Homophobe Traditionen

„Homophobe Traditionen – Verfolgung von Lesben und Schwulen im Nationalsozialismus“ – unter diesem Titel erschien eine neue Ausgabe des Magazins ‚Lernen aus der Geschichte“.

Die Herausgeber schreiben über die Ausgabe:

„Mit der vorliegenden Ausgabe greifen wir die Thematik der Verfolgung von Schwulen und Lesben auf. Die Diskriminierung und Verfolgung gleichgeschlechtlicher Lebensformen ist kein ausschließliches Merkmal des Nationalsozialismus, wurde aber dort verschärft.
Die Darstellung der Problematik erscheint uns auch deshalb relevant, weil sie im historischen Lernen kaum einen Platz findet und häufig der außerschulischen politischen Bildung überlassen wird. Dabei lassen sich in der schulischen und außerschulischen Bildung verschiedene Anknüpfungspunkte zur Thematisierung finden, die sich nicht auf den Geschichtsunterricht beschränken.“

Das Magazin umfasst u.a. Texte zu
– Die nationalsozialistische Homosexuellenverfolgung und ihre Folgen
– Zum geschichtspolitischen und didaktischen Umgang mit dem Thema „Homosexualität im NS“
– Anmerkungen zur Verfolgung von lesbischen Frauen im Nationalsozialismus
– Homosexualität zum Thema machen oder warum Heterosexismus ein Problem für die Bildungsarbeit ist!
– Lernort – Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

„Lernen aus Geschichte“ ist ein Verein, der eng mit dem Institut für Gesellschaftswissenschaften und historisch-politische Bildung  der Technischen Universität Berlin verbunden ist.

„Lernen aus Geschichte – Magazin vom 10. März 2010 (03/10)
Homophobe Traditionen – Verfolgung von Lesben und Schwulen im Nationalsozialismus

Usbekistan: Sieben Jahre Gefängnis für HIV-Prävention

Maxim Popov, usbekischer Aktivist in der Aids-Prävention, wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt – u.a. wegen ‚antisozialem Verhalten‘.

Maxim Popov ist 28 Jahre alt,  Vater zweier Kinder, stammt aus der usbekischen Hauptstadt Taschkent und ist Psychologe. Und er ist Vorsitzender einer Nicht-Regierungs-Organisation, die sich in Usbekistan für Aids-Prävention und -Information einsetzt. Wegen seiner Arbeit für diese Organisation wurde er in der usbekischen Stadt Chilanzar (bei Taschkent) nun zu sieben Jahren Haft verurteilt.

„Izis“, so der Name der Organisation, wurde von jungen Medizinern und Psychologen gegründet. Die Organisation wird auch von internationalen Organisationen z.B. aus Großbritannien und den USA sowie von UNICEF unterstützt. Sie hatte u.a. mit Unterstützung von UNICEF und PSI (Population Service International) das Buch „HIV und Aids heute“ herausgegeben.

Popov wurde u.a. vorgeworfen, mit dem Buch das „moralische Wohlergehen junger Usbeken gefährdet“ zu haben, u.a. durch Förderung von Drogengebrauch und Homosexualität. Nationale Kultur und Traditionen seien in der Broschüre nicht ausreichend berücksichtigt, hatte eine Kommission festgestellt. Das Buch wurde verboten.
Zudem wurden ihm zahlreiche finanzielle und steuerliche Vergehen vorgeworfen.

Popov sowie zwei weitere Angeklagte hatten auf unschuldig plädiert und alle Vorwürfe zurück gewiesen. Er habe von den (von internationalen Geldgebern) zur Verfügung gestellten Mitteln 14 Angestellte sowie ein Büro bezahlt. Inhaltlich habe er sich bemüht, junge Menschen aufzuklären über die Risiken sich mit HIV zu infizieren, sowohl bei hetero- als auch homosexuellem Sex als auch beim Drogengebrauch.

Popov wurde bereits im Januar 2009 verhaftet. Der Schuldspruch des Verfahrens gegen ihn wurde im September 2009 angekündigt, erst am 25. Februar 2010 wurde die Strafhöhe bekannt gegeben: sieben Jahre Freiheitsentzug.

Maxim Popov
Maxim Popov

Selbst nachdem die usbekische Regierung sämtliche Mittel-Zugänge für ‚Izis‘ blockiert hatte, hielt Popov die Arbeit der Organisation aufrecht – er arbeitete ehrenamtlich weiter, ohne Entgelt.

Das Urteil gegen Popov wurde bisher nicht veröffentlicht. Presseberichte sprachen zunächst von einer Verurteilung wegen „Missbrauchs von Injektionsnadeln“ sowie steuerlichen Unregelmäßigkeiten. Inzwischen werden als Verurteilungs-Gründe angegeben Veruntreuung von Geldern, Beteiligung von Minderjährigen bei ‚antisozialem Verhalten‘, sexuelle Übergriffe auf Minderjährige, Unterschlagung von Fremdwährung, Ermöglichen des Zugangs zu Drogen sowie Steuerhinterziehung.

Zusammen mit Popov wurden zwei Kolleginnen verhaftet, Tatyana Kostyuchenko und Danahan Eshenova. Sie erhielten jeweils eine einjährige Bewährungsstrafe wegen Unterschlagung, Steuerhinterziehung und Verstoßes gegen das Fremdwährungs-Gesetz.

Popov befindet sich bereits in der Strafkolonie Navoi im Nordwesten Usbekistans.
Freunde Popovs haben unter seinem Namen auf Facebook eine Solidaritäts-Seite eingerichtet, auch um Forderungen nach Amnestie Nachdruck zu verleihen.

Die GTZ Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (eine bundeseigene Gesellschaft für Entwicklungs-Zusammenarbeit) schreibt über HIV und Aids in Usbekistan

„Die Mehrzahl der HIV-Infizierten in Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan sind injizierende Drogenkonsumenten, vor allem junge Menschen. Der leichte Zugang zu Drogen und die hohen Verdienstmöglichkeiten im illegalen Drogenhandel machen anfällig für Drogenkonsum, vor allem Jugendliche mit schlechter Ausbildung, die aus schwierigen sozialen Verhältnissen stammen. Zusammen mit mangelnder Aufklärung und den Normen der traditionell geprägten, patriarchalischen Gesellschaften Zentralasiens führt dies bei Jugendlichen, auch bei Frauen und Mädchen, zu steigenden HIV-Infektionsraten und einer deutlich zunehmenden Zahl an Aids-Erkrankungen.“

Begründungen wie „antisoziales“ oder „un-usbekisches Verhalten“ werden in Usbekistan zunehmend benutzt, um Dissidenten zu verfolgen und Kritiker mundtot zu machen.

