Menschenrecht Gesundheit für Lesben und Schwule (akt.)

Die International Lesbian and Gay Association ILGA widmet sich in einem neuen Angebot dem Thema der Gesundheit in Bezug auf Sexualität und Reproduktion. Im Mittelpunkt stehen die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender).

Dazu hat die ILGA ein Internetangebot verbunden mit einer Broschüre herausgebracht. Nach einer Einführung werden zunächst die wesentlichsten rechtlichen Grundlagen dargestellt, bevor im dritten Kapitel detailliert auf einzelne Themen und Problemfelder (von Jugend über Sex-Arbeiter bis Migration) eingegangen wird. Hier werden auch besondere Situationen und Probleme mit LGBT-Rechten in acht Staaten (von Armenien bis zur Ukraine) behandelt; zudem werden auch HIV und Aids detailliert behandelt.

Insgesamt strebt die ILGA hiermit eine Art Referenzwerk an, das dazu beitragen soll, die sexuelle und Reproduktions-Gesundheit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender insbesondere in den acht angesprochenen Staaten (Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kirgisistan, Kasachstan, Moldawien und Ukraine) zu verbessern. Das Dokument ist jedoch so konzipiert, dass weite Teile allgemein gültig sind und auch international angewendet werden können.

Die einzelnen Kapitel stehen jeweils als pdf zum Download zur Verfügung.

Das insgesamt über 180 Seiten starke Dokument wurde von der ILGA Europa in Zusammenarbeit mit dem COC Niederlande herausgegeben und teilweise von der niederländischen Regierung ko-finanziert.

International Human Rights References to Sexual and Reproductive Health and Rights (regarding LGBT populations and HIV/AIDS and STIs), Dezember 2007

Nachtrag 6.12.: eine interessante Publikation des Open Society Institute (soros.org) mit dem Titel „Human Rights and HIV/AIDS: Now more than ever – 10 reasons why human rights should occupy the center of the global aids struggle“

Geldsorgen beeinträchtigen die Therapie

Finanzielle Sorgen können sich negativ auf die regelmäßige Medikamenten-Einnahme von HIV-Patienten auswirken. Zu diesem Schluss kommt eine US-Studie.

Für die Wirksamkeit der Medikamente gegen HIV ist es wesentlich, dass diese regelmäßig genommen werden. Nur bei regelmäßiger Einnahme ist der Wirkstoffspiegel jederzeit so hoch, dass eine Bildung von Resistenzen gegen die Medikamente weitgehend vermieden werden kann.

Dennoch fällt es vielen Positiven schwer, ihre Kombi-Therapie regelmäßig und korrekt einzunehmen (Compliance). Immer wieder versuchen Experten zu analysieren, warum manchen Positiven eine hohe Compliance besonders schwer fällt. Die Medikamente wurden in ihrer Einnahme vereinfacht, die Pillenanzahl reduziert, Einnahmevorschriften konnten gelockert werden. Doch – immer noch hat eine bedeutende Anzahl HIV-Positiver Probleme, ihre Medikamente regelmäßig und vorschriftsgemäß einzunehmen.

Eine us-amerikanische Untersuchung ((Holmes WC et al.. HIV/Aids-specific quality off life and adherence to antiretroviral therapy over time. J Acquir Immune Defic Syndr (online edition) 2007; zitiert in ‚aids treatment update November 2007‘)) gibt nun neue Aufschlüsse. Sie widmete sich der Frage, welchen Einfluss die Lebensqualität auf die Compliance hat.
Im Rahmen der Studie wurden Freiwillige über ihre HIV-bezogene Lebensqualität befragt. Anschließend wurde ihre Compliance gemessen (mit Hilfe von Medikamenten-Flaschen mit elektronischen Zählern).
Positive, die mehr als 95% ihrer Medikamente einnahmen, wurden als compliant betrachtet, diejenigen mit weniger als 95% als ‚weniger compliant‘.

In einem Fragebogen zur Lebensqualität wurden u.a. Sorgen um die eigene Gesundheit, das eigene Sex-Leben, Sorgen um die Medikamente, um ein Offenlegen des eigenen HIV-Status, finanzielle Probleme, der allgemeine Umgang mit der eigenen HIV-Infektion, generelle Lebenszufriedenheit sowie das Vertrauen in den behandelnden Arzt behandelt.

