HIV with malicious intent, we prefer to see people living with HIV supported and empowered from the moment of diagnosis, so that even these rare cases may be prevented. This requires a non-punitive, non-criminal HIV prevention approach centred within communities, where expertise about, and understanding of, HIV issues is best found.[3]
  4. Existing HIV-specific criminal laws should be repealed, in accordance with UNAIDS recommendations.[4] If, following a thorough evidence-informed national review, HIV-related prosecutions are still deemed to be necessary they should be based on principles of proportionality, foreseeability, intent, causality and non-discrimination; informed by the most-up-to-date HIV-related science and medical information; harm-based, rather than risk-of-harm based; and be consistent with both public health goals and international human rights obligations.[5]
  5. Where the general law can be, or is being, used for HIV-related prosecutions, the exact nature of the rights and responsibilities of people living with HIV under the law should be clarified, ideally through prosecutorial and police guidelines, produced in consultation with all key stakeholders, to ensure that police investigations are appropriate and to ensure that people with HIV have adequate access to justice.
    We respectfully ask Ministries of Health and Justice and other relevant policymakers and criminal justice system actors to also take into account the following in any consideration about whether or not to use criminal law in HIV-related cases:
  6. HIV epidemics are driven by undiagnosed HIV infections, not by people who know their HIV-positive status.[6] Unprotected sex includes risking many possible eventualities – positive and negative – including the risk of acquiring sexually transmitted infections such as HIV. Due to the high number of undiagnosed infections, relying on disclosure to protect oneself – and prosecuting people for non-disclosure – can and does lead to a false sense of security.
  7. HIV is just one of many sexually transmitted or communicable diseases that can cause long-term harm.[7] Singling out HIV with specific laws or prosecutions further stigmatises people living with and affected by HIV. HIV-related stigma is the greatest barrier to testing, treatment uptake, disclosure and a country’s success in “getting to zero new infections, AIDS-related deaths and zero discrimination”.[8]
  8. Criminal laws do not change behaviour rooted in complex social issues, especially behaviour that is based on desire and impacted by HIV-related stigma.[9] Such behaviour is changed by counselling and support for people living with HIV that aims to achieve health, dignity and empowerment.[10]
  9. Neither the criminal justice system nor the media are currently well-equipped to deal with HIV-related criminal cases.[11] Relevant authorities should ensure adequate HIV-related training for police, prosecutors, defence lawyers, judges, juries and the media.
  10. Once a person’s HIV status has been involuntarily disclosed in the media, it will always be available through an internet search. People accused of HIV-related ‘crimes’ for which they are not (or should not be found) guilty have a right to privacy. There is no public health benefit in identifying such individuals in the media; if previous partners need to be informed for public health purposes, ethical and confidential partner notification protocols should be followed.[12]

References:
[1] UNAIDS. Report of the Expert Meeting on the Scientific, Medical, Legal and Human Rights Aspects of Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission, 31 August-  2 September 2011.Geneva, February 2012.

[2] UNAIDS/UNDP. Policy Brief: Criminalization of HIV Transmission. Geneva, July 2008; Open Society Institute. Ten Reasons to Oppose the Criminalization of HIV Exposure or Transmission. 2008; IPPF,GNP+ and ICW. Verdict on a Virus. 2008. See also: IPPF. Verdict on a Virus (documentary) 2011.

[3] GNP+/UNAIDS. Positive Health Dignity and Prevention: A Policy Framework. Amsterdam/Geneva, January 2011.

[4] UNAIDS/UNDP. Policy Brief: Criminalization of HIV Transmission. Geneva, July 2008.

[5] UNAIDS. (2012) Op. cit.

[6] Marks G et al. Estimating sexual transmission of HIV from persons aware and unaware that they are infected with the virus in the USA. AIDS 20(10):1447-50, 2006; Hall HI et al. HIV transmissions from persons with HIV who are aware and unaware of their infection, United States. AIDS 26, online edition. DOI: 10.1097/QAD013e328351f73f, 2012.

[7] Bernard EJ, Hanssens C et al. Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission: Scientific, Medical, Legal and Human Rights Issues. UNAIDS, Geneva, February 2012; Carter M. Hepatitis C surpasses HIV as a cause of death in the US. Aidsmap.com, 21 February 2012.

[8] UNAIDS. Getting to Zero: 2011-2015 Strategy. Geneva, December 2010.

[9] Bernard EJ and Bennett-Carlson R. Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission: Background and Current Landscape. UNAIDS, Geneva, February 2012.

[10] GNP+/UNAIDS (2011) Op. cit.

[11] Bernard EJ and Bennett-Carlson R (2012) Op. cit.

[12] UNAIDS. Opening up the HIV/AIDS epidemic: Guidance on encouraging beneficial disclosure, ethical partner counselling & appropriate use of HIV case-reporting. Geneva, 2000.

.

siehe auch

Die Deklaration von Oslo über die Kriminalisierung von HIV

Oslo-Erklärung zu HIV-Kriminalisierung unterzeichnet (akt.)

Eine Gruppe von 20 Einzelpersonen und  Vertreter von Organisationen unter Einbeziehung von Menschen mit HIV haben am 13. Februar 2012 die „Oslo-Erklärung zur HIV-Kriminalisierung“ (Oslo Declaration on HIV criminalisation) unterzeichnet. Ihr Ziel: unangemessene Strafverfolgung HIV-Positiver bei Nicht-Offenlegung ihres HIV-Status zu beenden:

Oslo Declaration on HIV Criminalisation from HIV Justice Network on Vimeo.

Die Oslo-Erklärung zu HIV-Kriminalisierung zeigt auf, warum Kriminalisierung HIV-Positiver kontraproduktiv ist und wie Justiz sowie Politiker damit umgehen könnten.

Die Unterzeichung der Oslo-Erklärung erfolgte am Vorabend der „‚High Level Policy Consultation on the Science and Law of the Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission“, zu der UNAIDS und die Regierung Norwegens geladen hatten.

Unterzeichner der Oslo-Erklärung am 13.2.2012 sind

  • AIDS Fondet, Denmark
  • AIDS Fonds, Netherlands
  • AIDS & Rights Alliance for Southern Africa (ARASA), Namibia
  • Edwin J Bernard, HIV Justice Network, UK/Germany
  • Center for HIV Law and Policy, United States
  • Kim Fangen, HIV Manifesto, Norway
  • Global Network of People Living with HIV (GNP+),Netherlands
  • Groupe sida Genève, Switzerland
  • HIV Finland, Finland
  • HIV Nordic, Nordic countries
  • HIV Norway, Norway
  • HIV Sweden,Sweden
  • International Planned Parenthood Federation (IPPF), United Kingdom
  • Ralf Jürgens, Consultant, HIV/AIDS, health, policy and human rights, Canada
  • Sean Strub, SERO Project, United States
  • Robert Suttle, SERO Project, United States
  • Swedish Association for Sexuality Education, (RFSU), Sweden
  • Swedish Federation for Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Rights (RFSL), Sweden
  • Terrence Higgins Trust, (THT), United Kingdom
  • Matthew Weait, Professor of Law and Policy, United Kingdom

.

