BMS übernimmt Hepatitis-C-Spezialisten Inhibitex (akt.)

Der Pharmakonzern BMS übernimmt für 2,5 Milliarden US-$ die Firma Inhibitex, einen Spezialisten für Hepaititis-C- Medikamente.

2,5 Milliarden US-$ investiert der Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb (BMS), um das Unternehmen Inhibitex aus Atlanta (USA) zu übernehmen. Ein entsprechendes Abkommen wurde, wie beide Unternehmen mitteilten, Anfang Januar 2012 unterzeichnet.

Wichtigste Substanz von Inhibitex ist ‚INX-189‘, ein oraler Nukleotid-Polymerase-Inhibitor (NS5B). Die Substanz wird derzeit in Phase-II-Studien zur Behandlung der Hepatitis C untersucht. Sie soll ersten Daten zufolge gegen verschiedene Genotypen von Hepatitis C wirksam sein und eine hohe Resistenzbarriere haben.
BMS sieht in dieser Substanz-Klasse den potentiellen Grundbaustein einer möglichen zukünftigen Standard-Therapie gegen Hepatitis C. Inhibitex hat weiterer Substanzen der Klasse der Nukleotid-Polymerase-Inhibitoren in der vorklinischen Entwicklung.

BMS ist im Bereich der Infektionskrankheiten bisher u.a. mit Aids-Medikamenten am Markt. Der Blockbuster von BMS, ein Blutverdünnungsmittel, hat nach Auslaufen von patenten zunehmdenden Wettbewerbsdruck durch Generika.

Der Börsenwert von Inhibitex hatte sich 2011 verdreifacht. Den Aktionären von Inhibitex bot BMS am 7.1.2011 einen Kaufpreis von 26$ je Aktie in bar, dies entspricht einem Aufpreis von 163% zum Schlusskurs vom vorangegangenen Freitag.

Der Pharma-Markt steht derzeit unter grossem Kostendruck. Weitere Überhamen und Fusionen werden erwartet. Zudem bauen zahlreiche Unternehmen Personal ab; allein BMS hat sein Personal in der jüngeren Vergangenheit von 40.000 auf 26.000 deutlich reduziert.

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weitere Informationen:
BMS 07.01.2012: Bristol-Myers Squibb to Acquire Inhibitex
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Mit Pluto und Neptun gegen Aids? Die seltsamen Gedanken der Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner ‚Piraten‘ (akt. 6)

Die Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner ‚Piraten‘ mag Esoterik  – und gar die umstrittenen ‚Germanischen Neuen Medizin‘? -Zudem äußert sie sehr seltsame Ansichten zu Aids.

Die Politologin und Heilpraktikerin Daniela Scherler ist Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner ‚Piraten‘. Die 39-Jährige sorgt mit seltsamen Ansichten über Krankheit und Tod für Aufsehen – und Unruhe in der Partei. Zahlreiche Formulierungen lassen den Eindruck entstehen, sie weise (wie der Esoteriker und Befürworter der ‚Neuen Germanischen Medizin‘ Rüdiger Dahlke (‚Krankheit als Weg‘), auf den sie sich beruft) Kranken eine Mitschuld an ihrer Erkrankung zu.

‚Spiegel online‘ zitiert ihre Haltung zu Aids:

„Bei der Krankheit Aids steht die Bereitschaft zur Hingabe an das ganze Leben, einschließlich seiner dunklen Seiten, im Vordergrund. Zu integrierende Lernaufgaben sind meist die Fähigkeit, sich auf einen Menschen wirklich einzulassen, oder Verbindlichkeit mit all ihren Konsequenzen in Beziehungen zu leben. Gefordert ist die Integration der Urprinzipien Pluto und Neptun.“

Soll heißen? Sind HIV-Infizierte oder Aids-Kranke also „selbst schuld“?
Und wenn die ‚Schulmedizin‘ (wie Scherler zu meinen scheint) verhindere, dass wir uns unseren „Lernthemen“ stellen – was soll das heißen für antiretrovirale Medikamente?

Der Astronom und Journalist Florian Freistätter kritisiert die ‚elitäre Weltsicht‘ und weist auf Konsequenzen hin:

„Dieses Elite-Denken findet man in der Esoterik-Szene recht oft. Wer Probleme hat, ist selbst schuld. Wer krank ist, ist selbst schuld. Wer auf die „richtige“ Art und Weise denkt, wer dem „richtigen“ Guru folgt, wer der „richtigen“ Gemeinschaft angehört, der hat keine Probleme mehr im Leben. Und die anderen müssen selbst schauen wo sie bleiben. Wenn sie keine Lust haben, „richtig“ zu denken, dann brauchen sie sich auch nicht wundern, wenn es ihnen schlecht geht.“

Er zitiert Jörg Ewers, der in einem Kommentar im sozialen Netzwerk Google + betont

„Es geht darum, das sie explizit gefährlichen Schwachsinn verbreitet. Das fängt damit an Grippe als aufgestaute innere Anspannungen darzustellen, weil man irgendwem nichts husten kann.Geht aber auch relativ nahtlos weiter, das z.B Krebs Ausdruck von aufgestautem geistig-seelischem Wachstum sei oder AIDS Ausdruck eines Lernstaus sei, weil Menschen nicht in der Lage seien sich wirklich einzulassen und Verbindlichkeiten mit all ihren Konsequenzen zu leben.
Das ist mit Verlaub großer Bullshit, den sie laut ihrer Homepage in Seminaren und Gesprächen vornehmlich an Schüler, Jugendliche und Auszubildende weiterverbreitet.
Und da kommen die Piraten ins Spiel, wo immer wieder implizit mitschwingt, es ginge nicht nur um die Form, sondern auch um moralische Integrität.Wie moralisch integer ist es solche Menschen zu beschäftigen?“

Und Richard Joos kommentiert Scherlers Buch und ihre Reaktionen

„Nebenbei argumentiert sie wie die klassische Virenleugnerin und quatscht über AIDS in ihrem Buch, in dem wiederum die Begriffe “Viren”, “Ansteckung” oder “Infektion” nicht einmal vorkommen. Sie wendet sich damit an Jugendliche! (…)
Nun ist der Scherler die Geschichte offenbar selber peinlich, denn die “Links” unter anderem zum lobenswerten Dahlke, die sie auf ihrer HP bereithielt, sind inzwischen verschwunden. Aus ihren Buchpublikationen kriegt sie den Dahlke aber nicht raus, der ist prominente Literaturangabe (Seite ist nicht bei Google verfügbar, stattdessen im hier gelinkten Amazon Preview, S. 241 schauen.)“[Links siehe Original-Artikel, unten bei ‚weitere Informationen‘]

