Hepatitis C: 2009 15% weniger Neu-Diagnosen

Im Jahr 2009 wurde in Deutschland bei 5.277 Menschen neu Hepatitis C diagnostiziert – ein Rückgang um 15% im Vergleich zum Vorjahr.

Das Robert-Koch-Institut berichtet in der aktuellen Ausgabe des „Epidemiologischen Bulletin“ (Nr. 03 / 2010) über meldepflichtige Infektionskrankheiten, darunter auch Hepatitis-C-Infektionen. Den Daten zufolge wurden im Jahr 2009 5.277 neue Hepatitis-C-Diagnosen gestellt gegenüber 6.223 im Jahr 2008.

Die meisten Hepatitis-C-Fälle wurden in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen diagnostiziert. In den meisten Bundesländern sank die Zahl der Hepatitis-C-Neudiagnosen 2009 im Vergleich zum Vorjahr, nur in Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie deutlich in Hamburg stiegen die Zahlen an.

Die Zahlen nach Bundesländern für 2009, in Klammern 2008 (laut RKI):

Baden-Württemberg 821 (1.037)
Bayern 1.122 (1.255)
Berlin 624 (762)
Brandenburg 77 (80)
Bremen 34 (47)
Hamburg 147 (98)
Hessen 327 (345)
Mecklenburg-Vorpommern 64 (62)
Niedersachsen 268 (346)
Nordrhein-Westfalen 698 (968)
Rheinland-Pfalz 281 (321)
Saarland 76 (76)
Sachsen 261 (320)
Sachsen-Anhalt 179 (169)
Schleswig-Holstein 154 (215)
Thüringen 144 (122)
Deutschland gesamt 5.277 (6.223)

weitere Informationen:
Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten 53. Woche 2009 (Datenstand: 20.1.2010). in: Epidemiologisches Bulletin 03/2010
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Homo-Ehe: Proposition 8 Prozess ab 11.1. 2010 (akt.6)

Ab Montag, 11. Januar 2010 wird die Verfassungs-Klage gegen das Verbot der Homo-Ehe durch die Proposition 8 verhandelt – erstmals wird die Verhandlung auch im Internet per Video verfolgt werden können.

Anfang November 2008 stimmten die Bürger Kaliforniens in Form der Proposition 8 zu 52% gegen die Homo-Ehe. Mit ‘Proposition 8′ wurde ein Vorschlag bezeichnet, mit dem das Verbot der Homo-Ehe in die Verfassung des Staates Kalifornien aufgenommen werden sollte.

Eine Klage vor dem Obersten Gerichtshof Kaliforniens führte zu dem Urteil, dass die  Homo-Ehe in Kalifornien vom Wähler verboten werden darf.  Die Klagen gegen die Proposition 8 wurden abgewiesen. Zugleich urteilten die Richter, dass die 18.000 Homoehen, die bis zur Abstimmung geschlossen wurden, Bestand haben. Proposition 8 habe keine rückwirkende Gültigkeit.

Direkt nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs von Kalifornien kündigten Anwälte an, nun vor dem höchsten Verfassungsgericht der USA gegen Proposition 8 zu klagen.

Ab kommenden Montag, 11. Januar 2010 8:30 Ortszeit (17:30 MEZ) wird nun zunächst vor dem Berufungsgericht in Los Angeles (9th Circuit Court of Appeals) über die Verfassungsmäßigkeit der Proposition 8 verhandelt. In der Verhandlung soll geklärt werden, ob die US-Verfassung ein Verbot der Homo-Ehe zulässt.

Die Klage unter dem Titel ‚Perry v. Schwarzenegger‘ (benannt nach Kristin Perry, die mit ihrer Partnerin Sandra Stier seit 2004 verheiratet ist) wird gemeinsam von zwei bedeutenden Anwälten und ihren Kanzleien vertreten, U.S. Solicitor General [Rechtsverteidiger der Regierung] Theodore Olson und Anwalt David Boies. Der 69jährige Olson ist ein prominenter konservativer Anwalt und Partner einer Washingtoner Kanzlei. Er war u.a. im Verfahren um den Wahlausgang in Florida 2000 für US-Präsident George W. Bush tätig. Olson begründete sein Engagement für die Homo-Ehe inzwischen in einem bemerkenswerten Newsweek-Artikel „Warum die gleichgeschlechtliche Ehe ein amerikanischer Wert ist“.
Boies war im gleichen Verfahren Vertreter Al Gores und u.a. Chefankläger im Verfahren der US-Regierung gegen den Software-Konzern Microsoft. Weiterer Kläger ist die Stadt San Francisco.
Organisiert und finanziert wird die Klage von einer Gruppe liberaler Hollywood-Aktiver um den Regisseur (‚Stand by me‘) und Schauspieler (‚Bullets over Broadway‘) Rob Reiner , Dustin Lance Back (Oscar für Drehbuch ‚Milk‘)  und Bruce Cohen (Produzent ‚Milk‘), über die von Chad Griffin gegründete American Foundation for Equal Rights AFER.

Als Verteidiger treten u.a. die Befürworter und Initiatoren der ‚Proposition 8‘ auf (darunter der Alliance Defense Fund), vor Gericht vertreten durch den Anwalt Charles Cooper. Er arbeitete zur Zeit von US-Präsident Ronald Reagan für das Justizministerium und wurde später Olsons Nachfolger als Staatsanwalt.
Einer der fünf Verteidiger, Hak-Shing William Tam, zog sich inzwischen vom Verfahren zurück. Seine Begründung, er fürchte um die Sicherheit seiner Familie und Angehörigen, halten Kritiker für unglaubwürdig und sehen seinen eigentlichen Beweggrund darin, Äußerungen über seine persönlichen Ansichten nicht an die Öffentlichkeit bringen zu wollen.

