100. Todestag von Robert Koch

Am 27. Mai jährt sich zum 100. Mal der Todestag von Robert Koch.

Robert Koch, Begründer der modernen Infektiologie, wurde am 11. Dezember 1843 in Clausthal geboren. Er starb am 27. Mai 1910 in Baden-Baden.

Robert Koch
Robert Koch

1876 konnte Robert Koch bei Versuchen mit der gefürchteten Tierseuche Milzbrand erstmals nachweisen, dass Seuchen durch Erreger verursacht werden – und nicht wie zuvor vermutet durch in der Luft herumfliegende Giftstoffe.

Am 24. März 1882 publizierte er erstmals die Entdeckung des Lungentuberkulose-Erregers in seinem Vortrag „Aetiologie der Tuberkulose“. 1890 stellte er auf einem Kongress in Berlin erstmals einen aus Tuberkulose-Erregern gewonnenen Impfstoff (‚Tuberkulin‘) gegen Tuberkulose vor (der jedoch später die Erwartungen nicht erfüllte, sich aber in der Diagnostik bewährte).

Robert Koch: Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten
Robert Koch: Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten, Leipzig 1878

Zuvor hatte Koch bereits 1876 seine Entdeckung des Milzbrand-Erregers veröffentlicht.

Koch erhielt 1905 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin (verkürzt oft als Medzin-Nobelpreis bezeichnet) „für seine Untersuchungen und Entdeckungen auf dem Gebiet der Tuberkulose“.

Robert Koch starb am 27. 1910 Mai in Baden-Baden, wo er sich zur Behandlung einer Angina pectoris in einem Sanatorium aufhielt. Seine Urne wird im Westflügel des Robert-Koch-Instituts für Infektionskrankheiten beigesetzt.

Nach Robert Koch benannt ist das Robert-Koch-Institut, die „zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention“.

Das Robert-Koch-Institut ehrt den Namensgeber ab dem 27. Mai mit einer Festwoche, deren Höhepunkt die Eröffnung der Ausstellung „MenschMikrobe“ am 2. Juni in Berlin ist.

Mission Gesundheit – Portrait des Robert Koch Instituts

Das Robert-Koch-Institut wird in einem Artikel von ‚Bild der Wissenschaften‘ portraitiert.

951 Mitarbeiter, ein Drittel davon Wissenschaftler, 60 Millionen Euro Bundesmittel jährlich- und die Aussicht, zum zentralen Bundesinstitut für Gesundheit ausgebaut zu werden – ein Blick auf das Robert-Koch-Institut RKI lohnt.

„Das traditionsreiche Robert Koch-Institut in Berlin ist bekannt für Mikrobenforschung, Impfempfehlungen und Pandemievorsorge“, leitet ‚Bild der Wissenschaft‘ sein 8-seitiges Portrait des RKI ein. Und im Aids-Bereich für seine epidemiologischen Daten und Analysen auch zu HIV und Aids, könnte man aus Sicht von HIV-Selbsthilfe und Aidshilfe ergänzen (auch wenn Aids in dem Artikel nur am Rande Erwähnung findet).

Am 27. Mai 2010 jährt sich zum 100. Mal der Todestag von Robert Koch, dem Namensgeber des Instituts.

„Mission Gesundheit“
Bild der Wissenschaft Nr. 05/2010

Datenschutz im Gesundheitswesen – wer darf was?

Geht es im Gesundheitswesen um Qualitätssicherung oder um Einladungsprogramme für Früherkennungsuntersuchungen, dann stellt sich stets auch die Frage nach dem Datenschutz für die Patientinnen und Patienten. Zusammen mit anderen Patientenorganisationen hat die ‚BAG Selbsthilfe‘ ein Rechtsgutachten hierzu eingeholt.

Der 88seitige Bericht geht u.a. detailliert auf gesetzlich zulässige Datenverarbeitung bei den Kostenträgern (Krankenkassen) und Leistungserbringern (Ärzte, Krankenhäuser) sowie Rechte der Patienten ein.

ULD Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein
Datenschutzrechtliches Gutachten
im Auftrag der Patientenvertretung nach § 140f Abs. 2 SGB V
Datenschutz bei der Qualitätskontrolle und bei Früherkennungsuntersuchungen nach dem SGB V
Endbericht, 30.06.2009 (pdf)

20 Organisationen in Europa fordern: gute Patientinnen-Information statt versteckte Pharma-Werbung

29 europäische und nationale Organisationen fordern den neu gewählten EU-Kommissar Dalli auf, den Gesetzentwurf zu Patienteninformation komplett umzuschreiben, damit er den Interessen der VerbraucherInnen an guter PatientInneninformation gerecht wird.

Die Organisationen nehmen den Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz John Dalli beim Wort, der zusagte, den Gesetzesvorschlag noch einmal kritisch zu überprüfen. Mitunterzeichner des Aufrufs sind das internationale Netzwerk HAI, bei dem die Pharma-Kampagne Mitglied ist und die Internationale Gesellschaft der unabhängigen Arzneimittelzeitschriften (ISDB), deren Präsidenten die Pharma-Kampagne derzeit stellt.