Die Piraten reagieren bisher gelassen. Sie sehen „keinen Interessenkonflikt“ und werden „keine personellen Konsequenzen“ ziehen. Sie betonen zu den Aussagen und Haltungen ihrer Geschäftsführerin in Reaktionen auf Kommentare immer wieder „Sie hat kein politisches Amt“. In der Stellungnahme heißt es

„Daniela Scherler ist als FGF [Fraktionsgeschäftsführerin; d.Hg.] der Piratenfraktion angestellt und solange ihre persönlichen Ansichten ihre Arbeit für die Fraktion nicht behindern, spielen diese für uns auch keine Rolle.“

Martin Delius, Piraten- Abgeordneter und parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, kommentiert (16.12., 16:50) „wenn Daniela sich dabei an die Beschlüsse und Implikationen des Parteiprogrammes halten kann“ wäre „auch die Einstellung als wissenschaftliche Referentin … möglich“. Und er (16:48) ergänzt „Es ist nicht die Aufgabe der Piratenfraktion moralische Bewertungen über Menschen, Ansichten oder nebenberufliche Tätigkeiten anderer anzustellen.“

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Aktualisierung
16.12.2011, 18:40
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Die Haltung der ‚Piraten‘ sei nicht unproblematisch, betont ein Kommentator („medman“, 18:22 Uhr) und weist auf mögliche konkrete Probleme in Berlin und der lokalen Aids-Politik hin:

„Wie steht denn die Fraktion zur HIV Aufklärung und Prävention? Kann man sich darauf verlassen, dass eine solche FGF alle notwendigen Informationen für Entscheidungen in diesem Bereich weiterreicht – gerade in Berlin eine nicht unwichtige Frage.“

17.12., 10:30: EsoWatch weist auch vor dem Hintergrund der Argumentation des ‚Piraten‘ Abgeordneten und parlamentairschen Geschäftsführers Martin Delius (s.o.)  auf einen Hinter-Grund für die Debatten hin:

„Blöd an der Sache ist, dass die Piraten bis heute kein offizielles Programm zu Medizin und Gesundheitswesen verabschiedet haben. Sie sollten diesen Fall als dringenden Ansporn nehmen, damit potentielle Wähler bei diesem wichtigen Thema wissen, woran sie sind. Eine entsprechende Formulierung wie das Bekenntnis zu einer wissenschaftsbasierten Medizin dürfte nicht allzu schwer zu formulieren sein.“

18.12., 15:00: Kritiker verweisen auf die Einlassung, Scherler bekleide „kein politisches Amt“, auf die Stellenausschreibung zur Fraktionsgeschäftsführung vom 10.10.2011. Dort wird unter ‚Aufgaben‘ unter anderem genannt: „Beratung der Fraktion in politisch- strategischen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen“.

18.12., 17:45: Der Berliner ‚Tagesspiegel‘ kommentiert das bisherige Verhalten der Partei unter dem Titel „Wertepluralismus falsch verstanden“ mit den Worten „die Parteispitze verweigert sich jeder Kritik“. Und ergänzt „Dem emphatischen Demokratieverständnis der Piraten stünde hier eine Einsicht gut an: dass der bei den Piraten geächtete Totalitarismus nicht erst dort beginnt, wo Menschen an einer demokratischen Wahl nicht teilnehmen dürfen. Sondern dort, wo – und sei es mit dem besten Willen – ein unmenschlicher Druck auf menschliche Seelen aufgebaut wird. “

18.12., 19:20: Johannes Sponader (s.u.) betont, es sei nun wichtig, dass Scherler erklärt, wie sie sich „zu Hamer und seiner fragwürdigen Ideologie verhält“. Insgesamt bemerkt er, „eine abschließende Bewertung sollte allerdings frühestens dann versucht werden, wenn sich Daniela Scherler zu der Kritik selbst geäußert hat.“

19.12., 09:30: Die Fraktionsgeschäftsführerin reagierte inzwischen mit eimem ‚Offenen Brief‘ (a.u.). Darin betont sie u.a. „Ich war nie und bin auch heute keine Anhängerin der Neuen Germanischen Medizin.“ Im Kontext Lebensführung und Kranklheit verwende sie „nicht den Begriff Schuld, sondern Verantwortung“ und wolle damit deutlich machen, daß „jeder von uns für sein Leben in hohem Maß Eigenverantwortung trägt“. Welchen Zusammenhang Aids und HIV hierzu haben, erläutert sie nicht. Sie werde ihre „Arbeit als Fraktionsgeschäftsführerin der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus engagiert fort[setzen]“.

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weitere Informationen:
Piratenfraktion Berlin 16.12.2011: Fragen zur Fraktionsgeschäftsführerin
EsoWatch: Daniela Scherler
SpON 16.12.2011: Berlin – Leitende Piraten-Mitarbeiterin irritiert mit Esoterik-Thesen
scienceblogs 15.12.2011: Die Berliner Piraten und die Esoterik
Marc Scheloske 15.12.2011: Kein Spaß – Die seltsame Esoterik-Welt der Fraktionsgeschäftsführerin der Berliner Piraten
Richard Joos: Warum Daniela Scherler als FraktionsGF durchaus eine Piratenpersonalie ist
Tagesspiegel 16.12.2011: Krude Esoterik – Die Piraten haben den Wertepluralismus falsch verstanden
Johannes Sponader 17.12.2011: Zur Versachlichung der Diskussion um Daniela Scherler und die „Esoterik“
Piratenfraktion Berlin 19.12.2011: Offener Brief der Fraktionsgeschäftsführerin
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Kenia: lokale Medikamenten-Produktion soll Behandlungskosten senken und Verfügbarkeit steigern

Ein kenianisches Pharmaunternehmen hat von der Welt-Gesundheitsorganisation WHO die Genehmigung für die Herstellung antiretroviraler Medikamente bekommen. Ziel ist auch eine signifikante Reduzierung der Behandlungskosten.

Schätzungsweise 1,5 Millionen Kenianerinnen und Kenianer sind mit HIV infiziert. Über 400.000 von ihnen erhalten derzeit bereits antiretrovirale Medikamente – weitere 600.000 HIV-Positive jedoch bräuchten dringend Aids-Medikamente, erhalten sie derzeit jedoch nicht. Ein Hindernis sind auch die hohen Behandlungskosten – trotz des Imports generischer Medikamente. Der Aufbau einer Medikamenten-Produktion im inland soll nun helfen, die Kosten zu reduzieren und Aids-Medikamente für eine größere Zahl an Positiven verfügbar zu machen.

Das Unternehmen ‚Universal Corporation‘ erhielt nun die Genehmigung zur Produktion von Lamizido in zwei Dosierungen. Lamizido ist eine Kombinations-Pille aus den Wirkstoffen AZT (Zidovudine) und Lamivudin (3TC). In Industriestaaten wird diese Kombination vom Pharmakonzern ViiV unter dem Handelsnamen Combivir® vermarktet. Der kenianische Hersteller teilte mit, man erwarte mit Produktionsaufnahme die Kosten im Vergleich zu bisherigen Importen (die überwiegend aus Indien stammen) um 30% reduzieren zu können.

