Elizabeth Taylor: Teil des Erbes für Aids- Organisationen ?

Am 23. März 2011 starb in Los Angeles die Schauspielerin Elizabeth Taylor. Ein Teil ihres umfassenden Erbes könnte Aids-Organisationen zugute kommen.

Nach langer Krankheit ist die in London geborene Schauspielerin Elizabeth Taylor am 23. März 2011 im Alter von 79 Jahren in Los Angeles gestorben. Aufgrund eines Herzfehlers hatte sie sich bereits seit mehreren Wochen in einem Krankenhaus aufgehalten.

Taylor war am 24. März entsprechend traditionellen jüdischen Zeremonien auf dem Forest Lawn Memorial Park in Glendale (Kalifornien) beigesetzt worden. Taylor war 1959 zum jüdischen Glauben übergetreten.

Anfang der 1980er Jahre war Elizabeth Taylor die erste Prominente, die ihren Status dazu  nutzte, um auf die Situation der an Aids Erkrankten aufmerksam zu machen. Taylor war Vorsitzende einer der ersten großen Aids-Benefiz-Veranstaltungen der USA. Sie war – ebenfalls 1985, nach dem Tod ihres Schauspiel-Kollegen und Freundes Rock Hudson an den Folgen von Aids – gemeinsam mit Dr. Mathilde Krim und einigen wenigen weiteren Ärzten und Wissenschaftlern beteiligt an der Gründung der “American Foundation for AIDS Research” (AmfAR), die sie immer wieder unterstützte. Zudem gründete sie 1991 die “Elizabeth Taylor AIDS Foundation” (ETAF).

Nun könnte ein Teil des Erbes von Elizabeth Taylor ebenfalls Aids-Organisationen zugute zu kommen, spekuliert die ‚New York Post‘. So solle ihre umfangreiche Juwelen-Kollektion versteigert werden zugunsten ihrer “Elizabeth Taylor AIDS Foundation” (ETAF).

Der Wert des Nachlasses von Elizabeth Taylor wird auf insgesamt mindestens 600 Millionen US-§$ geschätzt.

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weitere Informationen:
NY POst 25.03.2011: Liz legacy of charity – Bulk of $600M estate to AIDS foundation
iwwit 01.04.2011: Taylor vererbt HIV-Forschung Millionen
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Greg Louganis zurück

Mehrfacher Olympia-Sieger, fünf Weltmeister-Titel, offen schwul, offen HIV-positiv – nach Jahren eher zurückgezogenen Lebens ist der US-amerikanische Wassersport-Star Greg Louganis zurück, als Trainer in Kalifornien.

Mit 16 gewann Gregory ‚Greg‘ Efthimios Louganis seine erste olympische Medaille (Silber) – 1988 war er der erste Sportler überhaupt, dem es gelang, bei zwei aufeinander folgenden Olympischen Spielen jeweils Doppel-Olympiasieger im Turmspringen zu werden.

Bei den Olympischen Spielen 1988 ging Louganis noch nicht offen mit seiner HIV-Infektion um – Gastgeber der Olympischen Spiele war Südkorea, ein Staat, der seinem Freund Ryan White als HIV-Positivem die Einriese verweigert hätte. 1994 teilte Luganis offiziell mit, seit 1988 von seiner HIV-Infektion zu wissen.

1988 beendete Greg Louganis seine aktive sportliche Laufbahn, arbeitet fortan als Schausspieler, Tänzer und Autor. Darüber hinaus engagierte er sich als Botscgafter für die ‚gay games‘ sowie im Kampf gegen Aids.

Seit November 2010 ist Greg Louganis, heute 51 Jahre alt, zurück im Sport – als Trainer bei den ‚SoCalDivers‘ (Southern California Divers).

1993 feierte Louganis seinen 33. Geburtstag – mit einer riesigen Party, er glaubte einem Bericht der New York Times zufolge nicht daran, auch noch seinen nächsten Geburtstag zu erleben. Inzwischen hat er sich an seinem HIV-Status – mit Ausnahme einer Situation vor zwei Jahren, als seine CD4-Werte gefährlich niedrig waren – gewähnt, sagt er denke kaum daran: „“you kind of forget about it.”

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weitere Informationen:
New York Times 20.02.2011: Louganis is back on board
Greg Louganis Website
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Bugchasing: viel neo-Lärm um nichts

‚Bugchasing‘ – die erste Folge der neuen Reihe „Wild Germany“ auf ZDF neo befasste sich am 12.2.2011 mit Menschen, die behaupten sich absichtlich mit HIV infizieren zu wollen. Und fand keine.

Samstag, 12. Februar 2011,22:15. Der ZDF-Kanal ’neo‘ startet eine neue Reportage-Reihe „Wild Germany“. Thema der ersten Folge der neuen Reihe: HIV – oder genauer Menschen, die behaupten, sich absichtlich mit HIV infizieren zu wollen: „Manuel Möglich will wissen, ob dieses Phänomen wirklich existiert und was einen gesunden Mann dazu bringen kann, todkrank sein zu wollen“, hatte ZDF neo seine Sendung über ‚bugchasing‘ angekündigt.

Der journalistische Anspruch war in der Ankündigung hoch gehängt: „Manuel Möglich begegnet seinen Gegenübern auf Augenhöhe, ohne die journalistische Distanz zu verlieren“, hatte ZDF neo angekündigt. „Die Reportagen sind mehr als ein Szeneeinblick, sie sind vielmehr ehrliche Porträts von Deutschlands Städten und Dörfern. Darin werden Menschen und ihre Geschichten so gezeigt, wie sie sind.“ (Quelle)

Die 30-minütige Sendung beginnt mit einem kurzen Interview mit Dr. Uli Marcus (Robert-Koch-Institut). Er bemüht sich, potentielle Motive für ‚Bugchasing‘ zu erläutern, das Phänomen und mögliche Beweggründe verständlicher zu machen.

Dann geht es ab ‚auf die Piste‘ – in schwules Tag- und Nachtleben, auf der Suche nach dem unbekannten Bugchaser. Berichte aus der Schwulen-Szene in Berlin und in Leipzig – mit Kommentaren wie „sie spielen russisches Roulette“ und „es geht um Leben und Tod“.

Claude wird interviewt, ein HIV-positiver schwuler Mann aus Berlin, der offen und reflektiert über sein Sexleben berichtet. Anschließend kommentiert der Reporter, der eben noch so verständnisvoll war, voller Entrüstung „Claude ist aidskrank und veranstaltet trotzdem [sic!] Sexparties“.