In früheren Untersuchungen hatte sich gezeigt, dass Alkohol- und Drogen-Konsum mit schlechter Compliance verbunden sein können.
In dieser Studie zeigte sich, dass der einzige (in dieser Studie gemessene) Faktor der Lebensqualität, der eindeutig mit einer Compliance unter 95% assoziiert war, finanzielle Probleme waren. Hierzu zählten Ausprägungen wie ‚mit einem festen [niedrigen] Einkommen leben müssen‘, Sorgen ‚wie die Rechnungen bezahlt werden sollen‘ oder zu wenig Geld zu haben, um sich ’so um mich zu kümmern wie ich es eigentlich sollte‘.

Die Forscher zogen den Schluss, dass mögliche finanzielle Probleme des Patienten bei Maßnahmen zur Erhöhung der Compliance berücksichtigt werden sollten.

Dass die Pharma-Industrie inzwischen innovative Wege geht, um antiretrovirale Therapien zu vereinfachen (z.B. Wirkstoffe verschiedener Hersteller in einer Pille), kann die Compliance vermutlich positiv beeinflussen. Doch eine gute Compliance ist nicht nur Sache einer optimalen Therapie-Gestaltung und Reduzierung der Pillen-Anzahl.

Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass auch die ökonomische Situation von Menschen mit HIV und Aids wieder stärker in den Vordergrund gerückt werden sollte. Auch wenn die Studie in den USA stattfand – in Europa und Deutschland dürften ökonomische Probleme bei Menschen mit HIV und Aids ebenfalls nicht selten sein. Auch hierzulande ist ‚Geld‘ ein sorgenbesetztes Thema.

Dabei sollte es jedoch nicht nur darum gehen, finanzielle Probleme zur Verbesserung der Compliance anzusprechen. Vielmehr sind konkreten Maßnahme erforderlich, die die materielle Situation vieler Positiver so verbessern, dass ein menschenwürdiges und die Gesundheit nicht beeinträchtigendes Leben möglich wird.

Nachtrag 30.11.: hier ein schönes Beispiel, wie die ökonomische Situation von Positiven die Gesundheit (hier Ernährung) beeinträchtigen kann: Gesunde Ernährung ist ein Muss! – Aber wie bezahlen?

Objekt oder Subjekt?

Dass die chinesische Regierung plant, die bisher geltenden Einreisebestimmungen für Menschen mit HIV/Aids aufzuheben, ist ja zunächst einmal begrüßenswert.

Aber diese Sprache.
Nein, nicht chinesisch. Diese Wortwahl.

Was, bitte, sind denn „AIDS-Infektionsträger“?
Irgendwelche Laborgeräte? Teile aus der Autowerkstatt? Oder vom Bau? Oder gar irgend etwas bedrohlich Militärisches?

Oder geht’s etwa doch um Menschen?

Und dann noch keine funktionierende Kommentar-Funktion …

USA: Kritik an neuen Einreise-Regelungen für HIV-Positive

US-amerikanische Aids-Aktivisten kritisieren die geplanten neuen Einreise-Regelungen für HIV-Positive.

Bereits Ende 2006 hatte es erste Andeutungen aus der Bush-Regierung gegeben, spätestens im August wurde deutlich, dass die USA das Einreiseverbot für Positive zwar nicht abzuschaffen, aber doch zu ändern planen.

Inzwischen (beinahe ein Jahr nach der ersten Ankündigung) hat das DHS (Department of Homeland Security) einen Entwurf der geplanten Neuregelung vorgestellt. Dieser stösst bei Aids-Aktivisten in den USA auf breite Kritik.

Selbst im dritten Jahrzehnt der HIV-Epidemie würden die USA HIV-Positive immer noch stigmatisieren, zitiert pinknews eine US-Aktivistin.

Der Bericht weist darauf hin, dass die Europäische Union erst jüngst den USA Zugriff auf zahlreiche Daten über Flugpassagiere einräumte, darunter auch über deren sexuelle Orientierung (woher diese Daten kommen sollen, bleibt in dem Bericht unklar). pinknews spekuliert, dies könne zu einer ‚Aussortierung‘ schwuler USA-Reisender als potenzielle HIV-Risiken führen.

Nachtrag 18.11.: der Text des Entwurfs der Neuregelung ist im Netz etwas schwierig zu finden – auf regulations.gov nach document ID “ USCBP-2007-0084 “ (ohne „) suchen führt zum Text „Issuance of a Visa and Authorization for Temporary Admission Into the United States for Certain Nonimmigrant Aliens Infected With HIV“ als html- und pdf-Version.

