ondamaris sagt Danke und Tschüss

ondamaris sagt Danke und Tschüss.

Nach beinahe sieben Jahren Informationen zu HIV/Aids und zum Leben mit HIV ist nun erstmal Schluß – dieses ist der letzte Artikel auf ondamaris.

Von den ondamaris-Leserinnen und Lesern möchte ich mich mit einem herzlichen Dankeschön verabschieden !

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Am 6. März 2006 erschien der erste ondamaris-Artikel, vor beinahe sieben Jahren. Über 2.300 Artikel wurden seitdem auf ondamaris veröffentlicht, im Schnitt also über die gesamte Zeit ein Artikel jeden Kalender-Tag. Annähernd 8.000 Kommentare erhielten diese Artikel – auch dafür allen Leserinnen und Lesern meinen herzlichen Dank!

Einige Artikel fanden besonders viele Leserinnen und Leser. An erster Stelle: das Tabu-Thema Feigwarzen – tabuisierte STD mit 250.000 (!) Zugriffen, gefolgt von Oralverkehr: “sehr geringes Risiko”  mit 80.000. Sehr viel gelesen auch der Artikel über das EKAF-Statement und die Konsequenzen keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs (annähernd 40.000 Leser/innen) nebst dem DAH-Positionspapier HIV-Therapie und Prävention – Positionspapier der Deutschen AIDS-Hilfe (über 18.000), und über Prävention Prävention muss aufklärerisch ansetzen (über 20.000Zugriffe).

Ein besonderer Dank gilt dem gemeinnützigen Verein gay-web.de e.V. – der all die Jahre hindurch ondamaris unentgeltlich gehostet hat, und ohne dessen technischen Support die Seite so nicht möglich gewesen wäre.

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Nach beinahe sieben Jahren ondamaris (und über 15 Jahren, zählt man/frau die Vorläufer wie HIV-Nachrichten und HIVlife mit) ist es an der Zeit, tschüss zu sagen.

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Tschüss bedeutet konkret: ab heute erscheinen bis auf weiteres keine neuen Artikel mehr. Die bisher erschienenen Artikel bleiben zunächst weiterhin online, allerdings wird ist die Kommentar-Möglichkeit in wenigen Tagen seit 22.11.2012 deaktiviert.

Und: wer mit mir in Kontakt bleiben möchte, findet mich auch weiterhin in diversen sozialen Netzwerken – oder auf der privaten Site , die mein Mann und ich machen 2mecs.
Und vor allem: im realen Leben …

Au revoir, und: vielen Dank für deine / Ihre Treue, Kommentare, Unterstützung,

Ulli Würdemann

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siehe auch
queer.de 14.11.2012: „Ondamaris“ verabschiedet sich aus der Blogosphäre
Steven Milverton 14.11.2012: “Es wurde zwar über uns gesprochen, aber nicht mit uns.”
Bernd Aretz / DAH-Blog 15.11.2012: ondamaris.de ist eingestellt – Ein Abschiedsgruß
Gay Boys News 14.11.2012: “Ondamaris” verabschiedet sich aus der Blogosphäre
Herzenslust 14.11.2012: Internet-Portal ondamaris hört auf
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WDR verhängt ein faktisches Aufführungsverbot für den Film „ Der Aids-Krieg “

WDR verhängt ein faktisches Aufführungsverbot für den Film „ Der Aids-Krieg “

ein empörter Zwischenruf von Bernd Aretz

Neulich bekam ich eine Anfrage der Marburger Aidshilfe, ob ich denn bereit sei, nach einer Aufführung des Films „ Der Aids-Krieg “ von Jobst Knigge rund um den Welt Aids Tag an einer Diskussion mit dem Publikum teilzunehmen. Natürlich habe ich sofort zugesagt, wie ich auch auf die Anfrage des Filmemachers seinerzeit meine Unterstützung angeboten habe. Ich habe ihm Bücher, Broschüren und Zeitungsartikel zur Verfügung gestellt und hielt es für eine Selbstverständlichkeit, auch meine Zeit für ein Interview zu opfern. Schließlich ist Jobst Knigge ein brillianter empathischer Dokumentarfilmer, von dem manches auf Youtube eingestellt ist. Der Beitrag „Der Truppenunterhalter“, den ich für eine Mußestunde ans Herz lege, überzeugte mich davon, dass er eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verdient. Porto- oder Reisekosten wurden nicht erstattet, Honorarfragen erst gar nicht erörtet. Das spielte für mich keine Rolle, weil ich zu Recht davon ausging, dass ein Film entstehen würde, der seriös die aidspolitischen Auseinandersetzungen der achtziger und neunziger Jahre aufarbeiten würde.
Der Film lief über mehrere Monate immer wieder in den öffentlichrechtlichen Fernsehkanälen, die damit einen Teil ihres Bildungsauftrags erfüllten.

Nun teilte mir die Aidshilfe mit, sie könne es sich leider nicht leisten, den Film aufzuführen, da der WDR die einmalige Aufführung im nicht kommerziellen Rahmen von der Zahlung einer Gebühr in Höhe von Euro 225,00 zuzüglich Mehrwertsteuer abhängig gemacht habe. Das befremdet mich sehr. Der WDR sah sich nicht einmal zu einem Dankeschön an die Mitwirkenden in der Lage und belegt mit seiner Gebührenpolitik einen aufklärerischen Film, dessen Herstellung wir mit unseren Gebühren finanziert haben, faktisch mit einem Aufführungsverbot. Das ist schäbig und mit dem Bildungsauftrag nicht vereinbar.

