Kurz notiert … November 2011

28. November 2011: Der Phamakonzern Gilead hat von der EU-Kommission die Zulassung für eine Kombinationspille aus den Wirkstoffen Emtricitabine, Rilpivirine und Tenofovir erhalten. Sie soll unter dem Handelsnamen Eviplera® vermarktet werden.

22. November 2011: Danielle Mitterand, Ehefrau des früheren französischen Präsidenten Francois Mitterand (und sein „linkes Gewissen“), ist tot. Über ihre Stiftung setzte sie sich immer wieder auch für HIV-Infizierte, insbesondere in Afrika, ein.

Das Robert-Koch-Institut RKI informiert über seine Geschichte zwsichen 1933 und 1945.

21. November 12011: Gilead baut seine Marktmacht weiter aus und erwirbt Pharmaset – ein hierzulande weitgehend unbekanntes Unternehmen, das zahlreiche neue Substanzen gegen Hepatitis C in der Entwicklung hat.

20. November 2011: Aids sei „in erster Linie ein ethisches Problem“, meint ein von Papst Benedikt XVI. unterzeichnetes Abschlussdokument der vatikanischen Bischofssynode zu Afrika. Nötig seien sexuelle Enthaltsamkeit und Treue in der Ehe.

15. November 2011: In Kasachstan sind offiziellen Angaben zufolge insgesamt 17.266 Menschen mit HIV infiziert, 1.432 von ihnen sind an Aids erkrankt.

Das CHMP der europäischen Arzneimittelbehörde EMA hat bereits am 20. Oktober 2011 die Zulassung einer ersten generischen Version von Efavirenz empfohlen. Efavirenz wird bisher unter den Handelsnamen Sustiva® und  Stocrin®vermarktet.

Die krankenkasse KKH hat einen Rabattvertrag über 5 HIV-Medikamente mit einem Pharmakonzern abgeschlossen.

14. November 2011: Prof. Gabriele Arent (Düsseldorf) fasst in einem Artikel für SpON die Suituation und aktelle Forschugn zum Thema „HIV und Gehirn“ zusammen.

11. November 2011: Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat die für 2012 ursprünglich vorgesehenen Kürzungen bei der Prävention im Bereich HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen teilweise zurückgenommen.

10. Nobvember 2011: Dänemark entfernt HIV aus Artikel 252 des Strafgesetzbuches – scheint aber andere die HIV-Übertragung kriminalisierende Regelungen vorzubereiten.

8. November 2011: Für ihre Verdienste wird Gaby Wirz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

7. November 2011: Die US-Arzneimittelbehörde FDA warnt vor (vermutlich seltenen) schweren Hautreaktionen bei Anwendung von Raltegravir (Handelsname Isentress®).

5. November 2011: Vier von fünf HIV-Patienten weltweit werden mit Aids-Medikamenten des Pharmakonzerns Gilead Sciences behandelt, berichten Finanz-Analysten.

4. November 2011: Der Conseil national du sida (CNS), das 1989 gegründete höchste Beratungsgremium der französischen Politik in Aids-Fragen, unterstützt Forderungen nach einer Finanztransaktionssteuer. Diese sei geeignet, Mittel für die weltweite Aids-Bekämpfung zu generieren.

3. November 2011: Jeff Crowley, Director of the Office of National AIDS Policy and Senior Advisor on Disability Policy im Weißen Haus und „Aids-Zar“ von US-Präsident Obama, hat seinen Rückzug erklärt.

Bundesentwicklungsminister Niebel sieht sich durch jüngst vorgelegte Prüfberichte des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) bestätigt und fordert Reformen.

2. November 2011: Eine neue Regelung untersagt HIV-Positiven in Swasiland, als Pilot zu arbeiten. HIV-Aktivisten in dem afrikanischen Binnenstaat protestieren.

Deutsche AIDS-Hilfe: Kündigung wegen HIV – Berliner Chemielaborant muss in der Berufung Recht bekommen!

Wegen seiner HIV-Infektion erhielt der damals 24-jährige Chemielaborant Sebastian F. (Name geändert) Anfang Januar 2011 von seinem Arbeitgeber während der Probezeit die Kündigung. Eine Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin verlor er. Jetzt ist der junge Mann mit seinem Anwalt in die Berufung gegangen.

Die Deutsche AIDS-Hilfe unterstützt Sebastian F dabei. Dazu sagt Vorstandsmitglied Tino Henn: „Menschen mit HIV wegen ihrer Infektion zu entlassen ist ein schwerer Fall von Diskriminierung. Wir hoffen sehr, dass das Gericht in der zweiten Instanz klarstellt: HIV ist kein Kündigungsgrund! Da das Kündigungsschutzgesetz in der Probezeit nicht greift, brauchen wir hier die klare Aussage des Gerichts, dass Menschen mit HIV durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geschützt sind. Ansonsten könnten sich skandalöse Urteile wie dieses wiederholen.“

Sebastian F. war von Dezember 2010 bis Januar 2011 bei einer pharmazeutischen Firma in Berlin beschäftigt. Bei einer betriebsärztliche Untersuchung wurde ein HIV-Test verlangt; Sebastian F. teilte daraufhin dem Betriebsarzt mit, dass er HIV-positiv sei. Kurz darauf erhielt er die fristlose Kündigung – mit Bezugnahme auf die HIV-Infektion. Ohne jede rationale Grundlage sah der Arbeitgeber durch die Infektion des Mitarbeiters die Gesundheit seiner Kunden gefährdet.

Das Arbeitsgericht Berlin hatte dann zu entscheiden, ob Sebastian F. unter dem Schutz des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) stand, das Kündigungen aufgrund bestimmter Diskriminierungsmerkmale auch während der Probezeit verbietet.