Weiter geht es nach Leipzig. Nach Gesprächen mit zwei Leipziger Schwulen der Versuch, eine schwule Sexparty zu besuchen. Angezogen und mit Kamera wird der Zutritt verwehrt – der Reporter zieht sich aus, um doch auf die  Sexparty zu kommen, ohne Kamera. Wieder heraus, berichtet er der Kamera. Er habe sich „völlig verängstigt“ gefühlt, sei „schockiert“. Er wäre in einem „echt fiesen Keller“ gewesen, dort wären „alle völlig nackt“ und „komplett rasiert, jeder zweite mit nem Cockring“. Ein Gast habe sich „fies einen runtergeholt“ – immerhin, „ich bin nicht direkt angegrabbelt worden“.

Am nächsten Tag besucht der ‚Reporter‘ mit Wirt und Kamera den gleichen Laden tagsüber, ohne Gäste. Die Kamera zeigt einen Gyn-Stuhl, dann einen Sling – mit begleitender Grusel-Musik und einem verzweifelt dreinschauenden Reporter, der von „Geisterbahn-Feeling“ spricht. „Bezahlen um HIV-positiv zu werden“, kolportiert der ‚Bericht‘ via Interview gen Schluss noch Kneipen-Gerüchte über Freier, die Sex mit positiven Sexworkern suchen, verkauft sie unhinterfragt als bare Münze.

Und das Resümee?
„Fakt ist, Bugchaser gibt es“ wird drohend konstatiert. Sexparties werden pauschal als ‚Motor der Infektion‘ bezeichnet und ‚Realtitätsverlust‘ bei Schwulen konstatiert. Auf Basis zweier kurzer und bei weitem nicht repräsentativer kurzer Blicke in Ausschnitte vom schwulem Leben stellt der Reporter entrüstet fest: „HIV und Aids scheinen ihren Schrecken völlig verloren zu haben – Wahnsinn!“

Einen „bugchaser“ allerdings, Thema der Sendung, hat der Reporter letztlich nicht finden können. Kein Wunder, mag der halbwegs Informierte denken – schließlich sind Experten sich seit langem einig, dass es sich hier – wenn überhaupt existierend – aus epidemiologischer Sicht um ein absolutes Rand-Phänomen handelt. Was in der ‚Reportage‘ (trotz interviewtem Epidemiologen) jedoch nicht gesagt wurde. Warum nicht?

Kein ‚bugchaser‘ also. Weil der Film aber nicht ohne Pseudo-Skandal auskommen kann, wurde ein anderer Aufhänger, Aufreger gesucht. Nur wo? Zusammengefasst: der Reporter scheint, den Eindruck kann man als Zuschauer gewinnen, den dann eigentlichen Skandal darin zu sehen, dass HIV-Positive Sex haben. Und dass sie auch Sex mit ungetesteten oder HIV-negativ getesteten Sexpartnern haben.

Nur – worin soll der Skandal liegen, wenn Menschen miteinander einvernehmlich Sex haben? Der Reporter nimmt vorgreifend schon zu Beginn die Gesundheitsökonomie zu Hilfe – die monatlichen Behandlungskosten im Fall einer Infektion. Worin die Konsequenz seines Gedankengangs letztlich liegt, lässt er unausgesprochen. Der Zuschauer kann (soll?) sich seinen Teil denken: soll ‚denen‘ vielleicht doch einfach der Sex verboten werden?

Nach der Sendung standen zwei Experten der Aids-Hilfe Mainz im Chat für Fragen zur Verfügung. Welche Fragen sie wohl gestellt bekamen?

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‚Bugchasing‘ – Menschen, die sich wissentlich, absichtlich mit HIV infizieren (oder als vermeintliche ‚Pozzer‘ andere infizieren) – diese ‚urbane Nachtleben-Legende‘ wird immer wieder gerne von gewissen Medien hervorgeholt.

Mythen zu thematisieren bringt potentiell Aufreger – und Quote. Wie den zu jedem Welt-Aids-Tag fast ritualhaft wieder hervorgekramten Mythos der ’neuen Sorglosigkeit‘ (Sorglosigkeit? Fehlanzeige!)). Oder eben den Mythos von verantwortungslosen Positiven und den Mythos von verantwortungslosen Schwulen. Aber – machen diese Mythen auch seriösen Journalismus aus?

Menschen zu zeigen „so wie sie sind“ und „ohne die journalistische Distanz zu verlieren“- ist die Sendung ihrem selbst gewählten Anspruch gerecht geworden? Oder hat die ‚Reportage‘ eher ein Zerr-Bild von HIV-Positiven und allgemein von schwulen Männern gezeichnet, das mit der Realität äußerst wenig zu tun hat? Sich gar am Stricken von Virus-Mythen beteiligt?

Muss sich die Reportage zudem fragen lassen, ob sie letztlich unterschwellig homophobe Hetze gegen Schwule betreibt?

Der ‚Reporter‘ bemüht sich, auf seine Interviewpartner einzugehen – solange sie ihm gegenüber stehen. Aus dem Off kommen hinterher Kommentare wie ‚Claude ist es egal, ob andere sich infizieren‘ – obwohl Claude sich abwägend, überlegt geäußert hat. Der Reporter geht – in Unterhose, Respekt, mit Einsatz für die Recherche – auf eine Sex-Party. Und ist hinterher entrüstet über nackte Männer – was hat er erwartet, auf einer Sexparty?

Zudem, bei allem Bemühen um den Eindruck von Verständnis, der ‚Reporter‘ vermag sich seiner eigenen Meinung in der konkreten Situation oft nicht zu enthalten –  „totaler Irrsinn“ kommentiert er direkt in der Situation. Dies scheint zum Konzept der Reihe zu gehören. Und wirkt doch nur wie billige Effekthascherei, verbunden mit viel ‚erhobenem Zeigefinger‘.

Werden hier Interviewpartner um Stellungnahme gebeten aus ehrlichem Interesse, um ein Thema zu ergründen – oder werden sie vorgeführt, ‚ausgebeutet‘ als Staffage für eigene schon vorher geplante Aussagen oder Werturteile (‚exploitation‚)? Ist dies tatsächlich investigativer Journalismus? Oder nur eine weitere Form von ‚Provo-Infotainment‘? Letztlich auch auf dem Rücken von Schwulen und von HIV-Positiven?

Serophobie, unreflektierte Angst vor Positiven – dies zu schüren, der Verdacht bleibt nach dieser Sendung.

Serophobie, die zudem noch den Beigeschmack der Homophobie hat – kann (soll?) der Zuschauer doch den Eindruck gewinnen, die jährlich ca. 3.000 Neuinfektionen mit HIV in Deutschland fänden ‚freiwillig‘ statt, wissentlich und gar absichtlich. Diese verantwortungslosen Schwulen … dies suggeriert meines Erachtens der Film nur notdürftig verhüllt. Nicht nur Serophobie, dunkelste Homophobie scheint durch.

Was bleibt als Resümee der ‚Reportage‘? Kein Erkenntnisgewinn. Kein Bugchaser gefunden. Niemand, der sich absichtlich mit HIV infizieren will.

