Olympia Silbermedaillen-Gewinner Ji Wallace: ich bin HIV-positiv

Ji Wallace, australischer Trampolinspringer und Gewinner der Silber-Medaille der Olympischen Spiele 2000 in Sydney im Trampolin-Turnen, ist HIV-positiv. Dies teilte der seit 2005 offen schwule Sportler der australischen Presse mit.

Der am 23. Juni 1977 in Lismore (New South Wales) geborene Ji Wallace gab an, er habe sich zu diesem Schritt angeregt gefühlt, nachdem er ein Interview mit dem Olympia-Sieger Greg Louganis gesehen habe, in dem dieser über seine HIV-Diagnose spreche. Er habe seine HIV-Infektion nie zuvor offen gemacht – Louganis‘ Vorbild habe in inspiriert.

Der US-amerikanische Wasserspringer Gregory ‘Greg’ Efthimios Louganis gewann mit 16 seine erste olympische Medaille (Silber) – 1988 war er der erste Sportler überhaupt, dem es gelang, bei zwei aufeinander folgenden Olympischen Spielen jeweils Doppel-Olympiasieger im Turmspringen zu werden. 1988 beendete Greg Louganis seine aktive sportliche Laufbahn. Inzwischen arbeitet Louganis in Kalifornien wieder als Trainer. 1994 teilte Luganis offiziell mit, seit 1988 von seiner HIV-Infektion zu wissen.

.

StarOnline 08.08.2012: Aussie Olympian reveals HIV status

Sansibar: Mitarbeiterin von Aids-Organisation geschlagen – weil sie Kopf unbedeckt zeigte

Eva Andrew, westliche Mitarbeiterin einer Aids-Organisation auf Sansibar, gibt an von einer Gruppe Männer auf Sansibar verprügelt worden zu sein. Der Grund: sie habe ihren Kopf während des Ramadans unbedeckt in der Öffentlichkeit gezeigt. Die Polizei untersucht den Vorfall.

Die Frau gab an, auf einen Markt auf Sansibar von einer Gruppe Männer attackiert worden zu sein, als sie im Begriff war, sich mit von ihrer Organisation unterstützten Menschen zu treffen.

Sansibar ist ein halbautonomer Teilstaat der Union Tansania und verfügt über eine eigene Regierung.  2014 soll Sansibar eine neuen Verfassung erhalten.
98% der Bewohner Sansibars sind Muslime.
Eine separatistische islamische Organisation (UAMSHO, Vereinigung für die Mobilisierung und Verbreitung des Islam) kämpft für die Unabhängigkeit Sansibars von Tansania.

.

allafrica 06.08.2012: Tanzania: Woman Harassed in Zanzibar for Exposing Head

Ballett-Star Richard Cragun gestorben

Der US-amerikanische internationale Ballett-Star und Tänzer Richard Cragun starb am 6. August 2012 im Alter von 67 Jahren in Rio de Janeiro. Verschiedenen Medienberichten zufolge starb Cragun in einer Klinik an den Folgen von Aids.

Cragun wurde am 5. Oktober 1944 in Sacramento (Kalifornien) geboren. John Cranko holte Cragun 1962 an das Stuttgarter Ballett, hier tanzte er 30 Jahre lang. 1996 wurde er (bis 1999) Ballett-Direktor an der Deutschen Oper Berlin. 2001 gründete er zusammen mit seinem Lebensgefährten Roberto de Oliveira in Brasilien eine Kompanie für zeitgenössischen Tanz. mit einem Sozialprojekt in Favelas.

.

Stuttgarter Zeitung mobil 06.08.2012: Richard Cragun tot – Cranko holte ihn nach Stuttgart
Stern 07.08.2012: Ballettwelt trauert um Star-Tänzer Richard Cragun

.

Video Aids-Hilfe Bremen : Hast du mich schon vergessen? Deine Angst? Vor mir?

Mit neuen Kinospots und einer App will die Aids-Hilfe Bremen mehr Aufmerksamkeit für das Thema HIV und Aids schaffen.

Einer der Kino-Spots entstand in Zusammenarbeit mit einer Projektgruppe von Schülerinnen und Schülern:

Der Spot entstand im Rahmen einer Projektarbeit in Zusammenarbeit mit einer Gruppe Schülerinnen und Schüler, die sich dem Thema HIV-Prävention aus ihrer Sicht zeitgemäß zu nähern versuchten. Das Ergebnis: ein bemerkenswerter Spot fürs Kino.

Ergänzt wird die Kampagne u.a. auch durch eine App für Smartphones, die interaktiv informiert, Kontakt zur Aids-Hilfe Bremen erleichtert (inkl. Navigation) und auch Spenden ermöglicht.

Thomas Elias, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Bremen, zur Grundidee der Kampagne:

„Die Zeit der Tapeziertischprävention ist vorüber. Die Aids-Hilfe Bremen e.V. bemüht sich, durch Einbindung von Schüler-Präventionsprojekten quasi ein ‚Perpetuum Mobile‘ der Prävention zu erschaffen – eine sich selbst erneuernde Präventionsstrategie, indem Schüler ihre Projekte von Jahrgang zu Jahrgang weitergeben und beständig erneuern und verbessern.
Diese Arbeit ist eingebettet in eine ‚kleine Forschungsarbeit‘ und einen theoretischen Teil, der – wenn alles wie geplant läuft – in ein Homepageprojekt der Schule münden soll, welches dann an den jeweils nachfolgenden Jahrgang übergeben werden soll.“

.

App der Aids-Hilfe Bremen für iPhone iPod iPad und Android .

Geplanter HIV Zwangstest in Sachsen-Anhalt – die Haltung der Parteien (akt.)

