Sex ohne Kondom: 1.140 Euro Schadenersatz für PEP (akt.2)

Zu 1.140 Euro Schadenersatz wurde ein HIV-positiver Mann in Köln verurteilt, wegen Sex ohne Kondom. Er musste dem Kläger 75% der Kosten für Medikamente erstatten.

Sie lernten sich im September 2009 über eine Internet-Plattform kennen, ein HIV-positiver Mann und ein russischer Austausch-Student. Nein, ein Schutz mit Kondomen sie nicht nötig, antwortete der HIV-Positive auf Nachfrage. Er nimmt Aids-Medikamente, ist mit der Viruslast unter der Nachweisgrenze. Weiß, dass die Infektiosität so sehr stark reduziert ist (siehe ‚EKAF-Statement‘, „keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs„).

Im Profil des Beklagten habe dieser ausdrücklich auf verlinkte ‚Clubs‘ hingewiesen; hieraus sei offen ersichtlich, dass er HIV-positiv sei.

Später jedoch erzählt er von seiner HIV-Infektion, sowie dass er aufgrund seiner wirksamen Therapie nicht infektiös sei. Der Austausch-Student bekommt dennoch Angst, sich angesteckt zu haben. Er kontaktiert einen Arzt, bekommt eine PEP (Post-Expositions-Prophylaxe, Medikamente gegen HIV direkt nach einem möglicherweise risikobehafteten Kontakt, die eine Infektion verhindern sollen).

Und der Austausch-Student reicht Klage ein gegen seinen Sexpartner. Er möchte die Kosten für die PEP in Höhe von 1.520,45 € vom Beklagten erstattet bekommen. Seine russische Krankenversicherung hatte sich geweigert, die Kosten zu übernehmen.

Der HIV-Positive wurde vom Amtsgericht Köln zur Übernahme von 75% der Kosten für die beim Kläger eingesetzte PEP (Post-Expositions-Prophylaxe) verurteilt. Er hätte den Kläger auf seine Infektion hinweisen müssen, damit dieser selbst das Risiko abwägen und selbst entscheiden könne. Der Beklagte habe den Kläger nicht vor dem Geschlechtsverkehr über seine HIV-Infektion informiert, weil er „befürchtete, der Kläger werde ganz von einem sexuellen Kontakt Abstand nehmen.“

Die Klage sei gemäß § 823 (1) BGB (Gesundheitsverletzung) aufgrund der Angst, sich infiziert zu haben, und der psychischen Beeinträchtigung begründet. „Die Verletzungshandlung des Klägers liegt in der Ausübung des Geschlechtsverkehrs ohne die Benutzung eines Kondoms trotz Kenntnis von seiner HIV-Infektion.“

Der Kläger müsse sich eine Mitschuld anrechnen lassen, so das Amtsgericht. Er hätte auch selbst für Schutz sorgen können. Ihm wurden 15 25% der Kosten angelastet.

Der Kläger infizierte sich nicht.

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Nachtrag 23.10., 16:00 Uhr:
War eine PEP (deren Verordnung und daraus folgende Kosten ja Klage-Gegenstand gewesen zu sein scheinen) in der konkreten Situation überhaupt erforderlich?
Die „Deutsch-Österreichische Empfehlungen zur HIV-Postexpositionsprophylaxe“ sagen zur Frage „Indikation zur HIV-PEP nach sexueller und anderer HIV-Exposition“ klar:

„Ungeschützter insertiver oder rezeptiver vaginaler oder analer Geschlechtsverkehr (z.B. infolge eines geplatzten Kondoms) mit einer HIV-infizierten Person ⇒ empfehlen, außer wenn Indexperson unter stabiler HAART (VL<50 Kopien seit mind. 6 Monaten)“ (Seite 3 ‚Indikation zur HIV-PEP‘).

Nachtrag 25.10.2010:
Die Urteilsbegründung ist anonymisiert inzwischen von der DAH publiziert (pdf).

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weitere Informationen:
Amtsgericht Köln Az.: 113 C 598/09 (auf dem Justiz-Server NRW bisher nicht online) (siehe oben Nachtrag 25.10.)
Express Köln 22.10.2010: Schadenersatz nach HIV-Verkehr
queer.de 23.10.2010: Schadensersatz für Sex ohne Kondom
Matthias Gerschwitz 23.10.2010: Die Folgen der Freude
Deutsch-Österreichische Empfehlungen zur HIV-Postexpositionsprophylaxe (Stand Januar 2008 – Kurzfassung)
DAH 25.10.2010: HIV-Positiver zu Schadensersatz verurteilt
Steven Milverton 31.10.2010: Ver-urteilt
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wichtige Impfungen für HIV-Positive und Partner von Positiven

Der Herbst ist auch die Zeit der Erinnerung an die alljährliche Grippe-Impfung, auch für HIV-Positive. Doch – welche Impfungen sind ansonsten wichtig für HIV-Infizierte und ihre Partner/innen?

Die Grippe-Impfung gehört zu den 10 Tipps für ein gesünderes Leben als HIV-Positiver. Doch auch einige weitere Impfungen können sinnvoll sein – andere hängen von der individuellen gesundheitlichen Situation ab.

Die Deutsche Aids-Hilfe hat auf Basis der im August 2010 aktualisierten Impf-Empfehlungen der STIKO (Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut) eine Übersicht zusammen gestellt:

Menschen mit HIV Partner von HIV-Positiven,
Aidshilfe-Mitarbeiter,
Gesundheitsberufe
Erwachsene allgemein
Influenza empfohlen, jährlich