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weitere Informationen:
IRIN 16.11.2011: Kenia: Local production means cheaper ARVs
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Ab September: Freifahrt für schwerbehinderte Menschen in Nahverkehrszügen der DB

Am 1. September 2011 wird die Freifahrtregelung für die rund 1,4 Millionen schwerbehinderten Menschen in Deutschland wesentlich erweitert. Alle Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn (DB) können dann bundesweit ohne zusätzlichen Fahrschein mit dem grün-roten Schwerbehindertenausweis und dem Beiblatt mit gültiger Wertmarke genutzt werden.

„Wir freuen uns, mit dieser Regelung das Leben für schwerbehinderte Bahnfahrer ein kleines bisschen einfacher machen zu können“, so Rüdiger Grube, Vorstandvorsitzender der Deutschen Bahn AG. „Es ist der Deutschen Bahn und mir persönlich ein echtes Anliegen, auch behinderten Menschen eine möglichst grenzenlose Mobilität zu bieten.“

Zusammen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die DB vereinbart, das im Sozialgesetzbuch verankerte Streckenverzeichnis für schwerbehinderte Menschen zum 1. September 2011 aufzuheben. Das Streckenverzeichnis definiert den Radius von 50 Kilometer rund um den Wohnort eines schwerbehinderten Menschen, in dem er bisher kostenlos die Nahverkehrszüge der DB außerhalb von Verkehrsverbünden nutzen konnte. Damit können schwerbehinderte Reisende bundesweit durchgängig mit allen Nahverkehrszügen der DB – Regionalbahn (RB), Regionalexpress (RE), Interregio-Express (IRE) und S-Bahn – in der 2. Klasse kostenlos fahren.

Die Regelungen für Begleitpersonen, für die Mitnahme eines Hundes und für kostenfreie Platzreservierungen bleiben unverändert. Das unentgeltliche Reisen innerhalb von Verkehrsverbünden bleibt bestehen. Die Neuregelung ist ein wesentlicher Beitrag zu mehr Kundenorientierung und zum Bürokratieabbau.

(Pressemeldung der DB)

neue HIV-Medikamente: ‚robuste Pipeline‘?

12 neue experimentelle HIV-Medikamente, sowie zahlreiche weitere Kombi-Pillen in fortgeschrittenen Studien – die ‚HIV-Pipeline‘ sei „robust“ gefüllt, meint ein Report der britischen Internetsite iBase.

Nie zuvor sei die (medizinische) Aussicht lange und gesunde Leben zu führen für Menschen mit HIV, Hepatitis C und Tuberkulose besser gewesen, mit diesen optimistischen Worten kommentieren Polly Claden (iBase) und Mark Harrington (TAG) die Situation verfügbarer und absehbarer Substanzen gegen die drei Erkrankungen.

Die britische Organisation iBase und die us-amerikanische TAG Treatment Action Group erstellen seit einigen Jahren Übersichten über antiretrovirale Medikamente, die sich in klinischer und vorklinischer Entwicklung befinden. Auf der IAS-Konferenz in Rom stellten sie die neueste Ausgabe vor: ‚2011 pipeline report: HIV, HCV, immune treatments, cure and TB research‘.

Seit den ersten Wirkstoffen gegen HIV seien im medikamentösen Kampf gegen Aids erstaunliche und erstaunlich schnelle Fortschritte erreicht worden. Und der Fortschritte gehe weiter: 2011 sei die Pipeline neuer in Entwicklung befindlicher Substanzen mindestens genauso gut gefüllt wie in jedem Jahren zuvor seit 2003 (dem Jahr des ersten ‚Pipeline-Reports‘).

Besonders erfreulich sei die Situation bei Substanzen, die direkt gegen Hepatitis C gerichtet sind. Annähernd 50 Substanzen befänden sich in Erforschung.

Mit ihrer sehr optimistischen Sicht konterkarieren Clayden und Harrington warnende Stimmen anderer Beobachter, die Pipeline von neuen Substanzen gegen HIV drohe auszutrocknen. Diese Kritiker weisen insbesondere darauf hin, dass zunehmend Me-Too-Präparate (Substanzen, die bereits zugelassenen Präparaten sehr ähneln) entwickelt würden, jedoch kaum noch neue Substanzen mit innovativen Ansätzen.

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weitere Informationen:
iBase 15.07.2011: 2011 pipeline report: HIV, HCV, immune treatments, cure and TB research
POZ 15.07.2011: HIV, Hep C Drug Development Pipeline is ‚Robust,‘ Says Report
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Virushepatitis B, C und D im Jahr 2010 – Situationsbericht des RKI

Hepatitis-B-, -C- und -D-Infektionen können chronisch verlaufen. Besonders Hepatitis B und Hepatitis C sind von besonderem Interesse auch für Schwule und HIV-Positive. Ein aktueller Bericht informiert.

Im aktuellen ‚Epidemiologischen Bulletin‘ informiert das Robert-Koch-Institut über die Situation von Infektionen mit Hepatitis B, c und D in Deutschland 2010.

Das RKI kündigt den Bericht an

„Der Situationsbericht im Epidemiologischen Bulletin 29/2011 beschreibt die Entwicklung der Fallzahlen aus den Meldedaten nach Infektionsschutzgesetz, ergänzt durch Daten aus verschiedenen Studien und Sentinels, und behandelt Aspekte der Prävention und Therapie.“

Auf die Situation schwuler Männer sowie HIV-Positiver geht der Bericht nur am Rand ein.

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weitere Informationen:
Virushepatitis B, C und D im Jahr 2010
in: Epidemiologisches Bulletin 29/2011
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‚Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung HIV-betroffener Paare mit Kinderwunsch‘ – Aktualisierung verzögert sich

Können wir unseren Kinderwunsch realisieren? Und wenn ja – wie? Auch auf ’natürlichem Weg‘? Diese Frage hat für viele Paare, bei denen ein Partner mit HIV infiziert ist, große Bedeutung. Entsprechend groß sind die Erwartungen an die Aktualisierung der entsprechenden Leitlinie, die das EKAF-Statement und seine Folgen einbeziehen soll. Doch deren Verabschiedung verzögert sich …

Ist die auf dem Statement der Eidgenössischen Aids-Kommission basierende Viruslast-Methode eine Möglichkeit für HIV-betroffene Paare, ihren Kinderwunsch zu realisieren? Die ‚Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung HIV-betroffener Paare mit Kinderwunsch‘ der Deutschen Aids-Gesellschaft DAIG sollten auf diese Frage klare Antworten geben und die Viruslast-Methode als weitere Möglichkeit benennen. Doch die Verabschiedung, eigentlich geplant für den Deutsch-Österreichischen Aids-Kongress, der jüngst in Hannover stattfand,  verzögert sich:

Die DAH berichtete auf ihrem ‚Live-Ticker‘ vom DÖAK:

„Im Rahmen der Mitglieder-Versammlung der DAIG (siehe letzter Eintrag) sollte heute [15.6.11; d.Hg.] auch die lang erwartete Aktualisierung der „Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung HIV-betroffener Paare mit Kinderwunsch“ verabschiedet werden. Doch dazu kam es nicht: Andere Themen auf der Tagesordnung wurden so ausführlich diskutiert, dass die Abstimmung unter den Tisch fiel.“

Neben der Frage von EKAF-Statement und Viruslast-Methode bei Paaren mit Kinderwunsch soll die Aktualisierung der Leitlinie auch die Einschränkungen für assistierte Reproduktion thematisieren (auch bei Paaren in stabiler Partnerschaft).

