Zivilgesellschaft fordert Ministerin zum endgültigen Stopp der Vorratsdatenspeicherung auf

Über 40 Organisationen und Verbände haben Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger in einem gemeinsamen Brief aufgefordert, „sich auf europäischer Ebene klar für eine Abschaffung der EU-Mindestvorgaben zur Vorratsdatenspeicherung einzusetzen“. Zur Begründung schreiben die Verbände, der EU-Zwang zur Speicherung aller Verbindungsdaten setze vertrauliche Tätigkeiten und Kontakte etwa zu Journalisten, Beratungsstellen und Geschäftspartnern dem ständigen Risiko eines Bekanntwerdens durch Datenpannen und -missbrauch aus, ziehe unvertretbare Kosten nach sich und behindere die Kommunikationsfreiheit unzumutbar. Zu den 48 Unterzeichnern des Schreibens zählen Bürgerrechts-, Datenschutz- und Menschenrechtsorganisationen ebenso wie Telefonseelsorge- und Notrufvereine, Berufsverbände etwa von Journalisten, Juristen und Ärzten, Gewerkschaften wie ver.di, der Verbraucherzentrale- Bundesverband und der Wirtschaftsverband eco sowie die Deutsche AIDS-Hilfe e.V.

Am 2. März 2010 hat das Bundesverfassungsgericht auf die Beschwerden von über 34.000 Bürgerinnen und Bürgern die deutschen Vorschriften zur Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006 schreibt jedoch europaweit eine Vorratsdatenspeicherung vor und zwingt Deutschland dadurch zur Wiedereinführung der verdachtslosen Vorratsdatensammlung. Die EU-Kommission prüft derzeit eine Änderung dieser Richtlinie. Die Bundesjustizministerin als Vertreterin Deutschlands im EU-Rat hat sich bislang noch nicht klar für ein Ende des EU-Speicherzwangs eingesetzt.
„Der 2005 beschlossene EU-weite Zwang zur flächendeckenden Verbindungsdatenspeicherung hat sich überlebt“, kommentiert Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „Eine Vorratsdatenspeicherung hat sich in vielen Staaten in und außerhalb Europas als überflüssig, schädlich und verfassungswidrig erwiesen, so in Deutschland, Österreich, Belgien, Griechenland, Rumänien und Schweden. Diese Staaten verfolgen Straftaten ebenso effektiv mit gezielten Verfahren, wie sie etwa in der internationalen Cybercrime- Konvention vereinbart sind. Wo eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt wurde, hat sie die Zahl der aufgeklärten Straftaten nicht erhöht. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen etwa wurden 2007 84%, nach Einführung einer Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2008 77% und 2009 ebenfalls 77% der bekannt gewordenen Internetdelikte aufgeklärt. Nützlichkeit ist nicht gleich Notwendigkeit. Die EU-Vorgaben müssen jetzt flexibler gestaltet werden und intelligentere Alternativen als eine ungezielte Datenanhäufung zulassen.“

„Rund 70% der Bundesbürgerinnen und -bürger lehnen eine verdachtslose Protokollierung ihrer Kontakte und Aufenthaltsorte ab“, erklärt Florian Altherr vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „Sie wollen sicher sein, dass ihre privaten und geschäftlichen Kontakte etwa zu Eheberatungsstellen, Rechtsanwälten oder Journalisten nicht in die falschen Hände geraten oder zu einem falschen Verdacht gegen sie führen können. Die vielen Datenskandale, etwa bei der Deutschen Telekom, haben uns gelehrt, dass nur nicht gespeicherte Daten sichere Daten sind. Deswegen erwartet die Zivilgesellschaft von der Bundesjustizministerin jetzt, dass sie ihre abwartende Haltung aufgibt und in Europa für ein Ende des Zwangs zur Erfassung aller Verbindungsdaten kämpft!“

(Pressemitteilung Deutsche Aids-Hilfe)

siehe auch: Dokumentation: Brief an Bundesjustizministerin: endgültiger Stopp der Vorratsdatenspeicherung!
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Lech Kaczynski bei Flugzeugabsturz ums Leben gekommen

Der polnische Präsident Lech Kaczynski ist bei einem Flugzeug-Absturz ums Leben gekommen. Kaczynski galt als ‚homophobster Staatschef Europas‘.

Lech Kaczynski, Staatspräsident Polens, ist bei einem Flugzeugabsturz in Smolensk (Russland) am 10. April 2010 ums Leben gekommen. Mit ihm starb seine Frau Maria sowie zahlreiche hochrangige Vertreter Polens.

Immer wieder wurde Kaczynski, der2001  zusammen mit seinem Bruder Jaroslaw die nationalkonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) gründete,  für homophobe Einstellungen und Äußerungen bekannt. So zitiert die ‚Times‘ 2006:

„He is “not a doctor, not a sexologist, not an expert” on the causes of homosexuality, he pointed out, but he fears that activists may promote it. “I have 57 years of age behind me, and I have seen men dating girls and then I find that they are of a different orientation.” If the numbers of homosexuals rose, he said, “relations between men and women would be turned upside down” and “mankind would be doomed to extinction”.“

Schon als Bürgermeister Warschaus verbot Lech Kaczynski zweimal einen geplanten CSD  (2004 und 2005). Immer wieder vertrat er den Gedanken, Homosexualität werde „propagiert“ und stelle eine Gefahr für die „öffentliche Moral“ dar, begründete damit Verbote und restriktive Maßnahmen.

Am Rande seines Antritts-Staatsbesuchs in Deutschland 2006  kam es in Berlin zu massiven Protesten gegen Kaczynski und seine homophoben Positionen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte Kaczynski 2008 anlässlich des Welttags gegen Homophobie zum Mitglied ihrer “Hall of Shame” – zusammen mit dem Staatschef von Uganda sowie dem UK Home Office.

Kaczynski selbst äußerte später, er fühle sich missverstanden: “Mir Vorurteile gegen Homosexuelle vorzuwerfen ist ein völliges Missverständnis.”