Integrierte Prävention bei Drogengebrauchern : CDC bündeln Berichte zu einer Richtlinie

Integrierte Prävention bei Drogengebrauchern im Fokus: Drogengebrauchern verbesserten Zugang zu Prävention von HIV, sexuell übertragbaren Erkrankungen, viraler Hepatitis und Tuberkulose zu ermöglichen und die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu verbessern ist das Anliegen eines neuen Reports der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC.

Der Bericht bündelt Berichte und Empfehlungen diverser mit Öffentlicher Gesundheit befasster US-Agenturen zu wissenschaftsbasierten Präventionstrategien bei Drogengebrauchern und fasst diese zusammen. Er betont die Bedeutung integrierter Prävention

„Implementing integrated services for prevention of HIV infection, viral hepatitis, STDs, and TB is intended to provide persons who use drugs illicitly with increased access to services, to improve timeliness of service delivery, and to increase effectiveness of efforts to prevent infectious diseases that share common risk factors, behaviors, and social determinants.“

Integrierte Prävention bei Drogengebrauchern umfasst dem Bericht der CDC zufolge folgende Bestandteile:

„An integrated approach to service delivery for persons who use drugs incorporates recommended science-based public health strategies, including 1) prevention and treatment of substance use and mental disorders; 2) outreach programs; 3) risk assessment for illicit use of drugs; 4) risk assessment for infectious diseases; 5) screening, diagnosis, and counseling for infectious diseases; 6) vaccination; 7) prevention of mother-to-child transmission of infectious diseases; 8.) interventions for reduction of risk behaviors; 9) partner services and contact follow-up; 10) referrals and linkage to care; 11) medical treatment for infectious diseases; and 12) delivery of integrated prevention services. These strategies are science-based, public health strategies to prevent and treat infectious diseases, substance use disorders, and mental disorders. Treatment of infectious diseases and treatment of substance use and mental disorders contribute to prevention of transmission of infectious diseases. Integrating prevention services can increase access to and timeliness of prevention and treatment.“

Der Bericht geht dabei explizit z.B. auch auf Kriminalisierung und Stigmatisierung ein, zeigt auf, dass diese erfolgreiche Prävention beeinträchtigen und fordert die Einhaltung ethischer Prinzipien sowie die Wahrung von Menschenrechten (Kap. „Fear of Criminalization or Stigmatization“).

Integrierte Prävention bei Drogengebrauchern und schwulen Männern ist auch ein Anliegen der Deutsche Aids-Hilfe. Sie will als eines ihrer jüngst beschlossenen „mittelfristigen Ziele (Horizont 2020)“ erreichen dass

„eine lebensweisenakzeptierende, szenenahe, integrierte HIV-, STI- und Hepatitis- Prävention und -Versorgung insbesondere für schwule Männer und Drogengebraucher/innen umgesetzt wird“

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weitere Informationen:
CDC: Integrated Prevention Services for HIV Infection, Viral Hepatitis, Sexually Transmitted Diseases, and Tuberculosis for Persons Who Use Drugs Illicitly: Summary Guidance from CDC and the U.S. Department of Health and Human Services. Morbidity and Mortality Weekly Report (MMWR), Recommendations and Reports, November 9, 2012 / 61(rr05);1-40
DAH: DAH reloaded. Einen neuen Aufbruch wagen – selbstbestimmt, solidarisch, emanzipatorisch. Beschlussfassung (pdf)
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Time Magazine: HIV-Heimtest eine der besten Erfindungen 2012

Ein HIV-Heimtest gehört nach Ansicht des US-amerikanischen ‚Time Magazine‘ zu den besten Erfindungen 2012. Ausgewählt wurde aus 26 Vorschlägen.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA Food and Drug Administration hat am 3. Juli 2012 erstmals einem zuhause selbst anzuwendenden HIV Heimtest die Zulassung für die USA erteilt.

Die FDA weisen darauf hin, dass ein positives Ergebnis des Heimtests nicht zwingend eine HIV-Infektion bedeuten muss, vielmehr solle in diesem Fall ein erneuter Test in professioneller medizinischer Umgebung wiederholt werden. Ebenso bedeutet ein negatives Testergebnis nicht zwingend, dass keine HIV-Infektion vorliegt, insbesondere falls diese innerhalb der vergangenen drei Monate vor dem Test erworben sein sollte.

In Deutschland gilt seit Verabschiedung des ‘Gesetzes zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften’ (21. März 2010), dass HIV-Schnelltest-Kits generell nur noch an Ärzte, ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen sowie an die Deutsche AIDS-Hilfe und Gesundheitsbehörden abgegeben werden dürfen. Festgeschrieben ist außerdem, dass eine ärztliche Beratung sichergestellt sein muss.

Warum diese Regelung in Deutschland gut ist, erläutert Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen Aids-Hilfe:

“Auch wenn der Heimtest vielleicht attraktiv erscheint, weil man ihn völlig anonym machen kann – Antworten auf Fragen und Beratung zu HIV, Safer Sex und anderen sexuell übertragbaren Infektionen kann er nicht liefern.”