Es bleibt allerdings der Beigeschmack der Sendung – ‚vorgeführte‘ Interviewpartner, und gehäuft Homo- und Serophobie. Gut zumindest, dass diese Sendung nur in einem digitalen Spartenkanal zu sehen war …

Und ansonsten bleibt – viel neo-Lärm um nichts.

Bugchasing: Pozzen im ZDF

Eine neue Reportage-Sendung des ZDF-Ablegers ‚ZDF neo‘ beschäftigt sich am 12. Februar 2011 mit ‚bugchaising‘ oder ‚pozzen‘ – mit Menschen, die sich bewusst mit HIV infizieren.

ZDF neo ist ein seit November 2009 sendender digitaler Ableger des ZDF, mit dem das ZDF experimentiert, wie es wieder attraktiver für jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer werden könnte – mit teils beachtlichen, interessanten Ergebnissen.

Im Februar startet ZDF neo eine neue Reportage-Reihe, ‚Wild Germany‘. Realisiert wird diese für das ZDF vom internationalen Magazin und Medien-Unternehmen ‚Vice‘. Die erste Sendung am 12. Februar 2011 (22:15, ZDF neo) beschäftigt sich mit „bugchasing“.

Als ‚bugchasing‘ wird im englischen Sprachgebrauch häufig bezeichnet, was im Deutschen gern ‚pozzen‘ genannt wird: sich bewusst und absichtlich mit HIV infizieren. ‚Bugchasing‘ ist wenig wissenschaftlich untersucht. Eine deskriptive US-Studie an 1.228 ‚bugchasing‘-Internetprofilen auf US-Internetseiten im Jahr 2006 identifizierte 7,5% der Profil-Besitzer als HIV-negativ und tatsächlich überzeugte ‚bugchaser‘ und 0,4% (5 von 1.228) als HIV-positiv und überzeugte ‚bugchaser‘. Insgesamt kommen die Forscher zu dem Resüme

„These data suggest bug chasing and gift giving do exist; however a sizable portion of both bug chasers and gift givers were not intent on spreading HIV.“

Wie häufig dieses Phänomen in der Realität in Deutschland tatsächlich auftritt, ist nicht bekannt – oft gewinnt man den Eindruck, die mediale Aufmerksamkeit für ‚pozzen‘ oder ‚bugchaser‘ ist weitaus höher als die Realität.

ZDF neo schreibt selbst als Ankündigungs-Text zur Sendung zu ‚bugchaising‘:

„AIDS ist eine der gefährlichsten Krankheiten der Welt. In den 80ern und 90ern ist eine ganze Generation von homosexuellen Männern jämmerlich daran gestorben. Nur durch groß angelegte Aufklärungskampagnen konnte die Verbreitung verlangsamt werden. Später tauchten Gerüchte über so genannte „Bugchaser“ in den Medien auf, Männer, die sich willentlich mit dem HI-Virus infizieren lassen. Manuel Möglich will wissen, ob dieses Phänomen wirklich existiert und was einen gesunden Mann dazu bringen kann, todkrank sein zu wollen.

Als ZDFneo-Reporter begibt er sich in die Schwulenszene. Dort trifft er Claude. Er ist aidskrank, was ihn nicht davon abbringt, verhütungsfreie Sexpartys in seiner Wohnung zu veranstalten. Regelmäßig melden sich HIV-negative Männer bei ihm an, die sich von ihm anstecken lassen möchten. In Leipzig trifft Manuel Tobias und René, beide HIV positiv, die ihm die Leipziger Szene zeigen. Sie erzählen, dass sie schon andere Männer mit deren Einverständnis angesteckt haben. Zuletzt schaut Manuel sich das an, wovon er bisher nur gehört hat: die Darkrooms der Stadt, der ideale Spielplatz für Bugchaser.“

‚Vice‘-Deutschland- Herausgeber Benjamin Ruth kündigt die Reportage-Reihe „Wild Germany“ an als „eine Reise an die obszönsten Orte des Landes“ …

Der Reporter des Beitrags, ‚Manuel Möglich‘, wird als Autor oder Mitarbeiter u.a. genannt bei dem ‚Magazin für Pop-Kultur‘ Spex (2006/07), dem WDR-Radio – Ableger 1Live (2007) und der WDR-Sendung ‚Funkhaus Europa‘ (2010), war Autor in der ‚Berliner Zeitung‘ (2008) oder der ‚Zeit‚ (2010). Beiträge, die ihn als sachkundig zu HIV / Aids ausweisen, sind auf den ersten Blick nicht zu finden.

Autor des Beitrags ist Tom Littlewood, Chefredakteur der Reportage-Reihe ‚Wild Germany‘ bei ‚Vice‘.

Produziert wird die Reportage-Reihe von ‚Vice‘ (Vice: etwa: Laster, Fehler). Das 1994 in Kanada gegründete ‚Szene-Magazin‘ (früher ‚Voice of Montreal‘) hat sich längst zu einem global agierenden Medien-Unternehmen gewandelt – Magazin, Internet-TV (vbs.tv), TV-Beiträge für andere Sender. Das Print-Magazin erscheint in 26 Ländern in einer Auflage von insgesamt 1,2 Millionen Exemplaren. Die SZ schreibt über das Magazin „Jeder findet etwas, das ihn abstößt, fast jeder etwas, das ihn fasziniert. Ein Gesamtkonzept gibt es nicht.“
Die deutsche Redaktion des Magazins (2005 gegründet) sitzt in Berlin, Herausgeber in Deutschland ist Benjamin Ruth.

Zuständig für ‚Wild Germany‘ beim ZDF: Andrea Windisch, stellvertretende Redaktionsleiterin bei ZDF Neo.

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weitere Informationen:
ZDF neo 12.02.2011 22:15 Uhr: „Wild Germany – Bugchasing“
Manuel Möglich auf 1Live
SZ 28.09.2010: Erfolgsmodel: „Vice“-Magazin – Obszön geschlitzte Früchte
Christian Grov, Jeffrey T. Parsons: Bug Chasing and Gift Giving: The Potential for HIV Transmission Among Barebackers on the Internet. in: AIDS education and prevention, Dezember 2006 (abstract)
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‚Der Traum ist schöner als das Leben‘

Salvatore, Steinmetz-Lehrling, melancholisch und mit einer gehörigen Portion Fernweh versehen, sucht und findet das Leben als Matrose, wird später Steuermann und Navigator. In Ernst Gradls Roman „Salvatores Traum“ bringt ein Schiff aus Tunis nicht nur seine Chance zur See zu fahren, sondern auch die Pest – auch in das Leben von Salvatore, „wie ein Schatten, schwärzer und unheilvoller, als alles, was je zuvor die Sonne verdunkelt hatte“.