Auch die polnische Politikerin, Sejm-Abgeordnete und zeitweise Parlamentarische Staatssekretärin der Kommission für Gleichstellung Izabela Jaruga-Nowacka, die immer wieder die Rechte von Lesben und Schwulen unterstützte, kam bei dem Absturz ums Leben. Noch im März 2010 hatte sie sich zusammen mit der Fraktion der polnischen Linken SLD für ein Gesetz für die Homo-Ehe in Polen eingesetzt.

weitere Informationen:
SpON 10.04.2010: Polens Präsident Kaczynski stirbt bei Flugzeugabsturz
Times 12.10.2006: The Polish leader glad to be in company with the British
Human Rights Watch 14.02.2006: Poland: Official Homophobia Threatens Human Rights
SZ 09.03.2006: Schwule protestieren gegen Kaczynski – “Können wir räumen?“
taz 07.06.2008: Christopher Street Day in Warschau – Die Totgeschwiegenen
diestandard.at 03.03.2010: Polen – Linker Gesetzesentwurf für Homosexuellen-Ehe
Pinknews 10.04.2010: Polish President who said homosexuality will destroy human race dies in plane crash
Pinknews 10.04.2010: Gay rights advocating former Polish Deputy PM among dead in plane crash
Tetu 10.04.2010: L’avion du président polonais s’écrase: l’homophobe Kaczynski est mort
Advocate 10.04.2010: Poland Mourns Death of Antigay President
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Hartz IV-Regelsätze verfassungswidrig – Bundesverfassungs- Gericht ordnet Neuregelung an (akt.2)

Wie viel Geld benötigt ein Mensch in Deutschland mindestens, um ein menschenwürdiges Leben zu führen? Mehr, als der Hartz IV Regelsatz derzeit gewährt, hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt und zahlreiche Bestimmungen des SGB II für verfassungswidrig erklärt.

Zahlreiche Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs (SGB II) sind mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz (Die Würde des Menschen ist unantastbar) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar. Dem Gesetzgeber wurde auferlegt, bis spätestens 31.12.2010 eine „an der Realität orientierte“ Änderung (‚Nachbesserung‘) herbeizuführen.
Bis zur Neuregelung bleiben die derzeitigen Sätze in Kraft; ggf. können ergänzenden Leistungen in Anspruch genommen werden (Härtefall-Regelung). Laut Urteil muss auch in diesem Jahr schon ein verfassungsgemäßer Satz gezahlt werden.

Das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminiumums sei mit den derzeitigen Regelungen für Kinder und Erwachsene nicht gewährleistet. Lebensnotwendige Bedarfe seien nicht berücksichtigt.

Drei Familien aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern hatten gegen die Hartz-IV-Sätze für Kinder geklagt. Eigentlich befasst sich das Verfahren  nur mit dieser Klage (‚konkretes Normkontrollverfahren‘) – doch es wurde auch ein Grundsatz-Urteil über die Höhe der Hartz-IV-Sätze und die Frage des Existenzminimums – mit weitreichenden Folgen.

Derzeit beträgt der Hartz-IV-Regelsatz für Erwachsene 359€ (zuzüglich Miete und Heizkosten), für Kinder 215 bis 287€ (je nach Alter). Der Satz für Kinder wird allerdings nicht am realen Bedarf orientiert, sondern an Prozentsätzen eines Erwachsenen.

Bereits bei der mündlichen Anhörung am 20. Oktober 20009 hatte Jürgen Papier, der (im Februar ausscheidende) Präsident des Bundesverfassungsgerichts, erkennen lassen, dass er auch die Verfahren, mit denen die Hartz-IV – Regelsätze festgelegt werden, für fragwürdig hält. In der Konsequenz war dies die Ankündigung, die Hartz-IV-Sätze nicht nur für Kinder (wie die Klage lautete), sondern auch für Erwachsene auf den Prüfstand zu stellen.

Grundgedanke dabei: es geht nicht darum, wie viel ein Mensch als ‚Existenzminimum‘ benötigt, sondern um ein ’soziokulturelles Existenzminimum‘.  Der Unterschied zwischen beiden liegt zwischen dem ’nackten Überleben‘ und der zumindest minimalen Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben.

Das bisherige Verfahren der Bestimmung des Regelsatzes bestehe aus einer nicht zulässigen Methode. Dies betreffe nicht nur die ursprünglichen Vorschriften, sondern auch ihre später nachfolgenden Änderungen.

Für Kinder muss nun zukünftig überhaupt erstmals eine Bedarfsermittlung herbei geführt werden (bisher waren prozentuale Anteile eines Erwachsenen-Regelsatzes angesetzt worden). Dabei sind auch kinderspezifische Ausgaben wie z.B. für Bildung zu berücksichtigen. Für die Regelsätze für Erwachsene wird eine neue „transparente und sachberechte“ Methode der Berechnung erforderlich werden.

Werner Hesse (DPW Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband) wies in einem ersten Kommentar darauf hin, dass in den ursprünglichen Regelungen für Kinder nicht einmal der Schulbedarf berücksichtigt gewesen sei.

Die Deutsche Aidshilfe begrüßte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz IV. “Wir fordern die Politik auf, den Regelsatz für Betroffene endlich sozial gerecht zu gestalten und somit deutlich zu erhöhen, um diesen wieder eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und eine menschenwürdige Lebensführung zu ermöglichen”, so DAH-Bundesvorstand Carsten Schatz.

Über 6,7 Millionen Menschen in Deutschland beziehen Leistungen nach Hartz IV – unter ihnen auch viele Menschen mit HIV. Durch Wegfall oder Einschränkungen z.B. bei HIV-bedingtem Ernährungsmehrbedarf u.a. sind Menschen mit HIV von den Hartz IV Regelungen besonders betroffen.
Die durch das Urteil eröffnete Möglichkeit, bis zu einer Neuregelung des Regelsatzes einen Mehrbedarf zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums im Rahmen einer Härtefall-Regelung zu beanspruchen könnte auch für viele Hartz IV beziehende HIV-Positive relevant sein.