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CDC NPIN 05.11.2012: Time Magazine Ranks OraQuick In-Home HIV Test Among Best Inventions of 2012

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siehe auch:
FDA 03.07.2012: FDA approves first over-the-counter home use HIV test kit
DAH 04.07.2012: „Die Zulassung der HIV-Heimtests in den USA ist ein Ausdruck der Verzweiflung“
DAH 12.05.2012: HIV-Test: Do it yourself?
2mecs 22.03.2013: HIV-Heimtest: Frankreichs Nationaler Aids-Rat empfiehlt Zulassung

Frankreich: HIV-Informationen in Gebärdensprache

HIV-Informationen in Gebärdensprache sind immer noch selten. Die Gehörlosen-Gruppe der französischen Aids-Hilfe-Organisation Aides hat eine DVD erstellt mit Informationen zu HIV und Aids in (französischer) Gebärdensprache. Die einzelnen Kapitel sind auch im Internet als Clips zu sehen:

Aides: HIV-Informationen in französischer Gebärdensprache (Screenshot)
Aides: HIV-Informationen in französischer Gebärdensprache (Screenshot)

Aides: Les bases du VIH en langue des signes française

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Gebärdensprache unterscheidet sich von Land zu Land. Selbst im deutschspracchigen Raum gibt es mindestens drei Gebärdensprachen, die Deutsche Gebärdensprache (DGS), die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) wie auch die Deutschschweizer Gebärdensprache (DSGS). Die französische gebärdensprache Langue des signes française (LSF) verwendet zahlreiche unterschiedliche Gebärden.

Späte HIV-Diagnose kein wesentlicher Faktor der HIV-Übertragung laut dänischer Studie

Menschen, die eine späte HIV-Diagnose haben (‚late diagnosis‘), tragen entgegen anderslautenden Vermutungen nur marginal zur HIV-Epidemie bei. Zu diesem Schluss kommt eine dänische Untersuchung.

Menschen mit einer ‚late diagnosis‘, einer erst spät im Infektionsverlauf erfolgenden HIV-Diagnose seien ein wesentlicher Faktor, womöglich gar der ‚Motor‘ der HIV-Ausbreitung, diese These wuird oft aufgestellt. Eine dänische Untersuchung stellt diese These nun in Frage – mit potentiell weitreichenden Folgen für die HIV-Prävention.

Die Forscher untersuchten mit Hilfe phylogenetischerAnalysen (Untersuchungen der ‚Abstammung‘ verschiedener HIV-Proben, bzw. ihrer ‚Verwandtschaft‘ untereinander) HIV von 1.515 Menschen in Dänemark (davon 696 schwule Männer), bei denen ab 2001 jüngst eine HIV-Infektion neu diagnostiziert worden war. Sie suchten nach Netzwerken und Gruppen (Cluster) von HIV-Übertragungen, um herauszufinden, welche Faktoren zu einer HIV-Ausbreitung beitragen.

Unter den 1.515 HIV-Positiven befanden sich 260 mit einer primären (‚frischen‘) HIV-Infektion, sowie 460 mit einer späten Diagnose. Die Forscher konnten 46 HIV-Übertragungs-Cluster identifizieren, an denen insgesamt 502 Personen beteiligt waren.

Überraschende Ergebnisse:

  • die Hälfte aller HIV-Positiven (in dieser Studie) mit primärer HIV-Infektion bewegten sich in diesen Clustern,
  • doch nur 20% der HIV-Positiven mit einer späten HIV-Diagnose bewegten sich in diesen Clustern.

An den zwei größten Clustern von HIV-Übertragungen waren insgesamt die Hälfte aller Personen mit primärer HIV-Infektion beteiligt.

Die Forscher stellten fest, dass Personen mit niedrigen CD4-Werten weniger zur HIV-Epidemie beitragen als Personen mit hohen CD4-Werten:

„Individuals presenting with low CD4 T-cell counts contribute less to the epidemic than individuals with higher CD4 T-cell counts.“

Die Tatsache, in einem der Cluster von HIV-Übertragungen zu sein, war deutlich assoziiert mit einem Lebensalter unter 30 Jahren, injizierendem Drogengebrauch, primärer HIV-Infektion sowie Sex mit Männern.

Resumee der Forscher:

„Danish HIV epidemic is driven mainly by younger homosexual men diagnosed during primary HIV infection. VLP’s [very late presenters, d.Hg.] appear more frequently in smaller clusters or as single branches in the phylogeny. The VLP contribution is not of significant importance from a transmission standpoint.“

Sie schlußfolgern, HIV-Prävention solle sich gezielt an junge schwule Männer wenden, besonders an jene mit hohem Risiko einer primären HIV-Infektion.

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weitere Informationen:
Audelin AM et al. Phylogenetics of the Danish HIV epidemic: the role of very late presenters in sustaining the epidemic. J Acquir Immune Defic Syndr, online edition, DOI: 10.1097/QAI.0b013e318276becc, 2012. (abstract auf PubMed)
aidsmap 05.11.2012: Denmark: Late HIV diagnosis not a major factor in continued spread of HIV
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Aids2012 Abstracts : Poster und Abstracts XIX. Internationale Aids Konferenz 2012 veröffentlicht

Die XIX. Internationale Aids Konferenz 2012 ( AIDS2012 ) fand vom 22. bis 27. Juli 2012 in Washington, USA statt. Das JIAS Journal of the International Aids Society hat jüngst alle Aids2012 Abstracts und Poster veröffentlicht, diese sind online in vier verschiedenen Formaten verfügbar.

Journal of the International Aids Society
Vol. 15 Supplement 3 (2012)
AIDS2012 Abstract Supplement

Für ondamaris hat Roland in den Tagen vor und während der Konferenz über die XIX. International Aids Conference 2012 und seine Reiseeindrücke und Erfahrungen täglich live aus Washington berichtet. Eine Übersicht seiner Artikel findet sich hier: XIX. Internationale Aids Konferenz 2012 : täglich live dabei mit Roland.

