Parkausweise für Behinderte, die vor dem 1. Januar 2001 ausgestellt wurden, verlieren per Ende 2010 ihre Gültigkeit. Eine baldige Umstellung wird empfohlen.
Zahlreiche Menschen mit HIV haben einen Behindertenausweis. Und einige aufgrund besonderer Behinderungen auch einen Parkausweis für Behinderte. Sofern dieser vor dem 1. Januar 2001 ausgestellt wurde, verliert er am Ende des Jahres seine Gültigkeit.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2001 wurde ein Parkausweis für behinderte Menschen nach europäischem Muster eingeführt. Damals wurde festgelegt, dass existierende Behinderten-Parkausweise ihre Gültigkeit behalten, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2010. Ab 1. Januar 2011 verlieren die alten Ausweise ihre Gültigkeit. Darauf weist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hin.
Wer noch im Besitz eines Behinderten-Parkausweises ist, der vor dem 1. Januar 2001 ausgestellt wurde (nicht nach europäischem Muster), sollte sich vor Ablauf des Jahres um die Beantragung eines Behinderten-Parkausweises nach europäischem Muster bemühen.
weitere Informationen:
Empfehlung des Rates der Europäischen Gemeinschaft betreffend einen Parkausweis für Behinderte, 4. Juni 1998 (98/376/EG)
Bekanntgabe des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen vom 24.10.2000 (Verkehrsblatt 2000, Seite 624)
europa.eu: Parkausweis für Behinderte
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„Wir operieren Sie selbstverständlich gerne.“ Ein HIV-positiver Patient, dem nach einer Vorsorgeuntersuchung angekündigt worden war, man könne ihn wegen HIV nicht operieren, ist inzwischen doch auch als OP-Patient willkommen.
Eine Spezial-Klinik an der Mosel hatten einem HIV-positiven Patienten bei einer Vorsorge-Untersuchung angekündigt, ihn wegen seiner HIV-Infektion nicht operieren zu können. Inzwischen hat sich alles geklärt – veraltete Informationen werden aktualisiert, und der Patient „selbstverständlich auch operiert“.
Einige Wochen später erhielt P. einen Anruf. Die Verwaltungsdirektorin der Klinik meldete sich. Es habe in der Sache eine Anfrage an die an Zentrale der Gruppe gegeben, zu der auch diese (privat geführte) Klinik gehört, dadurch habe die Zentrale von dem Vorgang erfahren und sich eingeschaltet.
Die Verwaltungsdirektorin entschuldigt sich für den Vorgang und erläutert. Vor Jahren habe es in der Klinik eine Ablauf-Schulung gegeben, wie sich Mitarbeiter in diesen Fällen zu verhalten hätten. Aus dieser vor Jahren erfolgten Ablauf-Schulung habe der Arzt eventuell nicht mehr zutreffende Informationen zu PEP im Hinterkopf gehabt (z.B. zur Frage, wie schnell nach einem etwaigen Risikokontakt die Medikamenten einzunehmen seien).
Man habe Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen. Es sei Kontakt mit Arbeitsmedizinern des TÜV (die im Haus das Monitoring machen) aufgenommen worden, um sich mit dem aktuellen Sachstand vertraut zu machen. In der Konsequenz sollen die neuen Informationen medizinisch aufgearbeitet werden und zu einem neuen Ablaufplan führen. In diesem werde die aktuelle medizinische Situation berücksichtigt.
Die Verwaltungsdirektorin betonte, HIV (bzw. ein sich offen als HIV-positiv zu erkennen gebender Patient) sei in der Klinik noch nie ein Thema gewesen.
Selbstverständlich würde P, sollte es erforderlich werden, in der Klinik auch operiert werden – und beim nächsten Besuch solle man sich doch gerne einmal „zusammensetzen auf einen Kaffee“.
P. zeigte sich erfreut über die Reaktion der Klinik und darüber, nun doch eine Option für eine etwaig erforderlich werdende Operation zu haben. „So hat es sich doch gelohnt, für meine Rechte einzutreten, für mich – und für andere Positive, die einmal in die selbe Situation kommen könnten.“
Die heute in Genf beginnende 99. Tagung der International Labour Organisation ILO beschäftigt sich in einem Schwerpunkt mit HIV und Aids im Arbeitsleben.
In Genf beginnt am 2. Juni 2010 die „99th Session of the International Labour Conference, 2010“ (ILO). Eines der Haupt-Themen auf der Agenda: „HIV/AIDS in the world of work (second and final year of a standard-setting committee)“.
Die Konferenz beschäftigt sich dabei vor allem auch mit dem Ziel, Stigmatisierung und Diskriminierung von HIV-Positiven im Erwerbsleben entgegen zu treten. Ziel der Sitzung ist laut Tagesordnung die „Elaboration of an autonomous Recommendation on HIV/AIDS in the world of work“.
Vorab publiziert wurde als „Conference Paper“ am 4. März 2010 der zweiteilige „Bericht: HIV/Aids und die Welt der Arbeit“.
Die bereits 1919 gegründete ILO International Labour Organisation (Internationale Arbeits-Organisation) entstand aus der Gewerkschaftsbewegung. Sie tritt einmal jährlich in Genf zusammen.
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weitere Informationen:
99th Session of the International Labour Conference, 2010
ILO: „Bericht: HIV/Aids und die Welt der Arbeit“ Bericht A (pdf), Bericht B (pdf)
Vor-Version „Bericht: HIV/Aids und die Welt der Arbeit“ vom 5. August 2009 (pdf)
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Auch im Gesundheitswesen arbeiten Menschen, die mit HIV infiziert sind, als Arzt, Zahnarzt, Krankenpfleger/in. Welche Tätigkeiten dürfen sie ausüben? Und wie wirkt sich eine wirksame antiretrovirale Therapie aus?
Darf ein HIV-infizierter Zahnarzt operieren, eine HIV-infizierte Chirurgin invasive Eingriffe vornehmen? Wenn er / sie eine wirksame antiretrovirale Therapie nimmt, verändert dies die Risiko-Bewertung? Diesen Fragen widmet sich ein ausführlicher Beitrag von Dr. Klaus Korn (Nationales Referenzzentrum für Retroviren, Universitätsklinikum Erlangen) in der soeben erschienenen Ausgabe 01 / 2010 des Retrovirus-Bulletin.