Der Gesetzesvorschlag war im Dezember 2008 noch unter der Führung des Generaldirektorates Unternehmen und Industrie in den parlamentarischen Prozess gebracht worden und würde es der Pharmaindustrie erlauben, direkt mit VerbraucherInnen über Gesundheit, Krankheit und rezeptpflichtige Arzneimittel zu kommunizieren. Der Entwurf wurde von unabhängigen ÄrztInnen-, VerbraucherInnen- und PatientInnenorganisationen als einseitig und nicht zielführend kritisiert. Dabei wurde besonders hervorgehoben, dass die Pharmaindustrie wegen ihrer kommerziellen Interessen nicht als eine verlässliche Quelle von unabhängiger Information angesehen werden kann. Auch der EU-Ministerrat (die Versammlung aller EU-GesundheitsministerInnen) lehnte die Vorschläge der Kommission ab.

Nach Auffassung der 29 Organisationen sollten sich die Mitglieder des Europäischen Parlamentes mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag gar nicht erst beschäftigen, sondern von der Kommission einen komplett neuen Vorschlag verlangen, der die Bedürfnisse der europäischen BürgerInnen nach unabhängiger, vergleichender und ausgewogener Gesundheitsinformation erfüllt.

Dazu machen die Organisationen fünf konkrete Vorschläge, wie Gesundheitsinformationen im Sinne der VerbraucherInnen verbessert werden können:
· Den Beipackzettel besser lesbar und Nutzen und Schaden aussagekräftig darstellen.
· Verbesserung der Kommunikation zwischen PatientInnen und Arzt /Ärztin.
· Nationale Behörden stellen Gesundheitsinformationen aktiv und transparent zur Verfügung. Dazu gehört auch der öffentliche Zugang zu Daten zur Wirksamkeit und Nutzen von Arzneimitteln und anderen Gesundheitsprodukten.
· Entwicklung, Vernetzung und Stärkung bereits existierender Quellen unabhängiger Gesundheitsinformationen.
· Schärfere Kontrolle von Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz sowie eine wirksame Ahndung von Verstößen.

(Pressemitteilung BuKo Pharmakampagne vom 15.03.2010)
Pressemitteilung komplett, englische Version (pdf)

HIV-positive Menschen demonstrieren gegen drohende Patentrechtsverschärfungen

Im März 2010 findet hinter verschlossenen Türen die letzte Verhandlungsrunde für ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien statt. Wenn Indien auf die Bedingungen der Europäischen Union eingeht, wäre für Millionen von Menschen in ärmeren Ländern der Zugang zu Medikamenten ernsthaft gefährdet, so die Befürchtung von HIV-positiven Aktivisten, die am 12. März 2010 in Delhi demonstrieren.

„Wir protestieren, um die indische Regierung aufzufordern, keinen Vertrag auf Kosten unseres Überlebens abzuschließen“, erklärt Loon Gante, Präsident des Delhi-Netzwerkes für Positive Menschen (Delhi Network of Positive People, DNP+). „Eine lebenslange Behandlung gegen HIV/Aids erfordert einen kontinuierlichen Zugang auch zu modernen Aids-Medikamenten. Internationale Handelsabkommen haben bereits jetzt einige neue Medikamente so verteuert, dass sie nicht mehr finanzierbar sind. Wir fordern nun, dass Indien keine Bestimmungen akzeptiert, die den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten weiter behindern würden.“

Ärzte ohne Grenzen unterstützt die Forderung der indischen HIV-Kranken. „Die EU darf keine Bedingungen stellen, die den Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten weiter behindern“, sagt Oliver Moldenhauer von Ärzte ohne Grenzen in Berlin. „EU und Bundesregierung stellen die Interessen der Pharmaindustrie über die Gesundheit von HIV-Patienten.“

„92 Prozent aller Aids-Medikamente, die in ärmeren Ländern verwendet werden, stammen aus Indien. Indien gilt als Apotheke der Armen. Die Auswirkungen der laufenden Verhandlungen betreffen also bei Weitem nicht nur Indien“, sagt Leena Menghaney von Ärzte ohne Grenzen in Indien. „Wenn Indien nun nachgibt, würde der Zugang zu Behandlung für Menschen mit HIV/Aids im Verhandlungsprozess geopfert.“

Zu den Forderungen der EU gehört eine erschwerte Zulassung von Generikaprodukten und die Verlängerung des Patentschutzes, der bislang in Indien 20 Jahre beträgt. In der Vergangenheit wurden bereits häufiger in Indien hergestellte Medikamente auf dem Weg nach Lateinamerika oder Afrika beschlagnahmt. Die indische Regierung soll nun ihr Einverständnis dazu geben, dass Medikamente im Rahmen des neuen Freihandelsabkommens legal beschlagnahmt werden können.

Die informellen Gespräche zwischen Vertretern der EU und Indien sollen diese Woche in Delhi beginnen. Die offiziellen Verhandlungen finden im April in Brüssel statt. Laut EU sollen die Gespräche zum Freihandelsabkommen weit vor dem indisch-europäischen Gipfeltreffen im Oktober 2010 abgeschlossen sein.

(Pressemitteilung Ärzte ohne Grenzen Deutschland vom 12.03.2010)

Medikamentenpreise: rechtfertigt der Nutzen den Preis?

Ein bedeutender Teil der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung entfällt auf Medikamente. Die Preise für neue Medikamente können die Hersteller in Deutschland bisher frei nach eigenem Ermessen festsetzen. Doch – rechtfertigt der Nutzen jeden Preis?