Eigentlicher Verteidiger ist der Staat. Gouverneur Arnold Schwarzenegger wie auch Generalstaatsanwalt Jerry Brown allerdings weigerten sich, das vom Wähler ausgesprochene Verbot der Homo-Ehe zu verteidigen. Brown hatte erklärt, er teile die Position von Olson/Boies, dass Proposition 8 die US-Verfassung verletze.

Zum Richter in dem Verfahren wurde per Losverfahren bestimmt U.S. District Court Chief Judge Vaughn Walker. Walker ist Republikaner und wurde 1989 durch US-Präsident George H.W. Bush (Vater) benannt. Er gilt allerdings als unabhängiger Kopf.

Der Richter entschied bereits vorab, die Verhandlung, deren gesamt-Dauer auf ca. 2 Wochen geschätzt wird, auf Video aufnehmen und auch über das Internet verbreiten zu lassen. Ein Live-Audio- und Video-Feed sollte in öffentlichen Gerichtsgebäuden in Kalifornien, Oregon, Washington und New York für public viewings zur Verfügung stehen.

Der Fall habe ein sehr breites Interesse gefunden und sei von dermaßen weitreichender Bedeutung, dass eine große Öffentlichkeit gewährleistet werden solle. Der Richter erklärte zudem, dass die Verhandlung auch abends jeweils auf YouTube zu verfolgen sein solle. Zudem kündigte das US-Schwulenmagazin The Advocate an, live via Twitter über die Verhandlung zu berichten (Twitter Advocate).
Bisher laufen allerdings noch Bemühungen der Verteidiger der Proposition 8, die Video-Aufzeichnung und Ausstrahlung der Verhandlung untersagen zu lassen.

Aktualisierung 11.01.2010 18:00 Uhr: der Supreme Court hat bis auf weiteres die Ausstrahlung der Videos vorläufig blockiert. Die Richter benötigten mehr Bedenkzeit für die Entscheidung über eine öffentliche Ausstrahlung. Die Ausstrahlung ist zumindest bis Mittwoch verhindert.
Aktualisierung 14.01.2010: das Gericht untersagte am 13. Januar mit 5 zu 4 Stimmen die Aufzeichnung des Verfahrens mithilfe von Video-Kameras sowie dessen Ausstrahlung in andere Gerichtssäle.
Aktualisierung 15.01.2010: der Richter konkretisierte am 14.01., dass die Verhandlungen auf Video aufgezeichnet werden, die Bänder jedoch nicht ausgestrahlt werden. Die Verteidigung zeigte sich damit zufrieden.

Der Entscheidung des Gerichts kommt grundsätzliche Bedeutung zu – sie wird bereits vorab als Meilenstein bezeichnet. Die Wähler in den USA haben 2009 in verschiedenen Bundesstaaten für ein verfassungsmäßiges Verbot der Homo-Ehe und weitere homosexuellenfeindliche Maßnahmen gestimmt. Schon aus diesem Grund wird erwartet, dass das Verfahren nach dem Urteil des Berufungsgerichts, egal wie es lauten wird, weiter bis zum U.S. Supreme Court getragen wird.

Und hierin liegt die grundsätzliche Bedeutung und das Risiko:
Eine Niederlage im Gerichtsstreit würde eine schwerwiegende langfristige Niederlage in den Bemühungen um eine Gleichstellung der Homo-Ehe bedeuten. Das Land sei in dieser Frage zu sehr gespalten, bemerken Skeptiker, und verweisen auf jüngste Homoehe-feindliche Abstimmungen u.a. in Maine, New York (state) und New Jersey. Genau die Befürchtungen um die Folgen einer möglichen Niederlage  ließ bereits im Vorfeld einige Schwulen- und Lesbengruppen vor dem Vorgehen der Anwälte warnen.
Andererseits – sollte die Verfassungsklage Erfolg haben, und der Supreme Court die Homo-Ehe als verfassungsgemäß erlauben, dürfte dies weit über Kalifornien hinaus reichen, US-weit gelten. Zudem dürften, wenn das Gericht hinsichtlich der Ehe Homo- und Heterosexuelle gleich behandelt, sämtliche anderen Diskriminierungen schwerlich begründbar sein.

Parallel zur Verfassungsklage laufen Bemühungen dreier Homo-Ehe-freundlicher Gruppen (Restore Equality 2010, Courage Campaign, Equality California), Proposition 8 in Kalifornien 2010 oder 2012 erneut dem Wähler zur Abstimmung vorzulegen.

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aktuell:
zunächst bis Mittwoch 13.01.2010 keine Video-Berichterstattung, siehe Artikel oben!
Video-Kanal des United States District Court for the Northern District of California auf YouTube (Link)
Live-Berichterstattung über die Verhandlung auf Advocate und towleroad
aktuelle Informationen zur Verhandlung u.a. auf http://prop8trialtracker.com/