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weitere Informationen:
Bundesverfassungsgericht Pressemitteilung 09.02.2010: Regelleistungen nach SGB II („Hartz IV- Gesetz“) nicht verfassungsgemäß
SZ 08.02.2010: Grundsatzentscheidung zum Sozialsystem – Bund fürchtet das Urteil zu Hartz IV
SpON 09.02.2010: Wegweisendes Verfassungsurteil
Sozialverbände hoffen auf Hartz-IV-Revision
SpON 09.02.2010: Wegweisendes Urteil – Verfassungsrichter verlangen Hartz-IV-Revision
SZ 09.02.2010: Entscheidung zu Sozialleistungen – Bundesverfassungsgericht kippt Hartz-IV-Sätze
SZ 09.02.2010: Urteil zu Hartz IV Grundrecht auf Existenzminimum
FR 09.02.2010: Kommentar zum Hartz-IV-Urteil – Größtmögliche Ohrfeige
SZ 09.02.2010: Interview mit Sozialrichter Jürgen Borchert “Keine Willkür mehr, keine Heimlichtuerei“
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siehe auch:
DAH-Blog 12.03.2010: Härtefallregelung gilt – Infos zur Antragstellung
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Für eine neue Daten-Askese

Gerhart Baum, ehemaliger Bundesminister des Inneren, Rechtsanwalt und Politiker, fordert in einem Kommentar zu einem bewussteren, asketischeren Umgang mit den eigenen Daten auf – und zu einer neuen Datenschutzbewegung.

„Wir müssen zur Selbstverteidigung übergehen – auch durch Datensparsamkeit und Datenaskese“ – Gerhart Baum findet deutliche Worte in seinem Gast-Kommentar zum Thema Datenschutz, den er der Organisation FoeBuD gegeben hat.

Gerhart Baum beim Bundeskongress des DAV 2008 (Foto: Prof. A. Fritsch / wikipedia)
Gerhart Baum beim Bundeskongress des DAV 2008 (Foto: Prof. A. Fritsch / wikipedia)

FoeBud, der 1987 in Bielefeld gegründete Verein für Bürgerrechte und Datenschutz, ist u.a. mit der Theodor-Heuss-Medaille ausgezeichnet und engagiert sich gegen die Vorratsdatenspeicherung. Der ehemalige Bundesminister des Inneren (1978 bis 1982) Gerhart Baum hat sich in einem Gast-Kommentar für den FoeBuD e.V. mit dem Datenschutz und dem derzeitigen Stand der Datenschutz-Diskussion beschäftigt.

„Alles in Allem: Ich plädiere seit langem für eine Bürgerbewegung zum Schutze der durch Art. 1 des Grundgesetzes geschützten Privatheit. Ich plädiere für eine Datenschutzbewegung nach dem Vorbild der erfolgreichen Umweltbewegung. In der letzten Zeit hat sich gezeigt, dass doch zahlreiche vor allem auch jüngere Menschen sich gegen Elemente des Überwachungsstaates und der Überwachungsgesellschaft wenden. Diese Chance sollte jetzt genutzt werden.“

unbedingt lesen:

Gerhart Baum: Wir müssen zur Selbstverteidigung übergehen. Gastkommentar für FoeBuD, 21.01.2010
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Hinweis:
wer mit aktivem Datenschutz surfen möchte, findet beim FoeBuD viele nürtzliche Hinweise – u.a. auch ein Paket zum sicheren und anonymen Surfen, bis hin zum fertigen ‚Privacy Dongle‘ (als Stick oder Software-Paket)

17. Legislaturperiode – wer ist wer in der Gesundheitspolitik? (akt.3)

Am 27. Oktober 2009 fand die konstituierende Sitzung des 17. Deutschen Bundestags statt, am 28.10. wurde das Kabinett vereidigt.  Am 9. November beginnt die erste Sitzungswoche des Bundestags in der 17. Legislaturperiode.

Wer ist wer in der Gesundheitspolitik der 17. Legislatur-Periode?
(Aufstellung wird  fortlaufend aktualisiert)

Deutscher Bundestag

Ausschuss für Gesundheit
Vorsitzende: Dr. Carola Reimann,SPD (Biografie Bundestag, persönliche Internetseite)
Mitglieder:
Jens Ackermann, FDP
Christine Aschenberg-Dugnus, FDP
Bärbel Bas, SPD
Birgitt Bender, Bündnis90/Die Grünen
Dr. Martina Bunge, Die Linke
Ulrike Flach, FDP
Dr. Edgar Franke, SPD
Peter Friedrich, SPD
Rudolf Henke, CDU/CSU
Michael Hennrich, CDU/CSU
Maria Klein-Schmeink, Bündnis90/Die Grünen
Dr. Rolf Koschorrek, CDU/CSU
Heinz Lanfermann, FDP
Dr. Karl Lauterbach, SPD
Steffen-Claudio Lemme, SPD
Lars Lindemann, FDP
Dr. Erwin Lotter, FDP
Karin Maag, CDU/CSU
Hilde Mattheis, SPD
Maria Michalk, CDU/CSU
Dietrich Monstadt, CDU/CSU
Mechthild Rawert, SPD
Dr. Carola Reimann, SPD
Lothar Riebsamen, CDU/CSU
Erwin Josef Rüddel, CDU/CSU
Elisabeth Scharfenberg, Bündnis90/Die Grünen
Kathrin Sänger-Schäfer, Die Linke
Jens Spahn, CDU/CSU
Stephan Stracke, CDU/CSU
Max Streibinger, CDU/CSU
Dr. Harald Terpe, Bündnis90/Die Grünen
Stefanie Vogelsang,CDU/CSU
Kathrin Vogler, Die Linke
Dr. Marlies Volkmer, SPD
Harald Weinberg, Die Linke
Wolfgang Zöller, CDU/CSU
Willi Zylajew, CDU/CSU

Bundesregierung

Drogenbeauftragte: Mechthild Dyckmans (Biografie Bundestag, persönliche Internetseite)
Patientenbeauftragter der Bundesregierung: Wolfgang Zöller (Biografie BMG)
Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Leiterin Christine Lüders (Internetseite Antidiskriminierungsstelle)

Bundesminister für Gesundheit

Dr. Philip Rösler, FDP (Biografie BMG, persönliche Internetseite)
parlamentarische Staatssekretärin: Annette Widmann-Mautz, CDU (Biografie BMG, Biografie Bundestag, persönliche Internetseite)
parlamentarischer Staatssekretär: Daniel Bahr, FDP (Biografie BMG, Biografie Bundestag, persönliche Internetseite)
beamteter Staatssekretär: Stefan Kapferer, FDP (Biografie Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Biografie BMG, persönliche Internetseite)