[via criminal hiv transmission]

.

Aktualisierung
23.02.2012, 20:45: Aktuell liegt die Zahl der Unterstützer der Oslo Declaration bei 205.
Eine deutschsprachige Übersetzung ist in Vorbereitung – sobald verfügbar, wird sie auf ondamaris als Dokumentation erscheinen.

26.02.2012, 21:00: Zwischenstadn: 412 Unterstützer aus 43 Staaten

.

Eine deutsche Übersetzung der Oslo-Erklärung liegt bisher nicht vor – vielleicht eine Aufgabe für die Deutsche Aids-Hilfe? inzwischen vor – siehe unten.

Und – warum war keine Organisation, keine Einzelperson aus Deutschland beteiligt? Unterzeichnung der Oslo-Erklärung ist auch jetzt möglich!

Die Erklärung ist zu begrüßen, ihr sind viele Unterstützer auch aus Deutschland zu wünschen.
Sie scheint an einigen Punkten zukünftig optimierbar. So scheint die Gefahr durch, Menschen zu stigmatisieren, die sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht auf HIV testen lassen möchten.

.

siehe auch

Die Deklaration von Oslo über die Kriminalisierung von HIV

 

HIV ist kein Verbrechen – UNAIDS-Direktor: „Ich bin schockiert“

Er sei schockiert angesichts dessen, was Nick und Robert geschehen sei, äußerte der Direktor der Aids-Organisation der Vereinten Nationen UNAIDS, Michel Sidibé, nachdem er den Kurzfilm „HIV is not a crime“ gesehen hatte.

„I was shocked, I am Executive Director (of UNAIDS), I am supposed to be very committed to all the human rights issue and trying to push this agenda… and I’m not even knowing a minimum of those unacceptable things that are happening around me. It was shocking for me and upsetting to hear the stories of Nick and Robert.“

Sidibé äußerte sich nachdem er den Kurzfilm „HIV is not a crime!“ (Sean Strub, 2011) gesehen hatte, der die Kriminalisierung von HIV-Positiven thematisiert (Ausschnitt des Dokumentarfilm-Projekts):

.

POZ 15.02.2012: UNAIDS‘ Michel Sidibé: ‚I was shocked‘

Kanada: Oberster Gerichtshof entscheidet voraussichtlich im Sommer über Pflicht zur Offenlegung der HIV-Infektion (akt.)

Müssen HIV-Positive in Kanada ihre Sex-Partner vorab informieren? Über diese Frage hat der Supreme Court of Canada (der oberste Gerichtshof Kanadas) zu entscheiden. Grundlage und Ausgangssituation ist ein Urteil des Supreme Court aus dem Jahr 1998 (Entscheidung ‚Cuerrier‘), derzufolge HIV-Positive unter allen Umständen ihre HIV-Infektion offen legen müssen. Die Staatsanwaltschaften zweier kanadischer Provinzen hatten Beschwerde eingelegt gegen Entscheidungen der Gerichten von Manitoba und Quebec, mit denen die Verurteilungen eines HIV-positiven Mannes sowie einer HIV-positiven Frau aufgehoben worden waren.

In beiden Fällen war der Tenor der Urteile, dass eine signifikante Gefährdung der Sexpartner/innen (z.B. wegen Benutzung von Kondomen, erfolgreicher antiretroviraler Therapie) nicht bestanden habe. Demgegenüber zeigte die Staatsanwaltschaft die Ansicht, es komme nicht darauf an, dass das Risiko niedrig sei, vielmehr habe die potentiell ein Risiko eingehende Person das Recht der Wahl.

Der Supreme Court of Canada verhandelte beide Fälle am gestrigen 8. Februar 2012 bis in die späten Abendstunden (MEZ). Eine Entscheidung wird für den Herbst erwartet.

Supreme Court of Canada (Foto: Supreme Court)
Supreme Court of Canada (Foto: Supreme Court)

Die Vorsitzende Richterin Beverley McLachlin und ihre Kollegen fragten die Vertreter der klagenden Staatsanwaltschaften im Verlauf des Verfahrens intensiv nach Beweggründen, warum wissenschaftliche Evidenz hinsichtlich der HIV-Therapie und Viruslast nicht berücksichtigt werde. McLachlin hinterfragte auch, in wie weit nicht der Test auf strafrechtliche Verantwortung bei Nicht-Offenlegung der HIV-Infektion zu wage sei:

„How is that person supposed to know if they are committing a criminal act? If the answer is, ‚They can’t know for sure,‘ then surely the crime isn’t really a crime. It would violate one of the fundamental principles of criminal law.“

Zudem warf sie die Frage auf, ob, wenn das Risiko sich überhaupt nicht materialisiere (keine Infektion stattfinde), überhaupt von einem Verbrechen (im strafrechtlichen Sinn) gesprochen wenden könne.

Vertreter der Staatsanwaltschaft hingegen argumentierten, jedes Infektionsrisiko (unabhängig von der Höhe des Risikos) sei ein „signifikantes Risiko“. Zudem sei eine Infektion mit HIV eine „schwerwiegende körperliche Beeinträchtigung“.

.

Aktualisierung
09.02.2012, 10:30: Entscheidungen des Supreme Courts erfolgen üblicherweise nach mindestens vier Monaten Bearbeitungszeit nach der Verhandlung. Ein Kommentator geht allerdings davon aus, dass die Entscheidung noch später als Juni 2012 erfolgen könnte, und verweist darauf, dass zwei der neun Richter neu im Amt sind und mehr Zeit benötigen könnten. (Danke an Edwin J. Bernard für diese und weitere Infos!) [Artikel-Überschrift aufgrund dieser Infos geändert von „entscheidet im Herbst“ in „entscheidet voraussichtlich im Sommer“; d.Verf.]

.

weitere Informationen:
Xtra 08.02.2012: Supreme Court grills government lawyers over HIV
Xtra 08.02.2012: Supreme Court hears landmark HIV case: five things to watch
le devoir 08.02.2012: Criminalisation de l’exposition au VIH – La Cour suprême doit trancher
Xtra 08.02.2012: Marucs McCann reports from Supreme Court (YouTube)
the spec 09.02.2012: Gathering evidence of HIV nondisclosure
PositiveLite 15.02.2012: Update: Criminalization of HIV non-disclosure
.

Kanada: Müssen HIV-Positive ihre Sex-Partner vorab informieren? Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erwartet (akt.2)

Der Oberste Gerichtshof Kanadas befasst sich an diesem Mittwoch, 8. Februar 2012 mit der Frage, ob es ein Verbrechen ist, wenn Menschen mit HIV ihre Sexpartner/innen nicht vorher von ihrem HIV-Status infirmieren, selbst wenn das HIV-Übertragungsrisiko niedrig ist.