Der Hafen der Stadt wird gesperrt. Die Gildemeister der Stadt beschließen, der „Ursache dieser Pest“ auf den Grund zu gehen. Denn das Unheil kommt „von schwarzen Priestern … aus den Tiefen Afrikas“, wo „Frauen die Herrscherinnen sind“. Vier Schiffe sollen auf die Reise gehen, die Ursache dieses Unheils „auszumerzen“. Als Matrose heuert Salvatore auf einem dieser Schiffen an – nicht ahnend, worauf er sich einlässt. „Wir ahnten schon, dass dies etwas war was wir fürchten sollten, und da ist es besser, nicht zu fragen.“
Doch die Reise beginnt … und führt zu Erlebnissen an den Pyramiden und im Paradies. Und wird bald zu einer „Reise durch ahnungsvolles Nichtwissen“.

Gradls Roman kann als Abenteuer-Roman gelesen werden, als fiktives Erlebnis in der Zeit der Renaissance. Oder – ist der ganze Roman eine große Metapher? Ein eigenartiges Vexierspiel, dessen wahrer Sinn sich nicht sofort erschließt?

Es gibt vermutlich viele (auch sehr persönliche) Subtexte in diesem Buch, die dem flüchtigen Leser nicht leicht zugänglich sind. Der Verleger weist in seinem Vorwort darauf hin, Gradl verarbeite in seinem Erstlingswerk „die Geschichte seines Umfelds und seiner Krankheit“. Er überlebte extrem geschwächt eine HIV-bedingte Kryptokokken-Meningoenzephalitis, beschloss ein Buch zu schreiben.

Ernst Gradl war einst Initiator von HEAL Deutschland / Nürnberg, propagierte „die uralte Geschichte von der Überwindung einer Krankheit durch eigene Kraft“. Inzwischen distanziert er sich nach eigenen Worten davon, sieht HEAL und die Aids-Leugner als „Irrweg“.

Autor und Verlag „wollen Menschen die Möglichkeit geben etwas Gutes zu tun, indem sie sich mit dem Kauf des Buches direkt an unserem hauseigenen Benefizprojekt beteiligen“. „Der Erlös dieses Buches unterstützt HIV- und AIDS-betroffene Kinder in der Dritten Welt.“ Worum es sich bei dieser ‚hauseigenen Initiative‘ handelt, ist leider für den Leser nicht leicht zu erfahren. Nach einigem Suchen und Klicken findet man indirekt (z.B. über die vom Verlag betriebene ‚Aids-Info Ortenau‘) Hinweise auf das Projekt ‚HOKSIA‘ von Lutz van Dijk. Auf den Internetseiten von HOKSIA sind Verlag, Verleger oder Autor jedoch nicht als „friends and supporters“ genannt. Ein wenig mehr Klarheit täte dem guten Ansinnen sicher gut.

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Ernst Albert Gradl: „Salvatores Traum“
mit einem Nachwort von Udo Schüklenk
Schutter Verlag

Special Teddy Award für Aids-Aktivist Pieter-Dirk Uys

Der südafrikanische Satiriker und Aids-Aktivist Pieter-Dirk Uys wird während der 61. Berlinale 2011 mit dem Special Teddy Award ausgezeichnet.

Vom 10. bis 20. Februar 2011 finden in Berlin die 61. Internationalen Filmfestspiele statt. zum 25. Mal wird dort der queere Filmpreis Teddy verliehen. Der SPECIAL TEDDY geht 2011 an den südafrikanischen Entertainer und HIV/AIDS Aktivist Pieter-Dirk Uys für sein außergewöhnliches Engagement bei der AIDS-Aufklärung in südafrikanischen Schulen und sein Bühnen Alter Ego Evita Bezuidenhout, der „berühmtesten weißen Frau Afrikas“, wie sie von Nelson Mandela genannt wurde.

Pieter Dirk Uys nach der Show 'Foreign Aids' in Berlin 2006 (Foto: wikimedia / optimale)
Pieter-Dirk Uys nach der Show 'Foreign Aids' in Berlin 2006 (Foto: wikimedia / optimale)

Der 1945 in Kapstadt geborene Satiriker Pieter-Dirk Uys schuf mit ‚Evita Bezuidenhout‘ (auch ‚Tannie Evita‘) ein von Dame Edna Everage inspiriertes Alter Ego. Evita Bezuidenhout, Botschafterin des imaginären Homelands Bapetikosweti, kritisierte zu Zeiten der Apartheid mit Humor und Stand-up-Comedy die südafrikanische Rassenpolitik. Seit vielen Jahren engagieren Uys und Bezuidenhout sich in HIV-Prävention und Aids-Aktivismus.

Schirmherr des 25. TEDDY AWARD ist der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit. Der deutsch-französische TV Sender ARTE überträgt die Aufzeichnung der Gala des TEDDY AWARD, bereits zum 6. Mal in Folge, europaweit am 20. Februar 2011.

weitere Informationen:
Internetseiten von Pieter-Dirk Uys und Evita Bezuidenhout.

Leben von Queen-Sänger Freddie Mercury wird verfilmt

Das Leben des an den Folgen von Aids verstorbene ehemaligen Queen – Lead-Sängers Freddie Mercury wird verfilmt. Darsteller der Rolle Mercurys ist – Sacha Baron Cohen …

Freddie Mercury, der ehemalige Sänger der Rock-Band Queen, war wohl der bekannteste HIV-positive Musiker – neben Klaus Nomi, Andy Bell (Erasure) oder Holly Johnson (Frankie Goes To Hollywood).

Freddie Mercury wäre in diesem Jahr 65 Jahre alt geworden (er wurde geboren als Farrokh Bulsara am 5. September 1946 in Sansibar Stadt). Sein Leben wird nun verfilmt – mit „Borat“und „Bruno“  – Hauptdarsteller Sacha Baron Cohen in der Hauptrolle.

Freddy Mercury 1979 in Hannover (Foto wikimedia / Uwe Matezki)
Freddie Mercury 1979 in Hannover (Foto wikimedia / Uwe Matezki)

Die Dreharbeiten zur Verfilmung des Lebens von Freddie Mercury sollen Anfang 2011 beginnen. Bereits im September 2010 unterzeichneten die Produzenten einen Vertrag mit Sacha Baren Cohen, der Freddie Mercury darstellen soll.

Die us-amerikanische unabhängige Produktionsfirma GK Films (Graham King) und Tribeca Productions (Robert de Niro) sicherten sich für den Film auch das Recht, einige bekannte Queen-Titel zu verwenden, darunter ‚Bohemian Rhapsody‘, ‚We Are The Champions‘, ‚Another One Bites The Dust‘ und ‚We Will Rock You‘. Die noch lebenden Queen-Mitglieder erteilten erstmals eine Film-Lizenz zur Verwendung der Queen-Stücke. Peter Morgan (u.a. ‚Die Queen‘, ‚Frost / Noxon‘) soll das Drehbuch verfassen.