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weitere Informationen:
Facebook-Seite für Maksim Popov
ferghana.ru 26.02.2010: Uzbekistan: The psychologist is sentenced to 7 years of jail for HIV/AIDS prevention
uznews.net 26.02.2010: Details of Uzbek HIV activist’s sentence revealed
iwpr 03.03.2010: Uzbek Doctor Jailed for HIV/AIDS Work
iwpr 11.02.2010: Uzbek Photographer Convicted as “Warning to Others”
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HIV bei Migranten in Deutschland

In einem ausführlichen Artikel befasst sich das Epidemiologische Bulletin mit der Situation der HIV-Infektion bei Migranten in Deutschland:

„Migranten aus Hochprävalenzregionen machen in Deutschland etwas mehr als die Hälfte der HIV-Neudiagnosen mit erkennbarem Migrationshintergrund aus. Die meisten dieser Infektionen wurden auf heterosexuellem Weg über tragen. Die große Mehrheit dieser Infektionen wurde wahrscheinlich in den Herkunftsländern erworben, die verfügbaren Daten sprechen aber dafür, dass ein Anteil von mindestens 10 % dieser Infektionen in Deutschland erworben wurde. Der Artikel im Epidemiologischen Bulletin 5/2010 gibt einen umfassenden Überblick der Situation.“

Das RKI verweist in dem Artikel u.a. auf den vergleichsweise hohen Anteil unbekannter HIV-Übertragungswege bei HIV-Positiven Migranten mit Herkunftsländern in Zentraleuropa und kommentiert:

„Als alternative Erklärung [zur zuvor geäußerten These eines Erwerbs der HIV-Infektion bei Reise durch Hochprävalenz-Länder, d.Verf.]  wäre zu diskutieren, ob in Zentraleuropa homo- und bisexuelle Männer deutlich stärker als in der Statistik erkennbar von HIV betroffen sein könnten, dass das tat sächliche Infektionsrisiko aber auf Grund der ausgeprägten Stigmatisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Kontakte seltener angegeben wird.“

Auch bei in Deutschland diagnostizierten HIV-Infektionen von Migranten aus Ost- und Zentraleuropa verweist das RKI auf einen „relativ hoher Anteil angegebener heterosexueller Übertragungsrisiken bei Männern aus der Türkei und den Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens“ und verweist als mögliche Erklärung auf eine „stärkere Stigmatisierung homosexueller Kontakte“.

Das RKI weist auf Konsequenzen für die Prävention hin:

„Für die Prävention bei Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland ist zu beachten, dass gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte insbesondere für die Migrantenpopulation aus Ost- und Zentraleuropa tabubehaftet sind, so dass MSM aus diesen Bevölkerungsgruppen möglicherweise durch die auf deutsche homosexuelle Männer ausgerichteten Präventionskampagnen weniger gut erreicht werden. In Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern erworbene HIV-Infektionen könnten wesentlich zur Dynamik der HIV-Epidemie in Zentraleuropa beitragen. Daraus resultiert in einem zusammenwachsenden Europa eine Verantwortung der westeuropäischen Länder, durch ihre HIV-Präventionsstrategien für MSM auch Migranten aus Zentral- und Osteuropa anzusprechen.“

weitere Informationen:
HIV bei Migranten in Deutschland
Epidemiologisches Bulletin 5/2010

Homophobie tötet – französische Kampagne wird fortgesetzt

„Homophobie tötet“ – eine französische Kampagne gegen Homophobie wird fortgesetzt, zum Jahresbeginn 2010 in Bordeaux.

Am 17. Mai 2009 stellte eine in Südfrankreich ansässige Gruppe (Collectif Contre l’Homophobie CCH, Montpellier) ihre erste Kampagne gegen Homophobie vor.

Die Kampagne wurde seit Frühjahr 2009 unter anderem in Montpellier, Nantes, St. Nazaire und den Départements Hérault und Somme gezeigt.

Nun hat sich auch die Stadt Bordeaux angeschlossen – 80 großformatige Plakate der Aktion sind an Straßenbahn-Haltestellen im Großraum Bordeaux (CUB Communauté urbaine de Bordeaux) zu sehen. Parallel fand zum Auftakt eine Konferenz zum Thema ‚Diskriminierungen in Bordeaux‘ statt.

Homophobie tötet - L'Homophobie tue (C) CCH
Homophobie tötet - L'Homophobie tue (C) CCH

„Homophobie tötet“ ist nicht die einzige Kampagne gegen Homophobie in Frankreich. Im Sommer 2009 war von der französischen Bildungs- und Forschungsministerin Valérie Pécresse eine landesweite Kampagne gegen Homophobie an Hochschulen mit 60.000 Plakaten gestartet worden.

weitere Informationen:
Centre Collectif contre l’Homophoibie CCH
Tetu 07.01.2010: Bordeaux s’affiche à son tour contre l’homophobie
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UNAIDS: die Menschenrechte der von HIV Betroffenen achten!

UNAIDS fordert alle Staaten auf, die Menschenrechte der von HIV am stärksten betroffenen Gruppen zu achten.

Eine Kriminalisierung einvernehmlichen sexuellen Verhaltens zwischen Erwachsenen stelle eine ernsthafte Gefahr für die Aids-Bekämpfung dar. Dies betonte die Aids-Organisation der Vereinten Nationen UNAIDS aus Anlass des Menschenrechts-Tags am 10. Dezember.

UNAIDS forderte alle Staaten auf, Gesetze aufzuheben und Politiken einzustellen, die es Menschen erschweren, Zugang zu HIV-Dienstleistungen zu erhalten. Zudem forderte UNAIDS zu Gesetzen auf, die Menschen, die mit HIV leben oder von HIV betroffen sind, vor Diskriminierungen schützen.

UNAIDS kritisierte Uganda wegen seines Gesetzentwurfs, mit dem Uganda Homosexuelle und HIV-Positive mit lebenslanger Haft oder Todesstrafe bedroht werden. Dies sei ein schwerwiegender Rückschlag für die HIV-Prävention.

Michel Sidibé, Generaldirekltor UNAIDS
Michel Sidibé, Generaldirekltor UNAIDS

Die Kriminalisierung der Homosexualität sei ein Angriff auf den gesamten Kampf gegen Aids, betonte UNAIDS-Generaldirektor Michel Sidibé. Sie verletze Menschenrechte und die Grundlage nicht nur der Arbeit von UNAIDS, sondern der gesamten vereinten Nationen.

weitere Informationen:
UNAIDS 10.12.2009: UNAIDS urges all countries to respect the human rights of people most affected by HIV (pdf)
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Homophobe Überfälle: Maneo Umfrage manipuliert?

Logo von ManeoWurden die Fragebögen des Berliner Überfalltelefons zu antischwuler Gewalt mehrfach mit falschen Angaben ausgefüllt, um Stimmung gegen Ausländer zu machen?

Ein Artikel von Norbert Blech führt in den Userkommentaren bei queer.de zu teilweise sehr heftigen Reaktionen. Nach anonymen Hinweisen wird die zweite große Onlineumfrage von Maneo – einem Berliner Antigewaltprojekt – in dem Artikel hinterfragt. Diese Umfrage von 2007/2008 kam zu dem Ergebnis, dass die Gewalt von nichtdeutschen Tätern im Verhältnis zu einer ähnlichen Umfrage aus dem Jahr 2006/2007 stark zugenommen hatte. „Einwände von Kritikern, dass etwa die Zahlen des schwulen Überfalltelefons Maneo wenig Aussagekraft besitzen, konnten sich gegen diese Mischung aus Angst und Vorurteil selten durchsetzen.“ schreibt der Autor zu damals kritischen Reaktionen auf die Umfrageergebnisse.

Gezielte Manipulation und Mitmach-Aufrufe aus dem Islamkritischen Spektrum?