Eine bisher geltende Entscheidung aus dem Jahr 1988 in gleicher Sache wurde von Richtern in Kanada auf verschiedene Weise interpretiert. Dies führe zu einem hohen Maß an Unischerheit bei HIV-Positiven, sagte Cecile Kazatchkine vom Canadian HIV/AIDS Legal Network. Klarheit schaffen soll nun die Verhandlung von dem Supreme Coiurt, Kanadas oberstem Gerichtshof.

Supreme Court of Canada (Foto: Supreme Court)
Supreme Court of Canada (Foto: Supreme Court)

So hob das Berufungsgericht in Manitoba vier Verurteilungen eines Mannes wegen Nicht-Information seiner Sexpartner wieder auf. Manche Sexpartner seien einfach keinem siginifikanten Risiko ausgesetzt gewesen, urteilte das Gericht. Der Mann nahm antiretrovirale Therapie, zudem verwendete er in einigen Fällen Kondome. Keiner seiner Sexpartner wurde mit HIV infiziert. Dennoch, so die Staatsanwaltschaft der Provinz vor dem Obersten Gerichtshof, sei jeder dieser Männer einem HIV-Infektionsrisko ausgesetzt worden.Es komme nicht darauf an, ob das Risiko niedrig sei, die Wahl das Risiko einzugehen müsse bei der das Risiko eingehenden Person liegen, nicht bei der, von der es ausgehe, so die Staatsanwaltschaft der Provinz:

„It does not matter that the chance of this occurring is small, the law aims to stop people from taking that chance. The choice whether to assume this risk must … lie with the person assuming the risk, not the person imposing it.“

Ähnlich argumentiert die Staatsanwaltschaft im zweiten Fall. Das Berufungsgericht Quebec hatte die Verurteilung einer HIV-positiven Frau aufgehoben, weil das Risiko einer HIV-Übertragung niedrig war. Die Verpflichtung, Sexpartner vom HIV-Status zu informieren, würde HIV-Infizierte auf unangemessene Art in ihrem Recht auf Privatsphäre beeinträchtigen, hatten die Anwälte argumentiert. Zudem sei dies für die öffentliche Gesundheit kontraproduktiv, der Zwang zu Offenlegung des eigenen HIV-Status halte möglicherweise mit HIV infizierte Menschen potentiell davon ab, einen HIV-Test durchführen zu lassen oder sich einer antiretroviralen Behandlung zu unterziehen. Sowohl die Benutzung von Kondomen als auch eine niedrige Viruslast sollten bei der Frage was ein signifikantes Risiko darstellen deutlicher berücksichtigt werden.

Die Positiven- und Aids-Organisationen COCQ-sida, Stella, PolitiQ-queers solidaires, Radical Queer Semaine sowie Warning fordern in einer gemeinsamen Erklärung

„Wir, die Unterzeichner ersuchen das Gericht diese Gelegenheit zu nutzen und ausdrücklich zu bestätigen, dass es keine strafrechtliche Verfolgung von Menschen mit HIV gibt, wenn keine erhebliche Gefährdung vorliegt – vor allem in Fällen, wenn ein Kondom benutzt wird oder wenn die Person erfolgreich antiretroviral behandelt wird. Wir fordern das Gericht auf, seine Entscheidung auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen, nicht auf Vermutungen, Vorurteilen oder Ängsten zu basieren.“

Die Organisationen luden am Vor-Abend des Verhandlungsbeginns zu einer Protest-Demonstration vor dem Gerichtsgebäude.

Zuvor hatte bereits am 6. Februar 2012 ein Aktionstag unter dem Motto „We’re not criminals“ stattgefunden (Videos dazu siehe „weitere Informationen“ unten).

Toronto Day of Action against the criminalization of HIV
Toronto Day of Action against the criminalization of HIV

.

Aktualisierung
08.02.2012, 09:15: An der 45-minütigen Demonstration vor dem Gerichtsgebäude am Vortag der Verhandlung nahmen einem Medienbericht zufolge ca. 50 Personen teil. Zahlreiche Medienvertreter waren anwesend.

08.02.2012, 14:30: Der Leitartikel des ‚Globe and Mail‘ am Tag der Verhandlung betont, es seien in Kanada Ansätze der HIV-Bekämpfung erforderlich, die über aggressive Polizeiaktionen und diskriminierende Verfolgung hinaus reichen:

„If we really want to address and, ultimately, end the epidemic of HIV in Canada, then we must look for approaches beyond aggressive police action and rampant, discriminatory prosecution.“

.

Gibt es ein Recht auf absolute Sicherheit?
Gibt es ein Recht zu kriminalisieren?
Selbst wenn die Folgen lauten: Ansgt, Stigmatisierung, Diskriminieurng?
Selbst wenn die Folgen lauten: Schaden für Prävention, für Gesundheit, für Bürgerrechte?
Mit diesen Fragen ließe sich skizzieren, worum es geht vor dem obersten Gericht Kanadas.

Das Motto des Aktionstags in Toronto bringt auf den Punkt, worum es Menschen mit HIV geht. Nicht nur in Kanada:

„Wir sind keine Kriminellen!“

.

weitere Informationen:
CTV News 05.02.2012: Do People with HIV Have to Tell Their Sex Partners? Supreme Court to Decide
Aids Action Now: Day of Action Videos
the warning 06.0p2.2012: A l’approche d’une affaire en cour supreme, des sympathisants du monde entier exhortent le canada à cesser de criminaliser les personnes vivant avec le VIH
2bemag 07.02.2012: Flash-demo against HIV criminalization brings media attention
the globe and mail 08.02.2012: Let’s draw reasonable lines on HIV disclosure
.

Lasst uns aus der kollektiven Schockstarre des Verseuchtseins erwachen! Freut euch!

MichèleZwei drei Gedankesprünge und Freudehüpfer, mehr nicht. Exakt 4 Jahre nach der Veröffentlichung des „swiss statement“ der eidgenössischen Komission für AIDS-Fragen EKAF titeln und reden wir immer noch von „Erleichterung“ mit Fragezeichen. Ich sage immer noch: FREUDE!

Muss ich euch wirklich lauthals ein Plädoyer für den Austausch von Körperflüssigkeiten, Gerüchen, dem Erleben von Haut und Haar halten? Ich mach das. Sofort!
Und darum FREUE ich mich über kondomloses Miteinander.

Was denkt ihr denn? Dass es mensch nur zusteht verhalten erleichtert zu sein und sich präventiv zu ducken vor der breit-um-sich-schlagenden Moralinkeule? Warum denn? Weil es einige gibt, die mit der Moralinkeule versuchen das Leben totzuschlagen, indem sie schnell sind beim Verallgemeinern, Verurteilen und Beschuldigen?
Nein danke.