Zu diesen Merkmalen zählt zwar eine HIV-Infektion nicht ausdrücklich, wohl aber eine Behinderung. Nach Auffassung der Bundesregierung, der deutschen Versorgungsämter wie auch der Deutschen AIDS-Hilfe ist eine HIV-Infektion per se eine Behinderung, weil Betroffenen gesellschaftliche Nachteile entstehen: Menschen mit HIV müssen heute nach wie vor mit Ausgrenzung und Diskriminierung rechnen. Der beste Beweis dafür ist die Kündigung von Sebastian F. Diese Kündigung war daher unrechtmäßig.

Das Arbeitsgericht Berlin folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Das Landesarbeitsgericht muss darum nun für Klarheit sorgen und Sebastian F. eine angemessene Entschädigung zusprechen. Um ähnlichen Fällen vorzubeugen, fordert die Deutsche AIDS-Hilfe die Bundesregierung auf, chronische Erkrankungen im AGG ausdrücklich als potenziellen Diskriminierungsgrund zu benennen. Die Bundesregierung lehnt eine solche Ergänzung des AGG bisher ab, obwohl sie damit ohne Mühe Rechtssicherheit für Menschen mit HIV und andere chronisch Kranke schaffen könnte.

Wie notwendig gesetzlicher Schutz für Menschen mit HIV sein kann, zeigt die Argumentation des Berliner Arbeitsgerichts in seiner Urteilsbegründung vom 21.7.2011: Es äußerte Verständnis für die Befürchtungen des Arbeitgebers, durch die HIV-Infektion von Sebastian F. seien die Kunden des Unternehmens in Gefahr gewesen.

DAH-Vorstand Tino Henn: „Diese Einschätzung entbehrt jeder Grundlage und widerspricht allen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Weitergabe von HIV. Im Arbeitsalltag ist HIV nicht übertragbar, unter Laborbedingungen schon gar nicht. Eine Gefährdung von Kollegen oder sogar Kunden des Unternehmens hat zu keinem Zeitpunkt bestanden. Es ist nur absurd zu nennen, dass eine solche Argumentation vor Gericht bestand hatte. Das Landesarbeitsgericht muss diese Fehleinschätzung nun korrigieren! Eine gerichtliche Klarstellung wäre ein wichtiges Signal für ihn und alle anderen Menschen mit HIV.“

Mit einem Urteil des Landesarbeitsgerichts wird erst im kommenden Jahr gerechnet.

(Pressemitteilung der DAH)

Aids-Hilfe Schweiz zum Welt-Aids-Tag: Gegen Diskriminierung im Arbeitsleben

Die Aids-Hilfe Schweiz ihre Kampagne zum Welt-Aids-Tag 2011 „Gegen Diskriminierung im Arbeitsleben“

Die bewährte Kampagne der Aids-Hilfe Schweiz mit prominenten Schweizer Persönlichkeiten geht in die nächste Runde. Dieses Jahr mit einem neuen Schwerpunkt: HIV und Arbeit. Neu konnte Tally Elfassi-Weijl, Gründerin und Inhaberin des Schweizer Fashionlabels TALLY WEiJL, für die Kampagne gewonnen werden.

„Gegen Diskriminierung im Arbeitsleben“ lautet das Motto der diesjährigen Kampagne. Neu konnte Tally Elfassi-Weijl, Inhaberin und Gründerin des Fashionlabels TALLY WEiJL mit 3000 Mitarbeitenden, als Testimonial gewonnen werden. Mit ihrer Aussage: „Totally tally ist, wenn HIV-positive Menschen gleiche Chancen haben“, spricht sie sich gegen Diskriminierung von HIV-positiven Menschen am Arbeitsplatz aus. Wie in den vergangenen Jahren werden zudem Rapper Stress, der Zürcher Sänger Michael von der Heide und das Tessiner Model Xenia Tchoumitcheva den Betrachter mit einer persönlichen Aussage zu HIV konfrontieren.

70 Prozent der HIV-positiven Menschen arbeiten
25’000 Menschen in der Schweiz leben mit HIV. 70 Prozent der HIV-positiven Menschen in der Schweiz arbeiten. Zwei Drittel davon Vollzeit. Dank der in den letzten Jahren stark verbesserten Therapien ist die Mehrheit der HIV-positiven Menschen arbeitsfähig. Doch eine Normalisierung ist in weiter Ferne: Unrechtmässige Kündigungen, Mobbing durch Vorgesetzte oder Kollegen, mangelnde Versicherungsleistungen und Datenschutzverletzungen sind in vielen Unternehmen an der Tagesordnung. Im Vorfeld des Welt-Aids-Tages vom 1. Dezember 2011 will die Aids-Hilfe Schweiz mit ihrer Kampagne auf die Situation von HIV-positiven Menschen im Arbeitsleben aufmerksam machen und die Öffentlichkeit für die Problematik sensibilisieren.

Workplace-Policy verhindert Diskriminierungen
Als weiteren Teil der Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Schweiz hat das Unternehmen TALLY WEiJL sein bestehendes Arbeitsplatzreglement angepasst und um HIV erweitert. Das Reglement wird weltweit umgesetzt. „Durch die Anpassung unseres Arbeitsplatzreglements können wir ganz konkret etwas unternehmen und Diskriminierungen wegen HIV in unserem Unternehmen verhindern“, erklärt Tally Elfassi-Weijl das Engagement.

Mit einer Workplace Policy zu HIV verpflichtet sich ein Unternehmen beispielsweise, im Bewerbungsverfahren den HIV-Status nicht abzufragen, die Datenschutzbestimmungen einzuhalten und seine Angestellten vor diskriminierenden Handlungen zu schützen.

Die Welt-Aids-Tag-Kampagne der Aids-Hilfe Schweiz ist ab sofort auf Plakaten in der ganzen Schweiz, in öffentlichen Verkehrsmitteln in einigen Städten und als Spots im Fernsehen zu sehen.