2011 jährt sich auch der Todestag Freddie Mercurys – zum 20. Mal: Am 24. November 1991 ist Freddie Mercury in London an den Folgen von Aids gestorben. Einen Tag zuvor hatte er öffentlich bekannt gegeben, an Aids erkrankt zu sein.

weitere Informationen:
GK Films Blog 16.09.2010: King and Queen team up with Tribeca Productions to make Freddie Mercury Film; Peter Morgan to write screenplay; Sacha Baron Cohen to star as Freddie
Daily Mail online 17.09.2010: Now he’s Under Pressure! Sacha Baron Cohen to play Freddie Mercury in biopic
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Time erklärt PrEP zum bedeutendsten medizinischen Durchbruch 2010

HIV-Medikamente können das Risiko einer HIV-Infektion deutlich senken – dieses Ergebnis einer vor kurzem publizierten Studie erklärt das US-Magazin Time zum „bedeutendsten medizinischen Durchbruch 2010“.

Bei HIV-negativen Männern, die vorbeugend einmal täglich eine Kombinationspille zweier Aids-Medikamente einnehmen, kann die Rate neuer HIV-Infektionen um 44 Prozent reduziert werden. Dies fand eine internationale Studie heraus. Bei höherer Einnahme-Treue sei eine weit höhere Wirksamkeit möglich, so die Forscher.

Diese Ergebnisse der ‚iPrEx‘ genannten Studie waren Ende November 2010 vorgestellt worden (siehe „44% Schutz vor HIV-Infektion – Aids-Medikamente reduzieren in Studie HIV-Infektionsrisiko bei HIV-Negativen„) – und nun erklärt das US-Magazin ‚Time‘ sie am 16.12.2010 zum bedeutendsten medizinischen Durchbruch 2010.

Viele Fragen zu PrEP und iPrEx sind noch offen, bevor PrEP als praxistaugliches Konzept bezeichnet werden kann – dies betont auch Time in dem ‚Durchbruch‘-Artikel, in dem Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) in der Kategorie „10 bedeutendste medizinische Durchbrüche 2010“ den Spitzenplatz zugesprochen bekam.

weitere Informationen:
Time 09.12.2010: Top 10 Medical Breakthroughs: 1. AIDS Drugs Lower the Risk of HIV Infection
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Yves Saint Laurent und Pierre Bergé – eine leidenschaftliche Liebe (akt.2)

In Frankreich kam am 22. September ein Dokumentar-Film über Yves Saint Laurent und Pierre Bergé in die Kinos: „Yves Saint Laurent – Pierre Bergé, L’Amour fou“.

1958 – Pierre Bergé und Yves Saint Laurent lernen sich kennen – während des Begräbnisses von Christian Dior, für den der junge Designer Saint Laurent arbeitete. Für beide die Liebe des Lebens. Der Geschäftsmann und der Modeschöpfer, eine private und geschäftliche Erfolgs-Geschichte.

Bergé und Saint Laurent „haben nie ihre Liebe verleugnet“, lebten offen in einer schwulen Beziehung. Sie unterstützten über viele Jahre immer wieder schwule Projekte, später auch Projekte im Aids-Bereich, von der Zeitschrift Gaie Pied über die schwullesbische Radiostation Fréquence Gaie bis zum Magazin Tetu und der Aids-Organisation sidaction.

2008. Fünfzig bewegte Jahre nach ihrer ersten Begegnung, und nach dem Tod von Yves Saint Laurent, entschließt sich Pierre Bergé, über ihre Liebe und Beziehung zu sprechen, in einem Dokumentarfilm zu berichten.

Einen Vorgeschmack auf den Film gibt die (französische) Preview:

Gedreht ist der Film weitgehend an Original-Schauplätzen, wie dem Garten ‚Majorelle‘, den beide bei ihrer Villa in Marrakesch anlegen ließen, oder im Château Gabriel in der Normandie.

Der Film kam am 22. September in Frankreich in die Kinos und wird 2011 in britische Kinos kommen. Über Pläne für Deutschland ist bisher nichts bekannt. Auf dem ‚Zürich Film Festival‘ (23.9. bis 3.10.2010) ist der Film mit deutschen Untertiteln zu sehen.

Yves Saint Laurent – Pierre Bergé, L’Amour fou
Dokumentarfilm, 98 Minuten
Frankreich 2009
Regie Pierre Thoretton

siehe auch:
SZ 02.07.2008: Zum Tod von Yves Saint Laurent – Seine Geliebte war die Schönheit
Le Monde 21.09.2010: Critique: „Yves Saint Laurent – Pierre Bergé, l’amour fou“ : un documentaire élégant et conventionnel
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„Sehnsucht nach alltäglicher Normalität“ – Interviews zum Leben mit HIV

Wie geht das Leben nach der Diagnose HIV-positiv weiter? Wie gehen HIV-Positive mit ihrer Infektion um? Welche Herausfordeurngen stehen ihnee gegenüber, welche Strategien für einen veränderten Lebensalltag wählen sie? Fragen, denen sich das jüngst erschienene Buch  ‚Positiv – Leben mit HIV und Aids‘ widmet.

Die Autoren kündigen ihr Buch an mit den Worten

„In diesem Buch erzählen positiv getestete Männer und Frauen vom Alltag mit der Erkrankung, ihren Gefühlen und ihren Bewältigungsstrategien. Offen, ehrlich, mutig.“

15 Interviews sollen ein realistisches Bild (nein, eigentlich: viele verschiedene Bilder) vom Leben mit HIV zeichnen, oder, wie die Autoren formulieren, „realistische Einblicke in die vielfältigen Lebenswelten von Positiven“.

Eingerahmt sind die 15 Interviews in ein vorgeschaltetes Kapitel über Epidemiologie und Behandlungssituation von HIV in Deutschland, sowie an die Interviews anschließend gesundheitspsychologische Betrachtungen wesentlicher Aspekte, die sich durch die Interviews ziehen.

Cover_Positiv

„Der Respekt voreinander gebietet es, diese subjektiven Bilder stehen zu lassen und nicht als falsch zu diskreditieren oder abzuwerten, wie es in Debatten und Diskursen manchmal der Fall ist“, schreibt Dr. Stefan Timmermanns (HIV-Referent der DAH) in seinem Vorwort.

Das Bemühen, das „unauflösbare Spannungsfeld einer verzweifelten Sehnsucht nach alltäglicher Normalität und der wiederkehrenden Erfahrung eines Ausnahmezustands“ darzustellen, führt zu einer Folge authentischer Berichte aus verschiedenen Leben mit HIV, in vielfacher Hinsicht mit breitem Spektrum.

Einige der Interviews gehen unter die Haut, bewegen – andere mögen vielleicht eher unbewegt vorbeiziehen, vielleicht gar ablehnende Gedanken hervorrufen. Während des Lesens der einzelnen Interviews mag beim Leser zunächst das Gefühl einer Aneinanderreihung unterschiedlicher Erfahrungen und Einstellungen aufkommen, und ein Gefühl einer gewissen Beliebigkeit.  ‚Erkenntnisse‘, die manchmal banal anmuten – oder ist das Leben mit HIV eben auch so ?