Behandelt werden soll auch die Frage der Kostenübernahme durch die Gesetzliche Krankenversicherung. Die Deutsche Aids-Hilfe war an entsprechenden Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Frage der Gleichstellung HIV-betroffener Paare nach eigenen Angaben wesentlich beteiligt (auch HIV-betroffenen Paare haben nun Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu Lasten der GKV, wenn die Erfolgsaussichten nach vorheriger medizinischer Beurteilung nicht nur theoretischer Natur und die Gefahren für Mutter und Kind nicht in unerträglichem Maße erhöht sind).

Eine neue Gelegenheit, die ‚Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung HIV-betroffener Paare mit Kinderwunsch‘ zu verabschieden, wird sich vermutlich während des dagnä-Workshops ergeben – am 9. / 10. September 2011. So lange werden auch Paare mit Kinderwunsch weiterhin auf die neue Leitlinie warten müssen.

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Nachtrag 28.09.2011:
Die DAIG verabschiedete auf ihrer Mitgliederversammlung am 09. September 2011 die ‚Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung HIV-betroffener Paare mit Kinderwunsch‘ (pdf).

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Dank für Informationen an Marianne Rademacher, Referentin für Frauen in der Deutschen Aids-Hilfe

neue Top-Level-Domain „.hiv“? (akt.)

Nach dem Beschluss der ICANN, neue Top-Level-Domains zuzulassen, bemüht sich eine Initiative um die Top-Level-Domain „.hiv“. Geht es um HIV/Aids? Oder um Aufmerksamkeit für anderes?

Die ‚Internet-Regierung‘ ICANN hat jüngst beschlossen, zukünftig zahlreiche weitere Top-Level-Domains zuzulassen. So könnte es zukünftig neben „.de“ (für in Deutschland ansässige Domains) oder „.fr“ für in Frankreich ansässige Internetseiten zukünftig auch Domain-Endungen wie „.berlin“ oder „.kneipe“ geben – oder eben Donains auf „.aids“ oder „.hiv“.

Um letztere, die Top-Level-Domain „.hiv“, bemüht sich auch eine Initiative, die die eventuelle zukünftige .hiv-Domain nach eigenen Angaben zur Spenden-Akquisition für Aids-Projekte benutzen will.

Hinter der Initiative steht einer Pressemitteilung zufolge die Hamburger Agentur „kempertrautmann“, der die Idee dazu bei ihrer Arbeit mit der Michael-Stich-Stiftung gekommen sei.

Zunächst wolle man über Facebook und andere Kanäle Kontakte zu relevanten Unternehmen und „anti-HIV-Aktivisten“ aufbauen und Community-Building betreiben, so die Pressemitteilung.

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Aktualisierung
24.06.2011
, 14:00: Auf der Facebook-Seite der Initiative heisst es u.a. „Unterstütze .hiv – die Initiative die mit der Kraft des Internets HIV und AIDS bekämpft. “ Weiter wird erläutert „Because every time someone visits the website, the owner donates a small amount of money to our charity – or they pay a monthly rate for the use of the domain name ending. “
Die eigene Internetseite der Initiative vermeldet als Header „We want to fight HIV using the power of the Internet. We need 1 million fans by May 2011.“ – und vermeldet aktuell (24. Juni 2011) 3.638 Unterstützer (der Facebook-Seite der Initiative). Auf der Internetseite heisst es weiter zu den Initiatoren „As employees of an advertising agency we have dealt with the issue of HIV/AIDS before, for instance, during several projects for the Michael Stich Foundation.“
24.06.2011, 14:20: Die Initiative teilte in einem Kommentar (s.u.) mit „inzwischen hat sich das Team verändert. Wir stehen als Initiative dotHIV auf eigenen Beinen, suchen Investoren und knüpfen gerade viele neue Kontakte …“

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Käme die Initiative einer Top-Level-Domain „.hiv“ von UNAIDS oder Interessenverbänden von Menschen mit HIV oder Aids-Service-Organisationen, könnte diese Initiative durchaus ihren Reiz haben. Ob eine Werbeagentur die richtige Adresse für eine derartige Top-Level-Domain ist, mag bezweifelt werden.

Die Verbindung zur Michael-Stich-Stiftung wird gerade in Deutschland viele in der Aids-Arbeit erfahrene Organisationen wie auch Aids-Aktivisten nicht eben zusätzlich für diese Initiative ‚erwärmen‘ …

Oder – geht es überhaupt um HIV und Aids? Ist die Initiative vielleicht nur eine geschickte Kampagne des Selbst-Marketing? Eines sich mal wieder positiv ins Gespräch bringen – nach dem jüngsten Verlust des ‚Vorzeige-Kunden‘ „Media-Markt?
Ich bin doch nicht blöd … ?

Die Top-Level-Donains „.aids“ oder „.hiv“ mögen eine reizvolle Idee sein, qualitativ hochwertige Angebote und Organisationen zu HIV und Aids zu bündeln. Nun sind Deutsche Aids-Hilfe und ihre internationalen Partner ebenso wie Menschen mit HIV gefordert, aktiv zu werden – damit eine Top-Level-Domain-Vergabe möglich wird, die in ihrem Sinn ist, im Sinn der Menschen mit HIV.

weitere Informationen:

Pressemitteilung „Neue Initative will .hiv im Kampf gegen Aids nutzen“
werben & verkaufen 12.01.2011: Aus für Kempertrautmann: Warum Media Markt eine Agentur sucht
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BZgA veröffentlicht repräsentativen Erhebung „Aids im öffentlichen Bewusstsein 2010“

Im Vorfeld des Deutsch-Österreichischen Aids-Kongresses gibt die BZgA ihre aktuelle Studie „Aids im öffentlichen Bewusstsein 2010“ heraus. Die Ergebnisse zeigen, dass sich seit Beginn der Aidsaufklärung in Deutschland die Nutzung von Kondomen in der Bevölkerung immer stärker durchgesetzt hat. Inzwischen schützen sich 87 Prozent der 16- bis 44-Jährigen zu Beginn neuer Partnerschaften mit dem Kondom. Mitte der 90er Jahre waren es noch 65 Prozent. Wie aus der Studie zudem hervorgeht, besteht in der Bevölkerung ein hoher Bedarf an Informationen zu anderen sexuell übertragbaren Infektionen. Die BZgA wird ihre Aufklärungsangebote dazu in den kommenden Jahren weiter ausbauen.