weitere Informationen:
offizielle Internetseite des Verfahrens auf ecf.cand.uscourts.gov/cand/09cv2292/: Perry et al v. Schwarzenegger et al – Challenge to ‚Proposition 8′“
LA Times 07.10.2010: Gay marriage trial to begin in California, could set legal precedent for generations to come
LA Times 07.10.2010: Federal judge wants Prop. 8 trial shown to the public
MercuryNews 06.01.2010: Judge approves delayed YouTube video of trial in Prop. 8 challenge
LA Times 18.06.2009: Schwarzenegger decides against defending Prop. 8 in federal court
SDGLN 28.12.2009: Federal Prop 8 trial starts Jan. 11
BoxTurtleBulletin 09.01.2010: The likely real reason for Hak-Shing William Tam pulling out of Perry v. Schwarzenegger
advocate 10.01.2010: Will Supremes Block Cameras at Prop. 8 Trial?
Why Prop 8 Is Unconstitutional: The Olson-Boies Brief online hier
The NewYorker: Margaret Talbot: A Risky Proposal – Is it too soon to petition the Supreme Court on gay marriage?
365gay 10.01.2010: Supreme Court asked to bar taping of gay marriage trial
Newsweek 09.01.2010: The Conservative Case for Gay Marriage – Why same-sex marriage is an American value
Pinknews 11.01.2010: Temporary block on broadcasting Prop 8 trial
LGBT News: Text of Ted Olson opening statement in Prop. 8 trial
Advocate 13.01.2010: High Court: No Cameras in Prop. 8 Case
BoxTurtleBulletin 14.01.2010: Perry v. Schwarzenegger to continue to be taped
samstagisteingutertag 07.02.2010: Schwuler Richter entscheidet über Zukunft der gleichgeschlechtlichen Ehe in Kalifornien
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Syphilis: seit 5 Jahren stabil

3.172 Fälle von Syphilis wurden 2008 dem Robert-Koch-Institut gemeldet. Damit haben sich die Meldezahlen seit 2004 stabilisiert, so das RKI.

Durchschnittlich 3,9 Fälle von Syphilis pro 100.000 Einwohner wurden im Bundesgebiet 2008 festgestellt. Berlin gehört (mit Brandenburg, Bremen und Hamburg) zu den Bundesländern mit 2008 gestiegener Syphilis-Inzidenz (Berlin: 19,1 Fälle von Syphilis pro 100.000 Einwohner).

In Berlin stieg die Zahl der Syphilis-Fälle 2008 im Vergleich zu 2007 um 44% (Hamburg 33%; Inzidenz 11,1). Köln gehört mit einer Inzidenz von 17,9 Fällen pro 100.000 Einwohner ebenfalls zu den Städten mit hoher Syphilis-Inzidenz.

Zur Gruppe der MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) bemerkt das RKI

„In der Gruppe der MSM hat sich offenbar seit dem Jahr  2004 ein neues Endemieniveau etabliert, welches sich von einem sehr niedrigen Stand der Syphilis-Zirkulation Ende der 1990er Jahre aus entwickelt hat. Dieses neue Endemieniveau konnte sich vermutlich etablieren durch die (Re-) Konstitution einer Kerngruppe von Männern, innerhalb derer die Syphilis sehr intensiv zirkuliert.“

Das RKI merkt an, dass in Großstädten (Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München) inzwischen 50% der Fälle von Ärzten als Re-Infektion (erneute Syphilis-Infektion nach bereits mindestens einmal durchgemachter Syphilis-Infektion) bezeichnet werden.Das RKI sieht eine Ursache dieser hohen Syphilis-Zirkulation in „sexuellen Netzwerken mit rasch wechselnden Partnern, in denen bei HIV-Serostatuskonkordanz häufig auf die Verwendung von Kondomen verzichtet wird“.

Kritiker weisen darauf hin, dass es sich bei dem hohen Prozentsatz an Re-Infektionen um eine ärztliche Einschätzung handelt – und dass sich hierin auch reaktivierte Fälle von Syphilis, z.B. nach nicht ausreichender Behandlung, verbergen könnten.

Die Zahl der Syphilis-Fälle wieder nennenswert zu senken sie nicht einfach. Das RKI betont, hierzu müsste insbesondere der Zeitraum zwischen Infektion und Feststellen der Syphilis (bzw. Behandlung) verkürzt werden, vor allem in der Gruppe der Menschen mit hohen Partnerzahlen.

Bei Menschen mit HIV sollte die Untersuchung auf Syphilis in die regelmäßigen Labor-Untersuchungen einbezogen werden. In den von Syphilis besonders betroffenen Gruppen sei vermehrte Aufklärung über typische Erkrankungssymptome erforderlich.

weitere Informationen:
Syphilis in Deutschland im Jahr 2008. in: Epidemiologisches Bulletin Nr. 49/2009
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Homo-Mahnmal künftig nachts mit Beleuchtung

Das Mahnmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wird künftig nachts beleuchtet.

Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wird zukünftig zum Schutz vor Anschlägen beleuchtet.

Das kündigte Uwe Neumärker, der Direktor der Stiftung Holocaust-Mahnmal, einem Bericht des RBB zufolge an. Die Stiftung ist auch für die Betreuung des Homo-Mahnmals einschließlich nächtlicher Wachgänge zuständig.

Seit der Einweihung des Denkmals am 27. Mai 2008 sind inzwischen drei Anschläge verübt worden. Jedesmal wurde die Sichtscheibe beschädigt, durch die der Film mit der Kuß-Szene betrachtet werden kann.

Zur Beschädigung der Sichtscheibe sei Werkzeug erforderlich, erläuterte Neumärker. Dies müsse mitgebracht werden; durch die nächtliche Beleuchtung wolle man dies erschweren.

weitere Informationen:
sz online 29.11.2009: Mehr Licht und neue Küsse für Homosexuellen-Mahnmal
antiteilchen 29.11.2009: Endlich Licht am Denkmal
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Der Tod zieht ein in Ugandas Präventions- ABC (akt.2)

Uganda war einst einer der Vorzeige-Staaten erfolgreicher Aids-Prävention. Inzwischen jedoch steht Uganda für Tod – für die Todesstrafe, die dort bald Homosexuellen sowie HIV-Positiven droht.