Bundestags-Fraktionen

CDU/CSU-Fraktion
Arbeitsgruppe Gesundheit
Vorsitzender: Jens Spahn (Biografie Bundestag, persönliche Internetseite)

SPD-Fraktion
Arbeitsgruppe Gesundheit
Sprecher: Prof. Dr. Dr. Karl W. Lauterbach (Biografie Bundestag, persönliche Internetseite)

FDP-Fraktion
Arbeitskreis III (Politikfelder: Arbeit und Soziales, Gesundheit)
Vorsitzender: Heinz Lanfermann (Biografie Bundestag, persönliche Internetseite)

Fraktion Die Linke
Arbeitskreis V Gesundheit, Pflege, Behindertenpolitik
Vorsitzende Dr. Martina Bunge (Biografie Bundestag, persönliche Internetseite)

Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Arbeitskreis 1 Wirtschaft, Arbeit, Soziales, Finanzen, Haushalt
fachpolitische Sprecherin Gesundheit: Birgitt Bender (Biografie Bundestag), persönliche Internetseite)

Surfer haben Rechte

Surfer haben Rechte – Verbraucherzentrale Bundesverband schaltet Webseite zu Rechten und Stolperfallen im Internet frei

Welche Rechte habe ich in Sozialen Netzwerken? Welche Fallen drohen beim Download von Programmen? Informationen für Internetnutzer bietet seit heute die Webseite www.surfer-haben-rechte.de. Verantwortet wird das Angebot vom Projekt „Verbraucherrechte in der digitalen Welt“ im Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), gefördert vom Bundesverbraucherministerium. Der vzbv präsentierte die Webseite heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Verbraucherministerin Ilse Aigner.

Surfer haben Rechte (vzbv), Screenshot
Surfer haben Rechte (vzbv), Screenshot

Internetnutzer erfahren auf surfer-haben-rechte.de, was Rechtsthemen wie Urheberrecht, Datenschutz oder Vertragsrecht sind und was sie im Onlinealltag bedeuten. Praxisnah informiert die Webseite, was bei konkreten Angeboten zu beachten ist. Checklisten helfen dabei, die wichtigsten Punkte stets im Blick zu behalten. Außerdem stellt der Verbraucherzentrale Bundesverband seine Aktivitäten im Bereich Internet vor. „Die Verbraucher können auch in der digitalen Welt auf uns zählen“, erklärt Vorstand Gerd Billen.

Vielfach überschneiden sich die Interessen von Verbrauchern mit denen seriöser Anbieter. Doch in manchen Bereichen besteht noch Nachholbedarf. „Daten- und Verbraucherschutz sind kein veraltetes Feature, sondern gehören zwingend zu einer sozialen Marktwirtschaft 2.0“ erklärt Cornelia Tausch, Leiterin des Fachbereichs Wirtschaftsfragen und Internationales und Leiterin des Projekts Verbraucherrechte in der digitalen Welt beim vzbv. Unternehmen sollten dies auch als Chance begreifen, Vertrauen bei ihren Kunden zu schaffen.

„Verbraucherrechte in der digitalen Welt“ läuft voraussichtlich bis Ende 2010 und kooperiert mit dem Projekt „Verbraucher sicher online“ der TU Berlin, das ebenfalls heute freigeschaltet wurde und technische Tipps gibt. Surfer-haben-Rechte.de wird im Projektverlauf weiter wachsen und die neuesten Entwicklungen widerspiegeln – zum Beispiel den Fortgang der Abmahnungen, die im Juli vom Projekt Verbraucherrechte in der digitalen Welt an fünf Betreiber sozialer Netzwerke verschickt wurden. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz finanziell gefördert.

(Pressemitteilung des vzbv)

Sexualität und Gesundheit brauchen Datenschutz

Vorratsdatenspeicherung gefährdet den Datenschutz – der gerade auch für Schwule und Lesben, sowie HIV-Positive von besonderer Bedeutung ist. Am 12. September findet in Berlin eine Groß-Demonstration gegen die Vorratsdatenspeicherung statt.

„Sexualität und Gesundheit brauchen Datenschutz“, betont die Deutsche Aids-Hilfe. Doch genau dieser Datenschutz ist in Gefahr. Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist seit 1. Januar 2008 in Kraft. Eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz (34.000 Beschwerdeführer) läuft derzeit.

‚Nach einem Gesetz, das CDU, CSU und SPD am 9. November 2007 gegen die Stimmen von FDP, Grüne und Linke beschlossen haben, ist seit 2008 nachvollziehbar, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS wird auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten. Entgeltliche Anonymisierungsdienste sind verboten. … Die Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellt die bislang größte Gefahr für unser Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben dar.‘ (AK Vorratsdatenspeicherung)

Auch Schwule und Lesben, auch Menschen mit HIV sind davon direkt betroffen.

Vorratsdatenspeicheurng - Meine Sexualität geht dich nichts an Wolfgang
Vorratsdatenspeicherung - Meine Sexualität geht dich nichts an, Wolfgang

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung nennt Beispiele, wie auch Schwule und Lesben direkt von der Vorratsdatenspeicherung betroffen sein könnten:

Was bedeutet es wohl für einen Jugendlichen, wenn schon der erste Anruf bei einer Coming-out-Hotline dauerhaft protokolliert wird?
Kann es einem nicht bange werden, wenn der Staat die anfallenden Kommunikationsdaten laut aktuellem Gesetzesentwurf selbst zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten auswertet?
Könnte es vielleicht sein, dass Schwule in Polen lieber auf ein Chat-Profil bei einem Kontaktportal verzichten, wenn sie wissen, dass der örtliche Polizist dies im Zweifel selbst noch nach 15 Jahren über die Bestätigungs-E-Mail erfahren könnte?