Das Retrovirus Bulletin ist online (pdf) erhältlich (s.u.).
Der Beitrag soll laut Herausgeber (Nationales Referenzzentrum für Retroviren)
„dazu dienen, auf der Basis der bisher vorliegenden Daten und der heutigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten einen an den tatsächlichen Risiken orientierten Umgang mit dieser Problematik zu ermöglichen. Hier gilt es, einerseits überzogene Befürchtungen auszuräumen, andererseits aber die in manchen Bereichen durchaus vorhandenen Risiken nicht zu ignorieren.“
Bezüglich der Möglichkeit der HIV-Übertragung im Rahmen von chirurgischen Eingriffen kommt Korn im Kontext einer wirksamen antiretroviralen Therapie des HIV-infizierten Arztes zu dem Schluss, dass
„bei einem negativen Ergebnis in einem Test mit einer Nachweisgrenze von 1.000 Kopien/ml nur ein extrem geringes Risiko der Übertragung besteht. Ein negatives Ergebnis in einem der heute zur Verfügung stehenden ultrasensitiven Tests mit Nachweisgrenzen im Bereich von 20 – 50 Kopien pro ml gibt hier noch eine zusätzliche Sicherheitsmarge …“
sowie
„Auch andere Überlegungen unterstützen die Annahme, dass von einer HIV-infizierten, chirurgisch tätigen Person auch bei Tätigkeiten mit erhöhtem Übertragungsrisiko nur ein extrem geringes Risiko ausgeht, wenn die Viruslast unter der Nachweisgrenze eines hochempfindlichen Tests liegt.“
Korn betont:
„Anders stellt sich die Situation bei einer Unterbrechung oder beim Absetzen der antiretroviralen Therapie dar.“
weitere Informationen:
Dr. Klaus Korn, Nationales Referenzzentrum für Retroviren: „HIV-infizierte Mitarbeiter im Gesundheitswesen – was dürfen sie (nicht) ?“, in Retrovirus-Bulletin Nr. 01/2010 (pdf)
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Über eine beunruhigende Entwicklung in Sachen Kriminalisierung von HIV-Positiven informiert die aktuelle Ausgabe des HIV-Reports der Deutschen Aids-Hilfe.
Schweizer Forscher hatten ermitteln wollen, in welchem Umfang HIV-Übertragungen in der frühen oder in der chronischen Phase der HIV-Infektion stattfinden. Grundgedanke war dabei die derzeit viel diskutierte These, dass besonders in der Phase der frischen HIV-Infektion HIV-Übertragungen stattfinden.
Für ihre Studie verwendeten die Schweizer Forscher Daten aus zwei Schweizer Studien, der Züricher Primoinfektionsstudie (Zurich Primary HIV Infection Study, kurz ZPHI) sowie der Schweizer HIV-Kohortenstudie (SHCS). Die Daten der Studienteilnehmer wurden verglichen, um anhand von Infektionsverläufen zu errechnen (!), wann eine Infektion stattgefunden haben könnte.
Die Forscher konnten mehrere Cluster identifizieren, in denen errechnet (!) wurde, wer wann wen infiziert haben könnte.
Armin Schafberger, Medizin-Referent der DAH, kommentiert im HIV-Report dieses Vorgehen:
„Die Ermittlung von Infektionsketten mittels Kohortendaten erscheint beunruhigend, wenn man weiß, dass die Kriminalisierung der HIV-Übertragung in vielen Ländern eher zunimmt. Staatsanwälte könnten ein Interesse an einer solchen Forschung haben. Die Pseudonymisierung der Kohortenteilnehmer bietet vor staatsanwaltlichen Eingriffen zwar einen guten, aber keinen kompletten Schutz. Die Deutsche AIDS-Hilfe hat 2009 ein Rechtsgutachten zum „Beschlagnahmeschutz von Patientenakten (insbes. im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen) eingeholt. Steffen Taubert berichtete im Kompl@t 4/2009 des Kompetenznetzes zusammenfassend über die Ergebnisse“
Das fragwürdige Verhalten der Schweizer Forscher schockiert. Der Staatsanwalt dürfte sich schon die Hände reiben und prüfen, auf welchem Weg er an die Daten kommen kann. Selbst wenn es sich nur um errechnete Infektionswege und wahrscheinliche Infektionsketten handelt, für einen Ermittlungen begründenden Anfangsverdacht dürften diese Daten vielleicht schon genügen.Ganz abgesehen davon, dass das Vorgehen in der Studie vermutlich geradezu eine Handreichung für interessierte Ermittler sein dürfte …
Mit derartigen Studien und Vorgehensweisen bestärken derartige Forscher einmal mehr Vorbehalte gegen Studien und insbesondere Kohorten, besonders wenn diese nicht völlig anonymisiert (sondern wie im vorliegenden Fall nur pseudonymisiert, also prinzipiell rück-identifizierbar) sind.
HIV-Positiven kann -nicht nur angesichts dieser aktuellen Studie – nur geraten werden, sich äußerst gründlich zu informieren und bedacht zu entscheiden, ob sie an Studien teilnehmen, und wenn ja welche Daten und erst recht welche Bio-Materialien sie von sich zur Verfügung stellen.
Weitere Informationen:
Armin Schafberger: „HIV-Übertragungen in der akuten und chronischen Phase der Infektion„, in: HIV-Report Nr. 01/2010, 30. April 2010
Rieder P et al. (2010) HIV-1 transmission after cessation of early antiretroviral therapy among men having sex with men. AIDS 24(8):1177-1183, May 15, 2010 (abstract) DAH-Gutachten zum Datenschutz: Beschlagnahme von Patientenakten nicht ausgeschlossen
Kompl@t 4/2009 (pdf)
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Eine Untersuchung in Großbritannien widmet sich der Frage, warum die an sich seltene sexuell übertragbare Erkrankung LGV (Lymphgranulom venereum) u.a. besonders bei Menschen mit HIV auftritt.
Im ersten Quartal 2010 wurden in Großbritannien mehr als zweimal so viele Erkrankungen an LGV diagnostiziert wie im vergleichbaren Vorjahres-Zeitraum. Dies meldet das Online-Portal aidsmap. In den ersten drei Monaten des Jahres 2010 wurden dem Bericht zufolge 113 Fälle von LGV diagnostiziert, eine Zunahme auf 209%.