Ende der 1980er Jahre – die HIV-Epidemie zeigt drastische Auswirkungen auch in Afrika. Manche afrikanische Staaten beginnen, ihre eigenen Wege im Kampf gegen Aids zu suchen, während andere weiter in Ignoranz verharren. Als einer der erfolgreichsten Staaten Afrikas, ja weltweit, im Kampf gegen Aids, als Symbol für erfolgreiche HIV-Prävention gilt bald Uganda:

Bereits 1986 startete Uganda seine erste Aids-Präventions-Kampagne. Menschen mit HIV und ihre Angehörige wurden über Nicht-Regierungs-Organisationen wie TASO (The AIDS Support Organisation) erfolgreich in Präventions-Bemühungen eingebunden, Prävention die auch den Kampf gegen Diskriminierung und Stigmatisierung umfasste.

Nun jedoch gelangt Uganda zu trauriger Aufmerksamkeit: Homosexuellen sowie Menschen mit HIV droht dort demnächst die Todesstrafe, wenn ein von Parlamentsminister David Bahati eingebrachter Gesetzentwurf, der derzeit diskutiert wird, in Kraft treten sollte.

„Die Todesstrafe ist nicht nur für ‚Wiederholungstäter‘ vorgesehen, sondern auch in Fällen, in denen einer der Partner jünger als 18 ist, eine Behinderung hat oder HIV-positiv ist. Jeder, gegen den der Verdacht der ‚verschärften Homosexualität‘ geäußert wird, muss sich einem AIDS-Test unterziehen“ berichtet afrika.info.

Jegliches Engagement von und für Homosexuelle, jedwede Aids-Prävention, jede Hilfe für Menschen mit HIV werde so nicht nur beinahe unmöglich, sondern „faktisch verboten“, betont Amnesty.

Der Wandel in Ugandas Haltung und Politik zeichnet sich seit längerem ab. Bereits für 2008 berichtet der Länderreport Uganda von Amnesty International

„Im Oktober bezeichnete ein Minister der Regierung schwule und lesbische Lebensweisen als Krankheit und erklärte, Uganda sei bestrebt, die Gesetze, die Homosexualität kriminalisieren, noch weiter auszudehnen.“

Die Regierungen zahlreicher Staaten, darunter Frankreich, Großbritannien, Kanada und die USA, kritisierten und protestierten gegen das geplante Gesetz und bezeichneten es als inakzeptabel.

Die International Gay and Lesbian Human Rights Commission fordert (bereits seit Mitte Oktober 2009) zu Protesten an die Regierung Ugandas auf, ebenso die Hirschfeld-Eddy-Stiftung mit einem Aufruf zum Protest.

Nachtrag
29.11.2009: rawstory berichtet, das David Bahati, der hauptsächliche Betreiber des Gesetzentwurfs, führender Vertreter der Organisation ‚The Family‘ (auch: ‚The Fellowship‘) in Uganda sei. Diese Organisation, die „Elite-Organisation des christlichen Fundamentalismus'“, solle bereits 1986 den jetzigen Regierungschef Museveni als Schlüsselperson betrachtet und auf ihn eingewirkt haben, um ihn auf die Linie der us-amerikanischen Rechten zu bringen. In diesen Zusammenhang gehöre auch das Anti-Homosexualitäts-Gesetz, das nun auch HIV-Positive mit der Todesstrafe bedrohe.

Aktualisierung:
10.12.2009: Wie Bloomberg berichtet, enthält der überarbeitete Gesetzentwurf nun weder Todesstrafe noch lebenslange Haft. Die Angaben beruhen auf einem Telefoninterview mit dem ugandischen Minister für Ethik. Es bleibt jedoch bei der Ablehnung von Homosexualität als ‚un-ugandisch‘.

„Uganda erweitert sein Präventions-ABC“, bringt es das Blog Trevorade auf den Punkt. Das frühere ABC (Abstinence, Be faithful, Condoms) werde nun um ein D ergänzt – ein D wie Death, Tod.

Und er analysiert „Dies ist die logische Konsequenz, wenn amerikanische fundamentalistische Christen an der öffentlichen Kultur einer sich entwickelnden Nation.“

weitere Informationen:
sexual minorities uganda www.sexualminoritiesuganda.org/
Amnesty Report Uganda 2009
queeramnesty.ch 16.10.2009: Gesetzesentwurf droht Schwulen mit der Todesstrafe
Times 28.11.2009: Uganda proposes death penalty for HIV positive gays
trevorhoppe 28.11.2009: Uganda updates the acronym
therawstory 28.11.2009: Author: ‘The Family’ behind proposed Ugandan law that would execute HIV+ men
npr 24.11.2009: The Secret Political Reach Of ‚The Family‘
box turtle bulletin 03.12.2009: Uganda Responds To International Furor Over “Kill Gays” Bill
IRIN 03.12.2009: UGANDA: International pressure mounts against „harmful“ HIV bill
SpON 09.12.2009: Homophobie in Afrika – Uganda erwägt Todesstrafe für Schwule
Bloomberg 09.12.2009: Uganda to Drop Death Penalty, Life in Jail for Gays
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Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen: Wettbewerb für neuen Film angelaufen

Am 27. Mai 2008 wurde in Berlin das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen der Öffentlichkeit übergeben. Die von Michael Elmgreen und Ingar Dragset entworfene Betonstele eröffnet über ein Sichtfenster den Blick auf einen Film mit einer gleichgeschlechtlichen Kussszene.

Zur Konzeption des Denkmals gehört, dass der Film im Zweijahres-Rhythmus gewechselt wird. Der Startfilm von 2008 zeigt zwei Männer. Für den neuen Film, der ab Mai 2010 gezeigt werden soll, wurde nun ein öffentlicher Ideenwettbewerb gestartet.