Wer der Ansicht ist, eine Vorratsdatenspeicherung könne doch nichts wesentlich Gefährliches produzieren, sie zu einem kleinen Experiment eingeladen, einem Versuch namens „open trace“:

open trace ist eine Art online-  ‚Fingerabdruck-Browser‘. Die Initiatoren:

„Alle Spuren, die du im Laufe der Zeit im Internet hinterlassen, werden dir angezeigt. Und was diese Spuren über dich verraten, kannst du dir jederzeit auswerten lassen. Der digitale Fingerabdruck ist mehr, als nur ein geflügeltes Wort.“

Auf http://open-trace.de/ kann ausprobiert werden, welche Spuren das eigene Surfverhalten im Internet hinterlässt – ein lohnenswertes, sehr aufschlussreiches Experiment (das keine Installation von Programmen o.ä. erfordert), gerade wenn man etwas länger sein gewohntes Internetverhalten über open trace macht (z.B. Feeds lesen, Blaue Seiten, Facebook & co.).

Erschrocken über die Ergebnisse? Nachdenklich geworden?
Nicht umsonst betont auch die Deutscher Aids-Hilfe „‚Freiheit statt Angst‘ – Vorratsdatenspeicherung gefährdet HIV-Prävention“.

Samstag, dem 12. September 2009 wird unter dem Motto „Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn!“ eine Großdemonstration in Berlin stattfinden. Treffpunkt: 15.00 am Potsdamer Platz

weitere Informationen:
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: Überwachung und Homosexualität
Deutsche AIDS-Hilfe 02.11.2007: Geplante Vorrats-Datenspeicherung gefährdet Online-Beratung der Aidshilfen
Deutsche AIDS-Hilfe 09.10.2008: „Freiheit statt Angst“ – Vorratsdatenspeicherung gefährdet HIV-Prävention
Sachstand zur Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung
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Feurige Hitler-Jungen in Schöneberg?

Oh – in Berlin-Schöneberg trommelt immer noch unbehelligt die Hitler-Jugend ? Und die feschen Hitler-Madels vom Bund deutscher Mädel bereiten sich auf ihre Mutterrolle vor? Oder was stellt dies hier dar?

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Die „gebundenen Ganztags-Schule“ Teltow-Grundschule in Berlin-Schöneberg Feurigstrasse (früher „10. Grundschule“), heute mit Montessori-orientierten Klassen, bietet Schülerinnen und Schülern wie auch Besuchern diesen Anblick über ihrem Eingangs-Portal.

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Das Motto der „Teltow-Grundschule“ lautet laut eigener Internetseite:

„Wir begegnen uns mit Achtung und Wertschätzung. Wir sind höflich, hilfsbereit und kameradschaftlich. Wir benehmen uns täglich so, dass alle sich wohlfühlen und gern in die Schule kommen.“

Ob der Relief-„Schmuck“ Teil dieses Ideals ist?

Diese Reliefs befinden sich an einer Schule. Einem Ort, der zur Bildung (der Jugend) beitragen soll. Erstaunliche Koinzidenz.

Selbst falls diese Reliefs nicht aus dunkelsten Zeiten stammen sollten, sondern aus Zeiten von spätem Wandervogel, sie erstaunen. Und wecken mit all ihrer Symbolik (vom Wimpel über Hemd bis zu Lederriemen für den Halstuch-Knoten) Assoziationen, die der Erklärung und Einordnung bedürfen.

Wohlgemerkt, es geht nicht um ‚Bildersturm‘. Es geht nicht darum etwa zu fordern, diese Reliefs zu entfernen.
Aber es geht sehr wohl um die Frage, warum diese Reliefs heutzutage immer noch unkommentiert dort hängen, ohne Erläuterung, ohne historische Einordnung. Nur darum. Aber darum ganz sicher.

Ethik für alle – Berlin hat sich klar entschieden (akt.)

„Ethik-Unterricht weiterhin gemeinsam und für alle, Religionsunterricht weiterhin freiwillig“ – so lässt sich das Ergebnis der Berliner Abstimmung zum Volksentscheid in Sachen Ethik-Unterricht zusammenfassen.

Die Initiative „Pro Reli“ erreichte ihr Ziel nicht – Ethik-Unterricht bleibt weiterhin Pflichtfach, Religionsunterricht ist zusätzlich wahlfrei möglich. Eine Mehrheit der BerlinerInnen stimmte gegen ‚pro Reli‘. Das erforderliche Quorum von 25% wurde weit verfehlt.

48,4% der Berlinerinnen und Berliner stimmten mit ‚ja‘ (und damit für pro Reli), 51,3% mit ’nein‘ (und damit pro Ethik). Am Volksentscheid nahmen nur 29,2% teil – eine deutlich schlechtere Wahlbeteiligung als bei der Abstimmung um den Flughafen Tempelhof.

Der Volksentscheid erreichte damit das erforderliche Quorum von 25% nicht – und überraschenderweise ist die Initiative ‚pro Reli‘ nicht  nur am Quorum, sondern auch direkt an der Wahlurne gescheitert, hat nicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten.

Offiziell werden Landeswahlleiter, Andreas Schmidt von Puskás, und der Vorstand des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg, Prof. Dr. Ulrike Rockmann, das amtliche End-Ergebnis des Volksentscheids am Montag, 27. April 2009 um 11:00 Uhr mitteilen.

Ein breites Bündnis hatte sich für die Beibehaltung des gemeinsamen Ethik-Unterrichts in Berlin ausgesprochen. Das Bündnis reichte von politischen Parteien (Grüne, Linke, SPD) über Gewerkschaftsgruppen (z.B. GEW) bis hin zu religiösen Gruppierungen (u.a. Alevitische Gemeinde, Deutsche Buddhistische Union, Initiative Christen pro Ethik).

Auch der Lesben- und Schwulenverband LSVD Berlin-Brandenburg hatte sich unter dem Motto „pro Ethik – contra Homophobie“ dem Bündnis „Pro Ethik“ angeschlossen und dazu aufgefordert, mit ’nein‘ zu stimmen.

pro Ethik - contra Homophobie
pro Ethik - contra Homophobie

Die Landesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen Berlin (LASJ) hatte in einem Statement (pdf) betont:

„Angesichts der gestiegenen homophoben Gewalt können wir es uns nicht leisten, bei Jugendlichen den Eindruck entstehen zu lassen, wer religiös sei, brauche keine Ethik.“

Am Sonntag, 26.4.2009, setzten sich die Befürworter des Ethik-Unterrichts durch. Die unterlegenen Vertreter von proReli spekulierten am Abend über eine etwaige Klage gegen das Abstimmungsergebnis.