„Wie geht’s dir heute mit der Krankheit? – Blendend. Aber nur dadurch, dass ich sie angenommen hab.“
oder
Aids-Medikamente: „Ist für mich wie Bonbons essen“

Das Gefühl einer gewissen Banalisierung legt sich oft schon bald, erfährt der Leser, welche Entwicklung dahinter steht, wie es zu der persönlichen Erkenntnis kam.
Andere Gedankenstränge entfalten ihre Wirkung erst in der Folge der Interviews:

„Ich halte mich fern von Leuten, die mich runterziehen. … Meine Freunde sind mir wichtig, meine Familie. Ich bin froh, dass ich eine Familie habe … Meine Familie weiß nicht, dass ich positiv bin.“

„Ja und dann habe ich meine Eltern angerufen, auch ziemlich schwieriges Problem: Die Mutter anrufen und ihr DAS sagen. Ziemlich heftig. Alles an einem Tag erledigt, ja. Ich hab die schlimmsten Dinge gleich hintereinander weggemacht.“

Wie umgehen mit der Infektion, insbesondere wem was sagen, wie umgehen mit Partner/in, Verwandten, Freunden – diese Frage zieht sich wie einer der roten Fäden durch die Interviews.

„Wenn du da keinen Partner hast, der dich auffängt und du nicht so viel Rücklagen hast, dass du das durchstehst, dann stehst du mit dem Rücken an der Wand.“

Ein Reiz des Buches liegt darin, sich auf die Vielzahl der Interviews, der unterschiedlichen Biographien und Lebensweisen einzulassen – und im ‚Revue passieren lassen‘ Themen und Gedanken zu entdecken, die viele der interviewten Menschen mit HIV beschäftigen. Aus verschiedenen Blickwinkeln, mit verschiedenen Grundhaltungen oder Lösungsansätzen. Anlass vielleicht, auch die eigenen Wege oder Sichtweisen in Frage zu stellen.

Sichtbar wird dabei auch, welche Bilder HIV-Positive sich von „den anderen Positiven“ machen, und von dem was ’normal‘ sei … Bilder, die (auch) die Frage aufkommen lassen, wie wir es denn mit Toleranz und Vielfalt unter einander halten.

„Leben ist gelungenes Scheitern“, dieser wie ein Bonmot klingende und doch tief reichende Gedanke blinkt in den Interviews gelegentlich in bemerkenswerter Weise auf. Erfahrbar wird, dass Schock und Krise auch Aufbruch sein können.

Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten in dem Buch auch die ‚gesundheitspsychologischen Überlegungen‘, die im dritten Kapitel den Interviews folgen. So ermuntert Angela Kühner mit ihren Reflektionen und Anregungen zu Kritik und Selbstkritik – ihren Gedanken hätte man mehr Platz, mehr Raum zum Entfalten gewünscht. Zeit und Platz für eine Verteifung, wie z.B. bei dem Gedanken, den Umgang mit der HIV-Infektion unter dem Aspekt einer psychtraumatischen Belastungsstörung (PTBS) zu betrachten.

Jochen Drewes fragt in seinem Beitrag „gibt es einen richtigen Weg?“ HIV-Positive stehen in ihrem Leben mit HIV vielen Herausforderungen gegenüber, und die Interviews zeigen, wie verschieden die Wege sein können, mit diesen Herausforderungen umzugehen. Welche Coping-Strategie ist angemessen? Was braucht es, dass individuell eine (positive) Neubewertung der eigenen infektion möglich wird?

Implizit, teils auch explizit beschäftigt sich das Buch mit der „Sehnsucht nach alltäglicher Normalität“. Phil Langer problematisiert in seinem Beitrag Strategien hierfür und das „Dilemma des Begehrens nach Normalität“. Anregende Gedanken, auch ihnen hätte man mehr Raum gewünscht – könnten sie in Weiterführung doch auch wertvolle Beiträge liefern dafür, wie es denn eigentlich steht um die oftmals postulierte ‚Normalisierung‘ von HIV/Aids. Eine Vertiefung könnte zudem Hinweise geben, welche persönlichen und gesellschaftlichen Strategien des Umgangs mit dieser vermeintlichen ‚Normalisierung‘ entwickelt werden können. Auch Normalität und Normalisierung bewegen sich in gesellschaftlichen Dimensionen und Rahmenbedingungen – die veränderbar sind.

Ein Gedanke zum Schluss. Zahlreiche der interviewten Positiven machen sich Gedanken über ihr Sex-Leben und den Umgang mit möglichen Infektionsrisiken. Nahezu einhellig ist dabei eine Haltung festzustellen, die folgendes Beispiel zum Ausdruck bringt:

„Ich kann zwar damit umgehen, dass mich jemand angesteckt hat, ich könnte psychisch, glaube ich, nicht damit umgehen, wenn ich jemanden angesteckt hätte …“

Eine Haltung, die immer wieder reproduzierte Mythen wie jenen vom ‚verantwortungslosen Schwulen‚ oder der ‚neuen Sorglosigkeit‚, besonders aber den Mythos vom ‚verantwortungslosen HIV-Positiven‚ als eben solche entlarvt, als substanzlose Mythen

Schon aus diesem Grund sei das Buch insbesondere auch all jenen, die weiter an Mythen und falschen Vorstellungen über HIV-Positive stricken, zur Lektüre empfohlen …

Phil C. Langer, Jochen Drewes, Angela Kühner
Positiv – Leben mit HIV und Aids
BALANCE buch+medien verlag

Du sollst Dir ein Bild machen! Das Leben mit HIV und AIDS – viele Fragen, viele Antworten.

Im Rahmen der „Positiven Begegnungen 2010“ fand in Bielefeld auch eine Fotoausstellung in der Fußgängerzonen statt unter dem Titel „Du sollst dir ein Bild machen!“. Dazu als Dokumentation ein Informationstext der DAH sowie drei Fotos des Organisators Matthias Schätzl:

Du sollst Dir ein Bild machen! Das Leben mit HIV und AIDS – viele Fragen, viele Antworten

Kennen Sie das Magazin der Süddeutschen Zeitung? Es erscheint jeden Freitag und beinhaltet eine wunderbare Serie. Sie heißt „Sagen Sie jetzt nichts!“. Prominente beantworten Fragen zu ihrem Leben -­ sehr persönlich, sehr künstlerisch -­ ohne Worte. Nur durch Gesten, durch Mimik, durch Verbergen und durch Andeuten.

Im Heft 41/2009 fotografierte Dominik Butzmann eine HIV-­positive Künstlerin. Inspiriert von diesen Fotos stellen wir Ihnen hier eine Ausstellung vor, die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz „Positive Begegnungen“ in Bielefeld erarbeitet wurde.