Dossier „Gegen Diskriminierung im Arbeitsleben“

Veranstaltungskalender Welt-Aids-Tag

Downloads Plakatsujets

(Pressemitteilung der Aids-Hilfe Schweiz)

Kurz notiert … Oktober 2011 / 2

28. Oktrober 2011: Die Pharmakonzerne BMS und Gilead haben angekündigt, an einer mit Gileads Cobicistat geboosteten Version des BMS- Proteasehemmers Atazanavir zu arbeiten. Dies würde ein Boosten mit Ritonavir nicht mehr erforderlich machen.

26. Oktober 2011: Bedenken, eine antiretrovirale Therapie gegen HIV sie bei Viren, die einem anderen Subtypen als B angehören, weniger wirksam, sind unbegründet, zeigt eine Schweizer Studie.

In Ohio (USA) wurde bei einem HIV-positiven Mann Mycobacterium Leprae diagnostitziert, der Lepra auslösende Erreger.

Weniger als die Hälfte der französischen HIV-Positiven hat einen Arbeitsplatz, berichtet Tetu über eine Umfrage von Aids.

25. Oktober 2011: HIV-positiv zu sein bedeutet auch für Chirurgen nicht das Karriere-Ende.

20. Oktober 2011: Der Globale Fonds hat Zahlungen an Mali wegen Zweckentfremdung gestoppt.

19. Oktober 2011: Dass „Fisch Pediküre“ („Knabberfische„) zu einer Übertragung von HIV oder Hepatitis C führt, ist sehr unwahrscheinlich, sagt HPA.

Die Europäischen HIV-Therapie-Richtlinien wurden aktualisiert.

18. Oktober 2011: In den USA wurde ein 24-jähriger schwuler Mann wegen HIV-Übertragung verurteilt, obwohl er seinen Partner vorher über seine HIV-Infektion informiert hatte. Dies sei unerheblich, er habe keine Kondome benutzt.

London: ein evangelikaler Prediger empfiehlt, die Medikamente nicht weiter einzunehmen – die Folge: drei Tote an Aids, laut Bericht der BBC

17. Oktober 2011: In Basel wurde eine ACT UP Gruppe neu gegründet, um gegen den Pharmakonzern Novartis zu protestieren. Novartis klagt gegen Indien und indische Generika-Hersteller.

15. Oktober 2011: „Gare à tes fesses“ (etwa: Pass auf deinen Arsch auf), unter diesem Titel hat die Gruppe ‚Chrysalide‘ aus Lyon eine Gesundheits-Broschüre für Trans* herausgegeben.

Der ‚Osservatore‘ (die ‚offizielle‘ Vatikan-Zeitung) kritisiert die UNO für ihre Aids-Prävention.

HIV & Arbeit: weniger als 50% der Positiven in Frankreich haben einen Arbeitsplatz

Nur 46% der in Frankreich lebenden HIV-Positiven sind in Beschäftigung – fast 40% hingegen leben an der Armutsgrenze. Dies zeigte eine Umfrage der französischen Aidshilfe-Organisation Aides.

Weniger als die Hälfte der in Frankreich lebenden Menschen mit HIV hat einen Arbeitsplatz. Dies ergab eine im Oktober 2010 durchgeführte Umfrage von Aides, deren Ergebnisse am 25. Oktober in Paris anläßlich eines Symposiums der ILO Internationalen Arbeits-Organisation bekannt wurden. 18% der HIV-Positiven seien ‚Privatier‘, obwohl sie gerne arbeiten würden.
Aides weist allerdings darauf hin, dass im Jahr 2005 nur 23% der Menschen mit HIV in Frankreich arbeiteten.

Deutliche Unterschiede zeigten sich hinsichtlich der Erwerbstätigkeit zwischen Positiven, die ihr Testergebnis vor oder nach Einführung hochwirksamer antiretroviraler Therapien erhielten: während in den Umfrageergebnissen die Erwerbsquote für Menschen, die vor 1997 ihr Testergebnis erhielten, bei 37% lag, lag dieser Wert für nach 1997 getestete Positive bei 58%.

Nur 22% der erwerbstätigen HIV-Positiven in Frankreich sind der Studie zufolge als Schwerbehinderte anerkannt.

39,5% derjenigen, die mit HIV und/ oder Hepatitis B oder C infiziert waren, lebten von weniger als 950 Euro im Monat – unter der Armutsgrenze.

Auf ihrer “99th Session of the International Labour Conference, 2010″ diskutierte die ILO intensiv über die Frage von HIV/Aids im Erwerbsleben. Ziel war dabei, Stigmatisierung und Diskriminierung von HIV-Positiven im Erwerbsleben entgegen zu treten. Als Ergebnis der Diskussionen (und vorbereitenden Arbeitsgruppen) der ILO wurde eine Resolution verabschiedet: “Resolution concerning the promotion and the implementation of the Recommendation on HIV and AIDS and the world of work, 2010″

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Es wäre begrüßenswert, wenn auch zur sozialen Situation von Menschen mit HIV in Deutschland bessere Daten vorlägen.

Zwar hat die Fraktion Die Linke jüngst im Bundestag eine Kleine Anfrage zur sozialen Situation HIV-Positiver eingebracht. Die Antwort der Bundesregierung jedoch fiel, insbesondere was konkrete Angaben zur sozialen Situation von HIV-Positiven in Deutschland angeht, recht unbefriedigend aus.

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weitere Informationen:
Tetu 25.10.2011: En France, moins d’un séropositif sur deux a un emploi
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HIV und Arbeit: Normalität auch im Gesundheitswesen

„HIV und Arbeit: Normalität auch im Gesundheitswesen“, unter diesem programmatischen Titel befassen sich der Rechtsanwalt Jacob Hösl und drei weitere Autoren mit der Frage, ob eine HIV-Infektion für Beschäftigte im Gesundheitswesen Einschränkungen im Berufsleben mit sich bringt.