Die Forscher präsentierten auf einer Konferenz in Großbritannien auch erste vorläufige Daten zur Frage, welche Faktoren das Risiko erhöhen, an LGV zu erkranken. trotz der relativ niedrigen Zahl an Fällen zeigte eine multivariate Analyse der Daten, dass (verglichen mit symptomfreien Männern) zwei Faktoren unabhängig von einander signifikant mit einer Erkrankung an LGV assoziiert waren: Fisten sowie der Besuch von (schwulen Sex-) Saunen. In einer zweiten Analyse zeigte sich zudem ungeschützter insertiver Analverkehr als Risikofaktor.
Das gehäufte Auftreten von LGV bei HIV-positiven Männern führten die Forscher nicht auf biologische Faktoren zurück. Sie vermuteten vielmehr, die Tatsache an HIV infiziert zu sein könne eine Determinante sein für bestimmte Verhaltensweisen wie Serosorting oder Kontakte in bestimmten sexuellen Netzwerken, innerhalb derer LGV übertragen werde.
LGV (Lymphgranuloma venereum) ist eine eigentlich seltene sexuell übertragbare Erkrankung, die von einem spezifischen Stamm Chlamydien verursacht wird. LGV ist in Afrika, Asien und Südamerika verbreitet – und wird seit einigen Jahren zunehmend auch in den USA und Europa diagnostiziert.
Seit 2003 wird LGV auch in Deutschland vermehrt festgestellt bei Männern, die Sex mit Männern haben. Regionale Schwerpunkte in Deutschland waren bisher Hamburg und Berlin. Ob der Anstieg in Deutschland auf eine wirkliche Zunahme an Erkrankungen zurückzuführen ist oder auf eine vermehrte Aufmerksamkeit und Diagnostik auf LGV, ist bisher unklar. Auch in Deutschland ist der Anteil an LGV-Erkrankten, die gleichzeitig HIV-positiv sind, hoch.
Über LGV wie auch über andere sexuell übertragbare Krankheiten informiert eine kostenlos erhältliche Publikation der deutschen Aids-Hilfe: “sexuell übertragbare krankheiten”
weitere Informationen:
aidsmap 30.04.2010: Sharp increase in LGV cases in the UK; risk factors identified
RKI: Informationen zu Lymphogranuloma venereum (LGV)
hiv and more 2/2007: Lymphogranuloma venereum Häufigkeit nimmt zu
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Die Volksrepublik China hat ihre Einreisebeschränkungen für Menschen mit HIV aufgehoben.
In den 1980er Jahren führte China Regelungen ein, die es Menschen mit HIV und Aids de facto untersagten, in die Volksrepublik China einzureisen. In der vergangenen Zeit wurden diese Regelungen vielfach als anachronistisch und kontraproduktiv kritisiert.
Das der bisherigen Regelung zugrunde liegende „Grenz-Quarantäne-Gesetz“ wurde nun wenige Tage vor Eröffnung der Weltausstellung in Shanghai aufgehoben. Die entsprechende Gesetzesänderung sei bereits „vor gut einer Woche“ beschlossen worden, berichten Medien.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte die Entscheidung der chinesischen Regierung.
Die bisherige Regelung mit Einreiseverboten habe die Ausbreitung von HIV in China kaum aufhalten können, teilte der chinesische Staatsrat mit. Zudem habe sich die bisherige Verordnung als „hinderlich bei der Ausrichtung internationaler Veranstaltungen“ erwiesen.
Aktualisierung 12.05.2010: Einem Bericht des China Observer zufolge benötigen Ausländer, die in Peking studieren oder arbeiten wollen, auch weiterhin einen HIV-Test.
In den US-Bundesstaaten Alabama und South Carolina werden HIV-infizierte Häftlinge „grausam, inhuman und menschenunwürdig“ behandelt, betonen zwei US-Menschenrechtsorganisationen in einem neuen Bericht.
Alabama und South Carolina verstoßen gegen internationales Recht, indem sie HIV-Zwangstests bei Häftlingen vornehmen und anschließend HIV-positiv getestete Gefangene absondern und isolieren.
In Alabama müssen HIV-positive Insassen einem Bericht der New York Times zufolge weiße Armbänder tragen und sind in besonderen Bereichen untergebracht. In South Carolina trügen HIV-positive männliche Insassen einen blauen Punkt auf ihren Ansteckern und seien im Hochsicherheitsbereich untergebracht. HIV-positive Frauen müssten den Namen des ‚HIV/AIDS Schlafbereichs‘ auf ihrer Häftlingsuniform tragen.
Dies kritisieren die beiden US-Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW) und Amercan Civil Liberties Union (ACLU) in ihrem am 14.04.2010 vorgelegten Report „“Sentenced to Stigma: Segregation of HIV-Positive Prisoners in Alabama and South Carolina“.
Dem Bericht zufolge werden HIV-positive Gefängnisinsassen gezwungen, Armbänder zu tragen, die sich von denen anderer Gefangene unterscheiden – um auf ihren HIV-Status aufmerksam zu machen. HIV-positiven Gefangenen würde zudem eine adäquate Beteiligung an Beschäftigungsprogrammen im Knast verwehrt, ebenso wie eine Teilnahme an Wiedereingliederungs-Programmen für die Zeit nach der Haft.
Ähnliche Regelungen seien bis vor kurzem auch in einem dritten US-Bundesstaat, in Missouri, angewandt worden. In Missouri sind derzeit 152 HIV-Positive inhaftiert. Noch vor Publikation des Berichts seien aber die stigmatisierenden Praktiken beendet worden.
Human Rights Watch und die American Civil Liberties Union forderten Alabama und South Carolina auf, die stigmatisierende und menschenunwürdige Behandlung HIV-positiver Gefängnisinsassen unverzüglich einzustellen.
Das Departmen of Corrections des Staates South Carolina begründete Presseberichten zufolge seine als stigmatisierend kritisierten Regelungen inzwischen mit dem Schutz vor weiterer Verbreitung von Krankheiten sowie dem Bemühen, Insassen die bestmögliche Gesundheitsversorgung zukommen zu lassen. Man sehe keinen Grund, die Regelung zu ändern:
„In response, the S.C. Department of Corrections defended the practice, saying its intent is to prevent the disease’s spread inside prison walls and to provide the best possible health care for inmates.