HIV Zwangstest in Sachsen-Anhalt – bald Realität, falls die geplante Novellierung des Landesssicherheitsgesetzes unverändert umgesetzt wird? Wie stehen die im Landtag von Sachsen-Anhalt vertretenen Parteien dazu?
Aktualisiert mit Stellungnahme der CDU-Fraktion

Das Innenministerium Sachsen-Anhalt plant derzeit, das ‘Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung’ Sachsen-Anhalt (SOG LSA) zu novellieren. Mit einer hierin enthaltenen Ergänzung des §41 würde auch die Möglichkeit zum HIV Zwangstest (sowie auf Hepatitis B oder Hepatitis C) geschaffen, wenn  der Verdacht besteht dass eine Person eine dieser Infektionen hat (siehe ondamaris 13.07.2012: Bald HIV Zwangstest in Sachsen-Anhalt möglich?). Nach erster Lesung im Landtag von Sachsen-Anhalt wird die Novellierung nun im Innenausschuß weiter behandelt (u.a. Anhörung am 29.11.2012).

Landtag Sachsen-Anhalt / Parlamentsgebäude (Foto: Landtag)
Landtag Sachsen-Anhalt / Parlamentsgebäude (Foto: Landtag)

Die Deutsche Aids-Hilfe hatte in einer Stellungnahme betont, HIV-Test müssen freiwillig bleiben. Das geplante Gesetz setze Grundrechte außer Kraft. Die Entscheidung über einen  HIV-Test müsse ausschließlich beim Individuum liegen.

Das Gesundheitsministerium Sachsen-Anhalt reagierte auf die Kritik am HIV Zwangstest mit Unverständnis. „Die angestrebte Neuregelung gilt dem Gesundheitsschutz. Hier wird nicht willkürlich agiert, die rechtlichen Rahmenbedingungen sind konkret beschrieben“, bemerkte Holger Paech, Sprecher des Gesundheitsministeriums, gegenüber der Presse. Die geplante Nezuregelung gelte dem Gesundheitsschutz.

Wie stehen das Innenministerium und die Fraktionen der im Landtag von Sachsen-Anhalt vertretenen Parteien hierzu? Halten sie die geplanten Änderungen für angemessen, oder sehen sie Änderungsbedarf? Halten Sie die Möglichkeit einer Anordnung von HIV-Tests ohne vorherige Information, Beratung und Einwilligung des Betreffenden für erforderlich? Worin sehen Sie das besondere Gefährdungspotential, das die erwogenen Eingriffe / Zwangstests erforderlich macht? Und wird die jeweilige Fraktion Schritte unternehmen, um die Einschränkung von Menschen- und Bürgerrechten von einer HIV-Infektion verdächtigten Menschen zu beenden?
ondamaris hat am 14. Juli 2012 (und danach wiederholt) nachgefragt – hier die bisher eingegangenen Antworten (weitere Reaktionen werden aktualisiert nachgetragen):

Innenministerium von Sachsen-Anhalt: HIV-Test ohne Information, Beratung, Einwilligung

Das Innenministerium Sachsen-Anhalt hatte gegenüber ondamaris bestätigt, dass der HIV-Zwangstest der geplanten Novellierung zufolge in bestimmten Fällen auch ohne richterliche Anordnung möglich sein soll. „Die körperliche Untersuchung darf – außer bei Gefahr im Verzuge – nur durch einen Richter angeordnet werden.“ Die Möglichkeit der ‚körperlichen Untersuchung‘ solle der „Polizei des Landes Sachsen-Anhalt“ eingeräumt werden (andere Behörden wurden nicht genannt). Eine vorherige Information, Beratung oder Einwilligung des Betroffenen sei nicht vorgesehen.

CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt

Das Sekretariat des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt verwies auf die Parlamentspause, nach deren Beendigung eine Antwort erfolge inzwischen erfolgte:

Jens Kolze, Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Inneres der CDU-Landtagsfraktion, betonte in einer Stellungnahme gegenüber ondamaris am 14.8.2012, die Polizei solle

„die Möglichkeit erhalten, eine Blutentnahme oder andere geeignete körperliche Untersuchungen auch gegen den Willen des Verursachers zu veranlassen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben eines Dritten erforderlich ist.
Eine solche Regelung wird von der CDU-Fraktion ausdrücklich begrüßt und gewünscht. Wir halten es nicht für hinnehmbar, dass unter anderem auch ein Vergewaltigungsopfer, das möglicherweise infektiösen Körperflüssigkeiten des Täters ausgesetzt war, eine Einwilligung des Täters für seine körperliche Untersuchung einholen muss, um Risiken für die Gesundheit des Opfers abzuklären.“

Der Eingriff in die Grundrechte sei verhältnismäßig:

„Die Kenntnis über eine bestehende Infektion beim Verursacher bringt für die weitere Behandlung des Betroffenen erhebliche Vorteile und vermeidet unnötige Gesundheitsbelastungen und -risiken beim Betroffenen. Angesichts dieser Vorteile sind die mit körperlicher Untersuchung, Blutentnahme und -untersuchung und Weitergabe der Befunde verbundenen Eingriffe in die Grundrechte des Verursachers auf körperliche Unversehrtheit und informationelle Selbstbestimmung verhältnismäßig. Die Interessen der von dieser Ermächtigung betroffenen Person werden hinreichend durch den Richtervorbehalt, durch die Einbeziehung von Ärzten, durch die Normierung von Verwendungsverboten, durch eine zu veranlassende Löschung der Untersuchungsdaten und durch das Recht des Betroffenen auf Nichtwissen der Ergebnisse der Untersuchung geschützt.“

Opferschutz müsse Vorrang haben vor Täterschutz, so Kolze:

„Unserer Auffassung nach gebietet die verfassungsmäßige Ordnung des Grundgesetzes vordergründig einen Schutz des Opfers von Straftaten. Der Schutz und die Not der Opfer und die ihnen zu Teil werdende Hilfe haben Vorrang vor dem Schutz der Täter. Der Opferschutz erfasst dabei auch präventive Maßnahmen.“

Die Linke Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt

Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt, Gudrun Tiedge betont, sie stelle sich zunächst die Frage „warum nunmehr diese Veränderung ins Gesetz aufgenommen werden muss„. Eine plausible Begründung für die geplante Änderung sei nicht ersichtlich, auch nicht in der Gesetzesbegründung.