Zum Eigenschutz und zum Schutz von Menschen mit HIV

alle über 60 Jahre und Chronisch Kranke

Pneumokokken empfohlen, alle
5 Jahre
alle über 60 Jahre (einmalig) und Chronisch Kranke (alle 5 Jahre)
Masern,
Mumps,
Röteln
Lebendimpfung. Empfohlen bei guter Immunlage
(>200 CD4-Zellen)
Zum Eigenschutz (v.a. bei Kontakt mit Kindern) und zum Schutz von Menschen mit HIV Kombinationsimpfstoff.
Alle nach 1970 Geborenen sollten zwei Masern-Impfungen erhalten haben.
Mädchen und junge Frauen sollten mind. zwei Rötelnimpfungen erhalten haben.
Hepatitis A empfohlen Gesundheitsdienst, Kindergärten: v.a. bei Kontakt mit Stuhl bei Sexualverhalten mit erhöhtem Risiko
Hepatitis B empfohlen Gesundheitsdienst, Aidshilfen: v.a. bei Kontakt mit Blut bei Sexualverhalten mit erhöhtem Risiko;
bei i.v.-Drogengebrauch
Diphterie
Tetanus
empfohlen nach
allgemeiner Indikation (s. rechts)
alle 10 Jahre
Keuchhusten
(=Pertussis)
empfohlen nach
allgemeiner Indikation (s. rechts)
Gesundheitsdienst/Mitarbeiter in Gemeinschaftseinrichtungen: alle 10 Jahre Für alle bei nächster Tetanus-Impfung einmalig zusätzlich Pertussis-Impfung
Frauen im gebärfähigen Alter
Vor engem Kontakt mit Neugeborenen (Haushaltsangehörige)
Poliomyelitis
(=Kinderlähmung)
empfohlen nach
allgemeiner Indikation (s. rechts)
Auffrischimpfung für Personal, das Kontakt mit Erkrankten haben kann Auffrischimpfung bei unvollständigem Impfstatus
Varizellen
(=Windpocken)
Lebendimpfung. Möglich bei guter Immunlage (>200 CD4-Zellen). Kontraindiziert bei schlechter Immunlage Seronegatives Personal, zum Eigenschutz v.a. bei Kontakt mit Kindern.
Zum Schutz von Immungeschwächten, Krebskranken, …
Bislang ungeimpfte Jugendliche
Seronegative Frauen mit Kinderwunsch

Quelle: Deutsche Aids-Hilfe, HIV-Report Nr. 4 / 2010, 1.10.2010

Danke für die Genehmigung der Übernahme!

New York: neue Richtlinien zu Menstruations-Beschwerden bei HIV-positiven Frauen

Das ‚New York State Department of Health AIDS Institute‘ hat neue Richtlinien zu Menstruations-Probleme bei HIV-positiven Frauen veröffentlicht. Die zusammen mit der Johns Hopkins University in Baltimore entwickelten Richtlinien untersuchen die Häufigkeit und Ursachen von Menstruations-Beschwerden bei HIV-positiven Frauen.

Eine Vielzahl unterschiedlicher Menstruations-Beschwerden kann bei Frauen mit HIV auftreten, von übermäßigen oder unregelmäßigen Blutungen über längerzeitiges Ausbleiben der Blutungen bis zu verfrühter Menopause.

Nachdem die Forschung dem Thema lange Zeit nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat, liegen nun mehrere Studien vor. Einige führen die Unterschiede zwischen HIV-positiven und HIV-negativen Frauen auf niedrige CD4-Werte zurück. Andere sehe Proteasehemmer als mögliche Ursache mancher Menstruations-Beschwerden.

Die neuen Richtlinien des Staates New York wenden sich an die Behandler HIV-positiver Frauen wie auch an HIV-positive Frauen selbst. Sie empfehlen u.a. eine klare Dokumentation und regelmäßige Untersuchungen. Sie geben Hinweise auf den Umgang mit bestimmten Arten von Menstruations-Beschwerden.

weitere Informationen:
New York State Department of Health AIDS Institute: Menstrual Disorders in HIV-Infected Women, September 2010 (html, pdf)
poz 11.10.2010: New Guidelines Issued on Menstrual Disorders in HIV-Positive Women
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RKI: Zahnarzt: routinemäßige Hygiene genügt

„Nach Behandlung eines Patienten mit HIV-Infektion genügen die routinemäßig erforderlichen Hygienemaßnahmen“, betont das RKI in einer Stellungnahme.

Hygiene in der Zahnmedizin: HIV-Infizierte und Nicht-Infizierte gleich behandeln„, hatte Dr. Ulmer (Stuttgart) gefordert, und dabei die Frage aufgeworfen „Müssen die Hygienehinweise aus dem Robert Koch–Institut von 2006 für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention in der Zahnheilkunde für HIV-Patienten aktualisiert werden?“.

In einer Reaktion kommentiert das Robert-Koch-Institut RKI u.a.:

„Die Weigerung von Zahnärztinnen und Zahnärzten, Patienten mit HIV-Infektion zu behandeln, lässt sich NICHT aus der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention ableiten bzw. begründen. Wer sich auf diese Empfehlungen beruft, um eine diskriminierende Behandlung HIV-infizierter Patienten in der zahnärztlichen Versorgung zu begründen, setzt sich dem Verdacht aus, diesen Grund nur vorzuschieben, um eine auf Halbwissen und Ängsten beruhende Diskriminierungsbereitschaft zu verschleiern.“

Und:

„Es ist weder ein eigener Behandlungsraum erforderlich noch ist es notwendig solche Patienten am Ende eines Sprechtages zu behandeln.“

Erläuternd betont das RKI:

„Für alle durch Blut übertragenen Krankheitserreger genügen Standardhygienemaßnahmen.“

Erläuternd weist das RKI darauf hin, dass besondere Hygieneanforderungen lediglich bei „Patienten mit HIV-Infektion im Stadium Aids“ erforderlich sein könnten – zum Schutz des Patienten.

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Kommentar des Robert-Koch-Instituts: Erschweren Hygienerichtlinien für Zahnarztpraxen eine normale zahnärztliche Versorgung von HIV-Patienten?
In: HIV&more September 2010, S. 23/25 (online)

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siehe auch: „HIV-positiv beim Arzt: Behandlungspflicht – oder nicht?

Ratgeber HIV und Alter: ‚Coming of Age‘

Ein Ratgeber für Menschen mit HIV im Alter von über 50 Jahren steht im Internet zur Verfügung: „Coming of Age“.

Die Zahl der Menschen mit HIV im Alter von über 50 Jahren steigt. Menschen mit HIV leben u.a. aufgrund hochwirksamer Therapien länger, und auch Menschen in höherem Lebensalter infizieren sich neu mit HIV. Bei beiden überlappen HIV-bezogene oder durch HIV und HIV-Therapie verursachte Probleme und Störungen mit altersbedingten Problemen.