Gut ein Sechstel sämtlicher Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung entfällt allein auf Kosten für Arzneimittel (2008 nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 16,8%). „Noch immer ist Deutschland ein Paradies für die Arzneimittelindustrie: In keinem anderen europäischen Land kann sie die Preise so frei festsetzen“, schreibt SpON.

Noch deutlicher formuliert es Peter Sawicki, der erst jüngst geschaßte Chef des IQWIG:

„Für die Unternehmen [der Pharma-Industrie, d.Verf.] ist es in Deutschland paradiesisch: Alle Präparate werden sofort nach der Zulassung verordnet – zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu dem Preis, den die Industrie festlegt.“

Wenig erstaunlich, dass bei derartigen Markt-Strukturen die Kosten, die der Krankenversicherung (der gesetzlichen wie der privaten) für Arzneimittel entstehen, sehr hoch sind.

Doch entsprechende Instrumente stünden längst zur Verfügung. Schon seit längerem gibt es das Wirtschaftlichkeits-Gebot in der Krankenversicherung, und seit der Gesundheitsreform 2007 (GKV-WSG) ist es auch Aufgabe des IQWiG zu prüfen, ob die Preise für ein Arzneimittel in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen.

Damit ist neben die Nutzen-Bewertung eines Arzneimittels schon vor einigen Jahren auch die Kosten-Nutzen-Bewertung getreten. Vereinfacht gesagt bedeutet dies die Frage: steht der Preis eines Medikaments in einem vertretbaren Verhältnis zum gesteigerten Nutzen dieses Medikaments (im Verglich zu verfügbaren Standard-Therapien)? Eine solche Kosten-Nutzen-Bewertung kann dann Grundlage für die Festsetzung eines Höchstbetrages durch den GKV-Spitzenverband für nicht-festbetragsfähige Arzneimittel sein.

Das IQWIG erläutert

„Die Kosten-Nutzen-Bewertung berechnet die Kosten für die Behandlung eines einzelnen Patienten. Um diese Kosten abzuschätzen, wird in der Regel die Perspektive der Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Krankenkassen gewählt. Dabei können neben den Ausgaben der Krankenkassen auch die Zuzahlungen der Versicherten einbezogen werden. Ebenso kann je nach Auftrag die Perspektive erweitert werden, um zum Beispiel Arbeitsausfallzeiten, Verrentungen und die finanzielle Belastung von Angehörigen zu berücksichtigen. Wenn es zum Beispiel um Krankheiten wie Demenz geht, spielen auch Pflege- kosten eine entscheidende Rolle und werden entsprechend berücksichtigt.“

Der Auftrag zu einer Kosten-Nutzen-Bewertung eines Medikaments wird vom Gemeinsamen  Bundesausschuss (G-BA) erteilt. Das IQWIG führt die Bewertung nach einem standardisierten Verfahren durch und erstellt Empfehlungen. Die Entscheidungen zur Erstattungsfähigkeit eines Medikaments werden i.d.R. vom G-BA (mit Überprüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit) getroffen. Die Zuständigkeit für die Festlegung eines Höchstbetrags eines Medikaments hingegen liegt laut Gesetz alleine in den Händen der Gesetzlichen Krankenkassen. Die Krankenkassen werden dabei vom GKV-Spitzenverband vertreten.

Das Instrumentarium der Kosten-Nutzen-Analyse wurde bisher nur in wenigen Fällen angewendet. Der Gemeinsame Bundesauschuß erteilte erst im Dezember 2009 die ersten Aufträge zu einer Kosten-Nutzen-Bewertung (u.a. für bestimmte Medikamente zur Behandlung der Depression), mit dem Ergebnis wird frühestens im Winter 2010/11 gerechnet.

Wenn also Gesundheitsminister Rösler wie angekündigt „die Preisfindung der Arzneimittel kritisch prüfen“ will, wird er feststellen, dass mit der Kosten-Nutzen-Analyse ein potentiell sehr wirksames Instrumentarium bereits zur Verfügung steht. Eine Kostenbremse wäre möglich – vielleicht nicht ganz unter dem Beifall der Pharmaindustrie …

weitere Informationen:
FR 06.02.2010: Pharmakritiker Sawicki – Das Rezept der Profiteure
Ärzteblatt: Gemeinsamer Bundesausschuss: Mit Macht ins Zentrum
IQWIG: Methoden zur Kosten-Nutzen-Bewertung
Deutscher Bundestag – Wissenschaftliche Dienste: Die Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln (Januar 2009; pdf)
G-BA 18.12.2009: Gemeinsamer Bundesausschuss erteilt erste Aufträge zur Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln
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Dekadente Spät-Römerin für 1,48 Euro

Die neue schwarz-gelbe Spezies: Dekadente Spät-Römerinnen – selbst im wohlhabenden verschneiten Hamburg zu finden:

Dekadente Spät-Römerin

(Gesehen in Hamburg 16.02.2010)

… ein treffender Kommentar zur Hetze gewisser Politiker nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Hartz IV Regelsätze verfasssungswidrig).