Interessierte Videokünstlerinnen und -künstler sind zur Teilnahme an dem Wettbewerb aufgerufen. Die Ausschreibung und weitere Informationen zum Wettbewerb finden sich unter:
http://www.stiftung-denkmal.de/var/files/pdf-dateien/film_dt.doc.pdf

Der Wettbewerb wird von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas durchgeführt, die vom Deutschen Bundestag auch mit der Betreuung des Homosexuellen-Denkmals betraut wurde.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt den Wettbewerb und hofft auf eine breite Beteiligung.

Das Denkmal soll laut Beschluss des Bundestages von 2003 die verfolgten und ermordeten Opfer ehren, die Erinnerung an das Unrecht wachhalten sowie ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben setzen.

(Pressemitteilung des LSVD)

Durchbruch bei der Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten.

Durchbruch bei der Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten.
Bundesverfassungsgericht trifft Grundsatzentscheidung zu Ehe, Familie und Lebenspartnerschaft

Das Bundesverfassungsgericht hat heute seinen Beschluss vom 07.07.2009 – 1 BvR 1164/07 – veröffentlicht. Danach muss die „Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder“ (VBL) hinterbliebenen Lebenspartnern dieselbe Hinterbliebenenrente gewähren wie hinterbliebenen Ehegatten. Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des „Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland“ (LSVD):

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist ein Durchbruch in der  Diskussion um die rechtliche Stellung von Eingetragenen  Lebenspartnerschaften. Zur Begründung der Ungleichbehandlung von  Lebenspartnerschaften, so das Gericht, sei der Verweis auf den  verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nicht ausreichend. Der  besondere Schutz durch Artikel 6 Abs. 1 GG rechtfertige keine  Diskriminierung. Da es um die Ungleichbehandlung von Personengruppe gehe, sei eine Ungleichbehandlung nur in engen Grenzen möglich.

Die Gleichbehandlung sei aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Aus dem Auftrag und der Befugnis, die Ehe zu fördern, gehe kein Recht zur Benachteiligung einher, da die Pflichten gleich und die Partnerschaftsformen vergleichbar seien. Auch die Begründung, die Ehe sei typischerweise zur Kindererziehung gegründet, weist das Gericht zurück, da nicht jede Ehe auf Kinder angelegt ist. Gleichzeitig betont das Verfassungsgericht, dass auch in zahlreichen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften Kinder aufwachsen.

Die Erwägungen des Gerichtes gelten in gleicher Weise für alle anderen Benachteiligungen von Lebenspartnern. Da Lebenspartner in gleicher Weise füreinander einstehen müssen wie Ehegatten, müssen sie auch bei allen Rechten gleich behandelt werden.

Der LSVD hat deshalb umgehend die Verhandlungskommission von CDU und FDP gebeten, im Koalitionsvertrag zu vereinbaren, dass die Koalition das gesamte Bundesrecht auf der Grundlage des neuen Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts überprüfen und gleichheitswidrige Benachteiligungen von Lebenspartnern abbauen wird.

Der neue Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gilt natürlich auch für das Recht der Bundesländer sowie die Satzungen der berufsständischen Versorgungswerke der freien Berufe. Jetzt ist endlich Schluss mit der Diskriminierung der lesbischen Bürgerinnen und schwulen Bürger Deutschlands!

(Pressemitteilung des LSVD)

Das Urteil (Internetseiten des BVerfG)

Nachtrag 22.11.2009: Verwiesen sei zu diesem Urteil auf die sehr lesenswerte Analyse von Steven Milverton: „In guter Verfassung

400 demonstrieren gegen Homophobie in Israel

Etwa 400 Menschen demonstrieren zur Zeit in Berlin gegen den Anschlag auf Schwule und Lesben in Tel Aviv.

Nach einer Kundgebung auf dem Breitscheidtplatz setzt sich z.Zt. der Demonstrationszug in Richtung Nollendorfplatz in Bewegung.

Mehr Infos und Fotos später morgen früh auf ondamaris: Berlin: Gegen Homophobie – Solidarität mit den Opfern des Anschlags in Tel Aviv
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Harvey Milk: Höchste US-Auszeichnung

Der 1978 ermordete erste offen schwule US-Politiker Harvey Milk wird von US-Präsident Obama posthum mit der Freiheits-Medaille ausgezeichnet. Die Freiheits-Medaille ist die höchste Ehrung der USA für Zivilpersonen.

27. November 1978. In San Francisco wird Harvey Milk von seinem ehemaligen Kollegen Dan White erschossen. Elf Monate lang war Harvey Milk zuvor der erste offen schwule Stadtrat in San Francisco. Und vermutlich war er der erste offen schwul lebende Politiker überhaupt in den USA.

Nach seinem gewaltsamen Tod wurde Milk zu einer schwulen Ikone, zu einem Symbol eines neu erwachten schwulenpolitischen Bewusstseins im San Francisco der 1970er Jahre.

Das Leben des ‚Bürgermeisters der Castro Street‚ wurde in Büchern und Dokumentarfilmen nachgezeichnet; Gus van Sant drehte darüber einen mit 2 Oscars prämierten Film.

US-Präsident Obama kündigte am 29. Juli an, dass Milk für seine Verdienste posthum die Freiheits-Medaille verliehen werde. Stellvertretend für Harvey Milk wird die Medaille in einer Zeremonie am 12. August 2009 von seinem Neffen Stuart Milk in Empfang genommen werden.