Kein Versicherungsschutz wegen HIV

Das Leben eines HIV-positiven Menschen ist riskant – wenn man Versicherungen glaubt, manchmal so riskant, dass HIV-Positive irgendwie scheinbar nicht versicherbar sind.

Eine Krankenrücktransportversicherung zum Beispiel meinte, bei HIV-Positiven bestehe generell die Gefahr einer Lungenentzündung. Sie verweigerte im Jahr 2005 einem Positiven einen Rücktransport aus den USA, nachdem dieser an hohem, Fieber und Reizhusten erkrankt war.

So nicht, meinte das Landgericht München I und sprach dem Versicherten ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro zu.

[via Handakte WebLAWg]

mehr dazu auch im Juraforum

UNAIDS über HIV und Strafrecht

Nicht nur in Deutschland stehen immer wieder Menschen mit HIV vor Gericht, weil ihnen fahrlässige oder gar vorsätzliche Infektion vorgeworfen wird. ‚HIV und Strafrecht‘ ist zu einem kontroversen Diskussionsthema geworden, und zum Gegenstand erhitzter Debatten.

Die Aids-Organisation der Vereinten Nationen UNAIDS hat dieses Thema aufgegriffen. Im Rahmen einer dreitägigen Konferenz vom 31. Oktober bis 2. November wurde die Tendenz zur Kriminalisierung von HIV-Positiven im Kontext nationaler Aids-Bekämpfungs-Strategien diskutiert.

Die Teilnehmer, unter ihnen Parlamentarier, Richter, Strafrechtsexperten und Menschen mit HIV, betonten anschließend ihre Sorge über den offensichtlichen Anstieg von Fällen, in denen Menschen mit HIV kriminalisiert wurden. Sie befürchten zudem eine erneute Diskriminierung und Stigmatisierung HIV-Positiver.

„Eine klare Botschaft hat dieses Treffen,“ betonte Seema Paul, UNAIDS Chief of Policy Coordination, „das Strafrecht ist eine sehr stumpfe Waffe im Umgang mit HIV.“

Weitere Informationen:
UNAIDS: Is HIV transmission a crime?

positiver Protest

In zahlreichen Städten fanden am 6.11.2007 Demonstrationen gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung statt. Auch die deutsche Aids-Hilfe hatte darauf hingewiesen, dass die geplante Vorratsdatenspeicherung die Arbeit von Aids-Hilfe gefährden kann.

Einen besondere Form des Protests wählten Demonstranten in Karlsruhe: rund 100 Bürger versammelten sich bei der Demonstration am Marktplatz – und einige der Demonstranten zeigten auf Passanten mit Schildern, auf denen „homosexuell“ oder „HIV-positiv“ stand. Mit einer Kamera-Attrappe wurden die Passanten dabei gefilmt.

Idee dabei war, auch unbeteiligten Passanten deutlich sichtbar zu machen, wie leicht die geplanten Maßnahmen auch zu Eingriffen in jedermanns Privatsphäre führen können. Andere Demonstranten trugen dazu z.B. Schilder mit Hinweisen wie „Hinz hat mit Kunz um 3:30 Uhr telefoniert.“

Über Reaktionen der Passanten auf die ‚positiv‘- oder ’schwul‘-Ansprache wurde nicht berichtet.

Zunächst mag es befremdlich erscheinen, auf Passanten mit Schildern wie „HIV-positiv“ zu zeigen. Auf den ersten Blick erinnert die Aktion vielleicht an die bestürzenden Fotos des Fotografen Oliviero Toscani, der z.B. Ärsche mit „H.I.V. positive“ stempelte.
Aber – geht es nicht genau um diese ‚Indiskretion‘? Drückt nicht genau diese Drastizität aus, was viele Menschen befürchten, wenn die Vorratsdatenspeicherung umgesetzt wird? Dass es nichts Privates mehr gibt, dass alle möglichen persönlichen Daten viele Monate gespeichert werden, womöglich verwendet für Zwecke, von denen niemand genau erfährt?
Hat diese Art der Demonstration nicht ’nur‘ bestehende Ängste treffen auf den Punkt gebracht?

mit HIV schlechter versichert?

Viele Menschen mit HIV können ganze Romane davon erzählen, wie schwierig es sein kann, mit HIV bestimmte Versicherungen zu bekommen.