Sie frage sich, wie die geplante Änderung in der Praxis umgesetzt werden solle, insbesondere woran ein Polizeibeamter den Verdacht festmachen wolle, dass eine Persion mit HIV infiziert sei. „Werden da wieder alte Vorurteile und Verunglimpfungen bedient?

Dass ein HIV Zwangstest auch ohne richterliche Anordnung möglich sein sollen, sei nicht hinnehmbar, so Tiedge. „Jeder Eingriff in Grundrechte darf nur mit richterlicher Anordnung passieren, und das nach Information und Beratung des Betroffenen.

Die Fraktion teile die „Grundintentionen“ des Offenen Briefes der Aids-Hilfe Sachsen-Anhalt.

SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt

Die Geschäftsstelle der SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt teilte mit „Wir haben Ihr Anliegen an den hier zuständigen Arbeitskreis mit der Bitte um Bearbeitung weitergeleitet und werden auf Ihr Anliegen zurückkommen.“ Dies werde im September geschehen.

.

Bündnis 90 Die Grünen Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt

Der Pressesprecher der Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt von Bündnis 90 Die Grünen verweist zunächst auf die Pressemitteilung der Fraktion zur SOG-Novellierung (vom 13.7.2012), derzufolge die Fraktion den Entwurf für „indiskutabel“ hält. „Die Landesregierung unterlässt es in ihrem Gesetzentwurf darzulegen, auf welche neuen Gefahrenlagen sie konkret mit dem Gesetz reagiert und wie die Eingriffe tatsächlich helfen sollen, die Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern zu verbessern. Die Regierungskoalition aus CDU und SPD entkernt mit ihrem Gesetzentwurf die Bürgerrechte. Sie opfert die Freiheit auf dem Götzenaltar vermeintlicher Sicherheit.“ Auf das Thema HIV-Tests geht die Pressemitteilung nicht ein.

Der innenpolitischen Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, Sebastian Striegel, betont gegenüber ondamaris, die Fraktion lehne den Entwurf insgesamt ab, da sie in ihm eine „massive Entkernung von Bürger- und Freiheitsrechten“ sehe. In diesem Zusammenhhang werde auch die Novelle des §41 Abs. 6 (‚Zwangstests‘) abgelehnt. Striegel: „Wir sehen darin eine Stigmatisierung von Personengruppen, die auch nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gedeckt ist. Vielmehr werden so irrationale Ängste geschürt.“ Die Landesregierung habe eine Erforderlichkeit einer Neuregelung in keiner Weise belegt.

Die Grünen halten, so Striegel, eine Schulung der Beamten für sinnvoller, „um schon durch ihre eigene Handlungsweise eine Infektion vermeiden zu können„.

Striegler betont zur geplanten Novelle und den HIV-Zwangstests: „Der Gewinn an Sicherheit, den die Einführung eines HIV-Zwangstest im Entwurf des SOG suggeriert, ist rein theoretischer Natur und steht nicht im Verhältnis zum Grundrechtsschutz auf körperlicher Unversehrtheit.“

In den weiteren parlamentarischen Behandlungen der Novelle würden die Grünen auf Entschärfungen, u.a. auch des §41 (6) drängen. Einer weiteren Entkernung von Bürgerrechten werde man nicht zustimmen.

.

 

BMS-986094 : Studie wegen Sicherheitsproblemen gestoppt (akt.)

Der Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb (BMS) hat eine Studie mit einem experimentellen Wirkstoff gegen Hepatitis C (BMS-986094) „freiwillig ausgesetzt“ – unter Hinweis auf die „Entstehung einer ernsthaften Frage zur Sicherheit“ („based on the emergence of a serious safety issue“).
Aktualisierung: Nach Todesfall Entwicklung gestoppt

Weitere Angaben zum Gesundheitszustand des betroffenen Patienten machte BMS nicht. Ein Pressebericht spricht davon, der Patient (der 200mg der Substanz erhalten habe) habe eine Herz-Insuffizienz erlitten.

Die Ursache der Frage zur Sicherheit wie auch ein etwaiger Zusammenhang mit der Studien-Medikation sei derzeit unbekannt, äußerte ein BMS-Sprecher CDC-NPIN zufolge. Das Unternehmen prüfe derzeit die Daten aller Teilnehmer an der Studie, alle Studien-Teilnehmer würden zudem kardiologisch untersucht, alle Auffälligkeiten würden mit Kardiologen geklärt. Entscheidungen zur weiteren Vorgehensweise würden nach Evaluation der Daten getroffen.

BMS-986094 (früher INX-189) ist eine Substanz aus der Klasse der Nukleotidsequenz Polymerase-Inhibitoren (NS5B-Inhibitor) und wurde in dieser Phase-IIb-Studie als mögliche Behandlung von Hepatitis C untersucht. Die Substanz war früher unter dem Namen INX-189 von dem Unternehmen Inhibitex entwickelt worden. BMS hatte Inhibitex Anfang 2012 für 2,5 Milliarden US-$ erworben.

BMS-986094 wird derzeit in Studien untersucht in Kombination mit Ribavirin, mit pegyliertem Interferon plus Ribavirin sowie mit Daclatasvir, einem experimentellen ebenfalls von BMS entwickelten NS5a-Inhibitor. Zudem hat BMS eine Vereinbarung mit dem Pharmakonzern Johnson&Johnson (Janssen) über eine klinische Zusammenarbeit (mit Janssen-Substanzen gegen Hepatitis C wie TMC435).