Our system provides quality health care and treatment to HIV-positive inmates at the lowest possible cost, and it protects the public, our staff and inmates from the spread of the disease,“ Josh Gelinas, the Corrections Department spokesman, wrote in an e-mailed response to the report. „We can’t think of any reason to change such a successful system.“
Allein in South Carolina sind Angaben des Department of Corrections zufolge 420 Männer und Frauen mit HIV in Haft.
Auch das Alabama Department of Corrections verteidigte inzwischen seine Regelungen in einem Schreiben an die ACLU. HIV-positive Insassen würden nicht diskriminiert. Die Verwendung spezieller Armbänder für HIV-Positive in der Haftanstalt Tutwiler sei inzwischen eingestellt worden. Sofern die Sicherheit es zulasse, dürften auch HIV-positive Insassen der Haftanstalt Tutwiler sich nun frei auf dem Anstaltsgelände bewegen. Der Ausschluss von HIV-Positiven von Arbeitsmassnahmen in der Haftanstalt Limestone diene deren eigener Sicherheit. Die Insassen selbst hätten sich zu 80% gegen einen Einsatz HIV-positiver Mit-Insassen in der Küche ausgesprochen.
weitere Informationen:
NYT 14.04.2010: Groups Protest Segregation of Inmates With H.I.V.
aegis 14.04.2010: Report says HIV inmate segregation in two U.S. states
ACLU: „Sentenced to Stigma: Segregation of HIV-Positive Prisoners in Alabama and South Carolina“ (pdf)
The State 15.04.2010: S.C. defends HIV policy for inmates
Alabama Department of Corrections Brief an die ACLU vom 12.04.2010 (pdf)
Picayune Item 19.03.2010: MDOC to end segregation of HIV inmates
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Blut-Untersuchungen bei Stellen-Bewerbern sind nur im Ausnahmefall zulässig. Der Autokonzern Daimler unterlag vor der baden-württembergischen Datenschutz-Aufsicht.
Der Autokonzern Daimler hatte von Stellen-Bewerbern im Rahmen ihrer Bewerbung Blutproben verlangt, im damit Tests durchführen zu lassen. Die ermittelten Daten wurden zudem elektronisch gespeichert. Dies hatte der Radiosender NDR Info im Oktober 2009 aufgedeckt.
Der Vorgang hatte zu massiven Protesten von Datenschützern, aber auch Arbeitsrechtlern geführt. Die Berichte hatten auch zu Bedenken bei HIV-Positiven geführt, die um potentielle arbeitsrechtliche Probleme im Rahmen von Bewerbungs- oder Einstellungs-Untersuchungen fürchteten.
Daimler selbst rechtfertigte die Untersuchungen im Unternehmens-eigenen Blog schon kurz nach Bekanntwerden. Zugleich betonte das Unternehmen deren ‚Freiwilligkeit‘ und wies darauf hin, HIV-Tests würden „grundsätzlich nicht“ durchgeführt:
„Im Rahmen der Einstelluntersuchungen, die nicht während des Bewerbungsverfahrens stattfinden, werden Blutuntersuchungen vorgenommen. Diese Blutuntersuchungen sind freiwillig – außer es liegen gesetzliche Vorschriften vor. Gibt ein Bewerber die schriftliche Einwilligungserklärung nicht ab, ist dies jedoch kein Grund, ihn nicht einzustellen.
Die meisten Bewerber stehen der Untersuchung positiv gegenüber und können dadurch auch für sich selbst wichtige und bis dahin vielleicht unbekannte Hinweise erhalten. Diese Hinweise kann der Bewerber präventiv nutzen und sich einer Untersuchung bei seinem Hausarzt unterziehen. Bei den Blutuntersuchungen wird grundsätzlich nicht untersucht, ob zum Beispiel genetische Anlagen für Erkrankungen, eine HIV-Infektion oder eine Schwangerschaft vorliegen.“
Blutuntersuchungen bei Stellenbewerbern seien nur im Ausnahmefall zulässig, urteilte nun die Baden-württembergische Datenschutz-Aufsicht und rügte Daimler. Besonders problematisch sei die Vermischung von Pflicht- und freiwilligen Untersuchungen.
„Die Aufsichtsbehörde hat die festgestellten Datenschutzverstöße beanstandet und die Daimler AG aufgefordert, künftig datenschutzkonform zu verfahren.“
Die Datenaufsicht betonte in ihrer Stellungnahme
„Bei der Durchführung medizinischer Untersuchungen durch den Werksärztlichen Dienst fehlte offensichtlich das Bewusstsein, dass es sich dabei auch um eine Erhebung und Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten handelt …“
Daimler kündigte an, gegen die Rüge der Datenschützer rechtliche Schritte einzulegen.
weitere Informationen:
SpON 28.10.2009: Kritik von Datenschützern – Daimler verlangt Blutproben von Bewerbern
Daimler-Blog 29.10.2009: INTERVIEW: Blutuntersuchungen als Einstellungsvoraussetzung?
Innenministerium Baden-Württemberg 29.03.2010: Abschluss der Überprüfung zu Gesundheitsuntersuchungen bei Daimler AG
SpON 29.03.2010: Bewerbungsverfahren – Daimler verstößt mit Bluttests gegen Datenschutz
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Ein 48jähriger HIV-positiver Mann wurde am 25. März in Berlin zu fünf Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Er wurde schuldig gesprochen, einen 13jährigen Jungen mehrere Tage sexuell missbraucht zu haben.
Juni 2009. Der 48jährige Mann trifft sich an einem Badesee in Berlin-Hellersdorf mit einen 13jährigen Jungen, den er zuvor im Chat kennen gelernt hatte. Nimmt ihn zu sich mit in seine Wohnung in Berlin-Neukölln, hält ihn dort drei Tage fest, bis der Junge fliehen kann. Während der drei Tage hat der 48-Jährige mehrfach ungeschützten Sex mit ihm. Der Junge infizierte sich nicht mit HIV.
Im gleichen Monate spricht der 48-Jährige an einem Kaulsdorfer Baggersee auch zwei zehn- und elfjährige Jungen an, belästigt sie sexuell.