Der englischsprachige Ratgeber „Coming of Age – a guide to ageing well with HIV“ wendet sich speziell an Menschen mit HIV im Alter von über 50 Jahren.

Themen des Buches sind a.u. „Ageing and HIV infection“, „Ageing well“ sowie „aspects of medical care“.

Coming Of Age
Coming Of Age

Das Buch steht im Internet als pdf zum unentgeltlichen Download zur Verfügung. Da das Feld „HIV und Alter“ vergleichsweise neu ist und ständig neue Erkenntnisse verfügbar werden, kündigen die Verfasser indirekt Aktualisierungen bereits für Ende 2010 an.

Mike Youle und Gabrielle Murphy (Hg.)
The HIV Training and Resource Initiative
Coming of Age (pdf) (2,71 MB)

Nadja Benaissa: Bewährungsstrafe

Zwei Jahre Haft auf Bewährung lautet das Urteil gegen Nadja Benaissa.

Zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilte das Amtsgericht Darmstadt am 26. August 2010 die Pop-Sängerin Nadja Benaissa („No Angels“). Sie habe sich der gefährlichen Körperverletzung sowie der versuchten gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Als strafmildernd wurden ihre Einsicht und ihr Geständnis gewertet.

Die Deutsche Aids-Hilfe drückte ihr Bedauern aus über das Urteil gegen Nadja Benaissa.

Am 16. August 2010 hatte der Prozess gegen Nadja Benaissa vor dem Jugendschöffengericht in Darmstadt begonnen. Bereits zu Prozessbeginn hatte Nadja Benaissa ungeschützten Sex eingeräumt; dies tue ihr Leid. Man habe ihr gesagt, die Wahrscheinlichkeit jemanden anzustecken gehe gegen null.

Im Verlauf des Verfahrens hatte ein Münchner Gutachter (Prof. Eberle) erklärt, „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ könne festgestellt werden,. dass sich der Nebenkläger bei Frau Benaissa mit HIV infiziert habe. Die HI-Viren des Nebenklägers sowie von Frau Benaissa wiesen „außergewöhnlich große“ Übereinstimmung auf.

Die Staatsanwaltschaft hatte selbst eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren gefordert, zusätzlich 300 Stunden Sozialarbeit.

Der Verteidiger hatte in seinem Plädoyer nochmals das Verhalten der Staatsanwaltschaft scharf kritisiert. Frau Benaissa sei „rechtswidrig“ verhaftet worden; die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft habe „die öffentliche Diskussion befördert“.

weitere Informationen:
taz 16.08.2010: Unter die Gürtellinie
Bild 16.08.2010: Nadja Benaissa gesteht ungeschützten Sex
SZ 26.08.2010: Urteil in Darmstadt Nadja Benaissa bleibt auf freiem Fuß
SpON 26.08.2010: Bewährungsstrafe für Nadja Benaissa – Zwiespältige Botschaft
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Grösste HIV-Selbsthilfekonferenz Europas tagt in Bielefeld

500 Teilnehmer wollen auf den „Positiven Begegnungen“ ein differenzierteres Bild über HIV zeichnen, Klischees und Stereotype aufbrechen – Freispruch im Benaissa-Prozess gefordert

Am Donnerstag 26. August 2010 beginnt unter der Schirmherrschaft des Bielefelder Oberbürgermeister Pit Clausen die größte europäische Selbsthilfekonferenz für HIV-Positive, ihre Netzwerke und Einrichtungen wie Aidshilfen sowie für An- und Zugehörige von Menschen mit HIV und Aids. Zu den „Positiven Begegnungen“ werden bis Sonntag ca. 500 Teilnehmende hauptsächlich aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und weiteren Nachbarländern in Bielefeld erwartet. Veranstalter ist die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) in Kooperation mit LHIVE e.V. (Schweiz), Positiver Dialog e.V. (Österreich) und der AIDS-Hilfe Bielefeld e.V. Hauptförderer sind die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die Deutsche AIDS-Stiftung, der AOK Bundesverband sowie zahlreiche Unternehmen und Institutionen wie z.B. die Europa Apotheek Venlo B.V. und die Bielefelder Eis.de GmbH. Seit 20 Jahren veranstaltet die DAH Konferenzen zum Leben mit HIV und Aids. Darin stehen nicht Wissenschaftler und Mediziner im Vordergrund, sondern die Menschen, die mit HIV und Aids leben. Seit 1990 die erste „Bundespositivenversammlung“ in Frankfurt/Main stattfand, hat sich viel verändert: Zur Nachfolgeveranstaltung „14. Positive Begegnungen“ kommen inzwischen neben den Angehörigen auch Freunde und Kollegen, Arbeitgeber und Betriebsräte, Vertreter anderer Chroniker-Verbände und Journalisten, die sich über das wahre Leben mit HIV informieren möchten. Von den ca. 70.000 HIV-Positiven in Deutschland ist nach DAH-Schätzungen zwei Drittel in Beschäftigung.

Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im DAH-Bundesvorstand: „Unter dem Motto ‚Wir sprengen den Rahmen‘ ist unser gemeinsames Ziel, ein authentisches und differenzierteres Bild von HIV und Aids im Jahr 2010 zu zeigen. Heute haben Menschen mit HIV in den Industrieländern eine ähnlich hohe Lebenserwartung wie andere chronisch Kranke auch, wenn sie wirksam therapiert werden. Dementsprechend stehen bei unserer Konferenz die Themen Leben mit HIV, Integration HIV-Positiver in die Gesellschaft und in das Erwerbsleben sowie ihre angemessene gesundheitliche Versorgung im Vordergrund.“

Peter Struck, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Bielefeld ergänzt: „Wir werden auch außerhalb der Tagung mit der Aktion ´Du sollst dir ein Bild machen!´ in der Bielefelder Innenstadt auf das Thema HIV/Aids aufmerksam machen. Damit möchten wir auch in der Region ein Zeichen setzen, denn gerade jenseits der Oberzentren müssen wir leider immer noch eine Unterversorgung von HIV-Positiven bemängeln. So kommen inzwischen wieder mehr HIV-Patienten in die hausärztliche und pflegerische Beratung, die bereits an AIDS erkrankt und durch alle Vorsorgeraster gefallen sind. Das ist eine gesundheitspolitische Entwicklung, die wir nicht hinnehmen können.“

Auf der Konferenz wollen HIV-Positive aktiv mitbestimmen, welche Bilder von Menschen mit HIV und Aids verbreitet werden. Wie das geschehen kann, darum soll es in Workshops und Podiumsdiskussionen gehen, zu denen auch Medienvertreter und Juristen eingeladen sind.