Wenn der Handschuh Hepatitis hat

Die Zahl der der Hepatitis-C-Erkrankungen bei schwulen Männern mit HIV steigt seit Jahren an. Die Übertragungswege sind bisher nur unzureichend erforscht.

Mit Hepatitis C ist nicht zu spaßen. Je nach Virusvariante kann die Behandlung der Leberentzündung bis zu einem Jahr dauern. Eine vollständige Heilung ist selbst dann nicht garantiert. Derzeit ist Hepatitis C wieder auf dem Vormarsch. Seit etwa zehn Jahren registrieren Kliniken und HIV-Schwerpunktpraxen einen Anstieg der Infektionen. Besonders stark betroffen sind schwule Männer mit HIV. Sie scheinen ein höheres Risiko zu haben, sich beim Sex mit Hepatitis C zu infizieren.

ANSTECKUNGSGEFAHR NUR BEI BLUTKONTAKT

Eigentlich ist Hepatitis-C keine Krankheit, die beim Sex übertragen wird. Unverletzte Haut ist weder Austritts- noch Eintrittspforte für das Hepatitis-C-Virus (HCV). Nur wenn Blut im Spiel ist, besteht Ansteckungsgefahr. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) unter HIV-positiven Männern lenkte 2011 den Blick auf zwei mögliche Risikofaktoren: Gruppensex und Fisten.

Studienteilnehmer, die sowohl mit HIV als auch mit Hepatitis C waren, berichteten häufiger von Blutungen nach dem Analverkehr als die Männer ohne Hepatitis C aus einer Vergleichsgruppe. Eine weitere Auffälligkeit: Koinfektionen von HIV und HCV traten öfter bei Männern auf, die beim Fisten passiv sind. Bei dieser Sexualpraktik führt der eine Sexpartner Hand oder Unterarm in den Enddarm des anderen ein. Auch dabei kann es zu Blutungen kommen, wobei die Beteiligten das oft gar nicht bemerken.

Eine wichtiger Hinweis der RKI-Studie: Der Überträger des Hepatitis-C-Virus muss selbst gar nicht infiziert sein. Wenn dieser mit Handschuh, Faust oder Penis zwischen mehreren passiven Sexpartner wechselt, wenn Handschuh beziehungsweise Kondom nicht gewechselt werden, lassen sich die langlebigen HC-Viren relativ einfach von einer Person auf die nächste übertragen.

ÜBERTRAGUNGSWEGE UNZUREICHEND ERFORSCHT

„Gruppensex wurde in mehreren Studien als Risikofaktor identifiziert“, erläutert Armin Schafberger, Medizin-Referent der Deutschen AIDS-Hilfe. „Beim Gruppensex kann blutiger Schleim vom ersten passiven Partner auf den zweiten übertragen werden, egal ob ein Kondom eingesetzt wird oder nicht. Gleiches gilt für das Fisten – mit oder ohne Handschuh.“

Auch andere Übertragungswege sind denkbar – sofern Blut freigesetzt wird. Dann aber reichen schon kleinste Mengen, um das Hepatitis-C-Virus weiterzugeben. Der bekannteste Übertragungsweg für Hepatitis-C ist gemeinsam benutztes Drogenbesteck, vor allem beim intravenösen Konsum. Winzige Blutpartikel auf den Spritzen reichen für eine Ansteckung. Doch diese Art von Drogengebrauch spielt beim Sex zwischen Männern keine größere Rolle als bei Heteros. Oder doch?

Ein Erklärungsversuch: Manche Drogen, die beim schwulen Sex zum Einsatz kommen, kann man sich auch intramuskulär spritzen; Ketamin zum Beispiel, ein Schmerzmittel der Notfallmedizin. Es kann sogar Pferde ruhigstellen. Auf manchen schwulen Sexpartys ist der Stoff beliebt, da es den Schmerz beim stark dehnenden Analverkehr oder beim Fisten lindert.

Verkauft wird Ketamin oft als Pulver. Auch beim Schnupfen könnte eine Hepatitis-C-Gefahr schlummern. Wer ein weitergereichtes Röhrchen nutzt, um sich Ketamin (oder andere Drogen) in die Nase zu ziehen, könnte mit Blutpartikeln aus dem Nasensekret seines Vorgängers in Kontakt kommen. In der Schweizerische HIV-Kohorten-Studie (www.shcs.ch) war diese Art von Drogenkonsum allerdings kein Risikofaktor. „Das sagt aber noch nicht allzu viel“, relativiert Armin Schafberger. „Wir kennen das von der Hepatitis C: Mal erscheint ein Übertragungsweg in einer Studie relevant zu sein, in der nächsten Studie ist er dann wieder bedeutungslos.“

KONDOME SENKEN AUCH DAS HEPATITIS-C-RISIKO

Die Schweizerische Studie hat zudem gezeigt, dass Kondomverzicht das Hepatitis-C-Risiko verdoppelt. „Bei Analverkehr kann es zu Blutkontakt kommen, und deshalb hat das Kondom eine wichtige Schutzfunktion“, erläutert Armin Schafberger. „Aber es scheint auch Übertragungen trotz Kondom zu geben.“ In künftigen Forschungsstudien müsse man noch genauer erfragen, was im jeweiligen Fall beim Sex passiert sei.

Eines hat die RKI-Studie schon jetzt deutlich gezeigt: Einfache Botschaften für die Hepatitis-C-Prävention gibt es nicht. Weder Gruppensex noch Fisten ist an sich riskant – es kommt ganz darauf an, wie man beides praktiziert. Selbst Dinge, die einen Hygienevorteil bieten, können bei falscher Handhabung die Verbreitung von Hepatitis-C begünstigen. So gibt es in vielen schwulen Saunen Spülschläuche, mit denen Gäste ihren Anus vor und nach dem Analverkehr reinigen können. Der Haken daran: Benutzer, die keinen eigenen Aufsatz verwenden, laufen Gefahr sich auf diesem Wege mit Hepatitis-C zu infizieren.