In der Dosis-Findungs-Studie (AI472-003) wurde BMS-986094 untersucht an Patienten mit Hepaitits C – Virus Genotyp 2 und 3, deren HCV-Infektion zuvor nicht behandelt worden war. Im ersten Teil der doppelblinden Studie mit 90 Teilnehmern wurden vier Arme verglichen (pegyliertes Interferon plus Ribavirin in Kombination mit 25, 50 oder 100mg BMS-986094 oder Plazebo). Der zweite Teil der Studie war ‚open label‘, auf 12 Wochen angelegt und für 120 Teilnehmer in fünf Studien-Armen konzipiert (100 oder 200 mg BMS-986094 plus Ribavirin, oder mit Daclatasvir, oder (im fünften Arm) 50mg BMS-986094 plus Ribavirin plus Daclatasvir).

Weitere Studien mit BMS-986094 sind waren in Vorbereitung.

Der Aktienkurs von BMS fiel nach Bekanntwerden der Studien-Unterbrechung. BMS-986094 galt bisher als eine der vielversprechendsten experimentellen Substanzen des Pharmakonzerns mit Hoffnung auf völlig neue Kombinations-Therapiene gegen Hepatitis C. Erste Analysten stellen nun genau dies in Frage.

.

Aktualisierung
24.08.2012: Nach Todesfall: Entwicklung von BMS-986094 „aus Gründen der Patienten-Sicherheit“ gestoppt. Der Patient mit Gesundheitsproblemen ist verstorben. Weitere neun Studienteilnehmer müssen bzw. mussten wegen Herz- und Nieren-Problemen im Krankenhaus behandelt werden.
BMS kündigte an, die Entwicklungskosten der Substanz (geschätzt 12,9 Milliarde US-Dollar) abzuschreiben.

.

weitere Informationen:
BMS 01.08.2012: Bristol-Myers Squibb Suspends Administration of Study Drug in Clinical Trial of Investigational NS5B Nucleotide for the Treatment of Hepatitis C (Pressemitteilung)
CDC NPIN 02.08.2012: Bristol-Myers Halts Hepatitis C Drug Study on ‚Serious‘ Safety Issue
MedPageToday 02.08.2012: Safety Issues halt Study of BMS HCV Drug
ClinicalTrials.gov: Phase 2b Study of BMS-986094 and Daclatasvir, With or Without Ribavirin for the Treatment of Patients With Chronic Hepatitis C
FierceBiotech 02.08.2012: Analyst reads last rites after heart failure scuttles Bristol hep C study

BMS 23.08.2012: Bristol-Myers Squibb Discontinues Development of BMS-986094, an Investigational NS5B Nucleotide for the Treatment of Hepatitis C
SpON 24.08.2012: Nach Todesfall: Entwicklung von Hepatitis-C-Mittel gestoppt
.

Video: die Gen-Schere gegen HIV

Gen-Schere – ein weiterer Ansatz zur Heilung von HIV? Spätestens seit der XIX. Internationalen Aids-Konferenz und der dort gestarteten „Strategie zur Heilung von HIV“ ist das Thema „Heilung der HIV-Infektion“ wieder weit oben in der medialen Aufmerksamkeit. Ein  dabei wenig beachteter Ansatz: die in Deutschladn entwicklete ‚Gen-Schere gegen HIV‘. Ein unterhaltsames Video erläutert den Ansatz.

Im Vortrag „Kleine Schere – große Wirkung“ erklärt Dr. Helga Hofmann-Sieber, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Heinrich-Pette-Institut in Hamburg, anschaulich, wie das Immunsystem funktioniert, was HIV darin macht – und wie die vom Heinrich-Pette-Institut entwickelte Gen-Schere (siehe ondamaris 4.7.2007: Über Scheren, Vergessene Heilung und Defätismus) funktioniert.

(Video des Science Slam Berlin)

Video: Olympia-Sieger Greg Louganis – nach HIV-Diagnose hätte ich nicht gedacht 30 zu werden

Greg Louganis hätte nach seiner HIV-Diagnose nie gedacht, dass er seinen 30. Geburtstag erlebe, erzählt Olympia-Sieger im Interview mit einem US-Nachrichtensender.

Mehrfacher Olympia-Sieger, fünf Weltmeister-Titel, offen schwul, offen HIV-positiv – Greg Louganis spricht im Interview über sein Leben mit HIV. Damals, als er getestet wurde, habe er gedacht, dies sei sein Todesurteil.

„honestly, I didn’t think I see 30“

Sein Arzt, der gleichzeitig sein Cousin sei, habe ihm damals empfohlen, einfach mit dem Training weiter zu machen:

“So my doctor, and who was also my cousin, he was treating me and he said, the best thing you can do is continue training.“

Greg Louganis (Foto: Alan Light)
Greg Louganis (Foto: Alan Light)

Die antiretrovirale Therapie sei „ein zweischneidiges Schwert“. Er würde niemandem wünschen, die Medikamente einzunehmen, die er nehmen müsse.

„I wouldn’t wish my drug regimen on anyone … the things that I’ve been through, you know, are pretty devastating.“

Mit 16 gewann Gregory ‘Greg’ Efthimios Louganis seine erste olympische Medaille (Silber) – 1988 war er der erste Sportler überhaupt, dem es gelang, bei zwei aufeinander folgenden Olympischen Spielen jeweils Doppel-Olympiasieger im Turmspringen zu werden. 1988 beendete Greg Louganis seine aktive sportliche Laufbahn. Inzwischen arbeitet er in Kalifornien wieder als Trainer.

.