Ganz erstaunliche Geschichten erzählt nun thegaydissenter über diskriminierende Versicherungen – da möchte eine Krankentagegeld-Versicherung scheinbar keine HIV-positiven Kunden, und selbst eine Unfall-Versicherung auch nicht. Lesenswertes Posting …

Nun wäre es spannend, die Reihe fortzusetzen – wer hat welche Erfahrung mit welchen Versicherungen gemacht? …

HIV-Abstammung allein nicht genug vor Gericht

Bei Verurteilungen wegen fahrlässiger HIV-Verbreitung stellt sich die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen den HI-Viren der beiden beteiligten Personen besteht. Zunehmend kommen neue Untersuchungsverfahren zum Einsatz. Doch wie sicher sind ihre Ergebnisse?

Auch in Prozessen in Deutschland, in denen es um eine etwaige Verurteilung wegen fahrlässiger HIV-Infektion geht, kommen so genannte phylogenetische Tests teilweise zur Anwendung. Mit ihnen soll vermeintlich gezeigt werden, wie eng die HI-Viren von Angeklagtem und Kläger mit einander verwandt sind, und ob die Infektion des Klägers durch den Angeklagten verursacht worden sein kann.

Ein Editorial in der medizinischen Fachzeitschrift British Medical Journal (BMJ) Anfang September 2007 (Bericht NAM hier) betont, Verurteilungen wegen fahrlässiger HIV-Infektion, die auf phylogenetischen Tests beruhen, seien „inhärent unsicher“.
Die drei Autoren betonen, bei der Beurteilung der Ergebnisse dieser Untersuchungen sei Vorsicht angebracht, wenn diese eine Verbindung zwischen dem HIV des Angeklagten und dem des Klägers zu zeigen scheinen. Jeglicher Hinweis, der auf dieser Untersuchung beruhe, sei niemals so genau, wie dies von DNA-Untersuchungen bekannt sei. Sie warnen vor voreiligen oder verkehrten Schlussfolgerungen.

In Großbritannien sind phylogenetische Untersuchungen inzwischen gängig bei Ermittlungen gegen Positive wegen fahrlässiger HIV-Verbreitung. Auch in Deutschland kommen sie zunehmend zum Einsatz.
Ob eine ausreichende Sensibilität besteht, die Ergebnisse dieser Untersuchungen kritisch zu betrachten, ist unklar.

Pillay D et al. HIV phylogenetics: criminal convictions relying solely on this to establish transmission are unsafe. BMJ 335: 460 – 461, 2007

Wer positiv ist fliegt raus

„Wer HIV-positiv ist, fliegt raus“ – das gibt es heute nicht mehr?

Doch, doch, und ganz offen.

Viele HIV-Positive leben gut ohne Therapien oder können ihre Infektion erfolgreich antiretroviral behandeln lassen.
Und – sie wollen arbeiten. Oder sie müssen, z.B. schon aus ökonomischen Gründen.

Wenn da nicht Arbeitgeber wären, die dem im Wege stünden.
Wie zum Beispiel die Lufthansa. „Die wohl härteste Eingangsuntersuchung“ rühmt die ‚Financial Times‘ die Einstellungsuntersuchungen der Lufthansa für Piloten. Und

„wer beispielsweise HIV-positiv ist, fliegt raus.“

Nun hat die Lufthansa, soweit ich mich erinnere, in der Vergangenheit immer begründet, das Risiko eines HIV-positiven Piloten im Cockpit sei einfach zu groß, z.B. bei neurologischen Problemen.

Da mag man sich fragen, ob dies inzwischen (z.B. angesichts besserer Therapie- und Untersuchungs- Möglichkeiten) wirklich noch so generell gilt. Ob wegen HIV wirklich jeder HIV-positive Pilot nicht tragbar ist.
Und vor allem – warum ihnen nicht einfach ein anderer Job, z.B. am Boden, angeboten werden kann, statt sie an die Luft zu setzen.

Wir leben 2007 …
Und die Arbeits-Bedingungen als HIV-Positiver sind immer noch alles andere als ’normal‘.

Nein, Diskriminierung gibt es ja überhaupt nicht mehr …

Müssen sich Bewerber als Stewardess eigentlich auch immer noch auf HIV testen lassen?

Nur zur Erinnerung: schon vor vielen Jahren war das Verhalten der Lufthansa Anlass für einige ACT UP – Aktionen (wie z.B. Die-Ins) …

Nachtrag 12.10., 12:19: hierzu passt auch gut die Geschichte, die Sabine heute gepostet hat „What We Can’t Talk About“. 20% der HIV-infizierten Dänen und Däninnen behalten ihre Diagnose für sich. Ob das in Deutschland so viel anders ist ?