Es schiene mir anachronistisch und weltfremd, wenn in einer Stadt, in der so viele Kulturen, Religionen, Menschen verschiedenster Herkunftsgebiete und -kulturen mit einander leben, die Bevölkerung sich gegen einen gemeinsamen Ethik-Unterricht für alle Schüler entschieden hätte.

Auch wenn eine Partie es anders suggerieren wollte – das jetzige Ergebnis heißt nicht „contra Religion“, es heißt vielmehr „pro Ethik für alle, und pro Religion für die die es wollen“.
Aus schwuler Sicht ist zudem ein klares „Ja zum Homo-Unterricht“ zu begrüßen …

Dass der gemeinsame Ethik-Unterricht -trotz massiven Einsatzes nicht nur finanzieller und verbaler Mittel der proReli-Befürworter- gesichert werden konnte, zeigt dass Berlin hier eine klare Meinung hat – die nun von allen Beteiligten akzeptiert und respektiert werden sollte.

Europawahlen 2009 – wählen für Menschenrechte, gegen Homophobie

Anfang Juni 2009 finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Wählen gehen, und Abgeordneten wählen, die Menschenrechts-freundliche Politiken unterstützen, fordert die internationale Schwulen- und Lesbenorganisation ILGA Europe.

Vom 4. bis 7. Juni 2009 finden in den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament statt – in Deutschland am Sonntag, 7. Juni. Von den 736 zu wählenden Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden gemäß Nizza-Vertrag 99 aus Deutschland gewählt.

„Mach dir Gedanken – Wähle für ein Menschenrechts-freundliches Europäisches Parlament“, dazu ruft anlässlich der anstehenden Wahl die europäische Sektion der ILGA International Lesbian and Gay Association auf.

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„Vote for a human rights friendly European Parliament“ – dieser Slogan mag zunächst abstrakt, weit weg von der eigenen Realität klingen.

Doch schon einige Schlagzeilen der vergangenen Zeit zeigen deutlich, welche Bedeutung das Europäische Parlament gerade auch für Schwule und Lesben haben kann:
EU-Parlament fordert gegenseitige Anerkennung vom Homo-Ehen
EU-Bericht zu Homophobie und Diskriminierung
EU gegen Homophobie
oder auch z.B. Anfragen von Europa-Parlamentariern in Sachen Einreisebeschränkungen für HIV-Positive

Zur Wahl zum Europäischen Parlament 2009 hat die ILGA Europe einen Zehn-Punkte-Katalog aufgestellt, der sich mit EU-Gesetzgebung, den Rechten von Schwulen, Lesben und Transgender sowie der Bekämpfung von Homophobie beschäftigt. Die Kandidaten zum Europäischen Parlament werden aufgefordert, sich diesen Forderungen anzuschließen.

Ja, beim Thema Europa kommen vielen immer noch zuerst Gedanken wie Kamellen- und Bananen-Verordnung, Bürokratie und Bürgerferne.
Aber Europa heißt auch Chance – Chance nicht nur für Schwule und Lesben in anderen EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch bei uns.

Noch mag die EU zu wenig bürgernah sein, zu fern unserer Lebensrealitäten, zu bürokratisch. Ändern wird sich dies sicherlich nicht, wenn wir nicht zur Wahl gehen. Ändern wird es sich, wenn wir, wenn auch Schwule und Lesben, verstärkt auch in Europa ihre Anliegen vorbringen, ihre Stimmen hör- und sichtbar machen – europaweit, grenzüberschreitend.

Beklagen wir nicht, wie die EU heute ist, bejammern wir nicht, wie sie sein könnte – ändern wir sie, auch indem wir wählen gehen.
Und indem wir dann bei (und vor allem: vor und während) Debatten z.B. zu für Schwule und Lesben relevanten Themen bei den jeweiligen Europa-Abgeordneten nachhaken. Nachfragen, ‚warum hast du so abgestimmt? warum nicht …? Sind Homos nicht auch deine Wähler?‘

Und – fordern wir die Kandidaten auf, sich dem Forderungskatalog der ILGA Europe anzuschließen! Bisher (Stand 31.03.2009) hat dies (der Karte zufolge, siehe Link unten) kein einziger Kandidat aus Deutschland getan … !
Fragen wir sie, warum hast du für uns wichtige Initiativen nicht unterstützt? (siehe Übersicht unten)

Durch Nicht-Wählen-Gehen, durch Kopf-in-den-Sand-Stecken wird sich nichts ändern. Wohl aber, wenn wir, jeder von uns, ein kleines Stückchen aktiv wird – und für seine Interessen eintritt.
Dazu gehört auch: wählen gehen! Einfluss nehmen! Interessen deutlich machen!

weitere Informationen:
ILGA-Europe’s European Parliament Elections Pledge
wie viele Kandidaten aus welchen Staaten haben sich bisher angeschlossen? die Karte
wie haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments in der jetzt zu ende gehenden Legislatur-Periode bei für Lesben, Schwulen und Transgender wichtigen Themen und Anträgen abgestimmt? eine Übersicht
Über den homo-Horizont hinaus lesenswert: Social Europe Journal
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Bundesverfassungsgericht: Wahlcomputer verfassungswidrig

Wahlcomputer gestoppt, dies urteilte soeben das Bundesverfassungsgericht. Gewählt wird wieder mit Stift und Papier – nachvollziehbar, demokratietauglich.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Einsatz von Wahlcomputern in Deutschland gestoppt. Ihre Verwendung widerspreche dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl.

Die Verwendung von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl 2005 sei verfassungswidrig gewesen. Da jedoch im konkreten Fall keine Hinweise auf Fehler vorlägen, bleibe diese Wahl gültig. Zukünftig ist die Verwendung von Wahlcomputern nicht zulässig.