Hohes Schutzniveau bei HIV/Aids – Schutz gegen sexuell übertragbare Krankheiten immer wichtiger

Seit Beginn der Aidsaufklärung in Deutschland führt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) jedes Jahr die Repräsentativerhebung „Aids im öffentlichen Bewusstsein“ durch. Die Studie erhebt Daten zu Wissen, Einstellungen und Schutzverhalten der Menschen in Deutschland und erfasst, ob die Botschaften der BZgA-Kampagne GIB AIDS KEINE CHANCE in der Bevölkerung ankommen. Im Vorfeld des Deutsch-Österreichischen Aids-Kongresses (DÖAK), der vom 15. bis 18. Juni 2011 in Hannover stattfindet, veröffentlicht die BZgA die neuesten Ergebnisse.

Danach hat sich die Nutzung von Kondomen immer stärker in der Bevölkerung etabliert. Inzwischen schützen sich 87 Prozent der 16- bis 44-Jährigen zu Beginn neuer Partnerschaften mit einem Kondom. Mitte der 90er Jahre waren es noch 65 Prozent. Auch die Kondomnutzung bei Befragten mit sexuellen Risikokontakten ist weiter gestiegen. 86 Prozent der 16- bis 65-Jährigen mit mehreren Sexualpartnerinnen oder -partnern im vergangenen Jahr geben an, Kondome zu verwenden – ein neuer Höchststand. Dass Aidsprävention wirkt, zeigt sich auch an der deutlich rückläufigen Zahl derer in dieser Gruppe, die keine Kondome benutzen. Ende der 80er Jahre gab dies knapp die Hälfte (46 Prozent) der 16- bis 65-Jährigen mit wechselnden Sexualpartnerinnen oder -partnern an, heute sind es noch 14 Prozent.

„Unsere Studie zeigt, dass es in Deutschland keine wachsende Nachlässigkeit beim Schutz vor HIV/Aids gibt. Immer mehr Jugendliche und Erwachsene schützen sich mit dem Kondom“, erklärt Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. „Auch 30 Jahre nachdem das Krankheitsbild Aids erstmals beschrieben wurde, ist Prävention das Mittel der Wahl, um einer weiteren Ausbreitung der HIV/Aids-Epidemie vorzubeugen. Um in der Aidsprävention auch zukünftig erfolgreich zu sein, entwickeln wir unsere Kampagne stets weiter. Wie wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahre zeigen, können sexuell übertragbare Infektionen wie Syphilis oder Tripper das Risiko für eine Ansteckung mit HIV erhöhen. Deshalb spielt dieses Thema auch in unserer Kampagnenarbeit eine immer größere Rolle.“

Wie aus der BZgA-Studie zudem hervorgeht, besteht in der Bevölkerung ein hoher Bedarf an Informationen zu sexuell übertragbaren Infektionen (STI). 57 Prozent der 16- bis 44-jährigen Alleinlebenden wünschen sich, hierüber besser informiert zu sein. Als wichtigste Informationsquellen werden der Arzt oder die Ärztin (81 Prozent) und das Internet (82 Prozent) genannt sowie Broschüren staatlicher Organisationen (60 Prozent). Im Rahmen ihrer Kampagne zur Aidsprävention greift die BZgA das Thema STI bereits auf und informiert über Ansteckungswege, Symptome und Schutzmöglichkeiten. Dieses Engagement wird sie in den kommenden Jahren weiter ausbauen.

(Pressemitteilung der BZgA)

ViiV Healthcare: wie ist die Zukunft des zweitgrößten Herstellers von Aids-Medikamenten?

Der Pharmakonzern GlaxoSmithKline wird sich „nicht unmittelbar“ vom Aids-Medikamenten-Hersteller ViiV trennen, so der Vorstandsvorsitzende des Konzerns.

Zeichnet sich ein neuer größerer Umbruch am Markt für Aids-Medikamente ab? Der Chef des Mehrheits-Eigners von ViiV Helathcare zeigt sich „offen“ und „aufgeschlossen“ für eine Abspaltung des Unternehmens, auch wenn diese „nicht unmittelbar“ bevor stünde. Man habe „alle Optionen“. Bereits im November 2010 hatte ein hoher GSK-Manager einen Börsengang von ViiV für möglich erklärt.

Spekulationen über einen etwaigen Börsengang von ViiVV waren aufgekommen, als Ian Read, der Chef des Pharmakonzerns Pfizer ankündigte, er überlege sich von einigen Geschäftsbereichen zu trennen.

Die Pharmakonzerne GlaxoSmithKline (GSK) und Pfizer hatten erst im Mai 2009 angekündigt, ihre Aids-Aktivitäten in einem gemeinsamen Unternehmen ‚ViiV Healthcare‘ zu bündeln. Im November 2009 hatte das Joint Venture ViiV den Betrieb aufgenommen. GSK hält 85% der Anteile an diesem gemeinsamen Unternehmen, Pfizer 15%.

Der britische Pharmakonzern GSK ist einer der fünf größten Pharmaunternehmen weltweit. Eine Abspaltung des Aids-Medikamente-Herstellers ViiV vom Konzern GSK könnte auch bedeuten, dass ViiV nicht mehr auf die umfangreichen Forschungs- und Finanzierungs-Möglichkeiten des Konzerns zurück greifen kann.

ViiV bezeichnet sich selbst auf seiner Website als Spezialist für HIV und Aids:

„Our aim is to take a deeper and broader interest in HIV/AIDS than any company has done before and then take a new approach to deliver effective and new HIV medicines as well as support communities affected by HIV.“

Analysten konstatieren, ViiV könne sich als unabhängiges, auf Aids spezialisiertes Unternehmen besser positionieren gegenüber Gilead Sciences, einem der größten Hersteller von Aids-Medikamenten. Der Pharmakonzern GSK könne im Fall einer Trennung von seinem Aids-Bereich seine Gewinnentwicklung deutlich verbessern.

Einst ein kleines unbedeutendes Pharma-Unternehmen (es wurde 1987 als ‚Oligogen gegründet), ist Gilead Sciences innerhalb weniger Jahre zu einem der bedeutendsten Hersteller auf dem Markt der Aids-Medikamente aufgestiegen. Heute ist Gilead der Markt-Führer bei Aids-Medikamenten, gefolgt von ViiV Healthcare.
Gileads Anteil am weltweiten Markt für Aids-Medikamente wird auf derzeit zwischen 30% und 40% geschätzt. Der Anteil von ViiV bewegt sich eigenen Angaben zufolge bei 19%.