Greg Louganis (official site)

The Normal Heart

“ The Normal Heart „, ein Stück des US-amerikanischen Autors und Aids-Aktivisten Larry Kramer über die frühen Jahre der Aids-Epidemie in den USA, war während der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington zu sehen.

Alexander Pastoors, Rotterdam, hat das Stück in Washington gesehen und berichtet für ondamaris:

The Normal Heart

„Seid euch bewusst dass alles in The Normal Heart stattgefunden hat. Dies waren und sind echte Menschen die lebten und sprachen und starben, und die ich hier vorgeführt habe so gut ich konnte. Einige von ihnen sind seitdem gestorben, inklusive Bruce (dessen echter Name Paul Popham war) und Tommy (dessen echter Name Rodger McFarlane war und der mein bester Freund wurde und der, nach dem Aufbau dreier schwulen AIDS-Organisationen von Grund auf, verzweifelt Selbstmord beging), und Emma, (deren Name Dr. Linda Laubenstein war), nach einem erneuten Anfall von Polio und Behandlung mit einer eisernen Lunge. Auf seinem Totenbett im Memorial Krankenhaus, rief Paul mich an (wir hatten nicht mit einander gesprochen seit unserem letzten Streit im Schauspiel) und sagte mir nie auf zu hören zu kämpfen. “

Mit diesen Worten fängt der Brief von Larry Kramer an, der mir beim Ausgang des Theaters gereicht wird, in dem ich mir ‚The Normal Heart‘ angesehen habe. Plötzlich kamen mir Tränen. Mehr als dreißig Jahre nach dem Anfang der Aids-Epidemie sprangen mir der Schmerz, die Wut über das was ihm, seinen Freunden, schwule Männer weltweit betroffen hat, auf einem Blatt A4 kondensiert entgegen.

Larry Kramer 2007 (Foto: David Shankbone)
Larry Kramer, Autor von ' The Normal Heart ', im Jahr 2007 (Foto: David Shankbone)

Aber es war freilich nicht nur der Brief Larry Kramers, der mich bewegt hatte. Das Schauspiel selbst ist gut 25 Jahre nach der Uraufführung noch immer sehenswert und benennt Themen, die weiter greifen als die Bedeutung von HIV und AIDS für schwule Männer seit Anfang der Epidemie. Das ‚Arena Stage‘ Theater hatte die Produktion aus New York nach Washington DC geholt als kulturelles Nebenprogramm, nachdem es im vorigem Jahr in New York auf Broadway mit Erfolg wiederbelebt wurde. Als ich bei der Vorbereitung auf die Konferenz hörte, dass das Schauspiel in Washington aufgeführt werden sollte, habe ich trotz des vollen Programms Zeit eingeräumt, um es mir an sehen zu können.

Protagonist des Schauspieles ist Ned Weeks, ein in New York wohnender und als Schriftsteller arbeitende junger schwuler Mann. Durch ihn und mit ihm erlebt das Publikum, wie er und seine Freunde die ersten Jahre eine schnell um sich greifenden mysteriösen Krankheit erleben, die anscheinend nur schwule Männer betrifft. Der wichtigste Antagonist ist Bruce Niles, mit dem Ned eine Gesundheitsorganisation für schwule Männer stiftet.

Der pamphletistische Stil ist zwar nicht der stärkste Punkt des Schauspieles, zeigt aber deutlich, wie Larry Kramer (denn Ted Weeks ist eindeutig nach seinem Muster geschneidert) mit aller Kraft die er hatte die Lethargie des größten Teiles der schwulen Männer und der Behörden bekämpfte. Diesen Kampf führte er rücksichtslos, er entfremdete ihn letztendlich von vielen seiner Freunde. Im Schauspiel führt dies zum Rauswurf von Ted Weeks aus dem Vorstand der Organisation, die er selbst gegründet hatte.

In Wirklichkeit hieß diese Organisation ‚Gay Men’s Health Crisis‘ (GMHC) und war die erste Organisation in den USA, die Menschen die von Aids betroffen waren geholfen hat. Da sich GMHC nach der Gründung vor allem mit Hilfeleistung, Unterstützung und Auskünfte an und für schwule Männer beschäftigte und sich nicht mit der politischen Dimension der Krise auseinandersetzen wollte, kam es zu einem Konflikt zwischen dem damaligen Vorsitzenden Paul Popham (Bruce Niles) und Larry Kramer (Ted Weeks). Was das Schauspiel nicht zeigt, aber in Wirklichkeit passierte, war dass Larry Kramer danach im Jahr 1987 eine radikal politische Organisation gründete: ‚AIDS Coalition to Unleash Power‘, kurz ACT UP.

Nebst diesem zentralen Thema wie man die Aids-Krise beantworten sollte, kehrt die Sicht von Larry Kramer auf die Gestaltung der ’schwulen Community‘, das negative Selbstbild vieler schwulen Männer und die einseitige Ausrichtung vieler Männer auf so viel wie möglich Sex mit so viel wie moglich verschiedene Männern zu haben an vielen Stellen im Schauspiel zurück. Ted Weeks ist sehr zynisch über seine Freunde (und schwule Männer generell), wenn an einem bestimmten Punkt innerhalb der Hilfsorganisation diskutiert wird, ob man Männern wirklich den Rat geben sollte, keinen Sex mehr zu haben. Die meisten seiner Freunde schrecken davor zurück, solch einen Rat zu veröffentlichen und unter schwulen Männern zu verbreiten. In dem Sinne war und ist Larry Kramer sehr radikal und ganz anders gestrickt als sein Zeitgenosse Richard Berkowitz, der 1983 die erste safer Sex Richtlinie ‚How to Have Sex in an Epidemic‘ publizierte.