Ein Anlass für den aktuellen Artikel war eine anonyme Email: „Von gezielten Manipulationen spricht ein anonymer „Frank“, der sich bei der Queer.de-Redaktion gemeldet hat und sich als „Aussteiger“ bezeichnet. Aussteiger aus einem Subbereich der schwulen Szene, der sich vom Islam bedroht fühlt und Muslime generell als Feindbild bekämpft. Frank schreibt in einer anonymen eMail, er habe den Fragebogen „bestimmt 10 Mal mit unterschiedlichen Angaben ausgefüllt“ und Türken als Täter angegeben. Es sei ihm darum gegangen, das Szenario einer „realen Bedrohung“ aufzubauen. Er kenne „mindestens fünf“ Bekannte, die ähnliches getan hätten. Auch habe er dem Überfalltelefon telefonisch zwei erfundene Übergriffe gemeldet: „Das war unglaublich leicht, die sind so unglaublich dumm und sind einfach zu instrumentalisieren“ – da auf diesem Weg jährlich nur rund 200 Fälle homophober Gewalt gemeldet werden, haben diese Anrufe noch größere Auswirkungen auf die Statistik als bei der Online-Umfrage. Mittlerweile schäme er sich für den „eigenen Rassismus“, den er auch in zahlreichen Forenbeiträgen auf den unterschiedlichsten Webseiten, darunter queer.de, verbreitet hätte. Einen Beweis für die Manipulation der Maneo-Studie liefert die anonyme Quelle nicht, Rückfragen sind nicht möglich.“

Bei der weiteren Recherche stieß Norbert Blech auf Aufrufe der islamkritischen Szene, bei der zur intensiven Teilnahme an der Umfage aufgerufen wird gleich unter der Prämisse einen bestimmten Täterkreis zu benennen. Auf den von Norbert Blech gefundenen Seiten bei www.gruene-pest.de wird in den Foren offen dazu aufgerufen Umfragen und Kommentare auf schwullesbischen Seiten zu veröffentlichen um Angst und Vorurteile gegen Muslime in die schwule Szene zu bringen. Veröffentlichte islamfeindliche Kommentare werden in den einzelnen Forumsthreads als Erfolg gefeiert. Beschwichtigende oder relativierende Presseberichte dem entsprechend böse kommentiert und gleich noch mit homofeindlichen Kommentaren gespickt.

Wird die „nicht-repräsentative“ Umfrage bewusst medial ausgeschlachtet?

Der Artikel endet mit folgendem Resumee: „Wie einige andere in der Berliner Szene hatte er in den letzten Jahren verbal aufgerüstet und etwa von „No-Show-Areas“ für Schwule in der Hauptstadt gesprochen. Ein anderes Mal hatte er gewarnt, es solle keine „falsch verstandene Rücksicht auf scheinbar folkloristische Religionselemente“ geben. Zu den Ergebnissen der ersten Umfrage hatte Finke in einer Pressemitteilung geschrieben: „Viele haben bisher die Augen vor einer bestimmten Tätergruppe verschlossen. Ohne, dass wir danach gefragt haben, haben uns 16 Prozent von Tätern nichtdeutscher Herkunft berichtet. Hätten wir nach dieser Tätergruppe gefragt, hätten wir noch mehr Nennungen gehabt.“ Die Geister, die er rief, hat er in der zweiten Umfrage offenbar bekommen.“

Diskredition oder Warnung?

Maneo“ ist in Berlin eine anerkannte aber nicht unumstrittene Institution.
In den vielen Jahren des Aufbaus, der bereits Anfang der 90er Jahre durch eine Wirteaktion in Berlin Kreuzberg begann und über das schwule Überfalltelefon bis hin zu Maneo fortgesetzt wurde, hat das Antigewaltprojekt eine Menge geleistet: Der Kontakt zur Polizei hat sich für lesbische und schwule Gewaltopfer erleichtert. Gewalt gegen Schwule und Lesben ist sichtbar geworden und in der Politik angekommen.

Aber Maneo hat auch viele Fehler gemacht. So war der Demoaufruf gegen homophobe Gewalt durch vermutlich osteuropäische Täter die sich dann als eine Auseinandersetzung im Strichermilieu herausstellte vom Januar diesen Jahres mehr als ein Fauxpas. 500 Demonstranten kamen zur Mahnwache und mussten ziemlich irritiert nachlesen, dass sie wohl falsch informiert waren. Auch wurde die Problematik von antischwuler Gewalt oftmals in entsprechende Bahnen gelenkt. die den Eindruck vermittelten, bestimmte Bezirke oder Gegenden in Berlin seinen für Schwule und Lesben tabu. Fragt man Schwule und Lesben, die aus genau diesen Bezirken kommen, entsteht ein sehr viel differenzierteres Bild und widerlegt die Aussagen oft genug. Die mediale Gewalt solcher Aussagen und die Anfang 2009 stakkatohaften Berichte von Maneo über Übergriffe hatten zur Folge, dass die Szene sehr verunsichert war und sich schnell auf Jugendliche mit Migrationshintergund als Haupttäter einschwor. Gerade in den schwullesbischen Szenebezirken Berlins haben sich Angst und Vorurteile breit gemacht, die sich in offen ausländerfeindlichen Äußerungen manifestieren.

Dabei kann Berlin auch anders. Als es im Juni 2008 bei einem Drag Festival in Kreuzberg zu einem Übergriff auf Dragkings kam, war vom Antigewaltprojekt Maneo nichts zu hören. Trotzdem wurde binnen 24 Stunden eine Demonstration gegen homophobe Gewalt auf die Beine gestellt, an der sich 2000 Demonstranten zusammen fanden um in Kreuzberg aufzurütteln. Das Kreuzberger Netzwerk funktioniert. Bei Übergriffen und auch präventiv finden sich lesbische und schwule Geschäftsleute, „Kiezgrößen“, Anwohner und Vereine zusammen und versuchen zwischen den Parteien zu vermitteln – sicherlich nicht immer mit einem bestmöglichen Ergebnis, meist aber viel leiser und effektiver, als so manche Mahnwache, die aus Solidarität bei vermeintlicher Homophobie gestartet wird. Nicht anders ist es zu erklären, dass sich zahlreiche Geschäfte in der Oranienstraße sowie den angrenzenden Straßen beim transgenialen CSD offen solidarisch zeigen, auch wenn dies bei einigen konservativen Kunden vielleicht nicht so gut ankommt. Zweisprachige Fahnen gegen Sexismus, Homophobie und Rassismus mit Pumps tragendem Hirsch und Kamel oder ein türkisches Fotogeschäft mit Bildern von Verpartnerungen im Schaufenster seien hier exemplarisch genannt und haben sicherlich eine größere Reichweite als ein Regenbogenaufkleber an der Eingangstüre.

Wenn sich dann Bastian Finke von Maneo darüber echauffiert, dass eine Zusammenarbeit mit Gruppen, die sich mit der Migrationsproblematik auseinandersetzen, schwierig sei, muss er sich wohl fragen lassen, ob dies nicht vielleicht in der Arbeit von Maneo und einem sich daraus resultierenden Misstrauen gegenüber Maneo begründet sein kann, zumindest wenn man wie Bastian Finke bereits seit fast 20 Jahren in diesem Umfeld arbeitet.