Seit 1991 wurde der 48-Jährige bereits in sechs ähnlich gelagerten Fällen wegen Missbrauchs an etwa 20 Jungen verurteilt, zuletzt 2006. Die Vorfälle im Juni 2009 ereigneten sich während einer Bewährungszeit.
Ein Gutachter bescheinigte dem Mann eine pädophile Neigung. Die Richterin am Landgericht Berlin verurteilte den 48-Jährigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs sowie Körperverletzung zu fünf Jahren Haft. Zugleich wurde Sicherungsverwahrung ausgesprochen.
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weitere Informationen:
berlinonline 25.03.2010: Haft und Sicherungsverwahrung für Triebtäter von Badesee
Berliner Morgenpost 25.03.2010: Fünf Jahre Haft für HIV-infizierten Pädophilen
Presseübersicht des Kammergerichts (25.3.2010 abends: bisher keine PM zum Fall online)
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Ein Krankenversicherer in den USA hat unter seinen Kunden gezielt mit spezieller Software nach HIV-Infizierten gesucht – um ihnen die Kostendeckungs-Zusage zu widerrufen und die Verträge zu kündigen.
Er hatte gerade mit dem College begonnen, als der 17jährige Jerome Mitchel erfuhr, dass er HIV-positiv ist. Vor Beginn des College hatte er glücklicherweise eine private Krankenversicherung abgeschlossen, glaubte insofern zumindest vor finanziellen Problemen aufgrund von Untersuchungen und Therapie geschützt zu sein. Doch weit gefehlt – sein Versicherer kündigte ihm seine damals schon über ein Jahr bestehende Versicherung.
Nicht ganz zufällig, wie im Verlauf des Prozesses deutlich wurde, den er gegen seinen nun ehemaligen Versicherer anstrengte.
Der Versicherer, damals noch unter den Namen Fortis, soll mit Hilfe eines speziell dafür eingerichteten Programms und Algorithmus‘ gezielt nach jüngst diagnostizierten HIV-Positiven unter seinen Versicherten gesucht haben – im Rahmen einer Untersuchung auf ‚Betrugsverdacht‘, um dann anschließend die Kostendeckungszusage zurück zu ziehen und die Versicherungspolice zu kündigen. Dies geht aus Unterlagen hervor, die bei einem Gerichtsverfahren gegen den Versicherer vor dem South Carolina Supreme Court vorgelegt wurden.
Versicherer würden des öfteren die Akten von Versicherten genauer prüfen, bei denen kürzlich eine schwerwiegende Erkrankung festgestellt wurde. Gezieltes Scannen nach HIV-Positiven, um diese dann zu kündigen – dies als bewusste und absichtliche Geschäftspolitik, das habe es vorher noch nicht gegeben, betonte ein Ermittler Presseberichten zufolge die Besonderheit des Falles. Es sei hier angesichts lebenslanger Therapie bei inzwischen hoher Lebenserwartung klar um den Kostenfaktor gegangen.
Der Versicherer „Assurant Health“ wirbt auf seiner Internetseite mit dem Motto „Feel good about your health insurance choices“. Der Versicherer gehört zur Assurant-Gruppe. Das Unternehmen entstand als selbständiges Unternehmen im Februar 2004, als der belgisch-niederländische Finanzkonzern Fortis seine US-Versicherungsaktivitäten unter dem Namen Assurant an die Börse brachte. Assurant ist über Tochterunternehmen u.a. auch in Deutschland auf dem Markt ist, jedoch nicht mit Krankenversicherungen.
Die Akten, aus denen Assurants fragwürdige Geschäftspolitik hervorging, wurden im Rahmen des Prozesses bekannt, den Jerome Mitchel gegen Assurant Health angestrengt hatte. Er gewann in erster Instanz, der Versicherer kündigte jedoch an in Berufung zu gehen.
Jean Hoefer, Präsidentin des Supreme Court, bezeichnete das Verhalten des Versicherers unter anderem als „verwerflich“. Der Richter des Verfahrens kommentierte, die Gesellschaft habe mit dem Leben der ehemaligen Versicherten gespielt. Das Motiv hierfür sei klar erkennbar: Fortis habe die Maximierung von Profiten über die Rechte und Interessen seiner Kunden gestellt, so der Richter.
Seit 17. März 2010 ist das vorläufige Programm der Konferenz zum Leben mit HIV und Aids unter www.pobe2010.org als PDF-Dokument eingestellt.
Vom 26.-29. 8. 2010 findet unter dem Motto „Wir sprengen den Rahmen“ die größte Selbsthilfekonferenz zum Leben mit HIV/Aids in Europa statt. Das vorläufige Programm ist nun verfügbar.
Interessierte können sich so besser auf die Konferenz vorbereiten und einstimmen. Die Programmpunkte und auch die Beschreibungen einzelner Veranstaltungen können sich bis zur Veranstaltung noch ändern. Dennoch gibt das vorläufige Programm einen Einblick in die inhaltliche Ausrichtung der Konferenz.
Eine Anmeldung zu den Positiven Begegnungen ist noch bis 15. 4. möglich. Anmeldeunterlagen können im Netz heruntergeladen (www.pobe2010.org) oder bei der DAH angefordert werden.
Ein 25jähriger HIV-positiver Mann wurde in Rastatt zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, seinen Partner wissentlich mit HIV infiziert zu haben.
Am 8. März 2010 wurde ein 25jähriger Mann vom Amtsgericht Rastatt zu zweieinhalb Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Er habe seinen Partner wissentlich mit HIV infiziert.
Der 25jährige Mann wusste von seiner HIV-Infektion. Mit seinem 28jährigen Partner hatte er zwischen Juni 2007 und April 2008 wiederholt ungeschützten Sex. Zudem soll der vorbestrafte 25Jährige auch mit mindestens 13 weiteren weiteren Männern ungeschützten Sex gehabt haben, wie im Verlauf des Prozess deutlich wurde.
Seinen Sexpartnern soll er auf Nachfrage jeweils angegeben haben, nicht mit HIV infiziert zu sein. Seinem Partner soll er vor Beginn der Beziehung zudem versichert haben, er habe sich mehrfach auf HIV testen lassen, immer mit negativem Ergebnis, und habe Sex ausschließlich mit seinem Partner.