Schlechte Nachrichten für T20-Patienten

Der Pharmakonzern Roche hat schlechte Nachrichten für HIV-Patienten, die den Fusionshemmer Enfuvirtide (Handelsname Fuzeon; früherer Name auch T-20) verwenden: ein Gerät, das die leidigen Injektionen vermeiden hilft, wird nun doch nicht zur Zulassung eingereicht.

Seit einigen Jahren schon ist der Fusionshemmer Fuzeon auf dem Markt. Fuzeon ist insbesondere für Positive, die bereits zahlreiche antiretrovirale Medikamente genommen und hiergegen Resistenzen entwickelt haben, eine wichtige Therapieoption.

Doch Fuzeon muss zweimal täglich injiziert werden. An den Injektionsstellen entwickeln sich bei vielen Positiven (Untersuchungen sprechen von bis zu 98%) teils sehr schmerzhafte Schwellungen.
Da aufgrund dieser „Quaddeln“ die Injektionsstellen gewechselt werden müssen, droht die Gefahr, dass aufgrund begrenzter verfügbarer Hautfläche (ganz abgesehen von den Schmerzen) das Medikament nur für einen begrenzten Zeitraum angewendet werden kann.

Diese unangenehmen Nebenwirkungen sollte ein neuartiges Gerät vermindern helfen: ein Injektionsgerät namens ‚Biojector2000′. Dieses ’schießt‘ die Substanz mittels Druck durch die Haut, die lokalen Nebenwirkungen sollen deutlich reduziert sein.

Roche hatte bereits vor längerem zusammen mit dem Forschungsunternehmen Trimeris (Entwickler der Substanz T-20) Studien mit dem Gerät gestartet. Doch nun haben beide Anfang Oktober den Zulassungsantrag für die Verwendung von Fuzeon mit dem Biojector 2000 in den USA zurückgezogen.

Eine Roche-Sprecherin begründete dies damit, das Gerät habe zwar für einige Patienten sicherlich einen zusätzlichen Nutzen gehabt. Aber es sei nicht der ideale Weg der Verabreichung des Medikaments für alle therapieerfahrenen Patienten.
Aus deren Quellen heißt es, es habe Probleme gegeben, bei der Generierung der für den Zulassungsantrag erforderlichen Daten habe es ’signifikante Verzögerungen‘ gegeben.
Auch seien bei Verwendung des Geräts bei mehreren Patienten Nervenschmerzen aufgetreten.

Für Positive, die Fuzeon anwenden, bedeutet dies, dass es bis auf weiteres keine Alternative zu den nebenwirkungsträchtigen Injektionen gibt.

Der Biojector ist als Injektionsgerät in den USA zugelassen, jedoch nicht für die Verwendung mit Fuzeon. In Europa soll das Gerät bisher nicht zugelassen sein.

Roche betont, es solle nach alternativen Verabreichungsformen gesucht werden.

mit HIV vor Gericht

In Braunschweig wurde Anfang September 2007 ein 26jähriger Mann vom Braunschweiger Landgericht zu drei Jahren Haft verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, seine 22jährige Freundin wissentlich mit HIV infiziert zu haben.

Der 26jährige soll Presseberichten zufolge seiner Partnerin nicht nur seinen HIV-Status verschwiegen haben, vielmehr soll er bei seinem Begehren nach Sex ohne Kondom einen gefälschten ‚Aids-Test‘ vorgelegt haben. Als „besonders hinterhältig“ soll der vorsitzende Richter dieses Verhalten bewertet haben.

Da das Gericht nicht klären konnte, ob die 22jährige Freundin durch ihn infiziert wurde oder sich schon vorher mit HIV infiziert hatte, wurde der 26jährige Mann wegen versuchter, nicht wegen vollendeter schwerer Körperverletzung verurteilt.

Weitere Infos:
Verurteilung in Köln
Prozess in Brandenburg
Mit Justitia gegen Positive (u.a. Memmingen)
Alles eine Frage der Abstammung?
Ist Abstammung wirklich alles?
Über Kondome und Ignoranz (u.a. Würzburg, Berlin)

HIV und Alter

Die Zahl der Menschen über 50 mit HIV steigt an. Neue Fragen treten auf, von anderen Erkrankungen über Anforderungen an die Prävention bis zur Frage, ob Kombi-Therapien bei älteren Menschen ebenso gut wirken wie bei jüngeren.