Ich will über meine Freude nicht leugnen wieviel noch zu tun ist, weil Gerechtigkeit und FREUDE Zugang zu Information, harm reduction und Behandlung bedingt. Für alle! Wenn es um die Therapie-und Test-Freiheit aller geht. Da frage ich: Erleichterung? Ja. Mich dünkt sie haben längst einen Deal beschlossen, denn Volksgesundheit ist hoch im Kurs! Schon damals, 2008, nach unendlicher Vorlaufzeit.

Ich sage trotzdem, immer noch und immer wieder:FREUDE!
Ja ich freue mich. Ich bin so frei.

Nicht Erleichterung mit Fragezeichen. Wer mich dafür der versuchten schweren Körperveletzung oder versuchten Verbreitung einer schweren menschlichen Krankheit beschuldigen möchte, sei ebenso frei. Ich halte dem nebst meiner Verantwortung, auch meine Nicht-Infektiosität entgegen.

Trotzallem. Die Angst vor der Entängstigung treibt seltsame Blüten und so fehlen uns verbindliche übergeordnete gerichtliche Urteile, um uns auch darüber zu freuen? (aber wenn wir brav die Pillen schlucken und engmaschig zur Kontrolle antraben, dann bekommen wir bestimmt das Zückerchen Straffreiheit unter erfolgreicher Therapie)

Ich denke, es erleichtert den Druck auf „uns.“

Uns könnte die FREUDE! aber auch noch mehr zu Gerechtigkeit und Freiheit verführen. Das wünsch ich mir! Die Frechheit selbstbestimmt und vollwertig Verantwortung zu leben!

Lasst uns mal aus der kollektiven Schockstarre des Verseuchtseins erwachen!
Freut EUCH!

Ja! mich freut es doch auch, dass nach so langer Vorlaufzeit die Komission sich auf den Ast herausliess und die „ganze“ Welt schockte!
War höchste Zeit, „damals“, nicht? !

Der medizinische Fortschritt ist riesig, die Freude darf sein.

Beim grossen Rest bleibt die Erleichterung mit Fragezeichen – noch!

Österreich: Seit 1.1.2012 Zwangs-Hiv-Tests

Seit 1.1.2012: Zwangs-Hiv-Tests
Rechtskomitee LAMBDA (RKL) unterstützt Antrag an den Verfassungsgerichtshof

Das Terrorismuspräventionsgesetz bringt auch eine Novelle der Strafprozessordnung. Seit 1.1.2012 sind gewaltsame Blutabnahmen bei Verdacht einer Ansteckung mit Hiv zulässig, obwohl die Verfassung zwangsweise Blutabnahmen verbietet. Eine Beschwerde liegt bereits beim Verfassungsgerichtshof.

Mit dem im Oktober 2011 verabschiedeten Terrorismuspräventionsgesetz wurden Zwangsblutabnahmen bei Verdacht des Vergehens der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten (§ 178 Strafgesetzbuch) erlaubt. Bisher waren zwangsweise Blutabnahmen (bei nicht berauschten TäterInnen) nur bei Verdacht auf ein Sexualverbrechen oder auf ein (anderes) Verbrechen zulässig, das mit mehr als 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist.

Das ist seit 1. Jänner anders, obwohl der Verfassungsgerichtshof zwangsweise Blutabnahmen verbietet, weil niemand gezwungen werden darf, seinen Körper als Beweismittel gegen sich selbst zur Verfügung zu stellen. Die erste Beschwerde gegen die neue Befugnis der Kriminalpolizei liegt bereits beim Verfassungsgerichthof.

Der unbescholtene Antragsteller ist Hiv-positiv und beantragt die Aufhebung der Gesetzesnovelle. Die Staatsanwaltschaft (StA) hat gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts gem. § 178 StGB eingeleitet, weil ihn ein anderer Hiv-positiver Mann beschuldigt, ihn mit Hiv angesteckt zu haben. Tatsächlich hatte der Mann mit diesem anderen Mann vor Jahren einvernehmlichen sexuellen Kontakt, jedoch entsprechend den vom Gesundheitsministerium und den Aids-Hilfen propagierten Safer Sex Regeln, also mit Sexualpraktiken, bei denen eine Ansteckung nicht möglich ist (Oralverkehr ohne Ejakulation in den Mund).

Erpresst und angezeigt

Der mehrfach wegen Gewalt-, Suchtgift- und Vermögensdelikten vorbestrafte Anschuldiger hat die Anzeige, in der er ungeschützten passiven Analverkehr behauptete, erst Jahre nach dem sexuellen Kontakt erstattet und erst nachdem der Beschuldigte nicht bereit war, seine erheblichen finanziellen Forderungen zu erfüllen. Zudem hat er selbst in seiner Einvernahme angegeben, anderweitig ungeschützte sexuelle Kontakte gehabt zu haben und hatte er im Internet flüchtige sexuelle Kontakte („Sexdates“) gesucht mit einem Profil, auf dem angegeben war: „Safer Sex: Niemals“. Darüber hinaus ist dieser Mann nach seinen eigenen Angaben heroinsüchtig, und war daher, außer dem sexuellen noch anderen Übertragungswegen für eine Hiv-Infektion ausgesetzt.

Das gegen den Anschuldiger (wegen des Verdachts der schweren Erpressung) eingeleitete Strafverfahren wurde „wegen der widerstreitenden Aussagen“ sogleich nach Einvernahme der beiden Männer eingestellt. Nicht jedoch das Verfahren gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts der Gefährdung durch übertragbare Krankheiten (wofür bereits unsafer Sex ausreicht, ohne dass es zu einer Ansteckung gekommen ist). Auch hier bestanden widerstreitende Aussagen, jedoch begehrte der Staatsanwalt eine Blutuntersuchung (phylogenetische Untersuchung).

Gefahr der Verurteilung Unschuldiger

Eine phylogenetische Untersuchung kann aber eine Ansteckung nicht beweisen. Und phylogenetische Untersuchungen bergen das Risiko falscher Ergebnisse und von Fehlinterpretationen zu Lasten des Beschuldigten Es gibt (noch) keine Standards (Richtlinien) für die Durchführung dieser Analysen zu gerichtlichen Zwecken und ihre Ergebnisse werden von Gerichten leider immer wieder missverstanden und fehlinterpretiert. Darauf weisen UNAIDS und die EU-Grundrechteagentur seit Jahren hin.

Der Mann hat daher einer Blutabnahme nicht zugestimmt, weil er befürchten muss, auf Grund der Testergebnisse unschuldig verurteilt zu werden. Seit 1. Jänner muss er nun jederzeit die gewaltsame Abnahme einer Blutprobe fürchten und hat sich daher an den Verfassungsgerichtshof gewandt.

„Es ist unglaublich, dass die Regierungsparteien, gegen die Opposition, diese verfassungswidrige Regelung beschlossen haben“, sagt der Präsident des RKL und Rechtsanwalt des Antragstellers Dr. Helmut Graupner, „Es bleibt, wie so oft, die Hoffnung auf den Verfassungsgerichtshof“.