Manchmal reichen wenige Worte und eine kleine Aktion, um Demagogie treffend zu demaskieren.

siehe auch:
SZ 19.02.2010: Anzeige gegen Westerwelle Hartz IV: “Ich tue alles, um wieder zu arbeiten“
SZ 19.02.2010: Sozialstaats-Debatte Das Märchen von der sozialen Hängematte
SZ 19.02.2010: Diskussion um Hartz IV Mangel an Anstand
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Deutsche Aids-Hilfe gegen „kassenindividuelle Zusatzbeiträge“

Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) lehnt die angekündigten „kassenindividuellen Zusatzbeiträge“ strikt ab: Sie teilt die Haltung des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, der die Zusatzbeiträge als unsozial und ungerecht kritisiert hat. Viele Menschen beziehen z.B. als Folge einer chronischen Erkrankung niedrige Einkommen – darunter tausende Menschen mit HIV und Aids. Die DAH unterstützt die Vorschläge des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, die solidarische Finanzierung wiederherzustellen und die Versicherungspflichtgrenze aufzuheben.

Dazu erklärt DAH-Bundesvorstand Carsten Schatz: „Wir fordern die gesetzlichen Krankenkassen auf, Niedrigeinkommensbezieher unverzüglich von der geplanten Zuzahlung zu befreien. Alles andere würde unzumutbare Härten bedeuten: einerseits wegen der finanziellen Zusatzbelastung, andererseits wegen des „Quasi-Zwangs“ zum Kassenwechsel. Und dies noch mit der von allen Experten bestätigten Prognose, dass bald alle Kassen einen Zusatzbeitrag erheben werden. Menschen mit HIV und Aids sind wie andere chronisch Kranke auch auf eine sehr gute und verlässliche medizinische Versorgung zwingend angewiesen. Hierzu gehört auch eine verlässliche Krankenkasse. Ein „Krankenkassenhopping“ würde das wichtige, zum Teil über Jahre gewachsene Vertrauensverhältnis der Menschen zu ihrer Krankenkasse zerstören“.

(Pressemitteilung der Deutschen Aids-Hilfe vom 28.01.2010)

Auch die BAG Selbsthilfe hatte die Beitragserhöhungen als unsozial und unsolidarisch kritisiert.

Unsozial und unsolidarisch – BAG Selbsthilfe kritisiert pauschale Beitragserhöhung der Krankenkassen

„Die einkommensunabhängige Erhöhung der Krankenkassenbeiträge um 8 Euro ist unsozial und ein weiterer Baustein der Entsolidarisierung des deutschen Gesundheitssystems,“ kommentiert Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE, die sich abzeichnenden Zusatzbeiträge für Millionen gesetzlich Versicherte – Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer, Rentnerinnen und Rentner, behinderte und chronisch Kranke. Zusatzbeiträge treffen chronisch kranke und behinderte Menschen besonders hart, da diese Menschen bereits durch Zuzahlungen, Aufzahlungen, Eigenanteile und die Praxisgebühr übermäßig belastet werden.

Als erste plant die DAK statt der ebenfalls möglichen prozentual am Einkommen orientierten Beitragserhöhung den Pauschalbetrag von allen gesetzlich Versicherten zum 1. Februar einzufordern. Andere Krankenkassen kündigten an, ebenfalls im Laufe des Jahres Zusatzbeiträge zu erheben.

„Hier wird scheibchenweise das Gesundheitssystem auf Pauschalbeiträge umgeschichtet und ein Probelauf für die Einführung der Kopfpauschale gefahren,“ so Dr. Danner weiter. „Zudem ist der Abrechnungsmodus der Nachzahlung die Geburt eines Bürokratiemonsters, bei dem der Aufwand der Beitragsbeschaffung in keiner Relation zum finanziellen Ergebnis steht.“

(Pressemitteilung der BAG Selbsthilfe vom 27.01.2010)

IQWIG: Pharma-krititischer Chef wird gegangen (akt.2)

Zukünftig mehr Pharmanähe gewünscht? Der Vertrag des bisherigen Chefs des Medikamenten-Prüfinstituts IQWIG, Prof. Sawicki, wird nicht verlängert.

2004 wurde es gegründet, das ‚Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen‘ IQWIG. Seit seiner Gründung Direktor des Instituts: Prof. Dr. Peter Sawicki (52).Das IQWIG ist nach eigenem Bekunden „ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können.“

In den vergangenen fünf Jahren erwarb das Institut sich einen Ruf als unabhängiger „Medikamenten-TÜV“ und Pharma-Kontrolleur. Das Institut ging gegen ‚Pseudoinnovationen‘ vor und untersuchte kritisch, ob neue kostenintensive Medikamente auch mit erweitertem medizinischen Nutzen für die Patienten verbunden sind. Basis war die ‚evidenzbasierte Medizin‘ – ein Medikament muss in klinischen Studien am Menschen beweisen, dass es besser ist als bereits erhältliche Arzneimittel. Immer wieder ging das IQWIG auch gegen das Verschweigen von Studien-Daten vor.

Das IQWIG und Sawicki waren seit Beginn der Arbeit deutlicher Kritik ausgesetzt – seitens der Pharmaindustrie, aufgrund der kritischen Haltung gegenüber Arzneimittelherstellern.

Prof. Peter Sawicki, bisher Leiter des IQWIG (Foto: IQWIG)
Prof. Peter Sawicki, bisher Leiter des IQWIG (Foto: IQWIG)

Vorstand und Stiftungsrat des IQWIG beschlossen jetzt am Freitag, 22. Januar 2010, dass Sawickis Vertrag Ende August 2010 ausläuft und nicht verlängert wird. Ab September wird das Institut unter neuer Leitung stehen.