CHECKLISTE – SO SCHÜTZT DU DICH!

  1. Kondome schützen. Für jeden Sexpartner ein neues Kondom.
  2. Beim Fisten schützen Handschuhe – für jeden Partner neue.
  3. Wenn Drogen gespritzt werden: Nadeln und Zubehör nicht gemeinsam verwenden. Das gilt auch fürs Röhrchen beim Sniefen.
  4. Sex-Utensilien wie Dildos, Anal-Spülstäbe oder Gleitmitteltöpfe nicht gemeinsam verwenden. Hier kann sich das Hepatitis-C-Virus lange halten.
  5. Wichtig: Eine Impfung gegen Hepatitis C ist nicht möglich, gegen Hepatitis A und B hingegen ist sie möglich und empfehlenswert!

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Die Studie über Hepatitis-C-Risiken beim schwulen Sex ist kostenlos verfügbar über plosone.org: Axel J. Schmidt et al., Trouble with Bleeding: Risk Factors for Acute Hepatitis C among HIV-Positive Gay Men from Germany—A Case-Control Study (März 2011)

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Pressetext DAH/iwwit

Trauer unterm Regenbogen – Talkrunde und Kongress in Berlin

“ Trauer unterm Regenbogen “ – eine Talkrunde am Freitag 2.11. und ein Kongress am Samstag 3.11.2012 widmen sich der Frage, ob und wie die Erfahrung von Tod und Trauer (insbes. bei Schwulen) in den frühen Jahren der Aids-Krise die Trauerkultur verändert haben – und was davon geblieben ist.

Die Initiatoren beschreiben den Kongress wie folgt:

„In den 1980er und 1990er Jahren konnten sich viele von HIV und AIDS Betroffene in den bis dahin gebräuchlichen Formen des Umgangs mit Sterben, Tod und Trauer nicht wiederfinden. Aus diesem Mangel entwickelten sich neue Elemente einer anderen Trauerkultur. Diese Um- und Aufbrüche haben, weit über die ursprünglich Betroffenen hinaus reichend, den gesellschaftlichen Umgang mit Sterben, Tod und Trauer verändert. Der Kongress möchte die Veränderungen nachzeichnen und aktuelle Entwicklungen innerhalb und außerhalb der queeren Communities herausarbeiten.“

Trauer unterm Regenbogen (Logo: Konferenz)
Trauer unterm Regenbogen (Logo: Konferenz)

Auftakt zum Kongress ist eine Talkrunde am Freitag, 2.11.2012 im Rathaus Schöneberg.

Am Samstag, 3.11. finden acht Workshops statt, die sich u.a. beschäftigen mit Themen wie „Trauerfeier – Stimmig: Reverenz und Respekt vor dem_der Verstorbenen – Hilfe und Begleitung für Partner_innen“, „Unser Leben ist aufregend und bunt! Warum also einen trostlosen Abgang machen?“, „Sterben ist das Leben vor dem Tod“ oder „pflegende Angehörige im Kontext schwul/lesbischer Lebensvielfalt“.

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Kongress „Trauer unterm Regenbogen –
Kongress zu Trauerkultur und queeren Communities“
Berlin, 2. & 3. November 2012
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Beispiele für Trauerkultur in Zeiten von Aids auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof in Berlin Schöneberg
DAH-Blog 09.11.2012: Wie privat, wie politisch ist unsere Trauer?
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Schwule Männer mit Aids starben Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre nicht wie Generationen zuvor zurückgezogen ins stille Kämmerchen, möglichst ungesehen – sondern sichtbar, offen, wahrnehmbar.
Die Todesanzeigen auch in Schwulenmagazinen waren un-übersehbar. Die Trauerfeiern waren teilweise bunt, bizarr, individuell. Individuelle Ausdrucksformen wurden gesucht, von Trauerfeier über Grabstein bis Sarggestaltung, von anonymer Beisetzung über Einzelgrab bis Gemeinschaftsgrabstätten.

Ein großer Schritt, ein Fortschritt – weg von Scham und Schweigen, hin zu Versuchen eigener schwuler und queerer Trauerkultur.

Und heute? Fast mag man den Eindruck haben, heute wird oft wieder lieber ver-schämt, ‚leise‘, ver-schwiegen gestorben und getrauert. Im Stillen, kaum wahrgenommen vom ‚Rest‘ der Gesellschaft. Sind Scham und Schweigen zurück?

Die eigenen Formen und Ausdrucksweisen queerer Trauerkultur, die einst gesucht und individuell gefunden wurden, sie sind zu wertvoll, um in Vergessenheit zu geraten. An sie zu erinnern, sie wieder in Erinnerung zu rufen ist einVerdienst. Die wichtige Frage zu stellen, was uns dies heute sagen, wie kann Trauer, auch queere Trauer heute, auch in digitalen Zeiten, aussehen, noch mehr.

Ein großer Dank an die Initiatoren, dass sie dieses Thema aufgegriffen haben.
Es bliebt zu hoffen, dass Inhalte und Ergebnisse der Talkrunde und der Workshops anschließend dokumentiert und breiter zugänglich werden.

Betreuung von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Krankenhaus und Praxis: Faltblatt der BÄK

Eine Person ohne legalen Aufenthaltsstatus benötigt medizinische Behandlung oder Betreuung – immer wieder führt diese Situation zu Fragen und Problemen, auch bei HIV-positiven Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus.