Das Bundesverfassungsgericht formuliert in seinem Urteil (AZ: 2 BvC 3/07 und 2 BvC 4/07) auch, unter welchen Bedingungen Wahlcomputer einsetzbar wären:

„Der Zweite Senat hat entschieden, dass der Einsatz elektronischer
Wahlgeräte voraussetzt, dass die wesentlichen Schritte der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung vom Bürger zuverlässig und ohne besondere Sachkenntnis überprüft werden können.“

Konkreter Anlass des Verfahrens warf die Bundestagswahl 2005, bei der ca. 2 Millionen Bundesbürger ihre Stimme an etwa 1.800 Wahlcomputern abgaben. Zwei Stimmberechtigte hatten dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Neben leichter Manipulierbarkeit ist eines der wesentlichen Argumente der Kritiker von Wahlcomputern, dass die Abstimmungsergebnisse nach Stimmabgabe nicht mehr nachvollziehbar sind – eine Kontrolle über die Korrektheit des Wahlablaufs ist nicht mehr möglich. Fundamentale Prinzipien der Demokratie würden so ausgehebelt, so Kritiker, u.a. die Kontrollierbarkeit des Wahlablaufs und die Möglichkeit der Überprüfung einer Wahl.

Grundlage des Urteils des BVerfG war u.a. ein Gutachten des Chaos Computer Clubs.

Weitere Informationen:
Ausführliches Gutachten des Chaos Computer Clubs zu NEDAP-Wahlomputern (pdf)
Wahlcomputer schnell manipulieren – ein Video
Chaos Computer Club 9. Juni 2007: Wahlcomputer sind nicht sicher
Bundesverfassungsgericht: Pressemitteilung ‚Verwendung von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl 2005 verfassungswidrig
netzpolitik.org 03.03.2009: ‚Interview mit Andreas Bogk (CCC)‘
Pressemitteilung des CCC vom 03.03.2009
heise online 03.03.2009: Einsatz von Wahlmaschinen bei Bundestagswahl war verfassungswidrig
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Politischer Aktivismus in Zeiten des Internet

Politischer Aktivismus? Heute im Homo-, im Aids-Bereich doch tot – oder?
Nach ACT UP wird gerufen, der Mythos ACT UP diskutiert – aber ACT UP wird nicht gemacht.

Dabei böte das Internet durchaus vielfache Möglichkeiten, könnte neue Perspektiven aufzeigen, neue Handlungs-Möglichkeiten eröffnen – auch für schwulen und positiven Aktivismus.

Wie das aussehen kann, und wo Chancen aber auch Probleme liegen können, thematisiert der ‚Elektrische Reporter‘ in dieser Ausgabe:

Elektrischer Reporter – Digitaler Aktivismus: aus dem Netz auf die Straße

„Ohne Zorn wird nichts passieren“ – wohl wahr. Aber ‚Aufreger‘ gäbe es genügend – und das Internet bietet zahlreiche neue, spannende Möglichkeiten, mit politischem Aktivismus neue Wege zu gehen …

vor 25 Jahren: Recht auf informationelle Selbstbestimmung begründet

Heute vor 25 Jahren, am 15.12.1983 verkündete das Bundesverfassungsgericht das ‚Volkszählungs-Urteil‘, in dem es das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung begründete.

Mehr auf tagesschau.de „Nichts zu verbergen, nichts zu befürchten?“

[via netzpolitik.org]

Nachtrag:
15.12.2008: „Das Internet vergisst nicht“ – netzpolitik.org berichtet über einen Vortrag von Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts

Frankreich: Delanoe führt die Sozialisten nicht

Die französische Sozialistischer Partei wird nicht von Bertrand Delanoë geführt. Nach turbulenten Diskussionen zog er seine Kandidatur zurück. Am Donnerstag entscheidet nun die Basis zwischen den verbliebenen drei Kandidaten.

Auf ihrem 75. Parteitag, der vom 14. bis 16.11.2008 in Reims stattfand, wollten sich die französischen Sozialisten am Donnerstag, 20. November auf einen neuen Parteivorsitz einigen. Und konnten doch keine Einigung finden – nun entscheidet die Basis am 20.11.2008.

Für Nachfolge für den nicht mehr kandidierenden Francois Hollande gab es zahlreiche Interessenten und Kandidaten, darunter Martine Aubry (Bürgermeisterin von Lille), Ségolène Royal, Benoît Hamon sowie ursprünglich Bertrand Delanoë (Bürgermeister von Paris). Sie alle wollten die Sozialisten in die nächsten Präsidentschaftswahlen gegen Nikolas Sarkozy im Jahr 2012 führen.

Und es gab Streit, reichlich Streit. Vor allem um sie, um Ségolène Royal. Royal, die 2007 zwar achtbare Wahlergebnisse erzielte, aber die Präsidentschaftswahl im Mai 2007 doch deutlich gegen Nikolas Sarkozy verlor, zog Widerspruch und Proteste nicht nur des Partei-Establishments auf sich – obwohl sie bei einer Probe-Abstimmung der Parteimitglieder klar vorne lag.

Nach streitreichen Debatten war letztlich am Wochenende nur eines klar – Delanoë kandidiert nicht mehr. Am Donnerstag muss die Basis entscheiden – 233.000 Parteimitglieder haben dann die Wahl zwischen Royal, Aubry und Hamon. Delanoë rief unterdessen doch zur Unterstützung von Aubry auf.

Bertrand Delanoë, Bürgermeister von Paris, stellt sich selbst als ‚linken Reformer‘ und Pro-Europäer vor. Erst im vergangenen März war Delanoë deutlich als Pariser Bürgermeister wiedergewählt worden.

Bertrand Delanoe (Foto: bertranddelanoe.net)
Bertrand Delanoe (Foto: bertranddelanoe.net)

Der 58jährige Delanoë ist als Politiker seit November 1998 offen schwul. Damals erwähnte er seine Homosexualität in einer französischen Fernsehshow auf ‚M6‘- und brach eines der unausgesprochenen Gesetze, nämlich dass das Privatleben eines Politikers privat bleiben solle. Freunde hätten ihm von einem Coming-Out abgeraten, erzählte er 2004 in seiner Autobiographie ‚La vie, passionnément‘, aber ihm sei wichtig gewesen, selbst mit einem kleinen Schritt dazu beizutragen, dass andere weniger Last der Heimlichtuerei zu tragen hätten.