Immer wieder sehen sich HIV-Positive im Berufsleben mit Problemen, unverhältnismäßigen Einschränkungen, Diskriminierungen, Kündigungen konfrontiert. Erst jüngst wurde einem 24jähriger Chemie-Laborant innerhalb seiner Probezeit fristlos gekündigt – wegen seiner HIV-Infektion. Er ging dagegen vor Gericht vor – doch seine Klage wurde abgewiesen.

Umso wichtiger, dass sich Juristen und Mediziner gemeinsam und interdisziplinär zur Frage äußern, ob eine HIV-Infektion heute noch zu Einschränkungen im Erwerbsleben führt.

Für HIV-Positive gibt es, so die Autoren in der Zusammenfassung ihres Artikels, der in der Fachzeitschfit ASU (Arbeitsmedizin – Sozialmedizin – Umweltmedizin) publiziert wurde, keine Einschränkungen im Berufsleben, und dies

„gilt – bis auf ganz wenige Ausnahmen – auch für die Berufswahl und -ausübung im Gesundheitswesen. Gefahren für Patienten durch Tätigkeiten im Gesundheitswesen bestehen durch Beschäftigte mit HIV nicht, wenn deren Viruslast (durch eine supprimierende antiretrovirale Therapie) unter der Nachweisgrenze liegt und regelmäßig kontrolliert wird.“

Die Autoren verweisen als Beispiel auf den kürzlich im Rahmen einer sog. ‚Fallkonferenz‘ entschiedenen Fall eines HIV-positiven Chirurgen, der bei erfolgreicher antiretroviraler Behandlung und Befolgung bestimmter Auflagen weitgehend ohne Einschränkungen arbeiten darf.

Nur im konkreten Einzelfall könnten sich Einschränkungen ergeben. Hinsichtlich etwaiger Konsequenzen für die Tätigkeit der jeweiligen Person machen die Autoren einen Verfahrens-Vorschlag, der die Wahrung der berechtigten Interessen aller Beteiligten ermöglichen soll.

Die Autoren weisen nochmals auf die auch bei HIV „uneingeschränkt geltende“ ärztliche Schweigepflicht hin. Auch Betriebsärzte dürften nur

„standardisierte Mitteilungen zu gesundheitlichen Bedenken bezogen auf konkrete Tätigkeiten machen.“

Der Artikel ist online leider nur als Zuisammenfassung (abstract) verfügbar.

Die Deutsche Aids-Gesellschaft DAIG arbeitet einem Bericht des Ärztezeitung zufolge in Abstimmung mit anderen virologischen Fachgesellschaften bereits an einer Stellungnahme, die sich mit der Frage HIV-Infizierter im Gesundheitswesen beschäftigt.

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weitere Informationen:
J. Jarke, J. Hösl, K. Korn, H. v. Schwarzkopf:
HIV und Arbeit: Normalität auch im Gesundheitswesen (abstract)
in: Arbeitsmedizin – Sozialmedizin – Umweltmedizin
Ausgabe: 08-2011, Seite 471 481
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Arbeitsgericht Berlin weist Klage gegen Kündigung wegen HIV-Infektion ab

Zumm Fall des wegen HIV gekündigten Chemie-Laboranten, dessen Klage abgewiesen wurde, als Dokumentation eine Pressemitteuilung des Arbeitsgerichts Berlin:

Arbeitsgericht Berlin weist Klage gegen Kündigung wegen HIV-Infektion ab

Der Arbeitnehmer ist HIV-infiziert und wurde von dem Arbeitgeber, einem Pharmaunternehmen, als Chemisch-Technischer Assistent beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis in der Probezeit wegen der HIV-Infektion.

Der Arbeitnehmer hat die Kündigung für unwirksam gehalten. Die bloße Infektion mit dem HI-Virus könne nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigen. Zudem habe der Arbeitgeber ihn durch die Kündigung wegen einer Behinderung diskriminiert und sei daher nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet. Der Arbeitgeber hat demgegenüber geltend gemacht, dass die Kündigung noch in der Probezeit erfolgt sei; sie sei zudem aus Gründen der Arbeitssicherheit unumgänglich gewesen. Eine Diskriminierung des Arbeitnehmers sei nicht erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kündigung könne nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung hin überprüft werden, weil der Arbeitnehmer noch keine sechs Monate beschäftigt gewesen sei und das Kündigungsschutzgesetz daher keine Anwendung finde. Die Kündigung sei auch nicht willkürlich ausgesprochen worden, weil die vom Arbeitgeber für sie angeführten Gründe nachvollziehbar seien. Der Arbeitgeber habe den Kläger zudem nicht wegen einer Behinderung diskriminiert und müsse daher auch eine Entschädigung nicht zahlen. Die bloße HIV-Infektion führe nicht zu einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und stelle daher keine Behinderung im Rechtssinne dar.

Gegen das Urteil kann Berufung bei dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 21. Juli 2011 – 17 Ca 1102/11

(Pressemitteilung Arbeitsgericht Berlin)

wegen HIV gekündigter Chemielaborant: Klage abgewiesen (akt.2)

Die Klage eines Chemielaboranten, der wegen HIV gekündigt wurde, ist in erster Instanz abgewiesen worden, erfuhr ondamaris von einer mit dem Vorgang vertraute Person.

Ein 24jähriger Chemie-Laborant war innerhalb seiner Probezeit fristlos gekündigt worden – wegen seiner HIV-Infektion. Man müsse die eigenen Kunden schützen, schließlich sei eine Ansteckung nie völlig auszuschließen, begründete der Arbeitgeber.

Der Gekündigte hatte hiergegen Klage erhoben. Die Klage wurde nach der mündlichen Verhandlung am 21. Juli 2011 nun in erster Instanz abgewiesen.