Auch der Prozess gegen die Sängerin Nadja Benaissa wird eine Rolle spielen – das Urteil wird stündlich erwartet. DAH, LHIVE und Positiver Dialog fordern einen Freispruch für Nadja Benaissa: Auch die Strafjustiz muss der Eigenverantwortung des Einzelnen für sein Gesundheit Rechnung tragen – zudem dürfte der Übertragungsweg nach so langer Zeit nicht mit der notwendigem Sicherheit nachweisbar sein. Die DAH hatte immer wieder die Stigmatisierung der Künstlerin und die pauschale Kriminalisierung HIV-Positiver verurteilt und angemahnt, die HIV-Prävention nicht einseitig nur den positiven Menschen aufzubürden.

(Pressemitteilung der DAH)

Positiver Dialog: Der Rahmen wird uns zu eng!

Im Vorfeld der Eröffnung der ‚Positiven Begegnungen 2010‘ als Dokumentation eine Presseerklärung von ‚Positiver Dialog‘, Österreich:

Die HIV-Infektion ist kein Grund jemanden vom Arbeitsmarkt auszuschließen
Der Verlauf der HIV-Infektion verläuft sehr unterschiedlich.
Heute sind viele Menschen mit HIV/AIDS genauso arbeits- und leistungsfähig wie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ohne einer HIV-Infektion.
Um die alten Bilder aufzubrechen, und damit der Vielfalt vom Leben mit HIV/AIDS gerecht zu werden, muss auch in der Arbeitswelt differenziert werden.
Menschen die sich heute infizieren, leiden meist an keiner Einschränkung und wollen auch nicht eingeschränkt werden.
Bei Langzeitinfizierten könnte es hingegen zu Einschränkungen kommen, auf die Rücksicht zu nehmen ist.
Noch immer gelten Menschen mit HIV/AIDS meist als minder leistungsfähig, und als kränkliche Arbeitnehmer.
Das Arbeitsmarktservice zur Vermittlung von Arbeitsplätzen in Österreich (AMS), hat bis vor kurzem Menschen mit HIV nicht oder sehr zögerlich vermittelt! Sie galten meist als nicht vermittelbar! Wenn einmal jemand einen Arbeitsplatz bekommen hat – so einen auf dem zweiten Arbeitsmarkt (geschützte Werkstätten z. B.)
Weil das Leben mit einer HIV-Infektion genauso individuell verläuft wie jedes Leben, bestehen wir darauf, dass die alten, einschränkenden Bilder, endlich den Realitäten angepasst werden.
Als Verein von und für Menschen mit HIV/AIDS haben wir deshalb das Gespräch mit dem AMS gesucht.
Wir möchten erreichen, dass Menschen mit HIV/AIDS dort genauso individuell beraten und betreut werden, wie andere Arbeitnehmer auch.
Wir hoffen, dass nun endlich jene Menschen mit HIV, die durch die Infektion keine Einschränkungen haben und arbeiten möchten, auch vermittelt werden bzw. von Arbeitgebern angestellt werden.
Weitere Gespräche mit der AMS sind diesen Herbst geplant. Eine Aufklärungskampagne durch die Arbeiterkammer an Dienstgeber läuft bereits.
Die Bilder von Menschen mit HIV/AIDS, vom Leben mit der Infektion, welche in den Medien gezeigt oder gar geschaffen werden, wirken.
Sie wirken auf die Bilder in den Köpfen, auf unsere Eigenwahrnehmung und natürlich in unserem Alltag.
Trotz der medizinischen Fortschritte und den damit einhergehenden möglichen Veränderungen im Leben mit der Infektion sind die Bilder davon meist die alten geblieben.
Sie engen uns ein. Legen uns fest. Darum würden wir es sehr begrüßen, wenn wir auch in Zukunft auf mediale Unterstützung rechnen könnten, wenn wir das Thema HIV/AIDS von vielen Seiten betrachten möchten.

Positiver Dialog
Andreas Hudecek
Vorstandsmitglied

(Pressemitteilung Positiver Dialog)

LHIVE: Freispruch für Nadja Benaissa!

Zum zu erwartenden Urteil im Prozess gegen Nadja Benaissa als Dokumentation eine Pressemitteilung von LHIVE, Organisation der Menschen mit HIV und AIDS in der Schweiz:

Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, dass Menschen mit HIV/AIDS ihre Infektion offenbaren müssen.
Trotzdem werden die Gesetze so angewandt, dass wer seine HIV-Infektion bei sexuellen Kontakten verschweigt, dafür bestraft werden kann.
Solange eine HIV-Infektion dazu führt, dass Menschen gemobbt werden, ihre Anstellung verlieren, sozial geächtet werden und als Patienten zweiter Klasse behandelt werden, solange sind Menschen mit HIV/AIDS erpressbar.
Nicht der eigene „falsche Umgang mit der Infektion“, sondern der „falsche Umgang mit den Infizierten“ ist der Grund für das Schweigen im entscheidenden Moment.
Wir erwarten Heute Mittwoch 25.8.2010 oder Morgen Donnerstag 26.8.2010 das Urteil im Prozess gegen Nadja Benaissa.
Frau Benaissa hatte nie wirklich eine freie Wahl, ob und wie sie ihre Infektion kommunizieren möchte.
Die Angst vor der sozialen Ächtung, insbesondere ihrer Tochter, und die Angst vor Vorurteilen, Diskriminierung und den ökonomischen Folgen daraus waren stärker.
Mit gutem Grund. Die Medienberichte und Reaktionen rund um die Verhaftung, Untersuchungshaft und den Prozess machen dies mehr als verständlich.
Wir sind erschüttert, wie in diesem Fall mit sensiblen Daten umgegangen worden ist.
Nadja Benaissa wurde medienwirksam inhaftiert, fremd geoutet und vorverurteilt.
Allen voran trägt hier die Staatsanwaltschaft Darmstadt dafür die Verantwortung, und sie hat einen Prozess angestrengt, der nie hätte stattfinden dürfen.
Auch wenn für Nadja Benaissa und ihre Liebsten damit nicht annähernd Gerechtigkeit geschaffen wird: Ein Freispruch ist das Mindeste.