Bilder, die sich um die Infektion mit dem Immunschwächevirus HIV und um das Leben mit HIV/AIDS drehen. Lassen Sie die Fragen und Antworten auf sich wirken und versuchen Sie, sich ein Bild zu machen.

Ein Bild von einer Krankheit, die sich in Deutschland in den letzten Jahrzehnten von einer unheilbaren, tödlichen Bedrohung zu einer behandelbaren, chronischen Infektion gewandelt hat -­ an der jedoch immer noch Menschen sterben, Familien zerbrechen und Menschen verzweifeln.

Machen Sie sich ein Bild -­ von Akzeptanz und Ignoranz, von Leben und Sterben, von Toleranz und Miteinander.

Die Ausstellung wurde konzipiert vom Leipziger Fotografen und Ausstellungsmacher Matthias Schätzl („Das ist unser Viertel“, „Dreams of a Better Life“) und finanziert durch den Fraktionsverein „Die LINKE“, den Versandservice der Rosen Apotheke München und fischerAppelt tv media, Stuttgart. V.i.S.d.P.: Deutsche AIDS-­‐Hilfe e.V., Wilhelmstraße 138, 10963 Berlin

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(Danke an Matthias Schätzl!)

Kinofilm „Themba – Das Spiel seines Lebens“ mit UNICEF-Kinderrechtspreis ausgezeichnet

Auf dem 13. internationalen Filmfestival in Sansibar (Afrika) wurde der Kinofilm „Themba – Das Spiel seines Lebens“ mit dem UNICEF-Kinderrechtspreis für Filme ausgezeichnet. Anlässlich der Deutschlandpremiere des Films am 1. August 2010 in Köln überreicht UNICEF die Auszeichnung an die Regisseurin Stefanie Sycholt.

„Themba“, in dem auch der frühere deutsche Nationaltorwart Jens Lehmann in einer Nebenrolle als Fußballtrainer mitspielt, erzählt die packende Geschichte einer ungewöhnlichen Befreiung im Gastland der gerade zu Ende gegangenen Fußball-Weltmeisterschaft.

Der elfjährige Themba kämpft sich durch seine Fußballkünste aus ärmsten Verhältnissen bis in die Jugendnationalmannschaft Südafrikas, Bafana Bafana. Auf dem Höhepunkt erfährt er, dass er HIV-positiv ist – Folge einer erlittenen Vergewaltigung. Doch Themba beschließt, das Schweigen um Aids zu brechen.

Der Name „Themba“ bedeutet übersetzt „Hoffnung“. Jens Lehmann erklärte nach den Dreharbeiten: „Ich wünsche den Kindern in Afrika, dass sie ebenso glücklich wie die Kinder in Deutschland leben und spielen können.“

Jens Lehmann bei seinem Schauspieldebut mit seinen südafrikanischen Schauspielkollegen (Foto: UNICEF)
Jens Lehmann bei seinem Schauspieldebut mit seinen südafrikanischen Schauspielkollegen (Foto: UNICEF)

„Themba“ wurde mit dem UNICEF-Preis ausgezeichnet, weil er ebenso unterhaltsam wie überzeugend das Leben von Kindern und Jugendlichen im südlichen Afrika erzählt. Er zeigt ihre Probleme wie extreme Armut und Aids genauso wie ihre Träume, ihre Hoffnungen und ihre Entschlossenheit, das Elend zu überwinden. „Themba“ ist Kino über Menschen – für Menschen“, sagt Rudi Tarneden, Sprecher von UNICEF Deutschland.

Seit sechs Jahren ehrt UNICEF im Rahmen des internationalen Filmfestivals in Sansibar den jeweils besten Film, der am überzeugendsten die Kraft der Kinder im Kampf um ihre Rechte im südlichen Afrika ausdrückt. „Themba“ gewann auch den künstlerischen Hauptpreis des diesjährigen Festivals als bester Film. Mit großer Intensität folgt „Themba“ seinem Helden und schafft es dabei, Tabuthemen wie Aids oder Missbrauch zu erzählen, ohne jemals die Hoffnung zu verlieren.

Nach Schätzungen von UNICEF hat Südafrika eine der höchsten Aids-Infektionsraten auf der Welt. Jedes Jahr stecken sich rund 500.000 Menschen neu an. Auch Gewalt in Familien und Missbrauch sind verbreitet. Allein 2008/2009 wurden 50.000 Kinder Opfer von Gewalt.

UNICEF unterstützt in Südafrika landesweite Programme für Kindergesundheit, den Aufbau kinderfreundlicher Schulen, Aids- Prävention und Kinderschutz sowie Sportprogramme. UNICEF setzt sich auch politisch für die Kinderrechte ein.

(Pressemitteilung UNICEF)

Hinweis:
„Themba“ wird auch gezeigt im Rahmen der „Positiven Begegnungen 2010“, am 27. August 2010 um 20:30 Uhr, mit anschließender Diskussion mit Dr. Lutz van Dijk, Autor des Romans „Themba“, auf dem der Film basiert.

Welt-Aids-Konferenz: Foto-Impressionen

In Wien findet derzeit die XVIII. Welt-Aids-Konferenz statt. Neben vielen Vorträgen und Veranstaltungen, ‚Greet and Meet‘ und Parties auch ein optischer Bilderbogen.

Vom ‚Methadone Man‘ bis ‚Sodoma‘, Vorbereitungen für den ‚March for Human Rights‘ bis zur ‚Checkliste für gesundes Altern‘ – Foto-Eindrücke aus Wien …
(mit Dank an die Fotografen!):

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Methadone Man, Buprenorphine Babe (Foto: Carsten Schatz)
zwei Konferenzteilnehmer aus Kanada bereiten sich vor für den Rally for Human Rights (Foto: HIV Human Rights 2010)
zwei Konferenzteilnehmer aus Kanada bereiten sich vor für den Rally for Human Rights (Foto: HIV Human Rights 2010)
Sodoma (Foto: Carsten Schatz)
Sodoma (Foto: Carsten Schatz)
I'm HIV+ - and you? (Foto: Dirk Sander)
I'm HIV+ - and you? (Foto: Dirk Sander)
Checkliste Gesundes Altern (Foto: Dirk Sander)
Checkliste Gesundes Altern (Foto: Dirk Sander)

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„Lebensweg eines Rosa Winkel“ – die Memoiren von Rudolf Brazda

Rudolf Brazda, einer der letzten überlebenden homosexuellen KZ-Häftlinge, hat seine Biographie veröffentlicht: „Itinéraire d’un triangle rose“ (Lebensweg eines Rosa Winkel).

Beinahe 97 Jahre ist er nun alt, Rudolf Brazda – „einer der letzten Überlebenden mit dem Rosa Winkel„. Nun hat er seine Biographie veröffentlicht.