(Pressemitteilung Rechtskomitee LAMBDA)

Kurz notiert … November 2011

28. November 2011: Der Phamakonzern Gilead hat von der EU-Kommission die Zulassung für eine Kombinationspille aus den Wirkstoffen Emtricitabine, Rilpivirine und Tenofovir erhalten. Sie soll unter dem Handelsnamen Eviplera® vermarktet werden.

22. November 2011: Danielle Mitterand, Ehefrau des früheren französischen Präsidenten Francois Mitterand (und sein „linkes Gewissen“), ist tot. Über ihre Stiftung setzte sie sich immer wieder auch für HIV-Infizierte, insbesondere in Afrika, ein.

Das Robert-Koch-Institut RKI informiert über seine Geschichte zwsichen 1933 und 1945.

21. November 12011: Gilead baut seine Marktmacht weiter aus und erwirbt Pharmaset – ein hierzulande weitgehend unbekanntes Unternehmen, das zahlreiche neue Substanzen gegen Hepatitis C in der Entwicklung hat.

20. November 2011: Aids sei „in erster Linie ein ethisches Problem“, meint ein von Papst Benedikt XVI. unterzeichnetes Abschlussdokument der vatikanischen Bischofssynode zu Afrika. Nötig seien sexuelle Enthaltsamkeit und Treue in der Ehe.

15. November 2011: In Kasachstan sind offiziellen Angaben zufolge insgesamt 17.266 Menschen mit HIV infiziert, 1.432 von ihnen sind an Aids erkrankt.

Das CHMP der europäischen Arzneimittelbehörde EMA hat bereits am 20. Oktober 2011 die Zulassung einer ersten generischen Version von Efavirenz empfohlen. Efavirenz wird bisher unter den Handelsnamen Sustiva® und  Stocrin®vermarktet.

Die krankenkasse KKH hat einen Rabattvertrag über 5 HIV-Medikamente mit einem Pharmakonzern abgeschlossen.

14. November 2011: Prof. Gabriele Arent (Düsseldorf) fasst in einem Artikel für SpON die Suituation und aktelle Forschugn zum Thema „HIV und Gehirn“ zusammen.

11. November 2011: Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat die für 2012 ursprünglich vorgesehenen Kürzungen bei der Prävention im Bereich HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen teilweise zurückgenommen.

10. Nobvember 2011: Dänemark entfernt HIV aus Artikel 252 des Strafgesetzbuches – scheint aber andere die HIV-Übertragung kriminalisierende Regelungen vorzubereiten.

8. November 2011: Für ihre Verdienste wird Gaby Wirz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

7. November 2011: Die US-Arzneimittelbehörde FDA warnt vor (vermutlich seltenen) schweren Hautreaktionen bei Anwendung von Raltegravir (Handelsname Isentress®).

5. November 2011: Vier von fünf HIV-Patienten weltweit werden mit Aids-Medikamenten des Pharmakonzerns Gilead Sciences behandelt, berichten Finanz-Analysten.

4. November 2011: Der Conseil national du sida (CNS), das 1989 gegründete höchste Beratungsgremium der französischen Politik in Aids-Fragen, unterstützt Forderungen nach einer Finanztransaktionssteuer. Diese sei geeignet, Mittel für die weltweite Aids-Bekämpfung zu generieren.

3. November 2011: Jeff Crowley, Director of the Office of National AIDS Policy and Senior Advisor on Disability Policy im Weißen Haus und „Aids-Zar“ von US-Präsident Obama, hat seinen Rückzug erklärt.

Bundesentwicklungsminister Niebel sieht sich durch jüngst vorgelegte Prüfberichte des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) bestätigt und fordert Reformen.

2. November 2011: Eine neue Regelung untersagt HIV-Positiven in Swasiland, als Pilot zu arbeiten. HIV-Aktivisten in dem afrikanischen Binnenstaat protestieren.

Augsburg: 75.000 € Schmerzensgeld für HIV-Infektion

Ein 31jähriger Mann erhielt aufgrund seiner Zivilklage vom Augsburger Landgericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 75.000 Euro von seinem ehemaligen Partner zugesprochen. Strafrechtlich war dieser bereits im Juli 2010 verurteilt worden.

Die Zweite Zivilkammer des Augsburger Landgerichts betrat Neuland. Erstmals überhaupt wurde ein Urteil gefällt über Schmerzensgeld aufgrund einer HIV-Infektion innerhalb einer schwulen Beziehung. 75.000 € sprach sie am 16. November 2011 einem Kläger zu. Zudem muss der Beklagte zukünftige „materielle Schäden“ des Klägers übernehmen. Das Urteil erfolgte aufgrund eines Vergleichsangebots des Gerichts, auf das sich beide Parteien einigten.

Der 31jährige Kläger hatte zwei Jahre in einer Beziehung mit einem älteren Mann. Beide hatten Sex ohne Benutzung von Kondomen mit einander. Der Angeklagte wusste von seiner eigenen HIV-Infektion, teilte sie seinem damaligen Partner (dem jetzigen Kläger) jedoch nicht mit. Entsprechende Fragen danach verneinte er zudem.

Strafrechtlich war der Angeklagte, der inzwiswchen in der Nähe von München lebt, bereits im Juli 2010 vom Amtsgericht München zu einer Haftstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er ist mittellos, lebt von Sozialhilfe, hat Privatinsolvenz angemeldet.

Der Kläger, der inzwischen zu 70% schwerbehindert ist, hat seinen Arbeitsplatz verloren und lebt von einer Rente von 700 Euro monatlich. Zudem erhält er Mittel nach dem Opferentschädigungsgesetz.

 

.

weitere Informationen:
SZ 16.11.2011: Urteil um HIV-Infektion – Wenn aus Liebe Hass wird
Augsburger Allgemeine 16.11.2011: Was ein Leben wert ist
.

Kanada: Ärztin vor Gericht

In Kanada wurde Anklage erhoben gegen eine Ärztin, der vorgeworfen wird, Patienten dem Risiko einer Infektion mit HIV, Hepatitis B oder Hepatitis C ausgesetzt zu haben.

Hat eine Ärztin im kanadischen Ottawa durch unreine Geräte ihre Patientinnen und Patienten einem Risiko einer Infektion mit Hepatitis oder HIV ausgesetzt? Mit dieser Frage wird sich ein gericht beschäftigen. Zwei Patienten klagen gegen die Ärztin. Sie fordern Schmerzensgeld und Schadenerstaz in Höhe von 20 Millionen $.

Die Gesundheitsbehörden von Ottawa hatten Mitte Oktober 2011 Warnbriefe an 6.800 Bürgerinnen und Bürger der Stadt gesandt, die zwischen April 2002 und Juni 2011 bei der Gastroenterologin (Fachärztin für den magen-Darm-Trakt) zu Untersuchungen waren. Nach einer Behandlung durch die Ärztin in deren privaten Klinik seien sie möglicherweise Hepatitis B, Hepatitis C oder HIV ausgesetzt gewesen.Das Infektionsrisiko sei allerdings „sehr niedrig“. Hinweise auf eine konkrete Erkrankung durch die Suituation gebe es bisher nicht, so der Leiter der Gesundheitsbehörden. Man wolle aber sicherstellen, dass alle Betroffenen sich des Risikos bewusst seien.