Michèle Meyer
Präsidentin LHIVE
Organisation der Menschen mit HIV und AIDS
In der Schweiz
www.lhive.ch

(Pressemitteilung LHIVE)

Österreich: Kriminalisierung HIV-Positiver beendet

Die Kriminalisierung HIV-Positiver in Österreich wurde mit Weisung der österreichischen Justizministerin an die Staatsanwaltschaft beendet.

In Österreich konnten Menschen mit HIV bisher besonders scharf strafrechtlich verfolgt werden. Selbst bei Befolgung der Safer Sex Regeln war eine Verurteilung möglich – und erfolgte in den 1980er und 90er Jahren auch mehrfach. Grundlage war die Regelung „Gefährdung durch übertragbare Krankheiten“ (§§ 178 & 179 Strafgesetzbuch).

Diese Kriminalisierung HIV-Positiver wurde nun im Vorfeld der XVIII. Internationalen Aids-Konferenz beendet, wie der Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner (Rechtskomitee Lambda) in einem Artikel für das österreichische Szenemagazin ‚Xtra!‘ berichtet.

Graupner erläutert:

„Hochoffiziell hat die Justizministerin in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage letzten Mai mitgeteilt, sie habe die Staatsanwaltschaften unterrichtet, dass Anklagen bei Befolgung der Safer Sex Regeln unzulässig sind.“

Die Entkriminalisierung HIV-Positiver in Österreich reicht aber noch weiter – das EKAF-Statement („keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs„) ist in Östereich bei der Justiz angekommen. Graupner weiter:

„Darüber hinaus hat sie auch jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung getragen, wonach HIV-positive Personen unter erfolgreicher antiretroviraler Therapie (Viruslast seit mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze) nicht infektiös sind. Auch in diesen Fällen besteht keine ernsthafte Ansteckungsgefahr. Sie ist weit geringer als bei Safer Sex von HIV-Positiven mit nachweisbarer Viruslast. Auch bei ungeschützten Kontakten darf es, so die Ministerin erfreulicherweise, keine Anklagen mehr geben, wenn die Viruslast der HIV-positiven Person auf Grund einer erfolgreichen Therapie Null ist.“

Das Österreichische Justizministerium erläutert in einem Schreiben an die Österreichische Aids-Gesellschaft:

„Nach den neuesten Forschungsergebnissen soll selbst mit dem ungeschützten Geschlechtsverkehr einer HIV-infizierten Person dann keine Ansteckungsgefahr verbunden sein, wenn sich die infizierte Person konsequent einer wirksamen antiretroviralen Therapie unterzieht; unter dieser Voraussetzung wäre auch mit einem ungeschützten Geschlechtsverkehr kein sozial inadäquates Risiko mehr verbunden.“

Die Österreichische Aids-Gesellschaft kommentiert

„Die Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz ist ein weiterer Schritt zur Entkriminalisierung und Entstigmatisierung von HIV-Positiven.“

weitere Informationen:
Schreiben des Österreichischen Justizministeriums an die Österreichische Aids-Gesellschaft (pdf)
Antwort des Österreichischen Bundesministeriums für Justiz auf eine Kleine Anfrage (pdf)
Parlamentarische Anfrage (pdf)
Dr. Helmut Graupner: „Justizministerin beendet Kriminalisierung HIV-Positiver“, in: Xtra! Nr. 08/2010, S. 16
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HIV-positiver Arbeitnehmer erstreitet Entschädigung wegen Diskriminierung

Ein HIV-Positiver hat gegen seinen Berliner Arbeitgeber eine Entschädigung erstritten. Er war bei einer internen Stellenausschreibung trotz Bewerbung nicht berücksichtigt worden.

Eine Stelle im Unternehmen war neu zu besetzen und wurde intern ausgeschrieben. Ein HIV-positiver Mitarbeiter bewarb sich, ebenso wie mehrere weitere Kollegen. Alle Bewerber wurden zu Gesprächen eingeladen – alle außer einem, dem HIV-positiven Mitarbeiter.

Dem Betriebsrat des Unternehmens wurden alle Bewerbungsunterlagen vorgelegt – außer denen eines Bewerbers. Wiederum des HIV-positiven Mitarbeiters. Dadurch verlor der Mitarbeiter zudem noch eine wichtige Möglichkeit: er ist schwerbehindert, hätte bei gleicher Qualifikation gute Chancen auf die besser bezahlte Position gehabt.

Ein eindeutiger Fall von Diskriminierung, so das Gericht. Wegen Verstoßes gegen das AGG (Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, bekannt auch als Anti-Diskriminierungsgesetz) verurteilte das Landesarbeitsgericht Berlin den Arbeitgeber zur Zahlung von 1.000 Euro Entschädigung.

Der Mitarbeiter konnte belegen, dass seine Bewerbung aufgrund seiner Behinderung nicht adäquat berücksichtigt wurde. Hätte er belegen können, dass er bei entsprechender Berücksichtigung die neue Position bekommen hätte, die Entschädigung wäre vermutlich noch deutlich höher ausgefallen.

Das ‚Betriebsrat Blog‘, das die (nicht publizierte) Entscheidung öffentlich machte, weist darauf hin, das Urteil sei

„einer der ersten Fälle, wenn nicht sogar der erste Fall, bei dem das AGG zugunsten eines Menschen mit HIV wirkte. Es setzt damit ein Zeichen für Menschen mit HIV und Aids, die aufgrund ihrer Erkrankung und der Ansichten der Gesellschaft bezüglich dieser Krankheit im Berufs- und Alltagsleben Gefahr laufen, ständig diskriminiert zu werden.“

weitere Informationen:
Landesarbeitsgericht Berlin, Az. 12 Sa 1385/08 (Urteil nicht veröffentlicht)
Betriebsrat Blog 19.08.2010: HIV-Positiver erstreitet Entschädigung wegen Diskriminierung
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Nadja Benaissa: zahlreiche Erpressungsversuche – Bericht vom ersten Prozesstag

Nadja Benaissa steht seit dem 16.8.2010 in Darmstadt vor dem Jungendschöffengericht. Für die Deutsche Aids-Hilfe hat Jörg Litwinschuh am ersten Prozess-Tag teilgenommen.