Man darf homophobe Gewalt sicherlich nicht bagatellisieren. Auch müssen die Hintergründe für verbale wie körperliche Gewalt gegen Lesben und Schwule aufgeklärt werden.

Der von Maneo in den letzten Jahren eingeschlagene Weg ist dabei kontraproduktiv, wenn diese in der lesbisch-schwulen Szene zu neuen Hassbildern führt. Homophobe Gewalt muss wertfrei und ohne Vorurteile aufgeklärt werden. Notwendige gesellschaftliche Veränderungen müssen schrittweise erarbeitet werden. Dabei helfen keine Schwarzweiß-Malerei, keine einseitigen Wertungen, keine Schönfärberei und keine voreiligen Aktionen.

weitere Informationen:
queer.de 15.08.2009: Maneo-Umfrage gezielt manipuliert?
GGG.at 17.08.2009: Haben Islam-Kritiker Überfälle in Berlin erfunden?
blu 18.08.2009: Nachgefragt – Umfrage manipuliert?
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Berlin: Gegen Homophobie – Solidarität mit den Opfern des Anschlags in Tel Aviv

Etwa 400 Menschen demonstrierten am 4. August 2009 in Berlin gegen Homophobe und für Solidarität mit den Opfern des Anschlags auf einen schwul-lesbischen Jugend-Treffpunkt in Tel Aviv.

Bei einem Anschlag auf einen Treffpunkt schwuler und lesbischer Jugendlicher in Tel Aviv (Tel Aviv Gay and Lesbian Association (AGUDA)) sind am Samstag Abend (01.08.2009) zwei Menschen ermordet und 15 verletzt worden. Die Polizei sucht weiterhin nach den Tätern, derzeit ist eine Nachrichtensperre verhängt.

Am Dienstag, 4. August demonstrierten etwa 400 Menschen in Berlin gegen die Gewalt und die als Ursache des Angriffs vermutete Homophobie.

Gloria Viagra, Berliner Drag-Queen mit dem Motto ‚Nur Revolution macht schön‘ und Organisator der Demonstration, informierte vorab:

„Mit Entsetzen,Trauer und Wut haben wir von dem Anschlag auf das lesbisch-schwule-transgender (LGTQ)-Zentrum in Tel Aviv erfahren.
Dort hat ein maskierter Mann am Samstag Abend die dortige Jugendgruppe überfallen und wahllos mit einem Maschinengewehr auf die Teenager geschossen. Eine 17jährige und ein 24jähriger starben, 15 weitere wurden z.T. schwer verletzt.
Der Mann konnte unerkannt entkommen. Er versuchte noch in eine weitere Schwulenbar einzudringen, wurde aber vom dortigen Sicherheitspersonal abgewehrt.

Auch wenn noch nicht klar ist, aus welchem Kreis der Mörder kommt, ist eines klar: Dieser Anschlag ist ein ganz gezielt Hassverbrechen. Ein Verbrechen gegen die LGT-Szene.
Im Gegensatz zum religiösen Jerusalem ist Tel Aviv als sehr offen-liberale und homofreundliche Metropole bekannt, umso größer die Betroffenheit dort.
Aber es kommt nicht von ungefähr: So wird unter der neuen konservativen Regierung allgemein ein Klima gegen Minderheiten geschürt, so gegen Homosexuelle und Flüchtlinge. Die ultra-religöse Schass-Partei hetzt seit Jahren aufs Übelste gegen Homosexuelle, ihr religiöser Führer rief 2005 anlässlich des CSDs in Jerusalem sogar zum Mord auf; ohne Konsequenzen.

Unser ganzes Mitgefühl gilt den Betroffenen und Angehörigen, unsere Solidarität der LGTQ-Szene in Israel !!!!“

In Tel Aviv selbst war es bereits direkt nach dem Anschlag zu einer spontanen Demonstration gekommen. Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen fanden inzwischen u.a. in Rostock, Köln und London statt, für kommenden Mittwoch ist eine Gedenkveranstaltung in Wien geplant. Für Samstag ist eine Gedenkveranstaltung in Paris sowie Groß-Demonstration in Tel Aviv anberaumt.

Der israelische Sozialminister kündigte inzwischen ein Eil-Komitee an, um nach dem Attentat den Bedürfnissen der schwul-lesbischen Community in Israel gerecht zu werden.

weitere Informationen:
SZ 01.08.2009: Zwei Tote bei Schießerei in Schwulenclub
SZ 02.08.2009: „Eine Tat voller Hass“
samstagisteingutertag 02.08.2009: Attentäter richtet Blutbad in Homosexuellen-Zentrum in Tel Aviv an
PinkNews 04.08.2009: Tel Aviv gay shooting: Israeli minister forms emergency committee
indymedia 03.08.2009: Demo gegen homophoben Anschlag in Tel Aviv
queer.de 03.08.2009: Anschlag in Tel Aviv: Demos in Köln und Berlin
youtube: Berlin LGBT community in solidarity with LGBT Tel Aviv – Demo against homophobia (Video)
Antiteilchen 04.08.2009: Smash Homophobia – Demo gegen Homophobie am Breitscheidtplatz
Kölner Stadtanzeiger 04.08.2009: Solidarität mit Opfern
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400 demonstrieren gegen Homophobie in Israel

Etwa 400 Menschen demonstrieren zur Zeit in Berlin gegen den Anschlag auf Schwule und Lesben in Tel Aviv.

Nach einer Kundgebung auf dem Breitscheidtplatz setzt sich z.Zt. der Demonstrationszug in Richtung Nollendorfplatz in Bewegung.

Mehr Infos und Fotos später morgen früh auf ondamaris: Berlin: Gegen Homophobie – Solidarität mit den Opfern des Anschlags in Tel Aviv
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Frankreich: Kampagne gegen Homophobie an Hochschulen

An Frankreichs Hochschulen startet eine neue Kampagne gegen Homophobie.

Die französische Bildungs- und Forschungsministerin Valérie Pécresse stellte am Montag in Paris offiziell eine neue Kampagne vor, mit der an französischen Hochschulen und Universitäten Homophobie thematisiert werden soll. Erstmals widmen sich damit staatliche Stellen in Frankreich im Universitätsbereich dem Thema Homophobie.

Die neue Kampagne, die sowohl Homophobie gegen Schwule wie auch gegen Lesben thematisiert, wurde vom Ministerium innerhalb eines Jahres gemeinsam mit LGBT-Gruppen in Frankreich entwickelt.

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Das Plakat mit dem jungen Mann sagt:

„Voici un garçon qui aime les garçons. Mais ce garçon qui aime les garçons n’aime pas les garçons qui n’aiment pas les garçons qui aiment les garçons. Cette phrase est compliquée, mais moins que sa vie d’étudiant homosexuel“. [übersetzt etwa: „Sehen Sie hier einen jungen Mann, der Männer mag. Aber dieser junge Mann der Männer mag mag diejenigen jungen Männer nicht, die nicht junge Männer mögen, die junge Männer mögen. Dieser Satz ist kompliziert, aber weniger kompliziert als sein Leben als schwuler Student.“ Text des Plakats mit der jungen Frau analog.]