Ein 8-seitiges Infoblatt der Bundesärztekammer BÄK betont die Verpflichtung, jeden Menschen medizinisch zu behandeln, und gibt Ärztinnen und Ärzten Informationen zu praktischen Problemen wie juristischer Situation oder Abrechnung.

„Ärzte haben die Pflicht, einem Patienten unabhängig von seinem zivilen oder politischen Status angemessene medizinische Versorgung zukommen zu lassen, und Regierungen dürfen weder das Recht des Patienten auf eine derartige Versorgung, noch die Pflicht des Arztes zur Behandlung allein auf der Grundlage des klinischen Bedarfs einschränken.“
WMA Resolution on Medical Care for Refugees and Internally Displaced Persons – beschlossen von der Generalversammlung des Weltärztebundes, Oktober 1998 / 2008 / 2010

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Bundesärztekammer: Patientinnen und ­ Patienten ohne legalen Aufenthaltsstatus in ­Krankenhaus und Praxis (pdf)

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Danke an Dirk für den Hinweis!

“ Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit „

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – von der Ungleichwertigkeit zur Ungleichheit, dieses von der Universität Bielefeld (Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung) entwickelte Modell könnte Anregungen geben für die weitere Auseinandersetzung mit dem Thema Stigmatisierung HIV-Positiver.

Stigmatisierung (nicht nur als) HIV-Positiver und Aids-Kranker stand im Mittelpunkt eines Fachtags der Deutschen Aids-Hilfe. Michael Müller (Universität Bielefeld) stellte dort das Modell (Syndrom) Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) vor.

Eine ‚Ideologie der Ungleichwertigkeit‘ wird dabei als Kern von Vorurteil und Stigmatisierung gesehen und ist zentral im GMF-Syndrom. Was Stigmatisierung und Diskriminierung befördert (zum Beispiel gesellschaftliche Entwicklungen wie eine zunehmende Ökonomisierung sozialer Beziehungen), haben die Bielefelder Wissenschaftler über eine  Zeitraum von zehn Jahren analysiert.

Einen kurzen Überblick über das Modell gibt ein Artikel in „Aus Politik und Zeitgeschehen“ (Bundeszentrale für politische Bildung):

„Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit widerspricht der Wertvorstellung von Gleichwertigkeit. Sie rechtfertigt Ideologien der Ungleichwertigkeit, die ihrerseits soziale Ungleichheit langfristig zementieren können.“

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Die Präsentation des Konzepts GMF Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit durch Dipl.Päd. Michael Müller in Vertretung für Prof. Zick – für mich das Highlight auf dem Fachtag „Ausgrenzung. Macht. Krankheit. HIV-bezogener Stigmatisierung entgegentreten!“, den die Deutsche Aids-Hilfe am 27. und 28. Oktober 2012 in Berlin veranstaltet hat.

Gesellschaftlichen Entwicklungen räumen die Bielefelder Forscher eine zentrale Bedeutung im Rahmen des Syndroms Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein. Diese Zusammenhänge zu verstehen und analysieren könnte Aidshilfe(n) wie auch HIV-positiver Selbsthilfe Grundlagen und Anregungen geben zur Auseinandersetzung mit Stigmatisierung.

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Eva Groß, Andreas Zick, Daniela Krause alle: Universität Bielefeld)
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 16-17/2012)
„Ungleichheit, Ungleichwertigkeit“
als Print vergriffen, Download als pdf hier

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siehe zum Thema auch
Prof. Dr. Andreas Zick, Dr. Beate Küpper, Andreas Hövermann
„Die Abwertung der anderen –
Eine europäische Zustandsbeschreibung zu Intoleranz, Vorurteilen und Diskriminierung“
Als Download bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (pdf)

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Der Nationale AIDS-Beirat fordert den Abbau von Diskriminierung in der Arbeitswelt

Der Nationale Aids-Beirat forderte in einem Votum vom 11. Oktober 2012, die Diskriminierung von Menschen mit HIV im Erwerbsleben abzubauen.
Hier das Votum im Wortlaut als Dokumentation:

Der Nationale AIDS-Beirat fordert den Abbau von Diskriminierung in der Arbeitswelt

Bonn/Berlin, 11. Oktober 2012

Am 11. Oktober 2012 hat der Nationale AIDS-Beirat folgendes Votum beschlossen:

Die HIV-Infektion ist heute gut behandelbar. Dies spiegelt sich auch im Arbeitsleben wider: die Mehrheit der Menschen mit HIV in Deutschland ist erwerbstätig.

Weil Menschen mit HIV im Erwerbsleben immer noch diskriminiert werden, stellt der Nationale AIDS-Beirat (NAB) fest:

Im Berufsalltag besteht kein Risiko der HIV-Übertragung durch HIV-positive Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Andere. Dies gilt auch für Tätigkeiten in Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Kindergärten, Pflegeheimen), in der Gastronomie und im Gesundheitswesen. Selbst bei verletzungsträchtigen chirurgischen Operationen ist bisher in Deutschland kein Übertragungsfall aufgetreten.

Der NAB verurteilt jegliche Diskriminierung von Menschen mit HIV im Berufsalltag und bei Bewerbungs- und Einstellungsverfahren sowie die Einschränkung der Berufsausübung und der beruflichen Weiterbildung. Die Ablehnung oder Entlassung wegen einer HIV-Infektion oder der Weigerung, einen Test durchzuführen, stellt eine Diskriminierung dar.