Litwinschuh berichtet, Benaissa habe Sex ohne Kondome eingeräumt. Sie verwende regelmäßig Kondome, es habe aber Ausnahmen gegeben. Keiner ihrer männlichen Sexpartner habe von sich aus Kondome angesprochen. Sie sei seit Jahren erfolgreich antiretroviral behandelt.

„Die Infektion habe sie wegen des gesellschaftlichen Stigmas, des Drucks aus dem Umfeld ihrer Band und wegen ihrer Karriere verdrängt.“

„Die Sängerin gab an, sie sei seit fünf Jahren in antiretroviraler Therapie, die ihre Viruslast unter die Nachweisgrenze gesenkt habe. Sie gehe deshalb davon aus, gemäß den Schweizer EKAF-Richtlinien (siehe hier dazu das DAH-Positionspapier „HIV-Therapie und Prävention“) nicht mehr infektiös zu sein.“

Der Nebenkläger, einer der früheren Sexpartner von Benaissa, betonte, keine finanziellen Interessen zu haben. Jedoch:

„Er gab zu, dass er Frau Benaissa unter Androhung einer Klage gedrängt hatte, sich innerhalb eines Jahres zu outen und eine hohe Summe an eine Aids-Einrichtung zu spenden. Darauf habe die Angeklagte nicht reagiert.“

Benaissa beschuldigte dem Bericht zufolge eine „große deutsche Tageszeitung“, sie habe sie zu erpressen versucht.

Der ganze Bericht über den ersten Prozesstag hier:
DAH 16.08.2010: Nadja Benaissa bedauert „falschen Umgang“ mit ihrer HIV-Infektion
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siehe auch:
alivenkickin 16.08.2010: Distanzierte Wahrnehmungen eines Beobachters
SpON 16.08.2010 Gisela Friedrichsen: Prozess um No-Angels-Sängerin
„Ich hatte einfach tierische Angst“

guardian 17.08.2010: Benaissa’s trial: a distracting sideshow
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Nadja Benaissa ab heute vor Gericht

Die Pop-Sängerin Nadja Benaissa (ehemals ‚No Angels‘) steht ab heute in Darmstadt vor Gericht. Der Vorwurf lautet ‚gefährliche Körperverletzung‘ – sie soll eine Mann mit HIV infiziert haben. Schon im Vorfeld in der Kritik: der Umgang von Staatsanwaltschaft und Medien mit den Persönlichkeitsrechten Benaissas.

11. April 2009, Ostersamstag. Nadja Benaissa, Sängerin der Pop-Band ‚No Angels‘, wird unmmittelbar vor einem Solo-Auftritt in einem Frankfurter Nachtclub festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt verdächtigt die 28jährige HIV-infizierte Mutter, zwischen 2000 und 2004 mehrfach ungeschützten Sex gehabt zu haben, dabei die Möglichkeit der Infektion Dritter in Kauf genommen zu haben. Sie habe ihre Sexpartner nicht über ihre HIV-Infektion informiert, von der sie seit 1999 wisse.

Zehn Tage sitzt Benaissa in Untersuchungshaft. Schnell geraten Informationen an die Medien – durch die ermittelnde Staatsanwaltschaft, die von sich aus aktiv an die Öffentlichkeit geht, bereitwillig Informationen gibt, auch über den HIV-Status und Hintergründe aus dem Privatleben Benaissas. Zwangs-Outing durch die Staatsanwaltschaft?, fragen Kritiker bald. Die hessische Justiz gerät in Kritik aufgrund des von vielen als fragwürdig erachteten Verhaltens der Staatsanwaltschaft, doch Justizminister Hahn weist alle Vorwürfe zurück.

Am 12. Februar 2010 teilt die Staatsanwaltschaft mit, vor dem Amtsgericht Darmstadt Anklage gegen Benaissa zu erheben „wegen eines Falls der vollendeten gefährlichen Körperverletzung und wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen“.

Am 16. August beginnt nun vor dem Amtsgericht Darmstadt der Prozess gegen Benaissa. Verhandelt wird vor dem Jugendschöffengericht, da Benaissa zum Zeitpunkt der ältesten ihr vorgeworfenen Tat (2000) noch 17 Jahre alt war. Vorsitzender ist Richter Dennis Wacker (43). Nebenkläger: der Mann, den Benaissa infiziert haben soll. Nadja Benaissa wird verteidigt von Oliver Wallasch, Fachanwalt für Strafrecht in Frankfurt. Etwa 20 Zeugen sowie ein Sachverständiger (Prof. Dr. Josef Eberle, Max-von-Pettenkofer-Institut, Ludwig-Maximilians-Universität München) sollen gehört werden, fünf Verhandlungstage sind angesetzt. Im Fall einer Verurteilung wäre ein Strafrahmen zwischen 6 Monaten und zehn fünf Jahren Haft denkbar.

Zum Prozessauftakt am 16.8.2010 wird die Deutsche Aids-Hilfe DAH mit einem Vertreter vor Ort sein.

Nadja Benaissa hat in den vergangenen Monaten nach dem Zwangs-Outing mehrfach offen über ihre HIV-Infektion gesprochen. Anfang Juli 2010 hat sie Medienberichten zufolge ihren Ausstieg bei den ‚No Angels‘ bekannt gegeben.

siehe auch: Nadja Benaissa: zahlreiche Erpressungsversuche – Bericht vom ersten Prozesstag

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Vor Gericht steht Benaissa wegen der Frage, ob sie durch ihr Verhalten die HIV-Infektion Dritter riskiert hat. Nicht verhandelt werden wird die Frage, wie es um ihre Bürgerrechte und den Umgang damit durch Staatsanwaltschaft, Medien und Politiker steht.

Angesichts des Umgangs der Medien mit Benaissas Persönlichkeitsrechten stellte sich schon bald die Frage, welchen Wert haben Bürgerrechte? Sex sells, erst recht Sex und Promis, und dann noch HIV … – aber ist damit jede sensationsgeile Schlagzeile, jede Vorverurteilung, gerechtfertigt? Sind  Menschen mit HIV vogelfrei für die Medien? Darf man gar, wie der SPD-Politiker Ehrmann, HIV-Positive als Biowaffe bezeichnen?