Sawickis Kündigung erfolgte, so Presseberichte, auf Druck von Medizinvertretern (Vertreter der Ärzteschaft und Deutsche Krankenhausgesellschaft) und mit Billigung von Gesundheitsminister Rösler. Patientenvertreter sind in die Entscheidungsgremien des IQWIG nicht eingebunden.
Als offizieller Grund für die Kündigung werden Ungereimtheiten bei der Abrechnung von Dienstwagen-Kosten angegeben. Experten gehen jedoch davon aus, das die Entlassung eher politisch motiviert sein dürfte, der wahre Grund eher in Sawickis kritischer Haltung gegenüber der Pharmaindustrie liege.

Rösler und die FDP hatten bereits seit längerem deutliche Kritik an Sawicki geäußert. Rösers Staatssekretär Stefan Kapferer sitzt im Vorstand des IQWIG.

Erst vor wenigen Monaten hatten die Bundesländer (damals mit Beteiligung Röslers als niedersächsischer Wirtschaftsminister) gefordert, Sawicki müsse auch „die Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere der heimischen pharmazeutischen Unternehmen“ als Kriterium in die Arbeit seines Instituts einbeziehen – ein Ansinnen, das Sawicki weit von sich gewiesen haben dürfte.

Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und FDP festgelegt

„Die Arbeit des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) werden wir auch unter dem Gesichtspunkt stringenter, transparenter Verfahren überprüfen und damit die Akzeptanz von Entscheidungen für Patientinnen und Patienten, Leistungserbringer und Hersteller verbessern.“

SpON kommentiert dazu: „Minister Rösler sieht die Aufgabe des IQWiG offenbar darin, den Pillenabsatz in Deutschland anzukurbeln, und das sollte allen Patienten zu denken geben, wenn ihnen der Doktor beim nächsten Mal ein Medikament verordnet.“

Als neuer Chef des IQWIG ist einem Bericht des ‚Stern‘ zufolge Leo Hansen von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein im Gespräch.

Nachtrag 24.01.2010: Bundesgesundheitsminister Rösler kündigte unterdessen gegenüber SpON an, die Stellung des IQWIG im Gesundheitswesen solle zukünftig gestärkt werden.

Eine Pharma-kritische Stimme an wichtiger Position ist mundtot gemacht. Ein weiteres Lehrstück von Klientel-Politik à la FDP. Pharmaindustrie und Ärzteschaft werden sich freue. Für Patient/innen und Verbraucher hingegen dürfte der Rückzug Sawickis und die Stärkung der Interessen der Pharmalobby nichts Gutes bedeuten. Nicht nur, dass eine kritische Bewertung der Sicherheit und Nutzen von Arzneimitteln geschwächt wird – auch die Kosten im Gesundheitswesen dürften durch den Beschluss und seine Folgen nicht gerade nach unten tendieren.

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weitere Informationen:
SZ 22.01.2010: Sawicki – Dorn im Auge der Industrie: Pharmawächter muss gehen
SpON 22.01.2010: IQWiG-Chef Sawicki – Vorstand entlässt Institutsleiter
SpON 23.01.2010: FDP-Gesundheitspolitik – Triumph der Lobbykratie
SpON 24.01.2010: Kriselndes Gesundheitssystem – Rösler will Arzneikosten gesundschrumpfen
SpON 15.03.2010: Affären – Operation Hippokrates
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lukrativer ‚Nebenverdienst‘ – Pharmageld an Ärzte

Ärzte erhalten Geld von Pharmakonzernen – ein offenes Geheimnis. Doch – wie viel? In den USA kehrt zunehmend mehr Transparenz ein …

Pharmakonzerne zahlen Geldbeträge an Ärzte, für Beratungsleistungen und als Honorare für Vorträge. Die Tatsache an sich ist bekannt – doch wie hoch sind diese Leistungen? In den USA veröffentlichen nun Pharmakonzerne Aufstellungen ihrer Leistungen an ‚influential prescibers‘ im Internet.

Und – es geht bei den Zahlungen von Pharmakonzernen an Ärzte durchaus nicht nur um kleinere Beträge. Der 121-seitige Bericht des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline (GSK) zum Beispiel führt auch Ärzte  auf, die ‚Berater-Honorare‘ von annähernd 74.000$ oder ‚Honorare als Redner‘ von über 70.000$ erhalten haben – und dies nur im zweiten Quartal 2009, und nur in den USA.

Der größte Betrag innerhalb der drei Monate April, Mai und Juni 2009 ging an einen Spezialisten für die Behandlung von Asthma und Allergien – allein 99.375$ in 3 Monaten. Medikamente für Asthma und Allergien sind eines der Schwerpunkt-Geschäftsfelder von GSK.

Die Zahlungen als Redner oder Berater sind zudem nicht die einzigen Zahlungen, die GSK an Ärzte leistet. Die Internetseite des Pharmakonzerns führt unter der Kategorie „work with healthcare providers“ auch die Rubriken „Sponsoring und Zuwendungen“ sowie „Forschungs-Zuwendungen“ auf.

Vor GSK haben bereits die Pharmakonzerne Lilly und MSD ihre Zahlungen an Ärzte veröffentlicht, Pfizer wird demnächst folgen – in den USA. Ob derartige Transparenz irgendwann einmal auch für Deutschland zu erwarten ist?