Der Partner des Angeklagten erfuhr bei einer Blutspende von seiner HIV-Infektion. Eine Abstammungs-Untersuchung der Viren (‚phylogenetische Untersuchung‘) hatte gezeigt, dass die HIV-Übertragung zwischen den beiden Männern stattgefunden habe.
Man habe mit einem „außergewöhnlichen Fall“ von gefährlicher Körperverletzung zu tun, bemerkte die Richterin in der Urteilsbegründung. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Zwei Jahre und sechs Monate lautete das Urteil der Richterin.
Das Land Baden-Württemberg veröffentlicht Urteile auf einem eigenen Server (html). Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels (09.03.2010) war das Urteil des Amtsgerichts Rastatt dort noch nicht online verfügbar.
Ein bestürzender Fall.
Bestürzend leider nicht nur wegen des Falles und des Verhaltens des Angeklagten.
Sondern auch wegen der Haltung der Staatsanwaltschaft. Diese ist dem Bericht der Lokalpresse zufolge der Ansicht „der Angeklagte habe auch dann vorsätzlich gehandelt, wenn er nichts von seiner Infektion gewusst hat“. Was in der Prävention sinnvoll ist („es könnte ein Risiko bestehen oder bestanden haben, also schütze ich mich und den Partner“), kann damit noch lange nicht sinnvoller Maßstab des Strafrechts sein.
weitere Informationen:
Badisches Tageblatt: Mann infiziert Freund mit HI-Virus
iwwit-Blog 12.03.2010: Körperverletzung
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Berlins Gesundheits-Senatorin Katrin Lompscher diskutierte am 8. Februar 2010 mit dem Berliner Positiven-Plenum, welche Erwartungen und Bedürfnissen HIV-Positiven an den Berliner Senat haben.
Mit über 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war das Berliner Positiven-Plenum am 8. Februar 2010 (wie schon die Plena in den letzten Monaten) bemerkenswert gut besucht. Die Deutsche Aids-Hilfe hatte auf Nachfrage der Positivensprecher freundlicherweise einen Raum zur Verfügung gestellt.
Nach einer Begrüßung durch Stefan Timmermanns (HIV-Referent der Deutschen Aidshilfe) übermitteln die Positivensprecher/innen die Grüße der Geschäftsführerin der Berliner Aids-Hilfe Ute Hiller, die leider aus persönlichen Gründen verhindert sei; der Vorstand der Berliner Aids-Hilfe wünsche dem Positiven-Plenum ein konstruktives Gespräch mit der Senatorin. Albert Eckert, ehemaliges MdA, übernimmt auf Vorschlag der Positivensprecher/innen die Moderation des Abends.
1. Beteiligung von Menschen mit HIV/AIDS an Entscheidungen im Bereich der AIDS-Arbeit in Berlin
Auf dem Kongress ‚HIV im Dialog‘ im September 2009 hatte Senatorin Lompscher sich eindeutig zum GIPA-Prinzip bekannt und angekündigt, Berlin werde zukünftig verstärkt Menschen mit HIV an den sie betreffenden Entscheidungen des Berliner Senats beteiligen. Das GIPA-Prinzip war 1994 auf dem Pariser Aids-Gipfel beschlossen worden.
Eine Beteiligung von HIV-Positiven an den sie betreffenden Entscheidungen ist sowohl auf der Ebene der freien Träger der Aids-Arbeit in Berlin als auch strukturell (Ebene Integrierter Gesundheitsvertrag IGV) anzustreben.
Bisher ist eine Beteiligung von Positiven nur bei einem Träger realisiert, der Berliner Aids-Hilfe mit ihrem Positiven-Plenum, einer in der Satzung verankerten (und bundesweit einzigartigen) Struktur. Es stellt sich die Frage, warum andere Träger dies nicht aufweisen. Kann es sinnvoll sein, nun bei allen Trägern ähnliche Strukturen einzufordern und zu etablieren, oder braucht es einen Träger HIV-positiver Interessenvertretung? Und wo kann dieser auf Landesebene verankert werden? Diese Frage wurde lebhaft diskutiert.
Verwiesen wurde als Beispiel auf das Modell, das der US-Bundesstaat Indiana realisiert hat und das eine Struktur vorsieht, mit der die Legitimation und Benennung von Positiven-Vertretern auf institutioneller Ebene möglich ist.
Als Ziele wurden mehrfach angemahnt die alltäglichen Probleme von Menschen mit HIV und Aids in den Mittelpunkt zu stellen und eine größere Transparenz, z.B. auch bei der Verwendung der Mittel (Spenden) zu schaffen.
Als konkreter Schritt wurde vorgeschlagen, dass der Senat zu einem Treffen Berliner Menschen mit HIV und Aids einladen solle als Startschuss für einen Berliner GIPA-Prozeß. Senatorin Lompscher kündigte an, diesen Schritt („da spricht nichts dagegen“) zu prüfen und möglichst zeitlich absehbar umzusetzen.
2. Wo sind Positive im Rahmen der strukturellen Prävention?
Berlin benötigt ein praxisorientiertes Konzept zur strukturellen Prävention, in dem die Beteiligung und die Rolle von Menschen mit HIV/AIDS in der Prävention geklärt werden.
Frau Lompscher betont, der Senat erwarte, dass die freien Träger das Konzept der strukturellen Prävention und die Beteiligung von Menschen mit HIV und Aids in ihren Konzepten berücksichtigen. Es sei denkbar, dies im kommenden IGV auch als Vertragspflicht festzuschreiben.
3. Notwendigkeit einer repräsentativen Bedarfserhebung
Seit mehr als zwei Jahrzehnten werden die Angebote im Aids-Bereich in Berlin unabhängig von einer konkreten Ermittlung von Bedarf und Bedürfnissen der Menschen mit HIV/AIDS entwickelt und gefördert. Auskünfte der bisherigen NutzerInnen bestehender Angebote sind weder repräsentativ noch ausreichend.
Mit einer Bedarfserhebung solle auch den Bedarfen derjenigen Positiven Rechnung getragen werden, die die bestehenden Angebote nicht nutzen, und festgestellt werden, welchen Bedarfen die bestehenden Angebotsstrukturen nicht Rechnung tragen.