Cori Obst betonte in ihrer Rede anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes: „Bürgerrechte müssen für alle gewahrt sein, jenseits vom Serostatus, Hautfarbe, Geschlecht und Religion„.

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weitere Informationen:
Juve.de: Anwaltportrait Oliver Wallasch
FAZ 11.08.2010: Affäre um Sex trotz HIV-Infektion – No-Angels-Sängerin Benaissa vor Gericht
FR 12.08.2010: Verfahren wegen Körperverletzung – No-Angels-Sängerin vor Gericht
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Einreisebestimmungen für HIV-Positive: Schnellfinder in zehn Sprachen verfügbar

Immer noch haben zahlreiche Staaten auf der Welt Einreise- oder Aufenthaltsbeschränkungen für Menschen mit HIV. Doch woher wissen, in welchem Staat welche Bestimmungen gelten? Der „Schnellfinder Einreisebestimmungen“ der DAH hilft weiter – in zehn Sprachen.

Einige erfreuliche Verbesserungen hat es in jüngster Vergangenheit gegeben: seit dem 4. Januar ist das Einreiseverbot für HIV-Positive in die USA aufgehoben; kurz darauf hat China Einreisebeschränkungen für Menschen mit HIV aufgehoben. Auch Namibia hob jüngst Einreisebeschränkungen für HIV-Positive auf, hingegen bleibt Bayern weiterhin im Abseits.

Zahlreiche Gründe also, die Zusammenstellung der weltweiten Einreise- und Aufenthalts-Beschränkungen für Menschen mit HIV zu aktualisieren.

Rechtzeitig zur jüngst beendeten XVIII. Internationalen Aids-Konferenz in Wien hat die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) ihren Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen aktualisiert und in einer Version 2010 veröffentlicht.

Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/Aids  2010
Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/Aids 2010

Die Neuauflage stützt sich auf die Ergebnisse einer neuen weltweiten Befragung der ausländischen Vertretungen von rund 200 Ländern, Territorien und Gebiete, die zwischen November 2007 und Juni 2008 durchgeführt wurde.

Die Übersicht des Schnellfinders wird von der DAH in Zusammenarbeit mit anderen europäischen NGOs derzeit in inzwischen zehn verschiedenen Sprachen herausgegeben (deutsch, englisch, französisch, italienisch, spanisch, russisch, polnisch, slowakisch, kroatisch, portugiesisch).

Sämtliche Informationen des Schnellfinders sind einfach und komfortabel online im Internet recherchierbar auf www.hivtravel.org.

weitere Informationen:
aidshilfe.de: Schnellfinder 2010 deutsch als pdf und online-Bestellung
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DAH-Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/AIDS portugiesisch: Guia de consulta rápida 2010/2011 Regulamentações de entrada e residência para pessoas que vivem com VIH e SIDA (pdf)
DAH-Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/AIDS polnisch: Informator Przepisy dotyczÄce prawa wjazdu i pobytu dla osób żyjÄcych z HIV i chorych na AIDS 2010/2011 (pdf)
DAH-Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/AIDS italienisch: Guida Rapida2010/2011 Norme di ingresso e soggiorno per le persone sieropositive nel mondo (pdf)
DAH-Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/AIDS französisch: Guide de Référence 2010/2011 Réglementations applicables aux déplacements et aux séjours des personnes vivant avec le VIH/Sida (pdf)
DAH-Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/AIDS slowakisch: PrehÄadná príruÄka 2010/2011 Predpisy na vstup a pobyt Äudí žijúcich s HIV a Aids (pdf)
DAH-Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/AIDS russisch: Краткий справочник 2010/2011 Правила въезда и проживания для людей, живущих с ВИЧ и СПИД (pdf)
DAH-Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/AIDS spanisch: Guía de referencia rápida 2010/2011 Normativas de entrada y residencia para PVVS (pdf)
DAH-Schnellfinder Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV/AIDS englisch: Quick Reference Guide 2010/2011 Entry and residence regulations for people living with HIV (pdf)
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Solidarität mit HIV-Positiven auf Haiti

Mehrere Dutzend Aids-Aktivisten haben am 20. Juli auf der XVIII. Welt-Aids-Konferenz in Wien mit einer Demonstration ihre Unterstützung für HIV-Positive auf Haiti zum Ausdruck gebracht. Auch über ein halbes Jahr nach dem Erdbeben ist die Situation HIV-Positiver dort oftmals katastrophal.

Ein Dach über dem Kopf, etwas zu Essen, Arbeit – und Medikamente. Es sind ganz basale Bedürfnisse, die Menschen mit HIV haben. Doch auch über ein halbes Jahr nach dem schweren Erdbeben, das Haiti am 12. Januar 2010 verwüstete, haben viele HIV-Positive nicht einmal ein richtiges Dach über dem Kopf.

Bei dem Erdbeben wurde auch der Großteil der Infrastruktur zerstört, die auf Haiti für den Kampf gegen Aids ausgebaut war. Haiti hat nach Angaben von UNICEF die höchste HIV-Infektionsrate außerhalb von Afrika. Jeder zwanzigste Haitianer ist HIV-infiziert, alle zwei Stunden kommt ein Neugeborenes HIV-positiv zur Welt.

Welt-Aids-Konfernez Wien 20.07.2010: Solidaität mit Positiven auf Haiti (Foto: ACT UP Paris)
Welt-Aids-Konferenz Wien 20.07.2010: Solidaität mit Positiven auf Haiti (Foto: ACT UP Paris)
Welt-Aids-Konferenz Wien 20.07.2010: Solidaität mit Positiven auf Haiti (Foto: ACT UP Paris)
Welt-Aids-Konferenz Wien 20.07.2010: Solidaität mit Positiven auf Haiti (Foto: ACT UP Paris)
Welt-Aids-Konferenz Wien 20.07.2010: Solidaität mit Positiven auf Haiti (Foto: ACT UP Paris)
Welt-Aids-Konferenz Wien 20.07.2010: Solidaität mit Positiven auf Haiti (Foto: ACT UP Paris)

ACT UP Paris forderte, Haiti benötige dringend eine globale und nationale Aids-Strategie, bei deren Erstellung auch in Haiti lebende Menschen mit HIV einbezogen werden sollten. Regionale Kämpfe, die die internationalen Hilfsorganisationen in ihrer Arbeit behindern und gefährden, müssten schnellstens unterbunden werden. Und die Geberländer, die den Wiederaufbau Haitis unterstützen, sollten auch den Kampf gegen Aids und Aids-Organisationen auf Haiti unterstützen.