Sowohl die Deutsche Aids-Hilfe DAH als auch die Berliner Aids-Hilfe hatten die Kündigung wegen HIV kritisiert. DAH-Geschäftsführerin Silke Klumb hatte betont „Für uns als Deutsche AIDS-Hilfe ist klar, dass sich der Diskriminierungsschutz auch auf Behinderungen bezieht, die durch eine HIV-Infektion entstanden sind.“

Ob der Kläger Berufung gegen das Urteil einlegt, ist bisher nicht bekannt. Der Kläger und sein Anwalt beabsichtigen, nach Eingang der schriftlichen Urteilsbegründung Berufung einzulegen.

Dien Deutsche Aids-Hilfe kritisierte die Entscheidung des Gerichts. DAH-Vorstandsmitglied Winfried Holz: „Das Arbeitsgericht hat die Gelegenheit verpasst, Rechtsgeschichte zu schreiben. Es hätte bei dieser Gelegenheit klar stellen können, dass auch Menschen mit HIV und andere chronisch Kranke durch das AGG vor Diskriminierung geschützt sind.“

siehe auch
DAH 03.08.2011: Kündigung wegen HIV in der Probezeit: Klage in erster Instanz abgewiesen
DAH 04.08.2011: Deutsche AIDS-Hilfe kritisiert Entscheidung des Berliner Arbeitsgerichts: Entlassung wegen HIV ist rechtswidrig

RBB-Beitrag 21.09.2011, 22:15 Uhr (Transkript): Kündigung wegen HIV-Infektion – Diskriminierung am Arbeitsplatz?
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Schweiz: Pharmakonzern führt Arbeitsplatzreglement zu HIV/Aids ein

Johnson & Johnson Schweiz führt neu eine HIV Workplace Policy ein. In Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Schweiz hat das Unternehmen ein solches Arbeitsplatzreglement erarbeitet. Es tritt ab sofort in Kraft und hat Gültigkeit für die rund 3‘600 Mitarbeitenden des Unternehmens in der Schweiz.

Ein wichtiges Instrument gegen Diskriminierungen von HIV-positiven Personen am Arbeitsplatz ist ein Arbeitsplatzreglement zu HIV/Aids. Mit Johnson & Johnson hat ein weiterer wichtiger Arbeitgeber in der Schweiz eine solche Workplace Policy in Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe Schweiz entwickelt und eingeführt. Johnson & Johnson schützt mit dieser Massnahme ihre 3‘600 Mitarbeitenden wirksam vor Diskriminierungen und setzt sich für Menschen mit einer chronischen Krankheit ein.

„Wir freuen uns sehr über diesen Entscheid von Johnson & Johnson“, sagt Daniel Bruttin, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Schweiz. „Die Firma setzt damit ein Zeichen, dass die Diskriminierung von HIV-positiven Menschen nicht toleriert wird“. Carine Brouillon Managing Director von Janssen, der Pharma-Division von Johnson & Johnson ergänzt: „Als sozial verantwortlich handelndes Unternehmen war es für uns selbstverständlich, diesem wichtigen Anliegen auch bei uns ein grösseres Bewusstsein zu verschaffen“.

Dank der in den letzten Jahren stark verbesserten Therapien arbeiten heute 70 Prozent der HIV-positiven Menschen. Zwei Drittel der HIV-positiven Erwerbstätigen bekleiden Vollzeitstellen. Doch eine Normalisierung ist in weiter Ferne: Unrechtmässige Kündigungen, Mobbing durch Vorgesetzte oder Kollegen, mangelnde Versicherungsleistungen und Datenschutzverletzungen sind in vielen Unternehmen an der Tagesordnung. Mit einer Workplace Policy verpflichtet sich ein Unternehmen beispielsweise, im Bewerbungsverfahren den HIV-Status nicht abzufragen, die Datenschutzbestimmungen einzuhalten und seine Angestellten vor diskriminierenden Handlungen zu schützen.

Ein weiter wichtiger Schritt im Diskriminierungsschutz wäre ein Antidiskriminierungsgesetz, wie es in vielen europäischen Ländern vorhanden ist. „Wir erleben immer wieder, dass die Rechtslage in der Schweiz HIV-positive Menschen daran hindert, ihr Recht einzufordern“, sagt Aids-Hilfe-Juristin Caroline Suter. „Die Umkehr der Beweislast, also dass der Arbeitgeber zeigen müsste, dass er nicht missbräuchlich gehandelt hat, wäre ein grosser Schritt.“

(Medienmitteilung der Aids-Hilfe Schweiz)

Geschäftspartner als HIV-positiv bezeichnet – Kündigung

Seine Vorgesetzte habe die Nacht mit einem Geschäftspartner verbracht, und der sei HIV-positiv. Sie wisse ja, was sie sich da eingefangen habe. Diese Behauptungen brachten einem 52jährigen Sachbearbeiter in einem Zulieferbetrieb der Automobil-Industrie Klagen wegen Verleumdung und die Kündigung.

Die Kündigung wurde Mitte Juni 2011 vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein bestätigt (5 Sa 509/10). Das Landesarbeitsgericht informierte in einer Pressemitteilung:

„Der 52-jährige Kläger war bei der Beklagten, einem Zuliefererbetrieb für die Automobilbranche, seit 1986 als Sachbearbeiter beschäftigt. Seit der Trennung von seiner Familie befand sich der Kläger kurzfristig Mitte 2008 in ambulanter psychologischer Behandlung. Von Ende 2008 bis Mitte 2009 war er aufgrund eines psychischen Zusammenbruchs arbeitsunfähig. Am 08.02.2010 ermahnte die Beklagte den Kläger, seine fortlaufenden anzüglichen Bemerkungen gegenüber dem weiblichen Personal zu unterlassen. Als der Kläger zwei Tage später die mit ihm im Großraumbüro zusammen tätige Vorgesetzte und weitere Arbeitnehmerinnen mit den Worten „Besser eine Frau mit Charakter, als drei Schlampen“ beleidigte, mahnte die Beklagte ihn ab. Am 25.02.2010 forderte der Kläger seine Kollegen und Kolleginnen trotz der Mittagspause auf, zu bleiben, da er gleich eine „Bombe platzen“ lassen würde. Als seine Vorgesetzte erschien, behauptete er, dass sie die Nacht bei einem Geschäftspartner verbracht habe. Er habe ihr Auto gesehen und sie, die Vorgesetzte, wisse ja, dass der Mann HIV positiv sei und was sie sich damit jetzt eingefangen habe. Sowohl die Vorgesetzte als auch der Mann stritten dies ab und stellten gegen den Kläger Strafanzeige wegen Verleumdung. Die Beklagte kündigte dem Kläger aufgrund dieses Vorfalles fristlos. Das Arbeitsgericht Neumünster wies die Kündigungsschutzklage zurück. Im Berufungsverfahren wandte der mittlerweile unter Betreuung stehende Kläger lediglich ein, dass während eines Klinikaufenthalts im April und Mai 2010 festgestellt worden sei, dass er manisch-depressiv sei und auch am 25.02.2010 schuldlos gehandelt habe. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Vorgesetzte tatsächlich bei dem Geschäftspartner übernachtet hat, denn aufgrund der konkreten Umstände und der süffisanten Diktion der klägerischen Unterstellungen hat er seine Vorgesetzte grob beleidigt. Er hat nicht nur eine Tatsachenbehauptung aufgestellt, sondern wollte die Vorgesetzte gezielt bloßstellen, indem er vermeintliche Intimitäten in deren Anwesenheit den Kollegen gegenüber preisgibt. Der Kläger ist auch bereits einschlägig abgemahnt worden. Zwar setzt eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung in der Regel ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers voraus. Indessen ist es der Beklagten nicht zumutbar, die durch den Kläger andauernd sexuell gefärbte grobe Beleidigungen verursachte erhebliche Störung des Betriebsfriedens und der betrieblichen Ordnung auch künftig hinzunehmen, selbst wenn der Kläger am 25.02.2010 schuldlos gehandelt haben sollte.“

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weitere Informationen:
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein 17.06.2011: Fristlose Kündigung trotz möglicher Schuldunfähigkeit
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HIV-positiver Chemie-Laborant – „zum Wohle der Kunden“ gekündigt (akt.2)

Man habe den Chemie-Laboranten wegen seiner HIV-Infektion kündigen müssen, zum Wohl der eigenen Kunden. So argumentiert ein Berliner Medikamenten-Hersteller. Nun muss das Arbeitsgericht Berlin entscheiden.

Er war während seiner Probezeit fristlos gekündigt worden, der 24jährige Chemie-Laborant – wegen seiner HIV-Infektion. Man müsse die eigenen Kunden schützen, schließlich sei eine Ansteckung nie völlig auszuschließen, begründete der Arbeitgeber. Der Chemie-Laborant war in der Qualitätskontrolle tätig und hatte eigenen Angaben zufolge nie Kundenkontakt.

Am 21. Juli 2011 wurde der Fall vor dem Berliner Arbeitsgericht verhandelt. Im Mittelpunkt: die Frage, ob das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (früher: Anti-Diskriminierungs-Gesetz) anzuwenden ist. Ist eine HIV-bedingte Immunschwäche juristisch eine Behinderung?

Die Richterin vertagte die Entscheidung zunächst. Eine gütliche Einigung hatte der Kläger abgelehnt.

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Aktualisierung
25.07.2011, 17:30
: Die Berliner Aids-Hilfe betont in einer Pressemitteilung, eine HIV-Infektion sei kein Kündigungsgrund. Uli Meurer, Vorstandsmitglied der Berliner Aids-Hilfe e.V.: „Wir kritisieren die Kündigung und Begründung des Arbeitgebers auf das Schärfste. Eine HIV-Infektion ist kein Kündigungsgrund. Von HIV-positiven Menschen geht keine Gefahr im alltäglichen Umgang miteinander oder am Arbeitsplatz aus. Im vorliegenden Fall ist die Begründung, Sebastian F.* stelle eine potentielle Gefahr für die Kunden des Unternehmens dar, eine haarsträubende Fehleinschätzung. Eine Weitergabe der Infektion ist im geschilderten Fall völlig auszuschließen.“
„Wer ein Unternehmen führt und Personalverantwortung trägt, hat im Rahmen der Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern die Verpflichtung sich zu informieren. Wäre der Personalverantwortliche dieser Pflicht nachgekommen, wüsste er, dass HIV kein Beschäftigungshindernis darstellt. Wer HIV-Positive auf Grund seiner eigenen Uninformiertheit ausgrenzt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er dazu geeignet ist, Personalverantwortung zu tragen.“
*Name geändert
25.07.2011, 19:00: Die Geschäftsführerin der Deutschen Aids-Hilfe, Silke Klumb, betont in einer Stellungnahme: „Auch wenn HIV-Infektionen oder chronische Erkrankungen nicht explizit im Gesetzestext vorkommen: Für uns als Deutsche AIDS-Hilfe ist klar, dass sich der Diskriminierungsschutz auch auf Behinderungen bezieht, die durch eine HIV-Infektion entstanden sind. So sieht es übrigens auch das Bundesministerium für Gesundheit in seinem Bericht zum Aktionsplan zur Umsetzung HIV/AIDS-Bekämpfungsstrategie der Bundesregierung.“

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weitere Informationen:
taz 21.07.2011: Wegen HIV während der Probezeit rausgeschmissen
DAH 25.07.2011: Kündigung in der Probezeit nach positivem HIV-Test
diego62 25.07.2011: Ist HIV ein Kündigungsgrund?
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Schweiz: Diskriminierungen von HIV-positiven Menschen sind am Arbeitsplatz besonders häufig

HIV-positive Menschen werden diskriminiert, besonders häufig am Arbeitsplatz. Dies zeigt die aktuelle Diskriminierungsmeldung der Aids-Hilfe Schweiz. Ein Antidiskriminierungsgesetz könnte Abhilfe schaffen.