Immerhin – auch für Patienten ist nicht uninteressant zu wissen, von welchem Konzern ihr Arzt welche Beträge erhält – schließlich geht es auch um die Unabhängigkeit des Behandlers und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.

Denn – dass die Zahlungen der Pharmaindustrie völlig ohne Absicht, rein aus Philanthropismus erfolgen, steht wohl nicht zu erwarten. Schon der Begriff „influential prescibers“ erzählt viel über die Hintergedanken …

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weitere Informationen:
ft.com 14.12.2009: GSK’s $15m fees data go online
ft.com 20.10.2009: Merck pays $3m in speaker fees to US doctors
Lilly: Registry Report Payments Made Q1-Q2/2009
GSK: Fees Paid to US Based Healthcare Professionals for Consulting & Speaking Services 2nd Quarter 2009

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Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich mit den Eckregelsätzen

Im Folgenden ein Gastbeitrag von Silke Eggers (Referentin für Soziale Sicherung und Pflege der DAH Deutsche Aids-Hilfe) zur Frage der Rechtmäßigkeit der Eckregelsätze – mit Hinweisen dazu, wie Ansprüche gesichert werden können:

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 20. Oktober 2009 über die Rechtmäßigkeit der Eckregelsätze verhandelt. Es handelte sich um eine mündliche Verhandlung, es ist noch kein Urteil gesprochen. Dies wird erst für Anfang 2010 erwartet. Dabei geht es darum, gemäß Art. 100 GG zu prüfen, ob §§ 20 und 28 SGB II und damit die Bemessung und die Höhe der Regelleistungen für Erwachsene und Kinder mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sind.

Obwohl die Vorlagenbeschlüsse die dem Bundesverfassungsgericht dazu vorliegen nur die Regelleistungen des SGB II betreffen, wird sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch auf die Regelleistungen des SGB XII auswirken. Das heißt, ein Urteil betrifft sowohl die Bezieher/innen von Leistungen nach dem SGG II (Hartz IV) als auch Bezieher/innen von Leistungen nach dem SGB XII, also Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit.

Natürlich ist noch nicht gesagt, wie das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird. Sollte es aber zu einer positiven Entscheidung kommen, gibt es verschiedene denkbare Möglichkeiten:

Das Bundesverfassungsgericht stellt fest:

* dass die Bemessung der Regelleistungen mit Wirkung für die Zukunft von der Bundesregierung zu korrigieren sind,
* dass die Bemessung mit Wirkung für die Vergangenheit zu korrigieren ist oder
* dass die Anrechnung des Kindergeldes auf die Regelleistung mit Wirkung für Vergangenheit/Zukunft neu geregelt wird.

Die Chance, dass ein Urteil vorsieht, dass Korrekturen der Regelleistungen rückwirkend vorgenommen werden ist nicht sehr groß, aber sie besteht. Sollte das passieren, werden die rückwirkenden Korrekturen nicht automatisch gewährt sondern müssen geltend gemacht werden. Das heißt konkret:

Es müssen jetzt und damit ist gemeint vor der Verkündung eines Urteils Überprüfungsanträge für die Vergangenheit gestellt werden und gegen laufende Bescheide muss Widerspruch einlegt werden.

Weitere Hintergurndinfos: (Infos von Tachesles e.V. siehe auch http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2009/Rueckwirkend_Ansprueche_Sichern.aspx ):

„Im Sozialrecht gibt es die Besonderheit, dass bei falscher Rechts- oder Tatsachenanwendung und bei Bestandskraft des Bescheides (Widerspruchsfrist ist abgelaufen), der falsche Bescheid rückwirkend zugunsten der Betroffenen korrigiert werden muss. Zu Unrecht nicht erbrachte Leistungen sind dann bis zu vier Jahre rückwirkend nachzuzahlen (§ 44 Abs. 1 und Abs. 4 SGB X). Die Rücknahme eines falschen Bescheides (und damit die Nachzahlung) können Betroffene mit einem Überprüfungsantrag einleiten.

Wer sich also Ansprüche auf gegebenenfalls vorenthaltene Geldleistungen sichern will, muss jetzt handeln! Nach der Urteilsverkündung durch das BVerfG ist ein solcher Überprüfungsantrag nicht mehr möglich (§ 40 Abs. 1 S. Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 1 SGB III in Bezug auf das SGB II und § 79 Abs.2 BVerfGG in Bezug auf das SGB XII). Regulär verkündet das BVerfG immer drei bis vier Monate nach der Anhörung seine Entscheidung. Das ergibt ein Zeitfenster bis voraussichtlich Januar/Februar 2010. Personen die schon 2005 im Leistungsbezug waren, sollten jedoch bis zum 31. Dezember 2009 den Überprüfungsantrag einreichen, da dieser auf den 1. Januar 2005 zurückwirkt (§ 44 Abs. 4 SGB X). Wird der Antrag erst im Januar 2010 gestellt, wirkt er nur auf den 1. Januar 2006 zurück.