Die Haitianische Positivengruppe HAP+ (Plateforme Haïtienne des Associations de PVVIH) sowie die Organisation Housing Works hatten um Unterstützung gebeten.

weitere Informationen:
ACT UP Paris 20.07.2010: Manifestation de solidarité avec les séropos en Haïti
POZ 29.07.2010: International HIV/AIDS Funding Slow to Reach Haiti
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Macht HIV arm?

Die meisten HIV-Positiven arbeiten – so wie viele andere Menschen mit chronischen Krankheiten. Trotzdem kann eine HIV-Infektion eine soziale Abwärtsspirale in Gang setzen. Silke Eggers, DAH-Referentin für soziale Sicherung und Versorgung, erklärt warum.

Frau Eggers, macht HIV arm?
Eine HIV-Infektion macht natürlich nicht automatisch arm. Aber sie ist eine ungeheure soziale Belastung, die nicht jeder problemlos abfedern kann. Das liegt einerseits daran, dass HIV-positive Menschen noch immer diskriminiert und stigmatisiert werden. Und andererseits am generellen Abbau des Sozialsystems in Deutschland.

Aber die meisten HIV-Positiven leben und arbeiten doch relativ normal.
Die Lebenssituationen von Menschen mit HIV sind heute sehr unterschiedlich. Wie gut ein Mensch mit seiner HIV-Infektion leben kann, hängt stark von den Umständen ab: Hat er eine gute Ausbildung, einen guten Job? Ist er arbeitslos und verfügt nur über geringe Deutschkenntnisse? Gebraucht er vielleicht illegale Drogen? Bei Positiven mit solchen Doppelbelastungen kommt die soziale Abwärtsspirale oft sehr viel schneller in Gang als bei HIV-Negativen. Die Diskriminierung betrifft sie alle.

Es wird doch aber häufig gesagt, HIV sei heute eine chronische Krankheit wie andere auch?
Ganz platt zurückgefragt: Länger leben mit HIV – aber wovon? Die medizinische Versorgung verbessert sich stetig, aber die soziale Entwicklung hält dem nicht Stand.
Der Abbau des Sozialstaats betrifft manche Menschen besonders stark. Die vielen Einsparungen wirken einzeln wie Kleinigkeiten, aber bei chronisch Kranken häufen sich diese Kleinigkeiten und sind schon jetzt nicht mehr tragbar. Kommt für einen Menschen in einer sowieso schon schwierigen sozialen Situation eine HIV-Infektion hinzu, treffen ihn diese Zusatzbelastungen doppelt und dreifach.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Ein großer Einschnitt sind die diversen Gesundheitsreformen der letzten Jahre. Die Zuzahlung zu Medikamenten wurde deutlich erhöht, die Praxisgebühr eingeführt, diverse Leistungen aus dem Katalog der Krankenkassen ausgeschlossen. Viele Medikamente müssen inzwischen selber bezahlt werden, die Zuzahlungen für Brillen und Zahnersatz wurden gestrichen oder stark reduziert. Kurz: Kranksein ist wirklich teuer geworden. Auch immer mehr Sozialleistungen werden gestrichen. Ein großer Einschnitt für viele Menschen mit HIV war der Wegfall des Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung. Stattdessen werden nun alle dazu aufgefordert, immer mehr Risiken privat abzusichern. Das Problem ist neben den oft fehlenden finanziellen Mitteln: Menschen mit HIV können aufgrund ihrer Infektion bestimmte Versicherungen gar nicht abschließen.

Welche Versicherungen sind das?
Obwohl sich die medizinische Situation sehr verbessert hat, bekommt kein HIV-Positiver derzeit eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Lebensversicherungen sind möglich – aber oft nur mit horrenden Zuschlägen.

Was ist, wenn man gar kein eigenes Einkommen hat?
Dann wird es besonders schwer. Generell ist der Sozialhilfe- beziehungsweise Hartz-IV-Satz in unseren Augen zu niedrig. Darüber hinaus berücksichtigt er längst nicht alle Lebenslagen von HIV-Positiven. Vor einigen Jahren sind zum Beispiel die Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen gestrichen worden. Besuche in einer oft weit entfernten HIV-Schwerpunktpraxis sind aus den Regelsätzen nicht zu finanzieren. Besonders in ländlichen Gegenden ist das ein großes Problem. Dabei ist man mit einer HIV-Infektion auf eine spezialisierte Behandlung angewiesen!

Früher galten Menschen mit HIV als Fall für die Rentenversicherung. Das hat sich radikal geändert, oder?
So ist es. Sie stehen an ihrem Arbeits- oder Ausbildungsplatz genauso ihren Mann oder ihre Frau wie alle anderen auch. Trotzdem ist in den Köpfen noch das Bild von schwerer Krankheit, großem Leid und baldigem Tod. Vielen ist nicht klar, dass HIV-Positive über einen langen Zeitraum leistungsfähig sind, arbeiten können und wollen.

Was sind denn die größten Probleme in der Arbeitswelt?
Nach wie vor löst das Bekanntwerden einer HIV-Infektion irrationale Ängste aus. Oft haben Kollegen Angst, sie könnten sich anstecken. Chefs machen sich Sorgen, wie Kunden reagieren könnten. Fakt ist: Im Berufsalltag ist eine HIV-Infektion in den allermeisten Fällen ausgeschlossen. Und mit Ausnahme der Pilotenausbildung gibt es keine Berufsverbote. Menschen mit HIV können alle Jobs machen – und sie machen sie auch. Es fällt nur niemandem auf, weil man es keinem Menschen ansieht, dass er HIV hat. Menschen mit HIV brauchen unsere Solidarität – und keine Ausgrenzung!

(Pressemitteilung der DAH)