Das Weiße Haus teilte zur Verleihugn an die insgesamt 16 Empfänger mit

“This year’s awardees were chosen for their work as agents of change.  Among their many accomplishments in fields ranging from sports and art to science and medicine to politics and public policy, these men and women have changed the world for the better.  They have blazed trails and broken down barriers.  They have discovered new theories, launched new initiatives, and opened minds to new possibilities.“

Die Presidential Medal of Freedom wurde 1945 von Harry S. Truman eingeführt als Ehrung für herausragende Dienste während des 2. Weltkriegs. John F. Kennedy wandelte sie 1963 in eine Ehrung für zivile Dienste in Friedenszeiten um.

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weitere Informationen:
US-Senat: Liste der bisherigen Empfänger der Freiheits-Medaille
Advocate 30.07.2009: Milk to Receive Pres. Medal of Freedom
365gay 30.07.2009: Harvey Milk, Billie Jean King given Presidential Medal of Freedom
pinknews 31.07.2009: Harvey Milk to be honoured with Medal of Freedom
Herbert Rusche 01.08.2009: Harvey Milk bekommt Freiheitsorden

Pinknews 25.08.2009: Harvey Milk to be inducted into California Hall of Fame
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Rosa Listen in Leder ?

Zum Wochenende gibt’s zwei Lesetipps, beide über frische Irrungen und Wirrungen aus der Welt der „Lederszene“:

‚Samstag ist ein guter Tag …‘ berichtet über
– ein Ledertreffen mit Ausweis-Pflicht (ja, sowas gibt’s – in Hamburg, im Jahr 2009), und
– eine keusche Wahl zum ‚International Mr. Leather“, auf der jegliche Propagierung von Bareback verboten ist (ja, das gibt’s noch, auch 2009, Jahre nach den Bareback-Debatten hierzulande, ein Jahr nach EKAF, in Chicago).

siehe auch
LifeLube 17.07.2009: IML makes history
LifeLube 17.07.2009: IML says no to bareback merch
thesword.com 16.07.2009: IML Founder Chuck Renslow Responds
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Gedenken abgebrochen – Rudolf Brazda gestürzt

Eine Gedenkfeier am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wurde heute vorzeitig abgebrochen. Rudolf Brazda, einer der vermutlich letzten überlebenden homosexuellen KZ-Häftlinge, stürzte am Rednerpult und erlitt Kopfverletzungen. Brazda wurde ärztlich versorgt.

Rudolf Brazda
Rudolf Brazda am Denkmal im Sommer 2008

Herr Pofalla bei der LSU

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla besucht die LSU. Viele warme Worte – und nichts in der -homopolitischen- Substanz.

Ronald Pofalla, Generalsekretär der CDU, war der erfreut begrüßte ‚Stargast‘ des ‚Jahresempfangs und Sommerfestes‘ der LSU Lesben und Schwule in der Union am 18. Juni 2009 in der Sächsischen Vertretung in Berlin.

Jahresempfang 2009 der LSU / Begrüßung durch den LSU Bundesvorsitzenden Reinhard Thole
Jahresempfang 2009 der LSU / Begrüßung durch den LSU Bundesvorsitzenden Reinhard Thole

Pofalla überbrachte den etwa 200 Gästen Grüße von Bundeskanzlerin Merkel, verbunden mit dem „Dank für das Engagement“. Merkel sei „froh, dass Sie zur Familie gehören“. Die Union brauche die LSU; mit seinem Besuch wolle er auch deutlich machen, dass die LSU selbstverständlich auf allen Ebenen der Partei sichtbar und engagiert sein solle.

Jahresempfang 2009 der LSU / CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla
Jahresempfang 2009 der LSU / CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla

Nach diesen kurzen Worten zur LSU berichtet Pofalla umfangreich zu den Beratungen über das kommende Wahlprogramm der CDU. Homopolitische Themen oder gar Vorhaben kamen nicht mehr zur Sprache, ebenso nichts zu Aidspolitik.

Noch 2007 hatte Pofalla deutlich gemacht

„Eine Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau als Kern der Familie lehnen wir aber ebenso ab wie ein Adoptionsrecht für Homosexuelle.“

Änderungen in dieser Haltung ließ Pofalla beim Jahresempfang der LSU nicht erkennen.

Jahresempfang 2009 der LSU / CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla & LSUBundesvorsitzender Reinhard Thole
Jahresempfang 2009 der LSU / CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla & LSU-Bundesvorsitzender Reinhard Thole

Reinhard Thole, LSU-Bundesvorsitzender, zeigte sich stolz auf bisher erreichte Erfolge – die CDU, sie bewege sich doch. Er verwies auf das Erbschaftssteuer-Gesetz oder das AGG. Thole forderte in seiner Rede die rechtliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe.

Jahresempfang 2009 der LSU / LSUBundesvorsitzender Reinhard Thole
Jahresempfang 2009 der LSU / LSU-Bundesvorsitzender Reinhard Thole

Zum Thema HIV/Aids forderte Thole eine „verstärkte Aids-Prävention“ sowie „wirksame Hilfen für Betroffene“. Er betonte, Männer die Sex mit Männern haben seien immer noch die von HIV am stärksten betroffene Gruppe. Der Prävention käme auch zukünftig weiterhin eine Schlüsselrolle zu. Zudem sei es wichtig, „Jugendliche zu verantwortlicher Sexualität zu erziehen“. Er forderte einen Runden Tisch zur Gesundheits-Prävention, den das Bundesministerium für Gesundheit koordinieren solle.

Schon kurz vor dem LSU-Sommerfest hatte Angela Merkel mit Lesben und Schwulen in der CDU gesprochen. Das Kölner DomRadio berichtet von einem Besuch Merkels im Kardinal-Höffner-Kreis der Unionsfraktion in der Parlamentarischen Gesellschaft. Dort habe Merkel

„berichtet von ihrem Gespräch mit den Lesben und Schwulen in der CDU, ‚hammerhart‘: „Unglaublich nette Menschen“, denen sie dann habe erklären können, dass sie nicht gleichgeschlechtlich heiraten dürften“.“

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So, wie die Schwusos begeistert sind vom SPD-Parteiprogramm, zeigte sich wie zu erwarten auch die LSU begeistert von CDU-Generalsekretär Pofalla und seinen Ausblicken auf das Wahlprogramm. Brave Parteigänger halt.