  • Der NAB stellt fest, dass keine Verpflichtung zur Offenlegung der HIV-Infektion besteht. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, über den HIV-Status Auskunft zu verlangen.
  • Weder in Bewerbungsverfahren noch bei bestehenden Arbeitsverhältnissen darf ein HIV-Test verlangt werden.
  • Erhält der betriebsärztliche Dienst Kenntnis von einer HIV-Infektion, unterliegt er der Schweigepflicht, auch gegenüber dem Arbeitgeber.

Der NAB fordert die Diskriminierung von Menschen mit HIV im Berufsleben abzubauen. Betriebe und Verbände stehen in der Pflicht, Maßnahmen zu entwickeln und zu verstärken, die einen offenen und angstfreien Umgang mit der HIV-Infektion ermöglichen.

Der Nationale AIDS-Beirat ist ein unabhängiges Beratungsgremium des Bundesministeriums für Gesundheit. Er ist interdisziplinär mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Forschung, medizinische Versorgung, öffentlicher Gesundheitsdienst, Ethik, Recht, Sozialwissenschaften, sowie Personen aus der Zivilgesellschaft zusammengesetzt. Weitere Hinweise zum Nationalen AIDS-Beirat finden Sie hier.

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Quelle BMG

Gesundheits- Informationen, queer.de und das Geld der Pharma-Industrie

Gesundheits-Informationen für schwule Männer mit HIV und Aids – eine gute Idee bestimmt, auch auf einem Portal wie queer.de. Aber – muss das mit Pharma-Geld sein? Kann diese ‚Information‘ dann ‚unabhängig‘ sein? Ein großes Unbehagen macht sich breit … und viele Fragezeichen.

Einen ‚Themenkanal‘ (Rubrik) „gezielt an schwule Männer mit HIV/Aids“ unter dem Namen ‚Gesundheit HIV+‘ hat das Internetportal für Schwule queer.de heute gestartet. Gesundheitsinformationen für schwule Männer, speziell für HIV-Positive – eine gute Idee. Weit weniger gut finde ich: dieser Themenkanal wird durch einen (1 !) Pharmakonzern ‚ermöglicht‘ (spricht: bezahlt). Dass auf dieses Pharma-Sponsoring von Gesundheits-Informationen unter den Artikeln in einem ‚Disclaimer‘ hingewiesen wird, macht die Sache nicht besser …

queer.de teilt in seinem Newsletter heute (29.10.2012) mit

„Heute starten wir einen neuen Themenkanal auf queer.de, der sich gezielt an schwule Männer mit HIV/Aids richtet. Mit Service und Tipps für ein gesundes Leben, Basics für „Einsteiger“ mit frischer HIV-Diagnose, neue Infos aus der Medizin, verständlich aufbereiteten Forschungsergebnissen und Storys aus den Lebenswelten HIV-Positiver.“

Im Newsletter sowie im Hinweis auf die neue Rubrik auf sozialen Netzwerken wird auf den Hinweis auf das Sponsoring durch die Pharmaindustrie verzichtet, ebenso in der Rubrik-Ankündigung auf der Startseite sowie in der Rubrik-Summenseite wird dieser (für den Leser nicht unwichtige) Hinweis verschwiegen. Unter den jeweiligen Artikeln des Themenkanals wird immerhin per ‚Disclaimer‘ hingewiesen:

„Dieser Artikel wurde inhaltlich frei von einem queer.de-Autoren verfasst. Der Themenkanal „Gesundheit HIV+“ wird durch Unterstützung von „[[Name eines Pharmaunternehmens]]“ ermöglicht.“

Das Sponsoring erfolgt durch einen Pharmakonzern, der in den vergangenen Jahren seinen Anteil auf dem Markt der Aids-Medikamente (auch durch gezielte Marketing-Maßnahmen) in bemerkenswertem Ausmaß  gesteigert hat, und der gerade aktuell mit einem Medikament besonders in der Diskussion ist (und ein besonderes Interesse an Publizität haben dürfte).

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Auf den bisherigen Artikel-Seiten ist zudem jeweils eine Anzeige platziert für eine HIV-bezogene Smartphone-App. Es bleibt zu hoffen, dass die Site-Betreiber geprüft haben, wie seriös dieses Angebot ist, wer was mit den Daten macht etc.

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Sponsoring ist (im Gegensatz zu Mäzenatentum) nicht ohne Gegenleistung. Und Pharma-Sponsoring ist vermutlich nicht eben interessenneutral.

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Vielen, die in Medien oder im Bereich der Patienten-Information arbeiten, ist vermutlich bekannt, dass Unternehmen und Verbände der Pharma-Industrie auf viel subtilere Weisen Wege finden, Inhalte zu platzieren, Themen zu setzen, Berichterstattung zu beeinflussen, als durch direkte Einflussnahme.

Da werden vielleicht vom gutaussehenden (im HIV-Bereich gern schwulen) Pharma-Referenten ’spannende Themen‘ vorgeschlagen. Oder die mütterliche Frau vom Pharmakonzern weiß zufällig eine – selbstverständlich unabhängigen – Referentin oder einen Autoren für ein Thema. Und da findet doch dieser spannende Kongress an diesem ziemlich attraktiven Ort statt, ob man denn da vielleicht mal teilnehmen wolle? Man dürfe natürlich anschließend gern darüber berichten …

Phantasien eines Kommentators? So mancher Mitarbeiter einer Aidshilfe, so mancher Redakteur von Gesundheits-Magazinen kann da vermutlich von noch ganz anderen ‚kreativen Ideen‘ berichten.