Insgesamt sollen 40.000 Plakate während der Kampagne an Universitäten und Hochschulen eingesetzt werden. Weitere 20.000 Plakate will das Ministerium Studenten-Organisationen zur Verfügung stellen, die sich gegen Homophobie einsetzen wollen.

weitere Informationen:
Ministre de l’Enseignement supérieur et de la Recherche (Frankreich) 16.06.2009: Une campagne de lutte contre l’homophobie dans les universités
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Türkei: erstmals Ehrenmord an Schwulem vor Gericht

Erstmals kommt in der Türkei ein Ehrenmord an einem Schwulen vor Gericht. Am 8. September 2009 wird vor einem Istanbuler Gericht über den Mord an dem Istanbuler Studenten Ahmet Yildiz verhandelt.

Der 26jährige Physik-Student Ahmet Yildiz wurde im Sommer 2008 in einem Café in Istanbul erschossen.

Der LSVD berichtet

„Angeklagt wird der Vater des Opfers, der sich möglicherweise im Irak versteckt hält. Damit kommt zum ersten Mal in der Türkei ein sog. Ehrenmord an einem schwulen Mann vor Gericht. Es ist davon auszugehen, dass die Presse ausführlich über den Prozess berichten wird.“

Ibo Can, der Lebenspartner vom Ahmet Yildiz, setzt sich seit der Ermordung für die Aufklärung des Mordes und Strafverfolgung der Täter ein. Unterstützt wird er von der türkischen Schwulen- und Lesbengruppe Lambda Istanbul (bei der auch Ahmet Yildiz aktiv war) sowie der deutschen Hirschfeld-Eddy-Stiftung.

Die Ermordung von Ahmet Yildiz dürfte vermutlich nicht der erste Ehrenmord an einem Schwulen in der Türkei gewesen sein, wie der Blogegr Steven Milverton anmerkt. Aber er wird nun vielleicht der erste Ehrenmord an einem Schwulen, der in der Türkei vor Gericht verhandelt wird.

weitere Informationen:
Steven Milverton 22.07.2008: Wo ist Ahmet Yildiz’ Freund?
Steven Milverton 06.08.2008: Neues zum Mordfall Ahmet Yildiz
LSVD / Hirschfeld-Eddy-Stiftung 10.06.2009: Neues im Istanbuler Mordfall Ahmet Yildiz
queer.de 10.06.2009: Ehrenmord in Istanbul: Vater wird angeklagt
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EU-Politiker aus Deutschland: homo-politisch desinteressiert?

Europa-Politiker aus Deutschland interessieren sich kaum für homopolitische Themen – darauf lässt eine Auswertung der (Nicht-) Unterstützung für eine europaweite Kampagne der ILGA schliessen.

Die europäische Sektion der ILGA International Lesbian and Gay Association verfasste im Vorfeld der Wahlen zum Europa-Parlament eine „European Parliament Elections Pledge“. Politiker, die für die Wahl zum Abgeordneten des Europa-Parlaments kandidierten, konnten hier in zehn einzelnen Punkten ihr Verhalten in Sachen Homo-Politik zusichern.

Die „European Pledge“ umfasste dabei Themen wie rechtliche Gleichbehandlung, Rechte von Transgendern, die Bekämpfung von Homo- und Trans-Phobie oder auch die Förderung eines Familien-Begriffes, der LGBT-Familien  mit einbezieht.

Teilnahme an der ILGA-Zusage (Karte: ILGA)
Teilnahme an der ILGA-Zusage (Karte: ILGA)

Die European Pledge stieß bei Europa-Politikern quer durch Europa im Vorfeld der Wahlen auf einiges Interesse – allerdings weniger in Deutschland, wie eine Auswertung der Ergebnisse (Stand 7. Juni, 21:00 Uhr) zeigt:

Aus den einzelnen EU-Staaten schlossen sich der Pledge an (Reihenfolge nach Anzahl der Unterstützer):

Frankreich: 189 Kandidaten (59,6 Mio. Einwohner => 3,17 Unterstützer pro Mio. Einwohner)
Großbritannien: 126 (59,3 / 2,12)
Spanien: 112 (46,1 / 2,42)
Finnland: 77 (5,2 / 14,8)
Dänemark: 43 (5,4 / 7,96)
Griechenland: 37 (11,0 / 3,36)
Belgien: 34 (10,4 / 3,26)
Ungarn: 30 (10,1 / 2,97)
Schweden: 30 (8,9 / 3,37)
Deutschland: 25 (82,4 / 0,3)
Polen: 22 (38,2 / 0,56)
Niederlande: 19 (16,2 / 1,17)
Österreich: 18 (8,1 / 2,22)
Italien: 17 (57,3 / 0,3)
Malta: 15 (0,4 / 37,5)
Irland: 12 (4,0 / 3)
Lettland: 12 (2,3 / 5,21)
Portugal: 9 (10,5 / 0,86)
Bulgarien: 8 (7,6 / 1,05)
Slowakei: 7 (5,4 /1,3)
Estland: 4 (1,4 / 2,85)
Luxemburg: 2 (0,4 / 5)
Tschechien: 2 (10,2 / 0,2)
Litauen: 2 (3,5 / 0,57)
Rumänien: 0
Zypern: 0

Deutschland an 10. Stelle, mit 25 Politikern, die unterzeichneten. Für den Staat, der die höchste Zahl an Abgeordneten im Europa-Parlament stellt, ein beschämendes Ergebnis.

Noch bemerkenswerter wird das Ergebnis, wenn die Zahl der Unterstützer in Relation zur Bevölkerungszahl der Mitgliedsstaaten gesetzt wird:
Pro Million Einwohner fanden sich unter den EU-Politikern in Finnland 14,8 Unterstützer der ILGA-Positionen, im eher europakritischen Dänemark immerhin annähernd 8, selbst im nicht gerade für Homo-Freundlichkeit bekannten Polen noch 0,56.
Deutschland hingegen brachte es auf gerade einmal 0,3 unterstützende Europa-Politiker pro Million Einwohner, zusammen mit Italien (ebenfalls 0,3) – nur in Tschechien (0,2) sowie Rumänien und Zypern (jeweils 0) war die Unterstützung für homopolitische Themen noch schlechter.

Ist das Interesse an Homo-Themen bei Kandidaten zum Europa-Parlament in Deutschland tatsächlich dermaßen gering?
Ist das Campaigning der ILGA in Deutschland so schlecht?
Es sind wohl viele Faktoren, die zu diesem beschämenden Ergebnis beigetragen haben – allein, die Zahlen sind bestürzend …

weitere Informationen:
ILGA European Parliament Elections Pledge
EU map: who signed ILGA-Europe’s Pledge
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Europawahl – wählen gehen, auch für Homo-Rechte

Heute finden in Deutschland und zahlreichen anderen Staaten Europas die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Wählen gehen, und Abgeordneten wählen, die Menschenrechts-freundliche Politiken unterstützen, fordert nicht nur die internationale Schwulen- und Lesbenorganisation ILGA Europe.

“Mach dir Gedanken – Wähle für ein Menschenrechts-freundliches Europäisches Parlament”, dazu ruft anlässlich der anstehenden Wahl die europäische Sektion der ILGA International Lesbian and Gay Association auf.

“Vote for a human rights friendly European Parliament” – dieser Slogan mag zunächst abstrakt, weit weg von der eigenen Realität klingen.