In dem Stück klingt vor allem die Enttäuschung Larry Kramers gegenüber einer ’schwule Community‘  durch,die sich in seinen Augen vorwiegend mit Sex identifiziert. Er fragt sich sogar, ob es überhaupt eine Community gibt. Es sind gerade diese Fragen, die das Stück aktuell machen. Die Fragen, was eine Community ist, wie wir uns als Schwule zu Sex verhalten, und ob dies nicht als ein zu wichtiger Bestandteil unseres Lebens eingeschätzt wird, gelten heute nach wie vor. Die Frage, was man zum Beispiel Männern raten sollte, wie sich zu verhalten um das Infektionsrisiko mit Hepatitis C zu verringern, kann man vergleichen mit den damaligen Diskussionen über safer Sex.

Ich war sehr froh durch dieses Schauspiel erneut mit diesen Fragen konfrontiert zu werden. Eine Antwort hatte ich für vieler dieser Fragen am Ende des Abends noch nicht. Ich nahm mir vor, während der Konferenz darüber weiter zu grübeln.

.

Herzliches Danke, Alexander!

Uwe Görke-Gott : Abschied als ‚Privat-Aktivist‘ nach 22 Jahren

Uwe Görke-Gott, selbst so genannter ‚Privat-Aktivist‘ aus Schwerte, zieht sich aus der Aids-Arbeit zurück. Nach 22 Jahren sei es an der Zeit, Jüngeren das Feld zu überlassen.

Auf seiner Internetseite teilt Görke-Gott mit

„Nach 22 Jahren aktiver und ehrlicher Präventionsarbeit ist der Zeitpunkt gekommen, mich von der Aktivisten-Bühne zu verabschieden. Ich überlasse das Feld der vielen Möglichkeiten den neuen, jungen Akteuren.

Endgültig werde ich meine HP zum Jahresende schließen.“

Das ‚Tagebuch‘ der Jahre 2002 bis 2012 bleibe jedoch zum Nachlesen weiterhin online.

Uwe Görke im Jahr 2010 (Foto: Uwe Görke-Gott)
Uwe Görke im Jahr 2010 (Foto: Uwe Görke-Gott)

So ganz für immer ist der Abscheid allerdings vielleicht nicht – Uwe kündigt selbst an

„Das Ueffcken wird ab und an auftauchen und wenn’s sein muss auch rumstänkern, ist doch klar!“
.

Uwe Görke-Gott 01.08.2012: Nach 22 Jahren geht es dem Ende zu des Privat Aids Aktivisten Uwe Görke-Gott

CDC: Aids-Medikamente senken Risiko einer HIV-Übertragung um 96% – mehr als Kondome

Aids-Medikamente senken das Risiko einer HIV-Übertragung drastisch. Nun bestätigen auch die US-amerikanischen Gesundheitsbehörden offiziell das, was einst als ‚EKAF-Statement‘ für viel Aufregung sorgte. Die Schutzwirkung von Medikamenten liege höher als die von Kondomen.

Die US-amerikanischen Gesundheitsbehörden CDC Centers for Disease Control haben am 14. Juni 2012 eine Aufstellung zu HIV-Übertragungsrisiken online gestellt. Dort betonen die CDC, eine wirksame antiretrovirale Therapie (ART) senke das HIV-Übertragungsrisiko um 96%. Bei konsistenter Anwendung von Kondomen senken diese das Risiko einer HIV-Übertragung um 80%:

„Different factors can increase or decrease transmission risk. For example, taking antiretroviral therapy (i.e., medicines for HIV infection) can reduce the risk of an HIV-infected person transmitting the infection to another by as much as 96%. Consistent use of condoms reduces the risk of getting or transmitting HIV by about 80%. Conversely, having a sexually transmitted infection or a high level of HIV virus in the blood (which happens in early and late-stage infection) may increase transmission risk.“

.

CDC: HIV Transmission Risk

.

Es hat lange gedauert (seit dem EKAF-Statement vom Januar 2008), aber immerhin …

Infografik: Kriminalisierung der HIV-Übertragung – Globale Übersicht

Die Kriminalisierung der HIV-Übertragung und ihre Folgen waren eines der wesentlichen Themen der XIX. Internationalen Aids-Konferenz 2012 in Washington. Eine Infografik von GNP+ und HIV Justice Network gibt einen Überblick über das Ausmaß der Kriminalisieurng der HIV-Übertragung weltweit.

Unter dem Titel „Criminal prosecutions for HIV non-disclosure, exposure and transmission: overview and updated global ranking“ berichteten Edwin J. Bernard und Moono Nyambe auf der XIX. Internationalen Aids-Konfernez 2012 über Stand und Umfang der Kriminalisierung der HIV-Übertragung weltweit. Eine gute Übersicht gibt ihre Infografik ‚Global Overview of Laws and Prosecutions‘:

Kriminalisierung der HIV-Übertragung - Globale Übersicht
Kriminalisierung der HIV-Übertragung - Globale Übersicht (Grafik: GNP+ / HIV Justice Network)

Erläuterung:
rot: HIV-spezifische Gesetze, Strafverfolgung
gelb: HIV-spezifische Gesetze, keine Strafverfolgung
orange: Strafverfolgung innerhalb der allgemeinen Gesetzgebung
grau: keine Gesetze oder Strafverfolgungen berichtet

Auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz hatten GNP+ und HIV Justice Network auch die ‘ Top 15 der Kriminalisierung der HIV-Übertragung ‘ (in welchen Staaten der Welt werden HIV-Positive am intensivsten juristisch verfolgt?) vorgestellt.

Die Deutsche Aids-Hilfe fordert “Keine Kriminalisierung von Menschen mit HIV!“, ebenso die “Deklaration von Oslo über die Kriminalisierung von HIV“. Diese betont

“Es gibt immer mehr Belege dafür, dass die Kriminalisierung der Nichtoffenlegung der HIV-Infektion, der potenziellen Exposition und der nicht vorsätzlichen Übertragung von HIV mehr Schaden anrichtet, als dass sie der öffentlichen Gesundheit und den Menschenrechten nutzt.”