Eine Untersuchung im Mai 2011 hatte ergeben, dass über einen Zeitraum von neun Jahren sowohl bei von ihr durchgeführten Gastroskopien (Magenspiegelungen) als auch Koloskopien (Darmspiegelungen) die Anweisungen fachgerechter Reinigung der Geräte „nicht immer befolgt“ worden seien.

Die Vorwürfe wurden biser nicht vom gericht überprüft. Die Ärztin hat bis Anfang Dezember Zeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

.

weitere Informationen:
CBC News 15.10.2011: Ottawa says 6,800 exposed to infection risk
National Post 16.10.2011: Thousands put at hepatitis, HIV risk by Ottawa clinic: officials
CBC News 17.10.2011: Ottawa private clinic behind hepatitis, HIV scare
the star 03.11.2011: Lawsuit targets Ottawa doctor over HIV, hepatitis scare
.

„Europa leidet unter einer Epidemie der Kriminalisierung“

Die „Epidemie der Kriminalisierung“ habe 2,2 Millionen potentielle Straftäter in West- und Mitteleuropa geschaffen. Diese Epidemie bedürfe schnell der Heilung. Mit deutlichen Worten kritisierte Professor Matthew Weait von der Universität London anläßlich einer Tagung in Stockholm die Kriminalisierung der HIV-Übertragung.

„Die Europäische Region leidet unter einer Epidemie der Kriminalisierung. Quer über den ganzen Kontinent werden Menschen mit HIV untersucht, verfolgt, verurteilt und eingesperrt für die nicht-bewusste Übertragung von HIV. Diese Epidemie verursacht signifikant Schaden: nicht nur direkt – bei den Menschen, die Ziel harter und strafender Reaktionen sind – sondern auch indirekt, [sie fügt Schaden zu] allen Bemühungen um eine Normalisierung von HIV und Reduzierung von Stigma, und allen versuchen die Bedeutung geteilter Verantwortung für die sexuelle Gesundheit zu betonen.“

Mit diesen Worten (Übersetzung durch ondamaris) leitet Prof. Weaits seinen Vortrag über die Kriminalisierung der HIV-Übertragung ein. Prof. Weait sprach auf der FEMP 2011, der Konferenz „The Future of European Prevention Among MSM“. Matthew Weait ist Professor of Law and Policy an der School of Law der Birkbeck University of London. Er befasst sich schwerpunktmässig insbesondere mit den Auswirkungfen des Rechts auf Menschen mit HIV, unter anderem auch aktuell im Rahmen eines Projektes der Welt-Gesundheits-Organisation WHO.

Prof. Matthew Weait (Foto: Birkbeck University of London)
Prof. Matthew Weait (Foto: Birkbeck University of London)

In seinem sehr lesenswerten Vortrag auf der FEMP 2011 gibt Weaits zunächst einen Überblick über Art und Umfang der Kriminalisierung der HIV-Übertragung in Europa (sowohl durch HIV-spezifische als auch durch nicht HIV-spezifische Gesetze). Er diskutiert die verschiedenen in Europa genannten Gründe und üblichen Begründungen für Kriminalisierung (sowohl unter strafrechtlichen als auch Aspekten der Öffentlichen Gesundheit). Und er stellt Überlegungen an, mit welchen Maßnahmen Zivilgesellschaften bisher hierauf reagiert haben, und welche weiteren Reaktionen möglich wären.

.

weitere Informationen:
Prof. matthew Weait: Punitive Economies: the Criminalization of HIV Transmission and Exposure in Europe
FEMP 2011
Internetseite Prof. Matthew Weait
.

via criminal HIV transmission – danke!
.

HIV-Stigma – das „goldene Ticket“ für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde ?

Diskriminierung und Stigmatisierung sichtbar machen – ist das ein positiver Ansatz? Oder ist sie ein weiterer Schritt im Opfer-Dasein? Gar das „goldene Ticket für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde“? Die Festschreibung des Sonder-Status?

Ein Gast-Kommentar von Manuel Schubert, Autor des Blogs „Immunantwort„:

HIV-Stigma – das „goldene Ticket“ für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde ?

Im Regelfall prallt die Präventionsreklame an mir ab. Ausgenommen die Aktion „Positive Stimmen“. Der neueste Streich der Deutschen Aids Hilfe brachte mich tatsächlich ins Grübeln. Stark verkürzt hören sich bei diesem Projekt Menschen mit HIV gegenseitig dabei zu, wie sie über schlechte Behandlungen aufgrund ihres Virus berichten. Aus dem gesammelten Material wird anschließend der sog. „PLHIV Stigma Index“ (neudt.: „People living with HIV Stigma Index“) destilliert. Der soll abbilden, inwieweit und wo auf der Welt Menschen mit HIV diskriminiert werden bzw. aufgrund der Abstempelung als „positiv!“ Leid und Benachteiligungen erfahren. Das Projekt rühmt sich einer Besonderheit: Man verfährt nach den sog GIPA-Prinzipien („Greater Involvement of People Living with HIV/ Aids“), auf gut deutsch: Von Positiven für Positive. Wendet man eine kontroverse Lesart an, dann sind die „Positiven Stimmen“ der Kinderteller, den „uns“ die Präventionsinstanzen ausnahmsweise gewähren. Für mich riecht das irgendwie nach Entmündigung durch die Hintertür. Aber vielleicht missverstehe ich da auch nur etwas.

Sprechen ist jedenfalls angesagt bzw. das Antworten auf Fragen, die positive Interviewer ihren positiven Interviewten anhand eines standardisierten Fragebogens (sic!) stellen. Ferner Sinn des Ganzen ist die Absicht, mit dem sich hoffentlich(?) abzeichnenden Bild von der Schlechterstellung infizierter Menschen, „langfristig“ in Politik und Gesellschaft intervenieren zu können. Klingt nett. Wer diese Interventionen letztlich vornimmt, sei dahin gestellt. Ebenso, ob die „GIPA“ Prinzipien dann gelten.