HIV/Aids ist heute eine chronische Krankheit. Dank der in den letzten Jahren stark verbesserten Therapien arbeiten heute 70% der HIV-positiven Menschen. Zwei Drittel der HIV-positiven Erwerbstätigen bekleiden eine 100-%-Stelle. Ist also alles gut?

Bei weitem nicht. Das zeigt die aktuelle Diskriminierungsmeldung der Aids-Hilfe Schweiz. Diskriminierungen und Datenschutzverletzungen von HIV-positiven Menschen am Arbeitsplatz sind besonders häufig.

Da ist der Fall von Marianne B. (Name geändert). Ihr wurde ihre Arbeitsstelle gekündigt, kurz nachdem ihr Chef von ihrer HIV-Infektion erfahren hat. Die Kündigung war klar missbräuchlich. Aufgrund der traumatischen Erfahrung hat Marianne B. die Arbeitsstelle verlassen und die Diskriminierung später gemeldet, aber von einer Klage abgesehen. Dank der Intervention der Aids-Hilfe Schweiz hat die Firma der Frau zumindest eine Abfindung bezahlt.

Ein Antidiskriminierungsgesetz, wie es in vielen europäischen Ländern vorhanden ist, würde die rechtliche Situation für HIV-positiven Menschen entscheidend verbessern. „Wir erleben immer wieder, dass die Rechtslage in der Schweiz HIV-positive Menschen daran hindert, ihr Recht einzufordern“, sagt Aids-Hilfe-Juristin Caroline Suter. „Die Umkehr der Beweislast, also dass der Arbeitgeber zeigen müsste, dass er nicht missbräuchlich gehandelt hat, wäre ein grosser Schritt.“

Die Aids-Hilfe Schweiz ist die eidgenössische Meldestelle für Diskriminierungen im HIV/Aids-Bereich und meldet die ihr bekannten Fälle zwei Mal jährlich der Eidgenössischen Kommission für Aidsfragen. Sie interveniert bei Fällen von Diskriminierungen, berät HIV-positive Menschen in Rechtsfällen kostenlos und setzt sich dafür ein, dass politische, gesellschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Diskriminierungen verhindern.

(Medien-Mitteilung der Aids-Hilfe Schweiz)

HIV-positiv und im Gesundheitswesen – neue Stellungnahme angekündigt (akt.)

HIV-positiv und im Gesundheitswesen. Und nun? Müssen Einschränkungen des Tätigkeitsfeldes befürchtet werden? Oder wirkt sich auch hier die drastische Reduktion der Infektiosität durch erfolgreiche ART aus? Eine angekündigte neue Stellungnahme der DAIG könnte Aufschluss geben.

Zahnarzt/ärztin, Gynäkologin/e, Chirurg, Krankenschwester/-pfleger – auch viele Menschen mit HIV arbeiten im Gesundheitswesen. Und sind potentiell betroffen von der Frage, ob ein etwaiges potentielles Infektionsrisiko ihre Berufstätigkeit beeinflussen, ggf. einschränken kann.

HIV-infiziert und im Gesundheitswesen – was ist zulässig?, fragen sich entsprechend viele von ihnen. Denn auch für HIV-Positive, die im Gesundheitswesen arbeiten, hat sich mit dem EKAF-Statement und dem Durchsetzen der Erkenntnis, dass die Infektiosität durch eine erfolgreiche antiretrovirale Therapie drastisch gesenkt werden kann, einiges verändert. Nun sollen sich diese Änderungen auch in einer entsprechenden Richtlinie widerspiegeln, fordern Ärzte und Aktivisten.

Die Deutsche Aids-Gesellschaft DAIG arbeitet einem Bericht des Ärztezeitung zufolge in Abstimmung mit anderen virologischen Fachgesellschaften bereits an einer Stellungnahme, die sich mit der Frage HIV-Infizierter im Gesundheitswesen beschäftigt.

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Aktualisierung
21.06.2011
, 08:23: Welche Folgen eine HIV-Infektion für Berufstätige haben kann, und wie wichtig es für sie ist, auch neue medizinische Erkenntnisse in die Beurteilung der jeweiligen Situation einfließen zu lassen, zeigt ein aktueller Fall aus den USA: Dort klagt ein HIV-positiver Pilot vor dem Obersten Gerichtshof der USA wegen des Verlusts seiner Fluglizenz aufgrund seines HIV-Status. Die Klage wurde für zulässig erklärt.

weitere Informationen:
Ärztezeitung 19.06.2011: HIV-infizierte Chirurgen sollen operieren dürfen
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Kurz notiert … Juni 2011

21. Juni 2011: Ein HIV-positiver Pilot klagt vor dem Obersten Gerichtshof der USA wegen des Verlusts seiner Fluglizenz.

19. Juni 2011: HIV und Hepatitis – Aktivisten in Europa und den USA fordern einen schnelleren Zugang zu neuen Medikamenten gegen Hepatitis C.

15. Juni 2011: Fidschi hat eine Verordnung erlassen, die die Diskriminierung HIV-Positiver bei Versicherungen und Pensionskassen untersagt.

13. Juni 2011: Der Aids-Medikamenten-Hersteller Gilead hat eine Strafandrohung des US- Justiz-Ministeriums erhalten, das damit Informationen zu Herstellung, Qualität sowie Vertriebspraktiken mehrerer Medikamente des Konzerns (u.a.a auch Aids-Medikamente) erhalten will. Zu Gründen machte Gilead bisher keine Angaben.

07. Juni 2011: Studien an neuen Krebs-Medikamenten schließen Menschen mit HIV häufig aus, neue Krebs-Medikamente werden selten auf Wirkungen und Nebenwirkungen bei HIV-Positiven untersucht. Anders bei experimentellen Substanz gegen Nierenkrebs, die auch an HIV-Positiven untersucht wird.