So sind dies nur einige wenige (zudem eher offensichtliche) Beispiel dafür, wie Einflussnahme auch indirekt sehr gut möglich ist – auch innerhalb dessen, was der ‚Disclaimer‘ an Unabhängigkeit suggeriert.

Wegen dieser möglichen eher subtileren Wege der Wahrnehmung ihrer Interessen durch Unternehmen und Verbände rufen ‚Disclaimer‘ wie oben oft ein gewisses Schmunzeln hervor, suggerieren sie doch eine Unabhängigkeit, die vorsichtig formuliert zumindest hinterfragenswert erscheint.

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Aidshilfe und HIV-positive Selbsthilfe haben sich seit Jahren mit der Frage Finanzierung / Sponsoring durch Pharma-Industrie auseinander gesetzt. Und es sind brauchbare Konzepte entstanden (wenn auch nicht alle Aidshilfen diese immer einhalten, aber dies ist ein anderes Thema).

Dabei sind u.a. folgende Punkte als sinnvoll zu erörtern deutlich geworden:

  • Ist Pharma-Sponsorig wirklich erforderlich, zumal es nie ohne Gegenleistung und nie interessenneutral ist?
  • Pharma-Sponsoring nicht ‚direkt am Thema‘ – d.h. kein Pharma-Sponsoring von an Patienten gerichteten Gesundheits-Informationen
  • Wenn Pharma-Sponsoring, dann nicht direkt durch ein Unternehmen, sondern durch mehrere Unternehmen und über einen (möglichst durch eine mit dem Inhalt nicht befasste Stelle koordinierten) Pool, um direkte wie indirekte Einflussnahmen zu erschweren.

Dies sind nur Beispiel der Gedanken, Konzepte, Ideen (siehe Links unten) zur Frage, wie umgehen mit Pharma-Geld – falls man/frau es denn für unumgänglich hält dies zu nehmen.

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Es bleibt zu hoffen, dass die Macher von queer.de sich zentrale Fragen gestellt haben. Und mir ist klar, dass auch ein Portal wie queer.de, das seine Artikel unentgeltlich zur Verfügung stellt,  Einnahmen braucht.
Allein – es bleiben viele Fragen. Muss es gerade Gesundheitsinformation sein, die durch ein Unternehmen der Pharmabranche gesponsert wird? Und durch ein (einziges) Unternehmen?

Ein großes Unbehagen bleibt.
Und ein nicht eben grundloses Unbehagen.
Ich jedenfalls möchte neutrale Informationen zu Gesundheitsthemen lesen.
Und nicht durch Pharma-Industrie gesponserte ‚Artikel‘ – die werd ich eben nicht anklicken, nicht beachten. Auch auf queer.de nicht, auch in diesem ‚Themenkanal‘ dann eben nicht.

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Einige Informationen und Gedanken zum Themenbereich Pharma-Sponsoring und Gesundheits-Informationen:

Leitsätze der DAH zur Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie
ondamaris 16.9.2010: Selbsthilfe und Pharma-Sponsoring – Materialsammlung
ondamaris 27.07.2010: Unabhängigkeit der Selbsthilfe: Monitoring- Ausschüsse legen 2. Jahresbericht vor
Leitsätze der Selbsthilfe für die Zusammenarbeit mit Personen des privaten und öffentlichen Rechts, Organisationen und Wirtschaftsunternehmen, insbesondere im Gesundheitswesen
ondamaris 22.02.2009: Verdeckte Werbung der Pharma-Industrie
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Hepatitis C : Antivirale Behandlung reduziert Risiko von Leberkrebs bei Hepatitis-C- Leberzirrhose und -Fibrose

Antivirale Behandlung (Interferone mit oder ohne Ribavirin) einer Hepatitis C -Infektion reduziert das Risiko  von Menschen mit Hepatitis-C-assoziierter Leber-Zirrhose oder -Fibrose, an Leberkrebs (Leberzellkarzinom, HCC hepatozelluläres Karzinom) zu erkranken. Dies zeigt eine Meta-Analyse von acht randomisierten Studien und fünf Beobachtungsstudien, die im British Medical Journal Open (im Volltext frei zugänglich) veröffentlicht wurde.

Zudem liefere die Untersuchung Hinweise darauf, dass der nützliche Effekt antiviraler Behandlung der Hepatitis C möglicherweise über den direkten virologischen Effekt hinaus reiche:

„This review found that antiviral therapy may prevent HCC in patients with hepatitis C-related fibrosis or cirrhosis. Our subgroup analyses suggest that the antiviral therapy may have beneficial effects on the risk of developing HCC that are unrelated to the virological response.“

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weitere Informationen:
Kimer et al.: Antiviral therapy for prevention of hepatocellular carcinoma in chronic hepatitis C: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. in: British Medical Journal Open (Volltext)
aidsmap 29.10.2012: Antiviral treatment reduces risk of liver cancer in people with hepatitis C-related cirrhosis and fibrosis
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„Dass meine Kinder mit einem gefüllten Rucksack unterwegs sind, ist mir bewusst.“

„Offen und öffentlich mit HIV leben“ – das macht Michèle Meyer schon seit einigen Jahren. Wie es dazu kam, wie das geht und mit welchen Folgen, erläutert Michèle Meyer (die auch ondamaris-Autorin ist) in einem Gastbeitrag auf dem schweizerischen Blog „Gesellschaft, Behinderung und die Invalidenversicherung“.

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Michèle Meyer
Mein öffentliches Leben mit HIV

Gastbeitrag auf „Gesellschaft, Behinderung und die Invalidenversicherung“, 25.10.2012