Von Teilnehmern wird der Vorschlag geäußert, ein Beschwerde-Management verpflichtend einzuführen und dies anonymisiert zusammenzuführen und auszuwerten. Erfahrungen in der Praxis zeigten, dass dies bereits nach kurzer Zeit recht gut Aufschluss darüber gebe, welche realen Probleme bestünden.
Senatorin Lompscher betont, sie stehe einer Bedarfsermittlung prinzipiell aufgeschlossen gegenüber. Sie sehe jedoch Konkretisierungsbedarf, was genau in welchen Zahlen erhoben werden solle.
In einem Beschwerde-Management sehe sie einen guten Ansatz auch unter Aspekten des Verbraucherschutzes.
Sie wies darauf hin, dass der Staat dezidiert keinen Präventionsauftrag habe, ein entsprechender Gesetzentwurf (‚Präventionsgesetz‚) sei gescheitert. Prävention sei einzig Auftrag der Krankenkassen, so das auch ein Gespräch mit der AG der Berliner Krankenkassen sinnvoll sein könne.
4. Akzeptanzförderung zur Vorbeugung von Diskriminierung bzw. Furcht davor
Die Gesellschaft benötigt wirksame und nachhaltige Aufklärung über das Leben mit HIV bzw. AIDS, damit Positive ohne Diskriminierung und Angst leben können – in der Familie, der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz und in der Freizeit.
Frau Lompscher weist auf die Akzeptanz-Kampagne des Berliner Senats hin und betont, dass das Thema Akzeptanz ganz oben auf der politischen Agenda stehe.
Aus Teilnehmerkreisen wird darauf hingewiesen, dass gerade auch seriöse Aufklärung zu Toleranz an Schulen wichtig sei, besonders auch an Schulen mit einem hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Zudem dürfe Akzeptanzförderung auch in Knästen nicht vergessen werden.
5. Angebote zur Arbeitsfähigkeit: „HIV + Beschäftigung“ bzw. „HIV + Rente“
Zunehmend mehr Menschen leben dank neuer Therapien länger und besser als zuvor. Viele von ihnen benötigen Entscheidungshilfen und praktische Unterstützung für ihren individuellen Weg zwischen beruflichen Anforderungen, ggf. eingeschränkter Leistungsfähigkeit oder nötigen Alternativen zur Erwerbstätigkeit.
Zwar gibt es bereits Projekte, die auf diesem Themenfeld tätig sind. Ihnen fehlen aber (u.a. nach Auslaufen von Modellprojekten oder EU-Förderung) finanzielle Mittel.
Teilnehmer wiesen darauf hin, dass dies auch Aufgabe der Träger der Sozialversicherung, insbesondere der Rentenversicherung (berufliche Rehabilitation) sei; hier komme dem Staat eine moderierende Rolle zu. Positive sollten sich mehr mit anderen Chroniker-Gruppen koordinieren, um hier gemeinsam vorzugehen.
Frau Lompscher verweist darauf, dass dieses Thema in den Zuständigkeitsbereich der Senatorin für Arbeit und Soziales falle. Sozialversicherungsrecht sei zudem Bundesrecht, hier könne das Land Berlin nur über den Bundesrat initiativ werden. Sie bot ihre Unterstützung für Gespräche mit den zuständigen Trägern der Sozialversicherung an.
6. Datenschutz und Vertraulichkeit
Im Integrierten Gesundheitsvertrag (IGV) ist eine Leistungsdokumentation vorgesehen. Eine (Re-)Identifizierbarkeit durch persönliche Daten im Rahmen dieser Leistungsdokumentation ist auszuschließen.
Diese Einhaltung des Datenschutzes auch im IGV zu gewährleisten sei selbstverständlich, betonte Lompscher.
Teilnehmer beklagen, dass in Job-Centern häufig Verstöße gegen den Datenschutz erfolgten (Mitarbeiter geben Daten weiter); hier scheine eine entsprechende Dienstaufsicht nicht entsprechend stattzufinden.
Ein Teilnehmer berichtet über ein besonderes Datenschutz-Problem bei der Unterstützung der Schwimmgruppe durch die Deutsche Aids-Stiftung, das allgemeine Empörung hervorruft.
7. Akteneinsichtsrechte
Besondere Belastungen für Positive wie auch andere chronisch Kranke sind durch geeignete organisatorische Lösungen zu vermeiden. Akteneinsichtsrechte nach dem IFG (Informations-Freiheits-Gesetz) dürfen nicht – z. B. in Folge von Verträgen Berlins über Angebote durch Dritte – umgangen werden.
Senatorin Lompscher sagt zu, dass sichergestellt wird, dass Träger sich dem Akteneinsichtsrecht / IFG nicht durch Umgehungen / Vergaben an Dritte entziehen.
8. Verbesserung der aktuellen Mehrbedarfsregelung zur Sozialhilfe oder Regelsatzerhöhung
Menschen mit chronischen Erkrankungen benötigen eine bedarfsgerechte materielle Absicherung. Der Gefahr ihrer Marginalisierung ist dadurch vorzubeugen.
Zahlreiche Teilnehmer beklagen, dass zunächst pauschal abgelehnt würde und viele Job-Center den Eindruck einer Zermürbungs-Strategie vermittelten („es geht immer wieder in’s Leere“). Falls Leistungen wie Ernährungs-Mehrbedarf anerkannt werden, würde dies von Bezirk zu Bezirk äußerst unterschiedlich und intransparent gehandhabt. Zudem drohten weitere Probleme bei der Frage einer Erstattung der Krankenkassen-Zusatzbeiträge.
Senatorin Lompscher betont, dass die Regelsätze Hartz IV Bundesrecht und nicht direkt von Berlin beeinflussbar seien und verweist auf das für den nächsten Tag anstehende Karlsruher Urteil (siehe „Hartz IV-Regelsätze verfassungswidrig – Bundesverfassungs-Gericht ordnet Neuregelung an„). Berlin sei einzig für Empfehlungen an Job-Center zuständig, und auch dies seien eben nur Empfehlungen.
Zur Frage der unterschiedlichen Umsetzung von Empfehlungen in den Bezirken wird diskutiert, alle zuständigen Stadträte an einen Tisch zu holen., um anstehende Fragen zu diskutieren, ggf. in Zusammenarbeit mit anderen Chroniker-Gruppen. Zudem wird die Frage eines Beschwerde-Managements bei Sozialämtern aufgeworfen.