Experten beziffern den Wert des globalen Marktes für Aids-Medikamente auf ca. 12 Milliarden US-$ (2009). Den größten wertmäßigen Anteil haben die USA (ein traditionelles Hochpreis-Land für Medikamente), auf dem zweiten Platz liegt die EU (ebenfalls überwiegend hochpreisige Märkte). Die weit überwiegende Mehrzahl der HIV-Positiven leben in weniger entwickelten Staaten insbesondere des Afrikas südlich der Sahara, Asien sowie Osteuropa. Hier lassen sich jedoch für Pharmakonzerne (u.a. aufgrund Patentregelungen, Generika-Einsatz) wenn überhaupt nur geringere Gewinnmargen realisieren.

Der Markt für Aids-Medikamente ist in den letzten Jahren von großen Umwälzungen und Konzentrationen gekennzeichnet. So teilte der Pharmakonzern Hoffmann-LaRoche Mitte 2008 an, seine Aids-Forschung einzustellen.

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Sollten sich GSK und Pfizer von ViiV durch einen Börsengang trennen, entstünde ein unabhängiges neues Unternehmen auf dem Markt der Aids-Medikamente-Hersteller.

Doch – was Analysten als Möglichkeit zu einer besseren Positionierung gegenüber Wettbewerber Gilead preisen, birgt auch Gefahren. Wie groß wird ein solches Unternehmen, welche Kapitalkraft wird es haben z.B. um auch mehrjährige kostenintensive Forschung und Entwicklung von neuen Substanzen zu leisten?

Und – wenn doch der Markt so lukrativ sei, wie die Analysten-Worte suggerieren, warum sollte GSK sich dann von einer solchen Perle trennen?

Andere Aussagen von Analysten weisen wohl eher den Weg. GSK könne seine eigene Gewinnentwicklung durch eine Trennung vom Aids-Bereich verbessern, konstatieren Analysten. Wird Forschung und Herstellung von Aids-Medikamenten als „Klotz am Bein“ betrachtet? Haben – berechtigte – Forderungen nach bezahlbaren Aids-Medikamenten dazu geführt, dass – möglicherweise weniger gerechtfertigte oder überzogene – Gewinnerwartungen von Analysten nicht mehr so ausgeprägt erfüllt werden können?

GSK-Chef Witty bestätigt indirekt; man habe „alle Optionen“ – „um den höchsten Wert für die Aktionäre zu schaffen“.

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weitere Informationen:
Reuters 05.05.2011: GSK CEO says no short-term plan to divest HIV unit
FiercePharma 06.06.2011: GSK chief ‚open-minded‘ about ViiV spinoff
Market Research News 14.03.2011: The HIV/AIDS Market Outlook to 2015: Competitive landscape, market size, pipeline analysis and growth opportunities
Reuters 22.07.2010: Interview: ViiV sees one new HIV product a year by 2012
Reuters 09.11.2010: Glaxo says future IPO possible for ViiV
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DSW: Forschungs-Förderung muss um Aids-Prävention und Tuberkulose erweitert werden

Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) begrüßt das neue Konzept zur Forschungsförderung von vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Danach will das BMBF über eine Laufzeit von vier Jahren (2011 bis 2014) insgesamt 20 Millionen Euro für die Entwicklung von Präventions-, Diagnose- und Behandlungsmethoden zur Verfügung stellen, und zwar für vernachlässigte Tropenkrankheiten sowie für Krankheiten, die zu hoher Sterblichkeit bei Kindern und Schwangeren in Entwicklungsländern führen, zum Beispiel Malaria. Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Helge Braun gab das neue BMBF-Konzept am 9. Mai 2011 im Rahmen der internationalen DSW-Konferenz zur Rolle öffentlich-privater Partnerschaften bei der Förderung von globaler Gesundheit bekannt.

Das neue Förderkonzept schließt erstmals Produktentwicklungspartnerschaften (PDPs) ein. Dabei handelt es sich um internationale Non-Profit-Organisationen, die akademische Institute, öffentliche Forschungseinrichtungen, Pharmafirmen und Nichtregierungsorganisationen zusammenbringen. Mit diesem innovativen Modell haben PDPs bei der Erforschung und Entwicklung neuer Gesundheitsprodukte für vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt.

„Täglich sterben mehr als 35.000 Menschen an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten hauptsächlich in den ärmsten Ländern der Welt, vor allem weil hier eine überaus große Forschungslücke klafft“, sagt DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr. „Daher begrüße ich das neue Förderkonzept, mit dem das Forschungsministerium einen wichtigen Schritt zur Bekämpfung dieser Krankheiten und zur Verbesserung der Gesundheitssituation in armen Ländern leistet. Die Förderung von Produkt-entwicklungspartnerschaften ist folgerichtig und verspricht erfolgreiche Ergebnisse.“

Handlungsbedarf bei Aids-Prävention und Tuberkulose

Die Bundesregierung schließt in ihrer Fördermaßnahme allerdings die Forschung zu Tuberkulose und zu wichtigen Aids-Präventionsmöglichkeiten wie Mikrobiziden und Aids-Impfstoffen aus. „Gerade beim Schutz vor einer HIV-Infektion besteht nach wie vor ein großer Handlungsbedarf“, kritisiert Renate Bähr. „Noch immer kommen auf jeden Aids-Patienten, der antiretrovirale Medikamente erhält, zwei Menschen, die sich neu mit HIV infizieren. Vor allem Frauen in Entwicklungsländern brauchen Präventionsmethoden wie Mikrobizide, mit denen sie sich unabhängig von ihrem Partner vor HIV schützen können. Hier haben jüngste Studien Erfolg versprechende Ergebnisse gezeigt. Auch Aids-Impfstoffe – selbst mit partieller Wirksamkeit – sind ein zentrales Instrument im Kampf gegen die Pandemie. Deshalb fordere ich die Bundesregierung dringend dazu auf, in ihrer nächsten Förderrunde die Erforschung von Aids-Prävention und Tuberkulose aufzunehmen.“

Vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten

Vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten sind Krankheiten, die vor allem Menschen in Entwicklungsländern treffen und zu deren Bekämpfung es keine hinreichende Forschung und Entwicklung gibt. Zu diesen Krankheiten gehören 17 von der Weltgesundheitsorganisation benannte Tropenkrankheiten, zum Beispiel Dengue-Fieber und die Schlafkrankheit, sowie Tuberkulose, Malaria und HIV/Aids. Millionen von Menschen, die hauptsächlich in ärmeren Ländern leben, werden derzeit von medizinischen Fortschritten bei Prävention, Diagnose und Behandlung ausgeschlossen.