06. Juni 2011: TheraTechnologies hat die Zulassung von Tesamorelin (vermarktet unter den Handelsnamen Egrifta(R)) in Europa beantragt. Tesamorelin wird eingesetzt bei Fettansammlungen infolge Lipodystrophie-Syndrom.

Die globalen Mittel für den Kampf gegen Aids müssten kurzfristig um ein Drittel erhöht werden, langfristig um 20% – dann könnten bis zum Jahr 2012 15 Millionen HIV-Infizierte weltweit antiretroviral behandelt werden. Dies betont UNAIDS-Generaldirektor Michel Sidibé.

01. Juni 2011:Der langfristige Anstieg der CD4-Zell-Zahl ist bei HIV-Positiven mit einem Lebensalter von über 50 Jahren niedriger, zeigt eine US-Studie.

„Das Kondom schützt nicht“, zu diesem Ergebnis kommt ein zweitägiger Kongress zu HIV/Aids im Vatikan – 30 Jahre nach der ersten wissenschaftlichen Publikation zu Aids.

Gil Scott-Heron, der ‚Godfather of Rap‘, stirbt am 27. Mai 2011. Er lebe seit vielen Jahren mit HIV, hatte er dem ‚New York‘ Magazin 2008 berichtet.

Aufregung bei Londoner HIV-Präventions-Projekten: das Budget für HIV-Prävention 2011/12 soll um 20% gekürzt werden.

ILO: Gleichheit bei der Arbeit – Diskriminierung HIV-Positiver am Arbeitsplatz

Die International Labor Organisation ILO veröffentlichte ihren Bericht „Gleichheit bei der Arbeit: Die andauernde Herausforderung – Gesamtbericht im Rahmen der Folgemaßnahmen zur Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit“.

In diesem Bericht widmet sich die ILO auch der Diskriminierung HIV-positiver Arbeitnehmer, in zwei Kapiteln

  • Diskriminierung aufgrund des HIV-Status
    – Ausgrenzung von Menschen, die mit HIV und Aids leben, sowie
  • „HIV-Tests und Screening
    – Neuere gesetzliche Entwicklungen und noch bestehende Lücken
    – Die Rolle der Sozialpartner

Die ILO betont darin u.a.

„Die Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen, die mit HIV leben (PLHIV), stellen Menschenrechts- und ntwicklungsschlüsselfragen
dar, die unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeitsstätte haben. Diskriminierung auf der Grundlage des tatsächlichen oder wahrgenommenen HIV-Status kann dazu führen, dass Arbeitnehmer keinen Zugang zur Beschäftigung haben, und dazu, dass Beschäftigte ihre Existenzgrundlage verlieren. Diskriminierung hält Einzelpersonen auch von Präventionsmaßnahmen wie freiwillige HIV-Tests sowie von der Behandlung, Betreuung und den Unterstützungsdiensten ab, die erforderlich sind, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen und ihre Auswirkungen abzuschwächen.“
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weitere Informationen:
International Labor Organisation ILO:  „Gleichheit bei der Arbeit: Die andauernde Herausforderung – Gesamtbericht im Rahmen der Folgemaßnahmen zur Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit“ (pdf)
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Deutsche AIDS-Hilfe zum 1. Mai: An die Arbeit, Frau von der Leyen!

Zum Tag der Arbeit am 1. Mai fordert die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) die Bundesregierung, Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf, die Situation von Menschen mit HIV im Erwerbsleben zu verbessern. Die DAH bietet allen Akteuren ihre Unterstützung an und informiert über das Thema unter www.aidshilfe.de in einem umfassenden Online-Dossier.

„Rund zwei Drittel der Menschen mit HIV in Deutschland stehen im Erwerbsleben“, sagt DAH-Vorstand Sylvia Urban. „Trotzdem herrscht bezüglich HIV an den meisten Arbeitsplätzen das große Schweigen. Viele HIV-Positive trauen sich nicht, offen mit ihrer Infektion umzugehen, weil sie mit Ausgrenzung und Diskriminierung rechnen müssen – bis hin zur rechtswidrigen Kündigung. Maßnahmen auf Bundesebene sind überfällig!“

Schon mit einfachen Maßnahmen könnte die Bundesregierung die Situation von Menschen mit HIV im Job erheblich verbessern.

HIV/Aids muss zum Beispiel im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) explizit als Diskriminierungsmerkmal benannt werden. HIV-Positive hätten somit eine sehr viel bessere Rechtsgrundlage, um sich gegen Diskriminierung zur Wehr zu setzen. Andere Länder sind bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. So schützt zum Beispiel Großbritannien ausdrücklich auch chronisch Kranke vor Diskriminierung.

Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zum Thema HIV im Arbeitsleben aus dem Juni 2010 sind in Deutschland noch nicht umgesetzt worden. Deutschland ist als Mitglied der ILO verpflichtet, darüber im Bundestag zu beraten. Das muss jetzt geschehen!

Auch Arbeitgeber können die Situation von HIV-positiven Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erheblich verbessern, zum Beispiel indem sie deren Situation im Betrieb thematisieren, Unterstützung anbieten und Ansprechpartner benennen.

Hier stehen zugleich die Gewerkschaften in der Pflicht: Sie können auf solche Maßnahmen hinwirken und selbst Unterstützung und Aufklärung anbieten.

Aufklärung über HIV ist der Schlüssel, denn der Grund für Diskriminierung sind meist irrationale Ängste. Kollegen haben Angst, sich zu infizieren, Arbeitgeber fürchten um das Image ihrer Firma oder glauben, HIV-Positive seien weniger leistungsfähig. Informationen und offene Gespräche machen deutlich, dass diese Ängste in aller Regel unbegründet sind.

(Presseerklärung Deutsche Aids-Hilfe)