Dass Pofalla allerdings selbst auf dem Jahresempfang der „Lesben und Schwulen in der Union“ (der, nebenbei, kaum weibliche Besucher aufwies) nach unverbindlichen warmen Worten so überhaupt kein Wort mehr fand zu homo- oder aidspolitischen Sachverhalten, war nach seinen früheren Aussagen zwar wenig überraschend, dennoch auffällig und ein deutliches Signal. Warme Worte und politische Realitäten sind halt (wie auch bei Steven Milverton nachzulesen) zweierlei – und bei CDU/CSU besonders weit von einander entfernt. Schwule und Lesben haben von dieser Partei scheinbar auch weiterhin nicht viel zu erwarten.

weitere Informationen:
Rede Ronald Pofallas auf dem Jahresempfang 2009 der LSU
gayweb news 09.03.2007: Pofalla: Keine weiteren Rechte für Verpartnerte
LSU-Pressemitteilung 27.5.2009: LSU fordert Runden Tisch HIV- und AIDS-Prävention
DomRadio 18.06.2009: „Viele suchen nach Halt“ – Angela Merkel betont vor Unionsabgeordneten ihr Christsein
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Türkei: erstmals Ehrenmord an Schwulem vor Gericht

Erstmals kommt in der Türkei ein Ehrenmord an einem Schwulen vor Gericht. Am 8. September 2009 wird vor einem Istanbuler Gericht über den Mord an dem Istanbuler Studenten Ahmet Yildiz verhandelt.

Der 26jährige Physik-Student Ahmet Yildiz wurde im Sommer 2008 in einem Café in Istanbul erschossen.

Der LSVD berichtet

„Angeklagt wird der Vater des Opfers, der sich möglicherweise im Irak versteckt hält. Damit kommt zum ersten Mal in der Türkei ein sog. Ehrenmord an einem schwulen Mann vor Gericht. Es ist davon auszugehen, dass die Presse ausführlich über den Prozess berichten wird.“

Ibo Can, der Lebenspartner vom Ahmet Yildiz, setzt sich seit der Ermordung für die Aufklärung des Mordes und Strafverfolgung der Täter ein. Unterstützt wird er von der türkischen Schwulen- und Lesbengruppe Lambda Istanbul (bei der auch Ahmet Yildiz aktiv war) sowie der deutschen Hirschfeld-Eddy-Stiftung.

Die Ermordung von Ahmet Yildiz dürfte vermutlich nicht der erste Ehrenmord an einem Schwulen in der Türkei gewesen sein, wie der Blogegr Steven Milverton anmerkt. Aber er wird nun vielleicht der erste Ehrenmord an einem Schwulen, der in der Türkei vor Gericht verhandelt wird.

weitere Informationen:
Steven Milverton 22.07.2008: Wo ist Ahmet Yildiz’ Freund?
Steven Milverton 06.08.2008: Neues zum Mordfall Ahmet Yildiz
LSVD / Hirschfeld-Eddy-Stiftung 10.06.2009: Neues im Istanbuler Mordfall Ahmet Yildiz
queer.de 10.06.2009: Ehrenmord in Istanbul: Vater wird angeklagt
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EU-Politiker aus Deutschland: homo-politisch desinteressiert?

Europa-Politiker aus Deutschland interessieren sich kaum für homopolitische Themen – darauf lässt eine Auswertung der (Nicht-) Unterstützung für eine europaweite Kampagne der ILGA schliessen.

Die europäische Sektion der ILGA International Lesbian and Gay Association verfasste im Vorfeld der Wahlen zum Europa-Parlament eine „European Parliament Elections Pledge“. Politiker, die für die Wahl zum Abgeordneten des Europa-Parlaments kandidierten, konnten hier in zehn einzelnen Punkten ihr Verhalten in Sachen Homo-Politik zusichern.

Die „European Pledge“ umfasste dabei Themen wie rechtliche Gleichbehandlung, Rechte von Transgendern, die Bekämpfung von Homo- und Trans-Phobie oder auch die Förderung eines Familien-Begriffes, der LGBT-Familien  mit einbezieht.

Teilnahme an der ILGA-Zusage (Karte: ILGA)
Teilnahme an der ILGA-Zusage (Karte: ILGA)

Die European Pledge stieß bei Europa-Politikern quer durch Europa im Vorfeld der Wahlen auf einiges Interesse – allerdings weniger in Deutschland, wie eine Auswertung der Ergebnisse (Stand 7. Juni, 21:00 Uhr) zeigt:

Aus den einzelnen EU-Staaten schlossen sich der Pledge an (Reihenfolge nach Anzahl der Unterstützer):