(Pressemitteilung DSW)

Frankreich: Chroniker schliessen sich in Internet-Plattform zusammen

Anlässlich des Europäischen Tags der Patientenrechte, der jährlich am 18. April begangen wird, haben sich in Frankreich acht Organisationen – unter ihnen die Aidshilfe-Organisation Aides – zusammen getan und eine gemeinsame Internet-Plattform vorgestellt, die Chronisch Kranke zusammen bringen und ihre Interessen gemeinsam vertreten soll.

‚chronicité‘, so heißt ein neues Gemeinschaftsprojekt, das acht französische Organisationen chronisch Kranker (darunter die französische Aidshilfe-Organisation Aides) am 18. April 2011 ins Leben gerufen haben.

Motive gebe es im jahr 2011 zur Genüge für chronisch Kranke, sich zusammen zu schließen, so die Initiatoren: steigende Kosten für Behandlung und Medikamente oder sinkende Erstattungen durch Krankenkassen zum Beispiel.

ChroniCite

‚chronicité‘ firmiert als „Chronisch Kranke – eine Community an unserer Seite“. Das Projekt sieht sich als der Ansprechpartner für chronisch Kranke und ihre Angehörigen und versteht sich als „öffentliches Brainstorming“, bei dem jeder zur gemeinsamen besseren Bewältigung chronischer Krankheiten beitragen könne. Tipps und Ideen austauschen, Forderungen entwickeln – dafür will ‚chronicité‘ Plattform sein.

Die volle Funktionalität der neuen Website wird in den nächsten Tagen freigeschaltet.

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weitere Informationen:
www.chronicite.org
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Vielfalt unterstützen und gestalten – NRW-Staatssekretärin Marlis Bredehorst trifft Menschen mit HIV

Die Staatssekretärin im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter Nordrhein-Westfalen, Marlis Bredehorst, traf heute (16. April 2011) mit etwa 30 HIV-positiven Frauen und Männern zusammen. Anlass war das landesweite Treffen von POSITHIV HANDELN NRW in Hattingen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zumeist schon seit vielen Jahren mit der Infektion leben, gewährten Bredehorst einen persönlichen Einblick in die Komplexität des Alltags mit HIV heute.

Sie berichteten, dass sie beispielsweise im Berufsleben immer noch auf viele Vorbehalte stießen. Hier sei noch viel Aufklärung erforderlich. Dabei seien schließlich rund zwei Drittel der 14 000 Menschen mit HIV in NRW berufstätig. Auch von Diskriminierungen im Bereich der Gesundheitsversorgung wurde berichtet. Immer noch sei bei Arztbesuchen außerhalb der HIV-Schwerpunktpraxen häufig auf Vorurteile und Desinformation zu stoßen. Am häufigsten bei routinemäßigen Untersuchungen oder stationären Klinikaufenthalten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer forderten hier dringend mehr Information zu medizinischen Aspekten des Lebens mit HIV.

Zum Thema Sexualität forderten sie die Staatssekretärin auf, sich konsequent für die Entkriminalisierung von HIV und Aids einzusetzen. Darüber hinaus appellierten sie an die Politik, sich angesichts dessen, dass Menschen mit HIV heute länger leben, verstärkt mit sekundärpräventiven Bedarfen zu beschäftigen.

Bredehorst zeigte sich tief beeindruckt, wie HIV-positive Menschen sich innerhalb ihrer Selbsthilfegruppen gegenseitig bestärkten und unterstützten und sich damit besser den Herausforderungen stellen könnten, die eine HIV-Infektion mit sich bringe. „In Nordrhein-Westfalen ist die medizinische Vorsorgung und Pflege HIV-infizierter und an Aids erkrankter Menschen durch niedergelassene Ärzte, HIV-Schwerpunktpraxen, HIV-Ambulanzen, Behandlungsschwerpunkte an Krankenhäusern und stationäre Hospize grundsätzlich sichergestellt“, sagte Bredehorst. „Unsere Planungen werden berücksichtigen, dass Menschen mit HIV heute ein höheres Lebensalter erreichen und auf sie zugeschnittene, diskriminierungsfreie Angebote der Pflege und des betreuten Wohnens zur Verfügung stehen.“

Stephan Gellrich von der AIDS-Hilfe NRW äußerte sich zufrieden über die Begegnung mit der Staatsekretärin. „Frau Bredehorst hat einen guten Eindruck davon bekommen, wie Menschen mit HIV leben, einerseits angesichts der verbesserten medizinischen Behandlungsmöglichkeiten, andererseits der nach wie vor vorhandenen Vorbehalte und Diskriminierung“, sagte Gellrich. POSITHIV HANDELN NRW werde weiterhin durch Austausch und Information sowie politisches Engagement die Vielfalt des Lebens mit HIV unterstützen und mit gestalten.

(Pressemitteilung der Aids-Hilfe NRW)

Schwusos: ILO-Empfehlungen zu HIV/AIDS müssen umgesetzt werden

Am Wochenende 9. und 10. April 2011 tagte im Willy-Brandt-Haus in Berlin der Bundesausschuss der Schwusos. In einer öffentlichen Diskussion haben die Schwusos die Empfehlungen der International Labour Organisation zum Umgang mit HIV und AIDS im Arbeitsleben diskutiert. Hierzu erklärt der Bundesvorsitzende des Arbeitskreises der Lesben und Schwulen (Schwusos), Ansgar Dittmar:

HIV und AIDS finden im Arbeitsleben nicht statt. Verheimlichung und Vertuschen sind an der Tagesordnung, nicht selten aus Angst vor Stigmatisierung und Ausgrenzung. Die jetzige Bundesregierung lässt das Thema HIV und AIDS links liegen und bewegt sich gerade bei wichtigen arbeitsrechtlichen und gesundheitspolitischen Fragen keinen Schritt voran. Die ILO hat hierzu eine wegweisende Empfehlung abgegeben. In Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Gewerkschaften sollen wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von HIV und AIDS geschaffen werden, einerseits als notwendige präventive Maßnahmen, andererseits um Diskriminierungen von Betroffenen zu bekämpfen. Es handelt sich bei den Empfehlungen der ILO um Arbeitsstandards, die von den ILO-Mitgliedsstaaten, auch der Bundesrepublik Deutschland, ratifiziert werden müssen, um wirksam zu werden. Die Bundesregierung schläft hier erneut – und das ist fahrlässig!

Es besteht aber dringender Handlungsbedarf, da hier in Deutschland viele relevante Fragen immer noch nicht geklärt sind und die Situation der Betroffenen entsprechend schwierig ist. Die Schwusos werden zusammen mit der SPD-Fraktion im Bundestag und dem DGB dafür sorgen, dass das Thema HIV/AIDS im Arbeitsleben in das Bewusstsein der handelnden Akteure zurückkommt. Die Situation der Betroffenen muss verbessert werden – obwohl die Bundesregierung auch in diesem Themenfeld versagt!