.

Quelle:
Edwin J. Bernard, Moono Nyambe / GNP+, HIV Justice Network : „Criminal prosecutions for HIV non-disclosure, exposure and transmission: overview and updated global ranking“, XIX. Internationale Aids Konferenz Washington 2012

.

Dank an Edwin!

Nigeria: bald keine Heirat ohne HIV-Test in Bauchi ?

Im Bundesstaat Bauchi (Nigeria) wird zukünftig ein HIV-Test zwingend zur Pflicht, bevor eine Heirat möglich ist – wenn ein gestern eingebrachter Gesetzesvorschlag Realität wird. Der Entwurf hat bereits die erste und zweite Lesung passiert und wird jetzt im Gesundheitsausschuss des Bundesstaats beraten.

Bauchi ist ein Bundestaat im Norden Nigerias mit ca. 4,7 Millionen Einwohnern. Seit 2001 gilt in Bauchi islamisches Recht, die Scharia.

.
Nigerian Eye 31.07.2012: The Bauchi State House of Assembly is set to pass a law for compulsory Humane Immune Virus, HIV, test before marriage in the state.
.

UNITED IN ANGER : A HISTORY OF ACT-UP

Der Dokumentarfilm ‚United in Anger : A history of ACT UP‘ hatte am 26. Juni 2012 in Berlin europäische Erstaufführung.

Zu diesem Film eine Kritk als Gastbeitrag von Manuel Schubert / Filmanzeiger:

.

UNITED IN ANGER: A HISTORY OF ACT-UP

Im ersten Entwurf dieses Textes gab es einen längeren Prolog, der allgemeine zeitgeschichtliche Informationen zu HIV/AIDS in unseren Gesellschaften beinhaltete, konkretisiert am Beispiel der sozialen Bewegung „Act-Up„. Es ist einigermaßen Unfug in einer Rezension über eine Geschichts-Dokumentation, um nichts Anderes handelt es sich bei Jim Hubbards UNITED IN ANGER: A HISTORY OF ACT-UP, eine historische Abhandlung voran zustellen. Entweder leistet der Film diese Aufgabe oder eben nicht. Geht man mit keinem oder wenig Wissen über die Gruppe „Act-Up“ in diesen Film, so kommt man relativ umfassend wieder heraus. Jim Hubbards Werk erfüllt so gesehen seinen Zweck. Dies muss es auch, schließlich hat er es im Rahmen eines größeren Projekts zur Geschichtsschreibung der „Act-Up“-Bewegung realisiert.

„Act-Up“ – das waren Mitte der 80er Jahre wenige Dutzend Aktivisten in New York und San Francisco, die im Angesicht des Massensterbens ihrer Freunde, Bekannten und Angehörigen an den Folgen der AIDS-Krankheit, etwas tun wollten. Schnell wuchs die kleine Gruppe zu einer ganze Bewegung mit Hunderten Aktivisten überall in den USA. Es ging um Aufmerksamkeit und öffentlichen Druck auf Verantwortliche, damit das Leiden der Kranken wenn schon nicht beendet, so doch wenigstens gelindert werden konnte.

Act Up - Graffito an der Westseite der Berliner Mauer, 2008 (Foto: Gary dee)
Act Up - Graffito an der Westseite der Berliner Mauer, 2008 (Foto: Gary Dee)


Chronologisch arbeitet Jim Hubbard wegweisende Höhepunkte in der Geschichte von „Act-Up“ heraus. Sei es die Besetzung der Wall Street oder der Sturm auf die US-Pharmabehörde FDA, mit dem Zweck die jahrelangen Verfahren der Medikamentenzulassung massiv zu beschleunigen. Wir sehen Found-Footage, wir hören Protagonisten der Zeit bei ihren Erzählungen des Erlebten. Um es freundlich zu formulieren, dieser Film ist … Nein, hier möchte ich nicht mehr freundlich sein. Dafür umso deutlicher.

Werke wie UNITED IN ANGER haben an Orten, die auch nur ansatzweise einem Kino ähnlich sehen, nichts zu suchen! Es ist leider eine schlechte Angewohnheit im zeitgenössischen US-Dokumentarfilm, sich den dramaturgischen und formalen Prämissen des Fernsehens allzu sehr zu unterwerfen. Hat man eines dieser Werke gesehen, hat man sie alle gesehen. Die Themen kommen und gehen, die Form bleibt stets dieselbe: Found-Footage, gezoomte Fotos und Veteranen irgendeiner Zeit, die, vor mehr oder weniger abstraktem Hintergrund sitzend, ihre Berichte abliefern. Angesichts dieser unsäglich platten, uninspirierten und enervierend drögen Uniformität ist es fast unvorstellbar, daß die USA die Heimat des „Direct Cinema“ sind. Dass in diesem Land einmal großartige Filmemacher wie Robert Drew, die Gebrüder Maysles, D.A. Pennebaker oder Richard Leacock tätig waren, und heute noch James Benning und Frederick Wiseman ihre Filme drehen. Alle hier genannten haben ihre Arbeiten mit geringsten Mitteln und auf einfachste Weise realisiert, dabei aber eine dokumentarische Form entwickelt, die an Unmittelbarkeit, Glaubwürdigkeit, Respekt vor dem Intellekt des Publikums und an kinematografischem Verständnis nichts zu wünschen übrig ließ und lässt.

Sowohl die Geschichtsschreibung der Schwulenbewegung als auch die Aufarbeitung der Geschichte der Anti-AIDS-Bewegung finden nachwievor im Kino keine auch nur ansatzweise brauchbare Form, es regieren der History-Channel und die HBO-Doku von der Stange; schmerzhaft mit anzusehen.