Doch schon einige Schlagzeilen der vergangenen Zeit zeigen deutlich, welche Bedeutung das Europäische Parlament gerade auch für Schwule und Lesben haben kann:
EU-Parlament fordert gegenseitige Anerkennung vom Homo-Ehen
EU-Bericht zu Homophobie und Diskriminierung
EU gegen Homophobie
oder auch z.B. Anfragen von Europa-Parlamentariern in Sachen Einreisebeschränkungen für HIV-Positive

Zur Wahl zum Europäischen Parlament 2009 hat die ILGA Europe einen Zehn-Punkte-Katalog aufgestellt, der sich mit EU-Gesetzgebung, den Rechten von Schwulen, Lesben und Transgender sowie der Bekämpfung von Homophobie beschäftigt. Die Kandidaten zum Europäischen Parlament werden aufgefordert, sich diesen Forderungen anzuschließen.

Ja, beim Thema Europa kommen vielen immer noch zuerst Gedanken wie Kamellen- und Bananen-Verordnung, Bürokratie und Bürgerferne.
Aber Europa heißt auch Chance – Chance nicht nur für Schwule und Lesben in anderen EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch bei uns.

Noch mag die EU zu wenig bürgernah sein, zu fern unserer Lebensrealitäten, zu bürokratisch. Ändern wird sich dies sicherlich nicht, wenn wir nicht zur Wahl gehen. Ändern wird es sich, wenn wir, wenn auch Schwule und Lesben, verstärkt auch in Europa ihre Anliegen vorbringen, ihre Stimmen hör- und sichtbar machen – europaweit, grenzüberschreitend.

Beklagen wir nicht, wie die EU heute ist, bejammern wir nicht, wie sie sein könnte – ändern wir sie, auch indem wir wählen gehen.
Und indem wir dann bei (und vor allem: vor und während) Debatten z.B. zu für Schwule und Lesben relevanten Themen bei den jeweiligen Europa-Abgeordneten nachhaken. Nachfragen, ‘warum hast du so abgestimmt? warum nicht …? Sind Homos nicht auch deine Wähler?’

Und – fordern wir die Kandidaten auf, sich dem Forderungskatalog der ILGA Europe anzuschließen! Bisher (Stand 31.03.2009) hat dies (der Karte zufolge, siehe Link unten) kein einziger Kandidat aus Deutschland getan … !
Fragen wir sie, warum hast du für uns wichtige Initiativen nicht unterstützt? (siehe Übersicht unten)

Durch Nicht-Wählen-Gehen, durch Kopf-in-den-Sand-Stecken wird sich nichts ändern. Wohl aber, wenn wir, jeder von uns, ein kleines Stückchen aktiv wird – und für seine Interessen eintritt.
Dazu gehört auch: wählen gehen! Einfluss nehmen! Interessen deutlich machen!

Marburg: Proteste gegen Homoheiler-Kongress

Etwa 1.000 Teilnehmer protestierten am Donnerstag in Marburg gegen einen Kongress, dem sie die Teilnahme auch homophober und sexistischer Referenten vorwarfen.

In Marburg begann am Mittwoch 20.5. in der Stadthalle ein Kongress, der bereits im Vorfeld für heftige Proteste sorgte. Am Donnerstag, 21. Mai protestierten etwa 600 bis 1.000 Personen friedlich gegen diesen Kongress, insbesondere gegen zwei homophobe und sexistische Referenten.

Bereits bei der Anreise zur Demonstration war es zu Polizeikontrollen anreisender Teilnehmer gekommen.

Die Demonstranten, die vom Hauptbahnhof zum Elisabeth-Blochmann-Platz zogen, trugen Plakate mit Aufschriften wie „Homosexualität ist keine Krankheit“ oder  „Homophobie ist heilbar“. Aufgerufen zur Demonstration hatte ein Aktionsbündnis namens „Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus“.

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Die Veranstalter bezeichneten die Demonstration als erfolgreich. „Ein breites Spektrum von bundesweit politisch, wissenschaftlich und gesellschaftlich aktiven Gruppen und Einzelpersonen hat gezeigt, dass pseudowissenschaftliche, diskriminierende Meinungen in öffentlichen Gebäuden nichts zu suchen haben“, so Nora Nebenberg vom Bündnis.

„Die Eingänge des Hörsaalgebäudes wurden von Demonstrierenden besetzt. „Die dort angekündigten Veranstaltungen konnten nicht stattfinden“, freut sich Stefanie Petersen vom Bündnis ‚Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus‘, „damit haben wir uns diskriminierenden Veranstaltungen wirksam in den Weg gestellt.“ Auch vor der Martin-Luther-Schule, wo das Seminar des Homo-Umpolers Markus Hoffmann von Wüstenstrom stattfinden sollte, versammelten sich Kongresskritiker_innen und begleiteten den Kongress lautstark mit Trommeln und Sprechchören.“

Auf dem „6. Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge“ vom 20. bis 24.05.2009 in der Stadthalle und Universität von Marburg werden auch Referenten auftreten, die Homosexuelle zu Heterosexuellen „therapieren“ wollen.

Der LSVD protestierte bereits im Vorfeld gegen Seminare, die sich „gegen homosexuelle Identitäten und Lebensweisen“ richten und forderte „die Universität und die Stadt Marburg auf, sich von den allen Angeboten und Seminaren zu distanzieren, die mit vermeintlich wissenschaftlichem Duktus homophobe und gefährliche Umpolungsangebote machen“.

Die Kongress-Veranstalter untersagten unterdessen entgegen früheren Ankündigungen jegliche Teilnahme von Journalisten. Der Vorsitzende der Akademie, Grabe, betonte,. zur Transparenz seien die veröffentlichten Pressemitteilungen genügend.

Im Jahr 2008 hatte bereits das „Christival“ in Bremen wegen ähnlicher Veranstaltungen für heftige Proteste und Auseinandersetzungen gesorgt.

weitere Informationen:
HR 21.05.2009: Umstrittene „Homoheiler“ – Demo gegen Seelsorge-Kongress
newsticker 21.05.2009: Friedliche Demonstration gegen Psychotherapie-Kongress in Marburg
PR inside 21.05.2009: Studenten demonstrieren in Marburg gegen Psychotherapie-Kongress
thedistraughtqueen 21.05.2009: Hoffnungen auf Gewalt erfüllten sich nicht
queer.de 21.05.2009: 1.000 protestieren gegen Homo-Heiler
taz 22.05.2009: „Ist Homophobie heilbar?“
Oberhessische Presse 21.05.2009: 1000 Menschen demonstrieren in Marburg gegen Homophobie
nh24 21.05.2009: Friedliche Demonstration gegen Psychotherapiekongress
FR 22.05.2009: Protest gegen „Homo-Heiler“
thedistraughtqueen 22.05.2009: Enttäuschte Liebe?
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Homo-Demo in Moskau gewaltsam aufgelöst (akt.4)

Eine für heute geplante Demonstration russischer Homosexueller wurde gleich zu Beginn von der russischen Polizei gewaltsam aufgelöst. Zahlreiche Teilnehmer wurden verhaftet, darunter auch mindestens 3 Ausländer.