„Positive Stimmen“ trägt, das D- und das S-Wort trophäenartig vor sich her: Diskriminierung und Stigmatisierung. Die Sprachdatenbank der Uni Leipzig kennt für das D-Wort 12 Synonyme, darunter „Missachtung“ und „Benachteiligung“. Ganz egal ob Versicherungen, Arbeitgeber, Chatpartner oder Richter – Menschen mit HIV im Blut schlechter zu behandeln als vorgeblich „gesunde“ Menschen, ist in westlichen Industriestaaten gängige Praxis. Schnell geraten dabei neben dem persönlichen Respekt auch Grundrechte unter die Räder. Die Frage nach Diskriminierung lässt sich relativ schnell beantworten. Die Antwort ist so mannigfaltig, wie die „Täter der Diskriminierung“ vielgestaltig sind. Und so wie sich deutsche Juden in schöner Regelmäßigkeit für die „Machenschaften“ der israelischen Regierung(-en) rechtfertigen sollen. Genauso oft dürfen sich Positive anhören, dass die Krankenkassen Verletzungen aus Extremsportarten ja auch nicht mehr bezahlen. Der einzig „positive“ Aspekt an Diskriminierung: Sie ist häufig so dermaßen dämlich und offenkundig plump, dass sie sich schnell identifizieren lässt. Sich dagegen dann auch wehren zu können, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Ob Kampagnen wie die „Positiven Stimmen“ hier hilfreich sind, sei erheblich bezweifelt. Ich würde politisch progressive, lautstarke und von Fördermitteln unabhängige Interessenvertretungen bevorzugen.

Beim S-Wort ist die Sache schwieriger. Was ist ein Stigma – in Bezug auf HIV und unter Fortlassung der historischen Wurzeln des Begriffs? Ist die Ordnungsnummer der Ärzte und Krankenkassen für HIV „B24 G“ schon Stigma, oder nur eine Kennziffer im Abrechnungswesen? Ist die Phrase „poz“ für positiv schon ein Stigma, oder einfach nur Slang unter schwulen Positiven? Erneut gefragt: Wie definiert man das „HIV-Stigma“? Und vor allem: Wer definiert es? Jeder Infizierte erfasst den Umstand des Virus im eigenen Blut anders.

Nicht wenige scheinen das Wunschdenken der Prävention vollkommen geschluckt zu haben und sind seit dem „Un-Fall“ der Infektion erstarrt. Sie reagieren mit Selbstvorwürfen oder Verstecken. Andere können mit HIV nur aus einer Opferhaltung heraus umgehen, die wiederum oft mit einer Betonung der eigenen Sonderrolle einhergeht, welche häufig auch noch institutionalisiert wird. Beide Typen, nennen wir sie den „gescheiterten Präventionsgläubigen“ und „das Opfer“, haben meiner Meinung nach ein vordringliches Interesse an der Definierung des Stigma-Begriffs. Die nicht infizierte Gesellschaft ist ihr Ziel oder vielmehr deren Anteilnahme und Aufmerksamkeit. Das HIV-Stigma als „Golden Ticket“ für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde. Was paradox klingt, wird durch Aktionen wie die „Positiven Stimmen“ und Worthülsen wie das „GIPA“-Prinzip auf erschreckende Weise schlüssig.

Doch was soll hierbei für ein Index herauskommen? HIV+, 38, beschimpft in München! HIV+, 22, gemieden in Berlin! HIV+, 41, verurteilt in Rostock? HIV+, 52, arbeitslos in Duisburg? Oder eher so: „Die Deutschen malträtieren ihre Positiven besonders effektiv mit Isolation, Rechtssprechung und gezielter Warnung vor dem Rauswurf aus der Solidargemeinschaft.“ Tauchen wir dann in einer „Hotlist“ von UNAIDS auf – Deutschland, Platz 3 in der Kategorie Psychoterror gegen Positive? Nein, bestimmt nicht. Dieses Volk ist ja so leidenschaftlich gerne Weltspitze. Ergo wird vor Veröffentlichung der Hotlist noch schnell die Gesundheitsversorgung von HIV auf 100% Selbstbeteiligung umgestellt und der Hartz4-Anspruch für Positive gestrichen – damit ist der erste Platz gesichert.

Nochmal: Was soll das werden? Ein Atlas der Schande? Wie viele solcher Atlanten braucht dieses Land noch? Das Suhlen in der eigenen Schande als deutscher Fetisch? „Der deutsche Fetisch – jetzt neu, auch in der Version für HIV! Zusammengestellt von unseren versierten Autoren.“ Werkzeuge stumpfen ab, nutzt man sie zu oft. Und welchen Nutzen hat dieser Atlas, wenn er nur aussagt, dass ich nirgendwo ein zu Hause habe? Ich kann mit den „Positiven Stimmen“ nichts anfangen! Meine Stimme ist nicht „positiv“, sie ist nur die des Manuel Schubert. Ja, der ist auch HIV-positiv und ja, das sogar sehenden Auges. Kein persönliches Scheitern, kein Opfer von jemandem. Aber er ist deswegen noch lange keine „positive“ Stimme, schon gar nicht im Sinne der institutionalisierten Prävention. Nein, in deren Sinne ganz bestimmt nicht!

Ich habe als deutscher Staatsbürger eine Stimme und gehe zu jeder Wahl. Ich bin Mitglied in einer Bundestagspartei. Als Blogger verschaffe ich mir öffentlich Gehör. HIV ist da eines unter vielen Themen. Meine Stimme prangert offen an, dass dieser Staat, seine Institutionen, die Gesellschaft daran gehen, meine Grundrechte, meine körperliche und geistige Konstitution und somit meine Entfaltungsfreiheit in Abrede zu stellen. Die institutionalisierten HIV-Interessenvertretungen reagieren darauf öffentlich kaum und wenn doch, dann mit hilflosen Appellen. Die schlichte Reihenfolge, in der sie ihre Arbeitsschwerpunkte benennen, macht klar, das, da nichts weiter kommen wird: An erster Stelle steht die Schaffung eines „gesellschaftspolitischen Rahmen, in dem Infektionen vermieden werden können“. Ein Perpetuum mobile für fördermittelabhängige Institutionen und ihr Personal. Die Forderung nach einer allgemeinen Lebensstilakzeptanz für Menschen mit HIV findet sich in der Proklamation zum Selbstverständnis der Deutschen Aids Hilfe (DAH) nicht.

Dieser Tage plakatieren die staatlichen Gesundheitsbehörden wieder Floskeln und lassen Rollenmodelle Sprechblasen aufsagen. In ihren gecoachten Sätzen über das positive Zusammenleben schwingt immer auch ein Wohlverhaltensvorbehalt mit: „Aber sicher.“ Etwas anderes als die Sicherheit kommt unterm Strich nicht vor. Da man sich mit der breiten Vermittlung bspw. des EKAF-Statements überraschend schwer tut, kennt die Volksgesundheit nur den Heiligen Gral: Das Kondom. Das Kampagnenziel der gesellschaftlichen Umarmung entpuppt sich so bei genauerer Betrachtung als sinnbildliche Sicherheitsverwahrung für Positive. Staatsanwälte und Richter interpretieren diese anachronistischen Mantras längst in Verhaltensnormen und damit Rechtssprechung um, da ihnen die Paragrafen des StGB den Spielraum dazu lassen. Die Politik duckt sich hier weg. Wir Positiven befragen uns derweil, selbstverständlich nach Anleitung der DAH, gegenseitig über unser Leiden.