Jim Hubbard, Regisseur von "United in Anger: A History of ACT UP" bei der europäischen Uraufführung am  26. Juni 2012 in Berlin
Jim Hubbard, Regisseur von "United in Anger: A History of ACT UP" bei der europäischen Uraufführung am 26. Juni 2012 in Berlin

Besonders negativ stößt hierbei im HIV/AIDS-Kontext die „Veteranisierung“ auf. Alles, was noch lebt, wird vor die Kamera gezerrt. Um des tragischen Eindrucks willen sind die Schreckensbilder abgemergelter und siechender junger Männer in ihren Betten dazwischen geschnitten. Seht, wir haben gelitten aber überlebt! Seht, unsere Freunde sind so grauslich gestorben. Unwillkürlich fragt man sich, was da für ein Andenken gepflegt wird? Das an die Verstorbenen oder das an das Glück, vom Schicksal verschont geblieben zu sein?Wenn alles, was die AIDS-Krise übrig gelassen hat, aus wenigen Handvoll verheulter und erinnerungsschwerer Veteranen besteht, dann hat das Virus nicht nur Tausende Menschen umgebracht. Geist und Intellekt der schwulen Bewegungen wurden durch HIV ebenfalls ausgerottet. Oder wie es die Autorin Fran Lebowitz sinngemäß formulierte, „hat AIDS eben nicht jene getötet, die brav und an die Norm angepasst vor sich hinlebten. Dem Virus sind die Freigeister, die Intellektuellen, die Künstler und ihr Publikum zum Opfer gefallen. Beinahe über Nacht verschwanden diese Menschen von der Bildfläche, was selbst in Städten wie New York einen nachhaltigen kulturellen Wandel verursachte.“

Freilich, „Act-Up“ hatte nachhaltigen Erfolg, von dem selbst die heutige „Occupy“-Bewegung“ zehrt. Gerechterweise muss man Jim Hubbard zugestehen, dass sein Film UNITED IN ANGER dies anklingen lässt. Darüber hinaus findet sich nicht viel in diesem Werk. Erst recht nichts, was nicht auch ein Wikipedia-Artikel leisten könnte. Dem Kino bleibt eine adäquate dokumentarische Auseinandersetzung mit dem Virus weiterhin versagt.

UNITED IN ANGER: A HISTORY OF ACT-UP
USA 2012
Dokumentarfilm
90 Minuten
Regie: Jim Hubbard
Buch: Jim Hubbard, Ali Cotterill
Kamera: James Wentzy
Schnitt: Ali Cotterill
Siehe auch den Text: „Gedenkendlosmontage“ zu WE WERE HERE (USA 2012).
.
Danke an Manuel für den Gastbeitrag!

RKI: neue Publikation zu Sicherheit von Blut

Das Robert-Koch-Institut RKI hat eine neue Publikation zum Thema Sicherheit und sichere Versorgung mit Blut heraus gegeben. Das Heft „Blut – aber sicher!“ ist im Internet verfügbar. Einer der fünf Beiträge beschäftigt sich unter dem Titel „HIV-, HCV-, HBV- und Syphilissurveillance unter Blutspendern in Deutschland 2008–2010“ mit infektiologischen Daten auch zu HIV:

„Für die Jahre 2008-2010 lag die Prävalenz bezogen auf 100.000 Untersuchungen von Neuspendern für HIV zwischen 6,6 und 7,0 … Die Serokonversionen bezogen auf 100.000 Mehrfachspenden lagen für HIV zwischen 0,8 und 0,9 … Die inzidenten HIV-Infektionen hingegen erreichten sowohl 2008 als auch 2010 Höchstwerte bei insgesamt leicht steigendem Trend seit 2001.“

.

RKI 30.07.2012: Blut – aber sicher! (pdf)
RKI 30.07.2012: HIV-, HCV-, HBV- und Syphilissurveillance unter Blutspendern in Deutschland 2008–2010 (pdf)

Françoise Barré-Sinoussi neue Präsidentin der IAS

Françoise Barré-Sinoussi ist für die kommenden zwei Jahre neue Präsidentin der International Aids Society IAS. Sie wird Nachfolgerin von Dr. Elly Katabira.

Prof. Françoise Barré-Sinoussi ist derzeit Direktorin für Retrovirus-Infektionen (Unité de Régulation des Infections Rétrovirales ) am Institut Pasteur in Paris. 2008 erhielt sie für die Entdeckung von HIV den Nobelpreis für Medizin (siehe ondamaris 08.10.2008: Wissenschaftskrimi um den Aids-Erreger).

Auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington war Françoise Barré-Sinoussi führend an der dort auf den Weg gebrachten ”Strategie zur Heilung von HIV” beteiligt, deren Ko-Vorsitzende sie ist. Barré-Sinoussi ist Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften.

Françoise Barré-Sinoussi, neue Präsidentin der International Aids Society IAS (Foto: Institut Pasteur)
Françoise Barré-Sinoussi , neue Präsidentin der International Aids Society IAS (Foto: Institut Pasteur)

Als Präsidention der IAS wird Prof. Françoise Barré-Sinoussi auch Leiterin der ‚7th IAS Conference on HIV Pathogenesis, Treatment and Prevention‘ (IAS 2013) sowie der XX. Internationalen AIDS Konferenz (AIDS 2014) sein.

Die IAS ist u.a. Veranstalter der Internationalen Aids-Konferenzen, die alle zwei Jahre (zuletzt 2012 in Washington) stattfinden.

.

IAS 27.07.2012: Françoise Barré-Sinoussi (France) Becomes IAS President Chris Beyrer (USA) Becomes IAS President-Elect, Dr. Anton Pozniak (UK) is the New Treasurer (pdf)