9. medizinische Versorgung für Positive ohne Krankenversicherung
Jedes Jahr erkrankt eine unbekannte Anzahl von HIV-Positiven ohne Versicherungsschutz, für die es weder geregelte Versorgungsangebote noch z. B. einen anonymen Krankenschein gibt.
Senatorin Lompscher betont, dass dauerhafte Lösungen für die medizinische Versorgung von Menschen ohne legalen Aufenthalts-Status ein schwieriges Problem darstellen, dem sich die Senatsverwaltung bewusst sei. Man arbeite in Zusammenarbeit mit öffentlichen und freien Trägern an Lösungsansätzen. Erschwerend komme hinzu, dass bisher kein tragfähiges und unumstrittenes Konzept für einen anonymen Krankenschein vorliege.
Aus Teilnehmerkreisen wird ergänzend darauf hingewiesen, dass Asylbewerber trotz sofortiger Information über HIV-Infektion und medizinischen Status (Aids) oftmals Monate warten müssen, bis sie Zugang zu medizinischer Behandlung haben; dieser Zustand sei untragbar.
10. Wohnangebot für Menschen mit HIV (insbes. im Alter)
Mehrere Teilnehmer/innen weisen darauf hin, dass die Frage des Wohnens, insbesondere im Alter, für viele Menschen mit HIV ein großes Problem darstelle. Die wenigen von existierenden Projekten angebotenen Wohnmöglichkeiten entsprächen nicht immer den Vorstellungen von altrs- und sozialgerechtem Leben. Für Menschen mit Migrationshintergrund stellt die Frage des Wohnens im Alter ein besonderes Problem dar, da hier auch keine Herkunfts-Familie zur etwaigen Versorgung zur Verfügung steht.
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Im Anschluss an die Diskussionen wird vereinbart, ein Protokoll zu erstellen, das Senatorin Lompscher zur Verfügung gestellt wird. Sie sagt zu, die besprochenen offenen Fragen in der Senatsverwaltung zu klären. Nach 3 bis 4 Wochen solle dann ein Gespräch mit den Positivensprecher/innen folgen, um die offenen Punkte durchzusprechen und weiter zu verfolgende Handlungsansätze zu vereinbaren.
Wer wollte, konnte am 8. Februar eine kleine Lehrstunde in repräsentativer Demokratie, Basisnähe und Bürgergesellschaft erleben:
Senatorin Lompscher hörte aufmerksam zu, ging konkret auf die diskutierten Themen und die gestellten Fragen und Anregungen ein, und vermied weitestgehend Worthülsen und Polit-Blasen. Die Positivensprecher/innen hatten mit Unterstützung der Vorbereitungsgruppe eine gut strukturierte Veranstaltung vorbereitet, die durch Moderator Albert Eckert zielführend geleitet wurde. Positive aus unterschiedlichen Gruppen (z.B. schwule Männer, Frauen, Migrantinnen und Migranten) beteiligten sich großenteils lebhaft und aktiv an den Diskussionen und brachten ihre Erfahrungen und Belange ein.
Eine Veranstaltung, wie sie der Positiven-Selbsthilfe öfter zu wünschen ist.
Störmanöver aus Kreisen einer örtlichen Aids-Organisation wirkten angesichts dieser betroffenennahen Veranstaltung befremdlich, konnten den Erfolg erfreulicherweise jedoch nicht beeinträchtigen.
Für Amusement allerdings sorgte ein kurz zuvor bekannt gewordener offener Brief eines Volker Allochthon [Beim Namen dürfte es sich um ein Pseudonym handeln; allochthon, griech., ‚an anderer Stelle entstanden‘, fremd, auswärtig], der ausführlich begründet den Rücktritt des derzeitigen Vorstands der Berliner Aids-Hilfe forderte.
Nachtrag: Auf dem nächsten Positiven-Plenum am 8. März 2010 um 19:00 Uhr ist Thema „25 Jahre HIV-positiv – immer normaler, immer zufriedener? – Selbsthilfe und Interessenvertretung damals, heute – und künftig?“ (Ort: Berliner Aidshilfe, Meinekestr. 12)
Marcel D. besucht seinen Zahnarzt in Essen, zu einer Routine-Kontrolluntersuchung. Marcel weiß seit einigen Monaten von seinem positiven HIV-Status, von dem er seinem Zahnarzt berichtet:
„Ich bin ja immer sehr ehrlich, was die Infektion angeht, da ich finde, wenn jemand davon weiß, kann er besser damit umgehen, besonders im medizinischen Bereich!
Ich sitz also so im Wartezimmer rum, werde aufgerufen, setz mich auf den Stuhl, der übrigens voll bequem ist und warte auf den Arzt. Als er kommt, erkläre ich ihm, dass ich seit einigen Monaten HIV-Positiv bin …“
Ein Zahnarzt könnte jetzt souverän und informiert reagieren mit Worten wie „Danke dass Sie mir das mitteilen, ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen – das ändert aber nichts, ich schütze meine Patienten und mich eh“.
Nicht so dieser Essener Zahnarzt, wie Marcel D. berichtet:
„Er fand das leider nicht besonders toll, reagierte sogar sehr aggressiv und schnauzte mich an, warum ich ihm das nicht vorher gesagt hätte und das er keine Lust habe sich solch einer Gefahr auszusetzen. Im Endeffekt habe ich dann die Praxis Wortlos verlassen …“
Marcel verlässt fassungslos und unbehandelt die Zahnarzt-Praxis – während die Praxishelferin seinem Bericht zufolge zur Desinfektion herbeieilt.
Guido Schlimbach, Pressesprecher der Aidshilfe NRW, kommentierte gegenüber ‚ruhrbarone‘:
„Ein Kassenarzt hat nicht das Recht einen HIV-positiven Patienten abzulehnen. Das kann ihn seine Zulassung kosten. Jedem, dem so etwas passiert kann ich nur raten, sich bei der für den Arzt zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu beschweren.“
weitere Informationen:
marceldams-Blog 03.02.2010: Mein letzter Zahnarztbesuch
ruhrbarone.de 04.02.2010: Zahnarzt weist HIV positiven Patienten ab (Artikel nicht mehr online, aber noch im Google Cache)
lesenswert: die Kommentare auf den Link-Tipp zu diesem Artikel im law blog von Udo Vetter
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