Und noch ein Tipp: Die ARGEn und JobCenter schmettern Überprüfungsanträge und Widersprüche gegen aktuelle Bewilligungsbescheide, die aufgrund des Verfassungsgerichtsverfahrens zu den Regelleistungen eingelegt werden, oft mit einem Standardtext ab. Bei Überprüfungsanträgen muss gegen einen ablehnenden Bescheid Widerspruch, bei ablehnenden Widerspruchsbescheiden muss Klage eingelegt werden, um die Verfahren offen zu halten. Werden solche Bescheide erst einmal rechtskräftig, sind rückwirkende Ansprüche ausgeschlossen! Wir empfehlen deshalb bei Anträgen, Widersprüchen und Klagen jeweils den Zusatz: „Hiermit beantrage ich, den Antrag/den Widerspruch/die Klage bis zur Entscheidung des BVerfG ruhend zu stellen.“

Also kurz zusammengefasst:
– Die Urteilsverkündung wird für Anfang des Jahres 2010 erwartet.
– Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich nicht nur mit den Regelsätzen für Kinder sondern für Alle.
– Das Urteil hat Auswirkungen Leistungsbezieher von Leistungen nach SGB II und XII.
– Wenn das Urteil die Eckregelsätze für verfassungswidrig erklärt, bleibt immer noch die Frage ab wann die Regelung gilt, ob ab Urteil oder auch rückwirkend.
– Um sich Ansprüche auch rückwirkend zu sichern, wenn das Urteil denn dies erlauben sollte, muss vor Urteilsverkündung ein Antrag auf Überprüfung gestellt werden.
– Sollten rückwirkend Ansprüche möglich werden, ist ein Anspruch gesetzlich bis zu 4 Jahren rückwirkend möglich. Für alle die schon so lange Leistungen beziehen ist es daher wichtig den Antrag bis zum 31.12.2009 zu stellen, sonst gehen die Ansprüche für ein Jahr möglicherweise verloren.

Und was ist wenn der Überprüfungsantrag / der Widerspruch abgelehnt wird?
– In diesem Fall muss auf alle Fälle Widerspruch eingelegt werden damit die Ablehnung nicht rechtskräftig wird.
– Im Falle der Ablehnung des Widerspruchs muss Klage eingereicht werden
Tacheles hat Musterschreiben hierzu entwickelt, die über ihre Internetseite abzurufen sind.

Ein ganz herzlicher Dank an dieser Stelle an die Kollegen und Kolleginnen von Tacheles, für ihren tollen Service, der uns viel Arbeit abnimmt!

Weitere Infos und viel Hintergrundinformation sowie alle Musterschreiben sind zu finden auf der Internetseite von Tacheles:
http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2009/Rueckwirkend_Ansprueche_Sichern.aspx oder
http://www.tacheles-sozialhilfe.de/

Dank an Silke Eggers für den Text!

siehe auch 09.02.2010: Hartz IV-Regelsätze verfassungswidrig – Bundesverfassungsgericht ordnet Neuregelung an

Preisabsprache bei Potenzmitteln – Millionen-Strafe in der Schweiz

5,7 Millionen Franken Strafe müssen drei Pharmaunternehmen in der Schweiz zahlen – wegen illegaler Preis-Absprachen bei Potenzpillen.

Viagra®, Cialis®, Levitra® – der Einfallsreichtum der Pharmakonzerne ist groß, wenn es um bunte Namen für Pillen geht. Weniger groß scheint der Einfallsreichtum, wenn es um die Preise der Pillen geht. Denn die Verkaufspreise für die drei genannten Potenzpillen hätten die drei herstellenden Pharmakonzerne abgesprochen, befand die Schweizer Wettbewerbskommission.

Damit sie der Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher beeinträchtigt gewesen. Bereits seit 2006 war wegen des Verdachts illegaler Preisabsprachen bei Potenzpillen ermittelt worden. Die Wettbewerbsbehörde verhängte nun gegen die drei Pharmakonzerne Pfizer, Eli Lilly und Bayer eine Strafe von 5,7 Millionen Schweizer Franken. Die Konzerne prüfen derzeit, ob sie Rechtsmittel einlegen.

Medikamente zur Behandlung der ‚erektilen Dysfdunktion‘ (vulgo ‚Potenzmittel‘) werden i.d.R. nicht von der Krankenversicherung übernommen; die Kosten hat der Patient selbst zu tragen.

weitere Informationen:
NZZ 01.12.2009: Unerlaubte Preisabsprachen bei Potenzmitteln
stationäre Aufnahme 01.12.2009: Unerlaubte Preisabsprachen bei Potenzmitteln in der Schweiz
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„Aus“ für elektronisches Rezept, „Spar- Version“ für elektronische Gesundheits- Karte

Die Elektronische Gesundheitskarte, einst vermeintliches Vorzeigeprojekt der deutschen Gesundheitspolitik, wird vorerst auf eine Modernisierung der Versichertenkarte eingedampft. Das ‚elektronische Rezept‘ steht vor dem völligen ‚Aus‘.

Einst war die umfassende Elektronisierung Ziel und Vorzeigeprojekt deutscher Gesundheitspolitik. Langfristige Einsparungen im Milliardenbereich versprachen sich Gesundheitspolitik und Krankenkassen, eine Effizienzsteigerung der Abläufe die Ärzteschaft – und lukrative Aufträge die Industrie. Doch nun kommt einiges auf den Prüfstand, anders steht direkt vor dem ‚Aus‘.