(Pressemitteilung SPD)

siehe auch:
ILO Deutschland 17.06.2010: Neuer ILO-Arbeitsstandard über HIV/AIDS am Arbeitsplatz
ILO: Empfehlung betreffend HIV/AIDS in der Welt der Arbeit (pdf)
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Ärzte ohne Grenzen: EU gefährdet mit Investitionsschutz-Klauseln Zugang zu bezahlbaren Medikamenten aus Indien

Die medizinische Nothilfeorganisation Ärzte ohne Grenzen kritisiert anlässlich der Wiederaufnahme der Verhandlungen über das EU-Indien-Freihandelsabkommen Pläne der EU, die die Produktion bezahlbarer Medikamente in Indien einschränken könnten.

„Die EU will Pharmaunternehmen die Möglichkeit geben, juristisch gegen die patientenfreundliche Gesundheitspolitik Indiens vorzugehen“ erklärt Oliver Moldenhauer, Koordinator der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. Als medizinische Nothilfeorganisation ist Ärzte ohne Grenzen auf Indien angewiesen, weil sie einen Großteil der Medikamente von dort bezieht. „Wir fordern die europäischen Regierungen auf, den Zugang von armen Patienten zu lebensnotwendigen Medikamenten nicht immer wieder aufs Neue zu gefährden“, so Moldenhauer.

Die EU drängt darauf, den Schutz geistiger Eigentumsrechte in das Investitionsschutzkapitel im Handelsabkommen zu integrieren. Das würde europäischen Pharmaunternehmen ermöglichen, die indische Regierung zu verklagen, wenn sie ihre Gewinne oder Investitionen durch politische Entscheidungen gefährdet sehen. Entscheidungen der indischen Regierung im Sinne der öffentlichen Gesundheit und im Interesse des Patientenwohls wären damit von einem privaten Unternehmen rechtlich angreifbar. Geklagt werden könnte beispielsweise gegen die Aufhebung eines Patents auf ein wichtiges Medikament oder gegen Preiskontrollen bei einem patentierten Wirkstoff. Die juristischen Prozesse würden dabei in nicht-öffentlichen Verhandlungen privater Schiedsgerichte stattfinden und so nationale Gerichte umgehen.

Diese Pläne stehen im deutlichen Widerspruch zu der gestern verabschiedeten Resolution des Europäischen Parlaments, wonach Investitionspolitik den Zugang zu Medikamenten nicht gefährden darf. „Immer wieder versucht die EU uns einzureden, dass keine ihrer Forderungen den Zugang zu bezahlbaren Medikamenten einschränkt, und immer wieder müssen wir feststellen, dass Wort und Tat nicht zusammenpassen“ sagt Michelle Childs von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen. „Indische Gerichte haben bisher die öffentliche Gesundheit und den Zugang zu Medikamenten als wichtiger erachtet als Firmengewinne. Diese Prinzipien werden kaum bestehen können, wenn Unternehmen die Möglichkeit haben, vor privaten Schiedskommissionen zu klagen. Wir fordern die EU auf, diese Pläne fallen zu lassen.“

Bevor diese Klauseln ausverhandelt werden, bedarf es einer Zustimmung aller Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten zum Verhandlungsmandat der EU-Kommission. „Wir fordern Bundeswirtschaftsminister Brüderle auf, solche Klauseln nicht weiter zu unterstützen und der Kommission kein Mandat zu geben, diese Teilverhandlungen abzuschließen“, so Moldenhauer.

Indien wird auch als “Apotheke der Armen” bezeichnet. Bezahlbare Medikamenten aus Indien spielten in der Vergangenheit eine große Rolle bei der Ausweitung der Behandlung von HIV/Aids auf über fünf Millionen Menschen. Mehr als 80 Prozent der Medikamente, die Ärzte ohne Grenzen zur Behandlung von über 170.000 Aidspatienten einsetzt, stammen aus Indien. Auch viele Medikamente gegen Tuberkulose und Malaria bezieht Ärzte ohne Grenzen aus Indien.

(Pressemitteilung Ärzte ohne Grenzen)

www.Pillen-Checker.de – die arzneimittelkritische Website für Jugendliche

Die BUKO Pharma-Kampagne hat eine neue Website an den Start gebracht: www.Pillen-Checker.de will Jugendliche im Alter von 12-17 Jahren motivieren, sich kritisch mit Arzneimitteln, Arzneimittelwerbung und mit dem eigenen Konsum­verhalten auseinander zu setzen. Zugleich thematisiert die Website den mangelnden Zugang zu Medikamenten in armen Ländern und macht entwick­lungs­politische Zusammenhänge sowie die eigene Teilhabe daran deutlich.

Viele Monate lang haben wir www.Pillen-Checker.de kontinuierlich erweitert, die Inhalte gemeinsam mit SchülerInnen, LehrerInnen und Jugendgruppen entwickelt, erprobt und mehrfach überarbeitet. Herausgekommen ist nun eine Vielzahl informativer und unterhaltsamer Seiten. Ein Lexikon von A-Z bietet Jugendlichen nützliche und verständliche Infos rund um das Thema Arzneimittel und Gesundheit. Erklärt werden Begriffe von Advertorial über Disease Mongering, die HPV-Impfung und Millenium Development Goals bis hin zu Schlafkrankheit und WHO.

Die Rubrik Werbealarm klärt über die Tricks der Arzneimittelwerbung auf und präsentiert zahlreiche anschauliche Werbebeispiele aus Süd und Nord. Verständliche und detaillierte Hintergrundtexte thematisieren das Menschenrecht auf Gesundheit ebenso wie die Fakten zur globalen Jugendgesundheit. Welchen Stellenwert Arzneimittel in der weltweiten Gesundheits­versorgung spielen und was unentbehrliche Medikamente sind, erfahren Jugendliche in der Rubrik Pillen-Info.

Amüsante Lektüre bieten dagegen die Fotostories zu Theaterstücken von Schluck & weg. Witzige Fotos mit Sprechblasen dokumentieren Live-Auftritte der pharmakritischen Straßen­theater­gruppe, die jedes Jahr durch Deutschland tourt und Missstände in Süd und Nord anprangert. Zugleich bietet das Laientheater älteren Jugendlichen die Chance, selbst politisch aktiv zu werden und mit auf Tournee zu gehen.

Dazu bietet Pillen-Checker.de viele nützliche Surf-Tipps, und auch Spiel und Spaß kommen nicht zu kurz: Ein kniffliges Quiz und zwei Memories bringen selbst junge Leute mit Köpfchen ins Schwitzen.

(Pressemitteilung BUKO Pharma)