Delanoë ist selbst nicht in der Schwulenbewegung aktiv. In der Zeit seiner Bürgermeisterschaft wurde die finanzielle Unterstützung für das Pariser Schwulen- und Lesbenzentrum sowie einige Schwulen- und Lesben- sowie Aids-Aktions-Gruppen der Stadt deutlich erhöht. Er verfasste das Vorwort zum von Louis-George Tin herausgegebenen ‚dictionnaire de l’homophobie‘.

Delanoë, der betont er verstehe sich als Sozialist und Liberaler, unterstützt Forderungen nach gleichen Rechten für Schwule und Lesben, einer Homo-Ehe sowie einem Adoptionsrecht für Homosexuelle.

2001 wurde Delanoë als erster Sozialist zum Bürgermeister von Paris gewählt.  Am 5. Oktober 2002 war er Ziel eines homophoben Angriffs – während einer Kulturveranstaltung (‚Nuit blanche‘), deren Ehrenvorsitz er hatte, wurde er durch einen Messerstich im Bauchraum verletzt und verbrachte zwei Wochen im Krankenhaus. Der Täter wurde von der Polizei verhaftet; er bekannte er hasse Schwule.

Im August 2008 hatte Delanoë in einem Gespräch mit Le Monde angekündigt, er wolle sich als Parteivorsitzender der Sozialisten zur Wahl stellen.

Nachtrag 25.11.2008: mit 102 Stimmen Vorsprung zur ‚Siegerin‘ erklärt: Martine Aubry

Frankreich: neue Rosa Listen auch für Schwule & Lesben, HIV-Positive?

In Frankreich wird eine Datenbank eingeführt, mit der ‚potenzielle Störer‘ überwacht werden sollen. Auch sexuelle Orientierung und HIV-Status werden gespeichert.

Der französische Inlands-Geheimdienst DCRI soll zukünftig Personen ab 13 Jahren (!) in einer Datenbank  speichern, wenn ihr Verhalten für die Zukunft eine mögliche Störung der öffentlichen Ordnung  befürchten lässt. Dabei soll die Speicherung von Fotos, Körper- und Wesensmerkmalen, Adressen und anderen Daten zulässig sein. Edvige, so soll die neue Datenbank heißen (Exploitation Documentaire et Valorisation de l’Information Genérale), wurde am 27. Juni mit einem Dekret angeordnet.  Unklar ist bisher, wer alles Zugang zu den Daten haben soll.

Die Maßnahme, die sich vor allem gegen die Gewalt von Jugendlichen in den Vorstädten richten soll, stößt auf Bedenken und Proteste. Die französische Datenschutzbehörde CNIL machte zahlreiche Einwände geltend. Doch Proteste kommen bei weitem nicht nur bei Datenschützern. Die Liga für Menschenrechte sprach von bereits einem ‚orwellschen Plan‘.

Schwulen- und Lesbenorganisationen beklagen insbesondere, dass auch Daten zur sexuellen Orientierung enthalten sein sollen. Zudem wird auch der HIV-Serostatus gespeichert.
Ein Vertreter des Innenministeriums hat mehrfach die Speicherung von sexueller Orientierung und HIV-Status bestätigt.

ACT UP Paris spricht von einem Rückfall in soziale Kontrolle wie in den 1950er Jahren und  beteiligt sich an von der Nichtregierungsorganisation RAS koordinierten breiten Protesten gegen Edvige (Unterstützung des Protest-Aufrufs gegen Edvige hier). Zu den Unterzeichnern des Protests gegen Edvige gehören u.a. Aides (franz. Aidshilfe) , Amnesty International Frankreich, Attac, zahlreiche Gewerkschafts-Abteilungen und zahlreiche Lesben-, Schwulen- und Transgender-Gruppen und SNEG (Vereinigung schwuler Unternehmen).

Dokumente:
Dekret Nr. 2008-632 über Edvige

Nachtrag 24.07.2008: Le Monde berichtet (auf frz.) „Edvige beunruhigt Homosexuellen-Menschenrechts-Organisationen“ und Tetu hat eine Direktorin des CNIL (eine Art Datenschutz-Behörde) im Interview: „Fichier Edvige: l’interview de la Cnil“
Nachtrag 25.7.: Michèle Alliot-Marie, französische Innenministerin, rechtfertigt die Speicherung von Daten zu Gesundheit und sexueller Orientierung
Nachtrag 03.09.2008: gegen Edvige formiert sich weiter der Widerstand. „Ein Regen an Einsprüchen vor dem Conseil d’Etat“, berichtet Tetu (der Conseil d’Etat ist das oberste französische Verwaltungsgericht). Alle Einsprüche zielen auf die Annulation des Dekrets, mit dem Edvige beschlossen wurde. Der Conseil d’Etat wird bis Ende Dezember 2008 über die Zulässigkeit des Dekrets für Edvige entscheiden.

Marburg-Virus

Bei einer Frau in den Niederlanden wurde Anfang Juli das Marburg-Virus festgestellt. Die Frau, die seit 5. Juli im niederländischen Leiden im Krankenhaus liegt, befindet sich derzeit in kritischem Zustand.

Die Diagnose Marburg-Virus wurde vom Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg bestätigt. Das Marburg-Virus ist hoch-pathogen, eine Infektion verläuft in 1/4 der Fälle tödlich. Die Frau hatte sich zuvor in Uganda aufgehalten. Ihre Kontaktpersonen werden nun ‚klinisch überwacht‘.

Infektionen mit dem Marburg-Virus sind in Europa selten. Der Erreger wird durch Schmieren-Infektion und Körperflüssigkeiten sowie Kontaktinfektion übertragen. Bei Personen, die eine Infektion überleben, kann das Virus in einzelnen Körper-Kompartimenten (Sperma) noch monatelang in pathogener Form nachgewiesen werden.

Das Marburg-Virus trägt seinen Namen nach dem Ort des ersten (öffentlich beschriebenen) Auftretens. 1967 erkrankten zwei Laborangestellte der Behringwerke in Marburg an hohem Fieber, hatten Blutungen an inneren Organen. Später starben in Marburg mehrere Personen; über die Stadt wurde der Ausnahmezustand verhängt. Ein Forscher des Instituts für Virologie Marburg publizierte als erster über das Virus und gab ihm den Namen.

In etwas reisserischer Form hat das Marburg-Virus auch Film-Karriere gemacht – in Wolfgang Petersens Film „Outbreak“ (1995).