Therapien gegen HIV werden immer erfolgreicher, Menschen mit HIV haben die Aussicht, immer länger leben zu können. Eine erfreuliche Konsequenz des medizinischen Fortschritts der letzten Jahre – gerade für den, der sich an den Horror der frühen Aids-Jahre erinnert.

Eine Folge dieser Entwicklung ist auch: es gibt immer mehr ältere Menschen mit HIV und Aids. Sowohl, weil Positive länger leben, ein höheres Lebensalter erreichen – aber auch, weil zunehmend auch bei Menschen über 50 Jahren HIV neu diagnostiziert wird.

So stieg der Anteil der über 50jährigen an den HIV- Neudiagnosen in Großbritannien von 5% (1995) auf nahezu 10% (2005). Und auch das Robert-Koch-Institut schreibt zur Zahl der HIV-Neu-Diagnosen 2006 „Bezogen auf die Altersverteilung der Neudiagnosen erfolgte die größte Zunahme an Meldungen in der Altersgruppe der 40- bis 60-Jährigen (117 Fälle mehr als 2005).“ (Epidemiologisches Bulletin, 29. Mai 2007).
Dabei fällt auf, dass ein vergleichsweise hoher Anteil von HIV-Erstdiagnosen bei Menschen über 50 Jahre bei Homosexuellen vorlag, aber besonders deutlich auch bei Menschen, die sich der Risikogruppe „heterosexuell“ zuordneten.

Andere Krankheitsbilder
Älter werdende Positive bedeuten auch andere Krankheitsbilder – je höher die Lebenserwartung von Menschen mit HIV und Aids steigt, desto mehr werden vermutlich auch andere als die bisher bei HIV gewohnten Erkrankungen auftreten. Zudem kommt hinzu, dass auch das Immunsystem ‚altert‘, Immunfunktionen abnehmen.
Werden schon aufgrund des ‚Alters-Faktors‘ zukünftig Herzerkrankungen, Krebs und Demenz eine weit größere Rolle spielen? Haben Menschen mit HIV im Alter andere, größere Erkrankungsrisiken? Demenz, Alzheimer und Parkinson z.B. könnten bei älteren Menschen mit HIV häufiger auftreten, warnen Ärzte.

Und die Therapien?
Oftmals wird davon ausgegangen, dass bei älteren Menschen anti-HIV-Therapien schlechter wirksam seien als bei jüngeren Menschen.
Wohl eine falsche, nicht zutreffende Annahme. Eine erst jüngst publizierte französische Studie zeigte, dass an Jahren ältere Menschen mit HIV genauso gut von anti-HIV-Therapien profitieren wie jüngere Menschen. Die Compliance (wie genau Medikamente genommen werden) sei bei älteren Positiven sogar besser als bei jüngeren, zeigte eine us-amerikanische Studie.
Allerdings, so die Studie, wechselten über 50jährige ihre Medikamenten tendenziell häufiger aufgrund von Nebenwirkungen. Insbesondere Blutbild-Veränderungen sowie neuropsychologische Beschwerden traten häufiger auf.
Da ältere Menschen tendenziell vermutlich häufiger bereits auch Medikamente gegen andere Erkrankungen nehmen, könnte zudem das Risiko von Wechselwirkungen steigen.

Späte HIV-/Aids-Diagnose
Die gleiche französische Studie stellte allerdings auch fest, dass bei Menschen über 50 wesentlich häufiger die HIV-Diagnose erst in einem späteren Stadium erfolgt (‚late diagnosis‘, Diagnose HIV bei CD4-Wert von weniger als 200 CD4-Zellen).
Diese späte HIV-Diagnose ist oftmals mit der Folge verbunden, dass Immunschäden bei Therapiebeginn bereits ausgeprägter sind, antiretrovirale Therapien bei diesen Patienten dann immunologisch und virologisch weniger wirksam sein können.

Einer der möglichen Gründe für diese späte Diagnose: ältere Menschen halten es oftmals für wenig wahrscheinlich, dass sie HIV-infiziert sein können. Dies korrespondiert mit dem Bild, das sich die Öffentlichkeit von Menschen mit Aids macht – oftmals werden hier eher junge Menschen dargestellt.
Ein weiterer möglicher Grund: auch viele Ärzte dürften bei gesundheitlichen Beschwerden ihrer älteren Patienten tendenziell wohl seltener an HIV denken, eine entsprechende Diagnostik deswegen seltener erwägen.