Wie im Koalitionsvertrag ausgehandelt, soll zum Themenbereich „elektronische Gesundheitskarte“ zunächst eine Bestandsaufnahme erfolgen, bevor weitere Entscheidungen getroffen werden. Dabei sollen

„der mögliche Leistungsumfang der Gesundheitskarte sowie das Geschäftsmodell und die Organisationsstrukturen …  sowie die bisherigen Erfahrungen in den Testregionen überprüft und bewertet werden.“

Dazu Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler:

„Wir gehen den Aufbau der Telematikinfrastruktur schrittweise an und beginnen mit einer erweiterten und datenschutzrechtlich sichereren Krankenversichertenkarte. Die Realisierung weiterer medizinischer Anwendungen wird so lange mit einem unbefristeten Moratorium belegt, bis praxistaugliche, höchsten datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprechende Lösungen vorgelegt werden.“

Für die nahe Zukunft konkretisiert das Bundesministerium für Gesundheit:

„Die Erweiterung der Krankenversichertenkarte zu einer elektronischen Gesundheitskarte soll deshalb zunächst auf ein modernes, sicheres Versichertendatenmanagement sowie die Notfalldaten konzentriert werden.“

Das elektronische Rezept, das bisher als eines der Kernstücke einer umfassenden „Elektronisierung“ des Gesundheitswesens geplant war, wird es Medienberichten zufolge so nicht geben. Ein Vertreter des BMG kommentiert dazu trocken „wir müssen eine neue Sicht der Dinge entwickeln“.

Die elektronische Gesundheitskarte ist seit langem in der Kritik. Sylvia Urban, Vorstand der Deutschen Aids-Hilfe, hatte schon auf dem111. Deutschen Ärztetag 2008 in Ulm betont

„Meine Daten gehören zu mir als Mensch und sie müssen bei mir bleiben. Ich muss entscheiden können, wer sie bekommt. Es ist gegen mein informationelles Selbstbestimmungsrecht, wenn so intime Daten gezielt gewonnen werden und vielleicht bald von Kassen, Arbeitgebern und anderen interessierten Gruppen ausgewertet werden dürfen. Menschen mit schweren Erkrankungen wie Aids müssen eine Chance behalten“.

Neben vielen anderen Organisationen ist auch die Deutsche Aids-Hilfe einer der zahlreichen Partner der Initiative „Stoppt die e-Card“.

Gläserner Patient - Aktion "Stoppt die e-Card!"
Gläserner Patient - Aktion "Stoppt die e-Card!"

Fortschritt durch Einschränkungen? Röslers Worte klingen vermeintlich nach schrittweisem Aufbau – jedoch von etwas (elektronische Gesundheitskarte, elektronisches Rezept, …), das längst beschlossen wurde. Worum geht es de facto? Im Gespräch ist eine „ergebnisoffene  Bestandsaufnahme“ – mit Moratorium und vorheriger Einschränkung auf eine Versichertenkarte. So wird, was als umfassende Elektronifizierung des Gesundheitswesens konzipiert wurde, zunächst zu kaum mehr als einer Modernisierung der lang bekannten Versicherten-Karte. Verklausuliert ein Ausstieg auf Raten aus einem nicht nur aus Sicht von Patientenvertretern und Datenschützern fragwürdigen Projekt?

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weitere Informationen:
BMG 18.11.2009: Bestandsaufnahme für den Aufbau der Telematikinfrastruktur aufgenommen
heise 19.11.2009: Elektronische Gesundheitskarte: Abgespeckt bis aufs Gerippe
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Aids-Medikamente kartonweise gefunden

In einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt sind kartonweise Aids-Medikamente in einem Fußgänger-Tunnel gefunden worden.

Frankleben in Sachsen-Anhalt ist ein kleines beschauliches Dörfchen mit 1.700 Einwohnern, nahe Merseburg gelegen. Die Zahl der HIV-Patienten in der Region dürfte überschaubar sein. Umso erstaunter dürften Passanten gewesen sein, als sie am Sonntag Nachmittag neben einem Fußgänger-Tunnel in Frankleben Aids- und Krebs-Medikamente fanden – gleich mehrere Kartons.

Die Medikamente seien vermutlich von einem in der Nähe geparkten Lastwagen gestohlen worden, teilte die Polizei mit. Der Fahrer habe einen Diebstahl angezeigt. Nähere Angaben, insbesondere zur Herkunft der Medikamente, wolle man „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht machen.

Ob Passanten bereits Medikamente entnommen haben, ist nicht bekannt. Die Polizei warnte vor einer etwaigen Einnahme.
Der Wert der gefundenen Medikamente wird auf ca. 94.000 Euro geschätzt.

Ein erstaunlicher Fall: Aids-Medikamente fahren üblicherweise selten in Lastwagen durch die Gegend – sie werden den Apotheken eher durch Schnellieferdienste des Großhandels zugestellt, in Kleintransportern, zudem dann nicht kartonweise, sondern eher in kleinen Mengen.

weitrere Informationen:
Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd 16.11.2009: Medikamente aufgefunden
LVZ 17.11.2009: Medikamente gegen Aids und Krebs vermutlich von Lastwagen gestohlen
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Die Pharmaindustrie und die Give-Aways …

„Please note Please note that US PhRMA guidelines prohibit US physicians from taking any promotional items“

(gesehen auf der 12. Europäischen Aids-Konferenz in Köln)

Immerhin, im Vergleich zu früheren Jahren hat der Werbe-Zirkus des Pharma-Jahrmarkts auf Aids-Kongressen schon deutlich nachgelassen …

… dennoch: fragt sich nur, wann eine derartige Regelung auch für europäische Ärzte gilt …