„Gleiche Rechte für alle“ – unter diesem Slogan wollten am Tag des Eurovision Song Contest etwa 30 (andere Medienberichte sprechen von 40) Homosexuelle in Moskau vor der Lomonossow-Universität friedlich demonstrieren für ihre Rechte. Die Polizei (auf Terrorbekämpfung spezialisierte Omon-Truppen) schritt sofort gewaltsam ein, verhaftete die Teilnehmer.

Deutsche Welle meldet

„Die russische Polizei hat gewaltsam eine Demonstration Homosexueller in der Hauptstadt aufgelöst. Die Kundgebung sollte nach Angaben der Veranstalter am Tag des in Moskau ausgetragenen europäischen „Song Contest“ auf die Diskriminierung von Schwulen und Lesben in Russland hinweisen. Augenzeugen berichteten, Polizisten der Spezialeinheit OMON hätten Demonstranten nahe der Lomonossow-Universität gejagt und in Gefängniswagen gesperrt.“

„Arrested. Shortest march I’ve ever been on“, twittert der ebenfalls inhaftierte britische Menschenrechts- und Schwulenaktivist Peter Tatchell. Er berichtet über die Kundgebung: „Well that didn’t take long. Within 5mn 20 activists arrested by riot police in front of world’s media, including organiser Nikolai Alekseev.“

Nach zwei Stunden wurde Tatchell nach eigenen Angaben (Twitter) wieder aus der Haft entlassen. Er zeigte sich tief besorgt über das Schicksal von Nikolai Alexejew, über dessen Verbleib auch drei Stunden nach dessen Verhaftung nichts zu hören gewesen sei.

Und das Schweizer Fernsehen ergänzt: „Augenzeugen berichteten, dass Polizisten der Spezialeinheit OMON die Demonstranten jagten und sie in Gefängniswagen sperrten. Auch der Vorsitzende des russischen Homosexuellen-Verbands, Nikolai Alexejew, wurde an Händen und Füßen in ein Polizei-Fahrzeug gezerrt.“

Nikolai Alexejew, Organisator der Kundgebung, forderte zum Protest des heutigen Eurovision Song Contest auf:

„I call upon all of the artists who are due to perform at tonight’s Eurovision to boycott tonight’s event and send a message that Russia’s state oppression of human rights is not acceptable.“

Journalist Jan Feddersen, der für den NDR vor Ort berichtet, beschriebt im NDR-ESC-Blog das Klima der Angst in Moskau:

„Angst! Das erste Mal seit 30 Jahren habe ich so etwas wie Angst vor rechtsradikalen, klerikalistischen oder nationalistischen Schlägern gehabt. Moskau am Vormittag des ESC-Finales.“

Verhaftet wurden bei der Aktion der russischen Polizei mindestens 20 russische und weissrussische Kundgebungs-Teilnehmer, sowie zudem der US-Aktivist Andy Thayer.

Aktuelle Berichte vom „Slavic Pride“ hatten auf Moscow Gay Pride and Eurovision Latest (von ukgaynews) erscheinen sollen [via Steven Milverton].

Am Abend des 16. Mai wurden immer noch 31 Aktivisten festgehalten. Vom Verbleib Alexejews ist weiterhin nichts bekannt. Andy Thayer hingegen war am späten Nachmittag freigelassen worden. Die Botschaft Weissrusslands bestätigte inzwischen, ihre inhaftierten Bürger nicht unterstützen zu wollen.

Am Sonntag Abend meldet die FR online:

„Nikolaj Alexejew, der gegen 14 Uhr als Letzter freigelassen wurde, steht ein Prozess wegen Organisation einer nicht genehmigten öffentlichen Aktion bevor.“

Freiheit à la russe. Russische und ausländische Homosexuelle werden verhaftet – und der Kongress? – tanzt.  Der Eurovision Song Contest ESC geht vermutlich heute Abend über die Bühne als wäre nichts gewesen…
Abzuwarten bliebt, ob die Ankündigungen einiger Künstler, im Fall der Verhinderung der Kundgebung mit Auftritts-Boykott zu reagieren, umgesetzt werden.

Das „Lied vom Eurovision Song Contest“ – nun ist es noch ekliger geworden …
Wie man heute Abend noch den ESC “feiern” kann als sei nichts geschehen, wie man darüber noch im deutschen Fernsehen berichten, in vielen Großstädten lustige Parties veranstalten kann, ist mir unverständlich.
Solidarität heißt für mich, spätestens an diesem Punkt zu sagen Schluss, das ist nicht hinnehmbar.
Ein ESC, der dennoch und als wäre nichts geschehen stattfindet und gefeiert wird, der macht sich gemein mit der desolaten Situation, mit diesem Bürgermeister, mit der Unterdrückung von Menschenrechten und Homorechten.

Der für die ARD zuständige NDR sollte sich hier seiner Verantwortung nicht nur für laue Unterhaltung, sondern auch seiner politischen Verantwortung bewusst werden …

Jetzt sind europäische Politiker und Diplomaten gefordert, unmissverständlich deutlich zu machen, dass solches Verhalten der russischen Behörden nicht hinnehmbar ist.

Und Schwule und Lesben sollten sich überlegen, ob nicht nur Eisdielen Orte des Protests sein können, sondern auch z.B. die russische Botschaft …

weitere Informationen:
Andy Thayer (der am 16.5. in Moskau verhaftet wurde) am 15.5.2009 auf indymedia: Threats Mount Against Gay Pride in Moscow
netpilot24.de 16.05.2009: Russische Polizei geht gewaltsam gegen Schwulen-Demo vor
NZZ 16.05.2009: Moskauer Polizei geht gegen Schwule vor
queer.de 16.05.2009: Moskau: Aktivisten verhaftet
gayswithoutborders 16.05.2009: 40 Arrested as Moscow Anti-Riot Police Use Violence to Break up Slavic Pride March – Pride Organisers Call on Performers to Boycott Eurovision
Tetu 16.05.2009: Gay Pride de Moscou: la police interpelle les militants
PinkNews 16.05.2009: 40 arrested at Slavic Pride in Moscow by ‚violent‘ anti-riot police
samstagisteingutertag 16.05.2009: Moskau schlägt zu: Schwule & Lesben verhaftet
SZ online 16.05.2009: Moskau: im Würgegriff abgeführt
Peter Tatchell auf guardian 16.05.2009: Moscow riot police violently break up gay pride rally
alivenkickin 16.05.2009: Quo Vadis … CSD in Deutschland
gaywest 16.05.2009: Mütterchen du machst mich krank
SpON 16.05.2009: Moskau vor dem Grand Prix: Polizei löst Schwulen-Demo gewaltsam auf
Handelsblatt 16.05.2009: Polizei in Moskau löst Schwulendemo auf
Zeit online 16.05.2009: Russland: Moskaus Polizei nimmt Schwule vor Song Contest fest
Clamix 16.05.2009: Moskau
Pinknews 16.05.2009: Tatchell released from custody
Box Turtle Bulletin 16.05.2009: Russian Riot Police Break Up Slavic Pride
lesenswerter Augenzeugenbericht auf dem Blog des Vorwärts 16.05.2009: Moskau – die verbotene Stadt am Tag des Slavic Prides
tetu 17.05.2009: Un reportage vidéo sur la Gay Pride réprimée à Moscou
Gays without borders 17.05.2009: Behind the Scenes Story Of 2009 Gay Pride in Moscow by Andy Thayer
Peter Tatchell im Guardian-Blog am 19.05.2009: Thank you Mayor Luzhkov
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Homophobie

In 80 Staaten der Welt wird Homosexualität als illegal betrachtet. In 5 Staaten droht Homosexuellen die Todesstrafe. Der ILGA-Report nennt Staaten und regierungsamtliche Homophobie.