Prävention
Auch die HIV-Prävention sieht sich mit Fragen konfrontiert.
Einige wenige Untersuchungen scheinen darauf hinzudeuten, dass bei älteren Menschen die Kondombenutzung seltener ist als bei jüngeren Menschen. Werden ältere Menschen überhaupt durch Kampagnen erreicht, die sich in der Gestaltung ihrer Motive und Inhalte oftmals an jüngere Menschen wenden, mit Körper und Jugend operieren?

Verbirgt sich unter dem steigenden Anteil von HIV- Erstdiagnosen bei heterosexuellen Menschen über 50 auch ein Anteil an Männern, die Sex mit Männern haben, dies aber nicht offen leben (und deswegen ‚hetero‘ als Infektionsweg angeben)? Wie können diese Menschen mit Präventionsbotschaften erreicht werden?
Oder bedarf es generell auch anderer, mehr an die Gewohnheiten und Belange älterer Menschen angepasster Kampagnen?

Ändert sich das Sexualverhalten von Menschen über 50 durch die Verfügbarkeit von Medikamenten gegen erektile Dysfunktion (Viagra & Co.)? Muss Prävention hierauf reagieren?

Menschen mit HIV werden älter. Und Menschen infizieren sich auch in höherem Alter mit HIV. Medizinsystem, Aids- Hilfen, und Politik sollten sich auf neue Anforderungen einstellen.

HIV-Status und Prävention

Die Wege der HIV-Prävention müssen sich weiter entwickeln, differenzierter werden. Sagt das RKI:

„Für diejenigen, HIV-Positive und HIV- Negative, die die Kondomverwendung vom eigenen HIV-Status und dem des Partners abhängig machen, brauchen wir in der Tat neue Präventionskonzepte, und wir müssen hier klarer machen, unter welchen Bedingungen eine solche Strategie funktioniert und welche Probleme es dabei gibt.“

(Dr. Ulrich Marcus vom Robert-Koch-Institut in der Jungen Welt)

Bist du gesund?

‚Bist du gesund‘ – ‚Und dann?‘ ‚Lassen wir die Kondome weg …‘ Viele (nicht nur schwule) Menschen suchen sich möglichst Sexpartner mit gleichem HIV-Status, um Risiken zu vermindern. Eine wirksame Strategie? Oder eher eine gefährliche, die Risiken erhöhen kann?

‚Bist du gesund?‘
‚Bist du sauber?‘
‚Gesundheit gewünscht und geboten‘
Solche Formulierungen hört man oft, wenn es darum geht, (nicht nur Sex-) Partner zu suchen, oder liest sie in Profilen auf diversen Portalen.

Manchmal muss ich dann schmunzeln.
Mir juckt es in den Fingern.
Einfach mal sagen ‚Ja, ich hab heut morgen geduscht, klar!‘.
Oder ‚Klar, meine Erkältung ist schon seit Tagen wieder weg.‘

Nein, keine Angst, das sind nur Gedankenspiele. Natürlich ist mir klar, dass hinter diesen Formulierungen ein notdürftig verdecktes Schutz-Interesse steht. Aber leider manchmal auch seltsame Vorstellungen über das HIV-Infektionsrisiko. Hofft der Fragende, mit dieser Frage oder Ankündigung etwaige Risiken von sich fern zu halten? Sozusagen verbales Sagrotan?

Selbst viele Dating-Sites wie auch die blauen Seiten bieten ja eine Auswahl, in der man Angaben zu seinem HIV-Status machen kann (z.B. ‚Vorlieben beim Safer Sex‘: Immer, Nie, nach Absprache, keine Angabe). Und erleichtern so die Suche nach Partnern mit einem ‚passenden‘ Serostatus. Nach einem Weg, einen Kompromiss zwischen Sicherheit und Kondomfreiheit zu finden. Tatsächlich?

Klar, für Positive ist die Frage nach HIV ganz praktisch. Viele Positive suchen sich als Partner möglichst Menschen, die ebenfalls positiv sind. Wer schon positiv ist, den kann man (zumindest wenn man ein etwaiges Risiko einer Superinfektion vernachlässigen will) nicht nochmal mit HIV infizieren. Man spart meist sich die ständige Rederei über HIV und Aids, Infektionsrisiken, und die Kondome oftmals (das Risiko anderer sexuell übertragbarer Infektionen vernachlässigend) gleich auch.
Eine Strategie des Risiko-Managements, die für viele HIV-Positive funktioniert und eine Balance ermöglicht.