Rudolf Brazda

Rudolf Brazda im Juni 2008

Rudolf Brazda wurde am 26. Juni 1913 in Thüringen geboren. 1935 wurde er erstmals wegen Vergehen nach §175 angeklagt. Von 1941 bis 1945 war Brazda im KZ Buchenwald. Nach dem Krieg zog er nach Süddeutschland, wo er 35 Jahre mit seinem Freund (der vor sechs Jahren verstarb) zusammen lebte. Über seine Zeit in der NS-Zeit und im Konzentrationslager Buchenwald sagt Brazda „ein schreckliches Leben war das„.

Lange Zeit war das Schicksal Rudolf Brazdas nicht bekannt. Erst die Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen führte dazu, dass Brazda sich an die Öffentlichkeit wandte. Brazda las von eben diesem Denkmal in der französischen Presse – und meldete sich (über seine Tochter) beim LSVD.

Am 4. Mai 2010 erschienen nun in Frankreich die Memoiren von Rudolf Brazda, verfasst gemeinsam mit Jean-Luc Schwab: „Itinéraire d’un triangle rose“ (Lebensweg eines Rosa Winkel).

Rudolf Brazda: Itinéraire d'un triangle rose
Rudolf Brazda: Itinéraire d'un triangle rose

weitere Informationen:
Editions Florent Massot: Rudolf Brazda, Jean-Luc Schwab: Itinéraire d’un triangle rose
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Scissor Sisters – neues Album:“Als ob es Aids nie gegeben hätte“

Vier Jahre nach ihrem Erfolgs-Album ‚Ta Dah‘ sind die Scissor Sisters wieder zurück – mit ihrem dritten Album „Night Work“. Das Ergebnis der ‚Nachtarbeit‘ klinge „als habe es Aids nie gegeben“, meint Mitbegründer Jake Shears.

Vier Jahre war es ruhig nach ‚Ta Dah‘, dem zweiten Erfolgs-Album der Scissor Sisters (und der daraus ausgekoppelten Hit-Single „I Don’t Feel Like Dancin‘).  Am 28. Juni 2010 erscheint nun das dritte Album der Band, ‚Night Work‚.

Wie kam es zum neuen Album? Und warum die lange Wartezeit? Unter anderem ist wohl Berlin schuld. Beziehungsweise eine scheinbar recht erlebnisreiche zwei Monate dauernde Aus-Zeit, die sich Jake Shears in Berlin nahm.

Jake Shears (Scissor Sisters), Madison Square Garden New York 2007 (Foto: Ames, Lizenz cc-by-2.0)
Jake Shears (Scissor Sisters), Madison Square Garden New York 2007 (Foto: Ames (NY), Lizenz cc-by-2.0)

„Hunderte Männer, die unaussprechliches mit einander machen“, so beschrieb er in einem Interview seine Berliner Erlebnisse, in einem anderen bemerkte er, er habe „Hunderte Männer beim Fisten gesehen“. Und sich mit Chris Lowe und Neil Tennant (Pet Shop Boys) getroffen, die eine Wohnung in Berlin haben.

Die Idee, den britischen House-Musiker und -Produzenten Stuart Price (der schon 2003/04 Scissor-Sister – Remixes produziert hatte) als Ko-Produzenten für das neuen Album zu gewinnen, entstand hier, im Gespräch mit Neil Tennant, in einem Berliner Straßen-Café.

Und die Berliner Zeit scheint Shears gut getan, ihn inspiriert zu haben. Sängerin Ana Lynch berichtet im Gespräch mit der ‚Sunday Times‘, als sie und Jake das neue Album zum ersten Mal hörten, sei Jake klar geworden, worum es gehe: „Was, wenn Aids nie geschehen wäre?“

Am 9. Juli sind die Scissor Sisters wieder in Berlin zu sehen (Köln: 13.7., München 20.7.) – wohl ohne „Hunderte gefistete Männer“ …

weitere Informationen:
popjustice.com: „It’s like the early days when we were making music and didn’t really know what we were doing“ – Jake Shears lifts the lid on the new Scissor Sisters album
Times online 06.06.2010: Cutting edge

iwwit 17.07.2010: „Keine Strafen, keine Angst, bloß Sex“
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Sylvester: Disco-Pop unterstützt Aids- Organisationen

Bekannt wurde er mit Hits wie „Do You Wanna Funk“ oder „You Make Me Feel (Mighty Real)“. Nun kommen Einnahmen aus der Musik von Sylvester Aids-Organisationen zugute.

Sylvester James, US-amerikanischer Soul- und Disco-Musiker, wurde bekannt unter seinem Vornamen „Sylvester“ – und durch seine spektakulären Drag-Auftritte. Songs wie „Do You Wanna Funk“ (1982) oder „You Make Me Feel“ (1978) wurden große Hits in der Disco-Ära der späten 1970er und frühen 80er Jahre. Immer noch sind sie gelegentliche Party-Hits – oder kommen als Remakes wieder auf den Markt, wie „You Make Me Feel“ 1990 von Jimmy Somerville. Eine Single seines letzten Albums „Mutual Attraction“, der Song „Someone Like You“, wurde 1986 mit Cover Art von Keith Haring veröffentlicht.

Sylvester - offizielle Internetseite, Screenshot
Sylvester - offizielle Internetseite, Screenshot

Der offen schwul lebende Musiker Sylvester James starb im Alter von 41 Jahren am 16. Dezember 1988 in Oakland, Kalifornien an den Folgen von Aids.

Über 21 Jahre nach seinem Tod kommen nun Einnahmen aus seiner Musik zwei lokalen Aids-Organisationen in Kalifornien zugute. ‚AIDS Emergency Fund‘ und ‚Project Open Hand‘ erhalten aus dem Nachlass einen Scheck über zusammen 140.000 US-$.

Sylvester selbst hatte bereits im Mai 1988 die Rechte an seinen Liedern dem AEF und einem Nahrunsgprogramm für HIV-Positive am San Francisco General Hospital vermacht. Doch Sylvester hinterließ bei seinem Tod Schulden, so dass Nachlassverwalter (und Freund) Tim McKenna den beiden Organisationen kein Geld auszahlen konnte. Nach seinem Tod übernahmen Tony Elite und seine Frau die Nachlass-Verwaltung. Ende der 1990er waren Sylvesters Schulden abgetragen – und Überschüsse wurden erwirtschaftet.

Nun erhalten AEF und Project Open Hand 75% bzw. 25% der Nachlass-Einnahmen – und können zukünftig mit weiteren Mitteln rechnen, aus Rechten an Sylvesters Songs.

weitere Informationen:
Sylvester (Offizielle Site, inzwischen von seinem Estate betrieben)
New York Times 18.12.1988: Sylvester, Singer and Entertainer, Dies at 42
queerculturalcenter: Sylvester
Bay Area Reporter 15.04.2010: Sylvester songs profit local AIDS agencies
Advocate 17.04.2010: Sylvester’s Music Benefits AIDS Agencies

iwwit-Blog 19.04.2010: Endlich Sylvester

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