Die ILGA International Lesbian and Gay Association hat im Mai 2009 eine aktualisierte Fassung ihres Berichts „State-Sponsored Homophobia – A world survey of laws prohibiting same sex activity between consenting adults“ vorgestellt.

ILGA: State-Sponsored Homophobia
ILGA: State-Sponsored Homophobia

Zum dritten Mal stellt ILGA den Bericht „State-Sponsored Homophobia“ vor.

In 80 Staaten der Welt wird Homosexualität als illegal betrachtet. In 5 Staaten droht Homosexuellen die Todesstrafe.

In Panama wurde Homosexualität im Jahr 2008 entkriminalisiert. In Burundi hingegen wurde 2009 erstmals die Strafbarkeit der Homosexualität eingeführt.

Allein schon die Existenz homophober Gesetze und Verordnungen schaffe ein Klima der Angst, verstärke eine Kultur, in der aus dieser Angst heraus sich ein bedeutender Teil der Gesellschaft vor der Mehrheit verbergen müsse, betonen die ILGA-Generalsekretäre Gloria Careaga und Renato Sabbadini im Vorwort des Berichts.

Der Bericht vom Mai 2009 nennt auf 64 Seiten für jeden Staat mit homophober Gesetzgebung die jeweiligen Bestimmungen.

weitere Informationen:
ILGA: State-Sponsored Homophobia – A world survey of laws prohibiting same sex activity between consenting adults. Verfügbar in Englisch (pdf), Französisch, Portugiesisch und Spanisch. Download-Seite
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Homophobie – internationale Konferenz in Paris, Jahresbericht von SOS Homophobie

Eine internationale Konferenz, ein Jahresbericht, ein Jubiläum – in Frankreich häufen sich derzeit Aktivitäten rund um das Thema Homophobie.

Rama Yade, für Menschenrechte zuständige Staatssekretärin im französischen Außenministerium und eine der schillernden Figuren der französischen Regierung, lässt am 15. Mai 2009 mit der Unterstützung Norwegens sowie der Niederlande in der Französischen Nationalversammlung kurz vor dem (von Louis-Georges Tin mit ‚erfundenen)  Welttag gegen Homophobie und Transphobie einen Kongress veranstalten. Einen Kongress, den das französische Schwulenmagazin Tetu als „für die happy few“ bezeichnet und kritisiert, der Kongress sei abgehoben und für die französische interessierte Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Rama Yade, für Menschenrechte zuständige Staatssekretärin im französischen Außenministerium
Rama Yade, für Menschenrechte zuständige Staatssekretärin im französischen Außenministerium

Die hochkarätig besetzte Konferenz mit 200 Teilnehmern aus 50 Staaten solle, so die Staatssekretärin, Gelegenheit bieten Bilanz zu ziehen und Wege der Zusammenarbeit zwischen den Staaten und Zivilgesellschaften zu diskutieren, wie Homo- und Transphobie bekämpft und auch Schwulen, Lesben und transidentischen Menschen die Einhaltung der Menschenrechte garantiert werden können.

Insbesondere solle die Konferenz dazu beitragen eine Strategie zu erstellen, wie die Dynamik um das Thema der Internationale Erklärung der Menschenrechte und sexueller Identität nach der am 18. Dezember von Frankreich bei der UN eingebrachten und inzwischen von 67 Staaten unterzeichneten Initiative erhöht werden könne.

Am Vortag der internationalen Konferenz hat die französische Organisation SOS Homophobie ihren Jahresbericht 2009 über Homophobie in Frankreich vorgestellt.

SOS Homophobie - Jahresbericht 2009
SOS Homophobie - Jahresbericht 2009

Homophobie im Arbeitsleben ist der wichtigste Grund für Beschwerden und Hilferufe bei SOS Homophobie. Homophobie in der Familie sowie der Nachbarschaft sei weiterhin stark verbreitet, Homophobie im Internet nehme deutlich zu.
Physische Angriffe homophober Natur (insgesamt 61 nach 71 im Jahr 2007) seien im Jahr 2008 zu 26% in der Nachbarschaft erfolgt, zu 25% an öffentlichen Orten und zu 15% in der Familie. Auf allen Ebenen der Gesellschaft seien Lesben und Schwule in Frankreich mit Homophobie konfrontiert, betonte SOS Homophobie.

Der seit 2005 erscheinende Jahresbericht weist in seiner aktuellen Ausgabe zudem darauf hin, dass die französische Regierung im Laufe des Jahres 2008 eine Reihe von Entscheidungen getroffen habe, in denen Homosexuelle stigmatisiert würden, von der experimentellen Einführung einer Software bei der Polizei, mit der u.a. das ‚Merkmal Homosexualität‘ gespeichert werden könne, bis zum weiter bestehenden Blutspende-Verbot für Homosexuelle.

Während sowohl die europäischen Nachbarstaaten als auch die USA bei der Gleichberechtigung von hetero- und Homosexuellen Fortschritte erreichten, sei die französische Regierung trotz einiger zu verzeichnender Verbesserungen inzwischen ‚Klassenletzter‘.

Der Jahresbericht von SOS Homophobie ist in Frankreich in Ermangelung anderer Statistiken die einzige verfügbare Quelle zu Art und Ausmaß der Homophobie.

Marion Lemoine, Mit-Autorin des Reports von SOS Homophobie, betonte in einem Interview mit LeMonde, im Vergleich zu den Vorjahren sei nur sehr wenig Veränderung festzustellen. Insbesondere das Internet erweise sich zunehmend als der Ort, wo Homophobie breit präsent sei: „“Les propos homophobes sur le Net ont été multipliés par trois“.
SOS Homophobie selbst wolle sich in den kommenden Jahren vor allem auf das Thema Homophobie in der Arbeitswelt konzentrieren. Insbesondere wolle man die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften sowie Großunternehmen ausbauen.

SOS Homophobie begeht zeitgleich sein 15jähriges Bestehen. Die Organisation wurde 1994 gegründet. Die inzwischen über 120 ehrenamtlichen Mitarbeiter bearbeiten unter anderem jährlich 1.200 bis 1.300 Anrufe. Unter anderem gibt SOS Homophobie auch einen Cruising-Ratgeber gegen Homophobie heraus.
Für die Zukunft ist unter anderem der Aufbau einer juristischen und psychologischen Beratung für Opfer homophober Gewalt geplant. Zudem solle dem Thema Gewalt gegen Lesben (Frauen haben derzeit an der Arbeit nur einen Anteil von 20% an den Anrufen) mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

weitere Informationen:
Le Monde 14.05.2009: „Les propos homophobes sur le Net ont été multipliés par trois“
SOS Homophobie: „Mariage gay: La France a la traine – Rapport Annuel 2009“
Tetu 14.05.2009: Paris: un congrès contre l’homophobie pour les happy few
Tetu 14.05.2009: Rapport sur l’homophobie : aucun reflux général à l’horizon
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