Am 1. Dezember legen all jene, die zwischendurch das Bedürfnis haben für ein paar Minuten solidarisch zu sein, wieder die rote Schleife an. Es wird Zeit, dass Menschen mit HIV diesen modernen gelben Stern endlich mit jener Verachtung strafen, die ihm gebührt. Die Schleife ist zum Symbol eines verkommenen Solidarverständnis mutiert, das Infizierte in der Sonderrolle eines gescheiterten und fürsorgebedürftigen Individuums festschreibt. Die Sonderrolle ist die eines Hofnegers, wie er im 18. Jahrhundert von österreichischen Adeligen gehalten wurde. Anstatt mit Spendendosen zu klappern, sollten die lokalen Aidshilfen an diesem Tag Unterschriftenlisten auslegen: „Ich fordere die uneingeschränkte Straffreiheit der Transmission von HIV.“ Übrigens: „Positive Stimmen“ sucht noch Gesprächspartner. Wir sollten uns alle bewerben! Und im Interview die Welt schön biegen, damit der „PLHIV Stigma Index“ am Ende aussagt: Deutschland ist unter den Industrieländern das Paradies für Positive. Natürlich wäre das Humbug. Doch zu denken, der Index würde etwas zur Besserung der Situation Positiver beitragen, grenzt an Aberglauben.

Kurz notiert … Oktober 2011 / 2

28. Oktrober 2011: Die Pharmakonzerne BMS und Gilead haben angekündigt, an einer mit Gileads Cobicistat geboosteten Version des BMS- Proteasehemmers Atazanavir zu arbeiten. Dies würde ein Boosten mit Ritonavir nicht mehr erforderlich machen.

26. Oktober 2011: Bedenken, eine antiretrovirale Therapie gegen HIV sie bei Viren, die einem anderen Subtypen als B angehören, weniger wirksam, sind unbegründet, zeigt eine Schweizer Studie.

In Ohio (USA) wurde bei einem HIV-positiven Mann Mycobacterium Leprae diagnostitziert, der Lepra auslösende Erreger.

Weniger als die Hälfte der französischen HIV-Positiven hat einen Arbeitsplatz, berichtet Tetu über eine Umfrage von Aids.

25. Oktober 2011: HIV-positiv zu sein bedeutet auch für Chirurgen nicht das Karriere-Ende.

20. Oktober 2011: Der Globale Fonds hat Zahlungen an Mali wegen Zweckentfremdung gestoppt.

19. Oktober 2011: Dass „Fisch Pediküre“ („Knabberfische„) zu einer Übertragung von HIV oder Hepatitis C führt, ist sehr unwahrscheinlich, sagt HPA.

Die Europäischen HIV-Therapie-Richtlinien wurden aktualisiert.

18. Oktober 2011: In den USA wurde ein 24-jähriger schwuler Mann wegen HIV-Übertragung verurteilt, obwohl er seinen Partner vorher über seine HIV-Infektion informiert hatte. Dies sei unerheblich, er habe keine Kondome benutzt.

London: ein evangelikaler Prediger empfiehlt, die Medikamente nicht weiter einzunehmen – die Folge: drei Tote an Aids, laut Bericht der BBC

17. Oktober 2011: In Basel wurde eine ACT UP Gruppe neu gegründet, um gegen den Pharmakonzern Novartis zu protestieren. Novartis klagt gegen Indien und indische Generika-Hersteller.

15. Oktober 2011: „Gare à tes fesses“ (etwa: Pass auf deinen Arsch auf), unter diesem Titel hat die Gruppe ‚Chrysalide‘ aus Lyon eine Gesundheits-Broschüre für Trans* herausgegeben.

Der ‚Osservatore‘ (die ‚offizielle‘ Vatikan-Zeitung) kritisiert die UNO für ihre Aids-Prävention.

Deutsche AIDS-Hilfe wählt neuen Bundesvorstand

Die Deutsche AIDS-Hilfe hat am Samstag auf ihrer Mitgliederversammlung in Neumünster turnusgemäß einen neuen Bundesvorstand für die nächsten drei Jahre gewählt.

Dem fünfköpfigen Führungsgremium gehören nun an:

  • Tino Henn (Starnberg/Essen, Inhaber und Vorsitzender Geschäftsführer der Bruno Gmünder Media Group)
  • Winfried Holz (Berlin, Referatsleiter in der Verwaltung des Deutschen Bundestags)
  • Manuel Izdebski (Geschäftsführer der AIDS-Hilfe im Kreis Unna)
  • Carsten Schatz (Geschäftsführer des Berliner Landesverbandes der Partei Die Linke)
  • Sylvia Urban (Supervisorin, Vorstandsmitglieder der AIDS-Hilfe Dresden)
Der neue Vorstand (v.l.n.r.): Winfried Holz, Sylvia Urban, Carsten Schatz, Tino Henn, Manuel Izdebski (Foto: Holger Wicht)
Der neue Vorstand (v.l.n.r.): Winfried Holz, Sylvia Urban, Carsten Schatz, Tino Henn, Manuel Izdebski (Foto: Holger Wicht)

Tino Henn, Winfried Holz, Carsten Schatz und Sylvia Urban gehörten dem DAH-Vorstand bereits in den vergangenen drei Jahren an. Der Münchener Hansmartin Schön trat aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder an.

Der neue Vorstand will in den kommenden drei Jahren neben der HIV-Prävention einen besonderen Schwerpunkt darauf legen, über das Leben mit HIV in Zeiten der Kombinationstherapien zu informieren und damit der Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV entgegenzuwirken.

Dazu sagt DAH-Vorstand Carsten Schatz: „Durch die heute verfügbaren Therapien kann man lange und gut mit HIV leben. Die Medikamente senken zugleich die Übertragungswahrscheinlichkeit erheblich. Viele Menschen setzen die HIV-Infektion aber immer noch mit schwerer Krankheit und Tod gleich und haben teilweise irrationale Infektionsängste. Um Angst und Ausgrenzung von HIV-Positiven zu vermindern, ist es heute besonders wichtig, ein realistisches Bild vom Leben mit HIV zu vermitteln. Die Deutsche AIDS-Hilfe wird sich verstärkt dafür einsetzen, die Strafbarkeit der HIV-Übertragung in Deutschland abzuschaffen. Die Kriminalisierung bürdet Menschen mit HIV einseitig die Verantwortung auf und schadet damit auch der Prävention.“

Die Mitgliederversammlung in Neumünster entschied außerdem über zwei neue Ehrenmitgliedschaften. Auf dem Jahresempfang der Deutschen AIDS-Hilfe am 4. November in Berlin würdigt der Verband mit der Ehrenmitgliedschaft den HIV/Aids-Aktivisten Matthias Hinz sowie Sigrun Haagen, Gründungsmitglied des Bundesweiten Netzwerks der Angehörigen von Menschen mit HIV und Aids.

Die Deutsche AIDS-Hilfe ist der Dachverband von von 119 Aidshilfe-Organisationen, Präventions- und Versorgungsprojekten.

(Pressemitteilung DAH)