Aber funktioniert diese Strategie auch für HIV-Negative? Sich nur HIV-Negative zu suchen, um mit denen dann Sex ohne Kondom haben zu können?

Ich überlege, ob es nicht eigentlich ein wenig naiv ist für einen HIV-negativen Mann, jemanden nach seinem Serostatus zu fragen.

Zunächst einmal, erwartet er von jemandem, den er kaum kennt, eine ehrliche Antwort auf die Frage ‚Bist du positiv‘?
Würde er selbst sie geben? Dass jeder Partner die Wahrheit in Bezug auf seinen HIV-Status sagt, ist zumindest eine mutige Annahme.
Und wenn der potenzielle Partner dann ehrlich ist und sagt er sei HIV-positiv, was dann? Lehnt man ihn dann (höflich, na klar …) als Partner ab? Und erwartet dennoch, dass der beim nächsten mal weiterhin ehrlich antwortet?

Aber selbst, wenn der Partner auch ehrlich sagt, er sei HIV-negativ – was heißt das? Maximal, dass er bis einige Wochen vor seinem letzten HIV-Antikörper-Test nicht HIV-infiziert war.
Und die Zeit danach? Wenn er/sie sich in den letzten Wochen oder Monaten infiziert hat, nach dem letzten Test? Gerade in den ersten Monaten der Infektion, der akuten Phase, ist die Infektiosität am höchsten …

Für HIV-Negative kann die Strategie, sich ebenfalls nur HIV-negative Sex-Partner zu suchen (Serosorting), zu einem gefährlichen Vabanque-Spiel vorgegaukelter falscher Sicherheit werden.
Erst recht, wenn man/frau nicht den Mut aufbringt, offen zu fragen, sondern schwiemelig fragt „bist du gesund?“ Und dann mit der Antwort auf eine ungewisse Frage Annahmen macht, Konsequenzen zieht in Sachen safer sex.

Klar, es ist gut, wenn HIV-Negative auch HIV-negativ bleiben, sich nicht mit HIV infizieren wollen. Aber die Strategie, die manche dazu benutzen, dürften wenig zielführend sein. Falsche Annahmen und Irrtümer produzieren, die sich als riskant erweisen könnten.

Und was dann?
Davon ausgehen, dass jeder potentielle Partner HIV-infiziert sein könnte – und sich entsprechend schützen.
Eine manchmal ungeliebte, unbequeme, aber schützende Alternative. Eine Alternative, die zumindest wirksamer sein dürfte als verbales Sagrotan …

Transmissionsrisiko unter HAART: ‚vernachlässigbar klein‘

Wie hoch ist das HIV-Übertragungsrisiko eines Positiven, der erfolgreich (Viruslast unter der Nachweisgrenze) antiretroviral therapiert wird?

Das Posting zu Infektionsrisiken sowie eine diesbezügliche Aussage in der Resolution des 120. Positiventreffens haben zu einigen Nachfragen geführt.

Deswegen hier ein interessantes Statement eines Schweizer Experten: Prof. Pietro Vernazza, Leiter des Fachbereichs Infektiologie am Kantonsspital St. Gallen, wird in der Ausgabe Juli/August 2007 von ‚Projekt Information‚ (Editorial) mit folgender Aussage zitiert:

„Eine Frage, die uns immer wieder beschäftigt, ist das Transmissionsrisiko unter HAART. Die Schweizer Fachkommission Klinik und Therapie HIV/Aids hat soeben ein Papier verabschiedet, in welchem das Risiko einer Transmission unter einer vollständig suppressiven HAART untersucht wird. Als vernachlässigbar kleines Risiko bezeichnen die Experten das Transmissionsrisiko beim ungeschützten Sexualkontakt mit einer Person mit vollständig suppressiver Therapie. Dies unter der Voraussetzung, dass bei beiden Partnern eine Geschlechtskrankheit ausgeschlossen werden kann. Diese Beurteilung basiert auf einer Fülle von epidemiologischen Daten und wird durch biologische Daten zur HIV-Konzentration in Genitalsekreten unterstützt.“

Der selbe Prof. Vernazza ergänzt konkreter hier (unter „Luxus oder Notwendigkeit?“):

„Das Risiko einer Übertragung unter einer vollständig suppressiven HAART ist unmessbar klein, es dürfte in der Grössenordnung von 1:100’000 bis 1: 1’000’000 oder noch kleiner liegen.“

Der selbe spricht schon 2006 auch hier von einem Übertragungsrisiko unter erfolgreicher HAART, das „vernachlässigt werden kann“.