Frankreich: 189 Kandidaten (59,6 Mio. Einwohner => 3,17 Unterstützer pro Mio. Einwohner)
Großbritannien: 126 (59,3 / 2,12)
Spanien: 112 (46,1 / 2,42)
Finnland: 77 (5,2 / 14,8)
Dänemark: 43 (5,4 / 7,96)
Griechenland: 37 (11,0 / 3,36)
Belgien: 34 (10,4 / 3,26)
Ungarn: 30 (10,1 / 2,97)
Schweden: 30 (8,9 / 3,37)
Deutschland: 25 (82,4 / 0,3)
Polen: 22 (38,2 / 0,56)
Niederlande: 19 (16,2 / 1,17)
Österreich: 18 (8,1 / 2,22)
Italien: 17 (57,3 / 0,3)
Malta: 15 (0,4 / 37,5)
Irland: 12 (4,0 / 3)
Lettland: 12 (2,3 / 5,21)
Portugal: 9 (10,5 / 0,86)
Bulgarien: 8 (7,6 / 1,05)
Slowakei: 7 (5,4 /1,3)
Estland: 4 (1,4 / 2,85)
Luxemburg: 2 (0,4 / 5)
Tschechien: 2 (10,2 / 0,2)
Litauen: 2 (3,5 / 0,57)
Rumänien: 0
Zypern: 0

Deutschland an 10. Stelle, mit 25 Politikern, die unterzeichneten. Für den Staat, der die höchste Zahl an Abgeordneten im Europa-Parlament stellt, ein beschämendes Ergebnis.

Noch bemerkenswerter wird das Ergebnis, wenn die Zahl der Unterstützer in Relation zur Bevölkerungszahl der Mitgliedsstaaten gesetzt wird:
Pro Million Einwohner fanden sich unter den EU-Politikern in Finnland 14,8 Unterstützer der ILGA-Positionen, im eher europakritischen Dänemark immerhin annähernd 8, selbst im nicht gerade für Homo-Freundlichkeit bekannten Polen noch 0,56.
Deutschland hingegen brachte es auf gerade einmal 0,3 unterstützende Europa-Politiker pro Million Einwohner, zusammen mit Italien (ebenfalls 0,3) – nur in Tschechien (0,2) sowie Rumänien und Zypern (jeweils 0) war die Unterstützung für homopolitische Themen noch schlechter.

Ist das Interesse an Homo-Themen bei Kandidaten zum Europa-Parlament in Deutschland tatsächlich dermaßen gering?
Ist das Campaigning der ILGA in Deutschland so schlecht?
Es sind wohl viele Faktoren, die zu diesem beschämenden Ergebnis beigetragen haben – allein, die Zahlen sind bestürzend …

weitere Informationen:
ILGA European Parliament Elections Pledge
EU map: who signed ILGA-Europe’s Pledge
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Europawahl – wählen gehen, auch für Homo-Rechte

Heute finden in Deutschland und zahlreichen anderen Staaten Europas die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Wählen gehen, und Abgeordneten wählen, die Menschenrechts-freundliche Politiken unterstützen, fordert nicht nur die internationale Schwulen- und Lesbenorganisation ILGA Europe.

“Mach dir Gedanken – Wähle für ein Menschenrechts-freundliches Europäisches Parlament”, dazu ruft anlässlich der anstehenden Wahl die europäische Sektion der ILGA International Lesbian and Gay Association auf.

“Vote for a human rights friendly European Parliament” – dieser Slogan mag zunächst abstrakt, weit weg von der eigenen Realität klingen.

Doch schon einige Schlagzeilen der vergangenen Zeit zeigen deutlich, welche Bedeutung das Europäische Parlament gerade auch für Schwule und Lesben haben kann:
EU-Parlament fordert gegenseitige Anerkennung vom Homo-Ehen
EU-Bericht zu Homophobie und Diskriminierung
EU gegen Homophobie
oder auch z.B. Anfragen von Europa-Parlamentariern in Sachen Einreisebeschränkungen für HIV-Positive

Zur Wahl zum Europäischen Parlament 2009 hat die ILGA Europe einen Zehn-Punkte-Katalog aufgestellt, der sich mit EU-Gesetzgebung, den Rechten von Schwulen, Lesben und Transgender sowie der Bekämpfung von Homophobie beschäftigt. Die Kandidaten zum Europäischen Parlament werden aufgefordert, sich diesen Forderungen anzuschließen.

Ja, beim Thema Europa kommen vielen immer noch zuerst Gedanken wie Kamellen- und Bananen-Verordnung, Bürokratie und Bürgerferne.
Aber Europa heißt auch Chance – Chance nicht nur für Schwule und Lesben in anderen EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch bei uns.

Noch mag die EU zu wenig bürgernah sein, zu fern unserer Lebensrealitäten, zu bürokratisch. Ändern wird sich dies sicherlich nicht, wenn wir nicht zur Wahl gehen. Ändern wird es sich, wenn wir, wenn auch Schwule und Lesben, verstärkt auch in Europa ihre Anliegen vorbringen, ihre Stimmen hör- und sichtbar machen – europaweit, grenzüberschreitend.

Beklagen wir nicht, wie die EU heute ist, bejammern wir nicht, wie sie sein könnte – ändern wir sie, auch indem wir wählen gehen.
Und indem wir dann bei (und vor allem: vor und während) Debatten z.B. zu für Schwule und Lesben relevanten Themen bei den jeweiligen Europa-Abgeordneten nachhaken. Nachfragen, ‘warum hast du so abgestimmt? warum nicht …? Sind Homos nicht auch deine Wähler?’

Und – fordern wir die Kandidaten auf, sich dem Forderungskatalog der ILGA Europe anzuschließen! Bisher (Stand 31.03.2009) hat dies (der Karte zufolge, siehe Link unten) kein einziger Kandidat aus Deutschland getan … !
Fragen wir sie, warum hast du für uns wichtige Initiativen nicht unterstützt? (siehe Übersicht unten)

Durch Nicht-Wählen-Gehen, durch Kopf-in-den-Sand-Stecken wird sich nichts ändern. Wohl aber, wenn wir, jeder von uns, ein kleines Stückchen aktiv wird – und für seine Interessen eintritt.
Dazu gehört auch: wählen gehen! Einfluss nehmen! Interessen deutlich machen!