Dänemark: Justizminister hebt HIV-spezifisches Gesetz vorläufig auf (akt.)

Bis zu acht Jahre Haft drohten HIV-Infizierten in Dänemark bisher, wenn sie ungeschützten Sex hatten. Nun setzte der dänische Justizminister das ‚HIV-Gesetz‘ nach Angaben des ‚Aids Fondet‘ Dänemark vorläufig außer Kraft. Eine Arbeitsgruppe soll den Paragraphen überprüfen.

Alle derzeit laufenden Verfahren nach dem Paragraph 252 des dänischen Strafgesetzbuches sein derzeit schwebend, Urteile sollen bis auf weiteres nicht ergehen. Paragraph 252 des dänischen Gesetzbuches stellt das „leichtfertige Gefährden von Leben oder körperlicher Unversehrtheit“ durch eine „tödliche oder unheilbare Krankheit“ seit dem 1. Juli 1994 unter Strafe; seit einer Revision 2001 ist hier HIV explizit genannt.

Das dänische Justizministerium hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die HIV-spezifische Gesetzgebung des § 252 überprüfen soll (Streichung oder Änderung). Dies teilte der dänische ‚ Aids-Fondet‘ mit – entsprechend habe sich der Justizminister Lars Barfoed (Det Konservative Folkeparti) auf eine Anfrage des Fonds schriftlich geäußert.

Lars Barfoed (Konservative Volkspartei), dänischer Justizminister (Foto: Folketinget)
Lars Barfoed (Konservative Volkspartei), dänischer Justizminister (Foto: Folketinget)

Hintergrund der Einsetzung der Arbeitsgruppe sowie des vorläufigen ‚Außer Anwendung Setzen‘ des Paragraphen sei, dass die HIV-Infektion nach der Einführung hochwirksamer Therapien keine lebensbedrohliche Erkrankung mehr sei. Die Verbesserung der Therapien habe dazu geführt, dass die Mehrzahl der dänischen HIV-Positiven (unter Therapie) weniger infektiös seine, als wenn sie Kondome benutzten.

Der Justizminister schriebt in dem Brief, es könne sein, dass sich das Leben eines HIV-Positiven mit gut kontrollierter HIV-Infektion nicht wesentlich vom ‚alters- und geschlechtsspezifischen Hintergrund‘ unterscheide.

Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Justiz-, des Innen- sowie des Gesundheitsministeriums soll innerhalb der nächsten Monate die bisherige Regelung nun überprüfen. Ziel sei eine Änderung oder völlige Abschaffung des HIV-spezifischen Paragraphen.

‚Aids Fondet‘ äußerte in einer Presseerklärung die Hoffnung, dies sei der Beginn des Endes für ein HIV-spezifisches Strafrecht in Dänemark. Es sei an der Zeit, dass die verbesserte Behandlungssituation sich auch im Gesetzbuch widerspiegele, sagte Henriette Laursen, Direktorin des Aids Fondet.

Menschen, die potentiell wie Kriminelle behandelt würden, würden auch einen HIV-Test eher umgehen oder hinauszögern. Verspätete Tests brächten aber auch die Gefahr verspäteter Behandlung mit sich. Die Folge seien mehr Erkrankungen, höhere Todesarten und höhere Infektiosität.

‚Aids Fondet‘ hatte jahrelange Lobbyarbeit für die Abschaffung des HIV-spezifischen Strafrechts-Paragraphen geleistet und äußerte Erleichterung, dass dies nun von Erfolg gekrönt werden könne. Auch zwei führende dänische HIV-Forscher (Prof. Jens Lundgren und Prof. Jens Skinhøj) hatten schon Ende 2008 die Abschaffung des Paragraphen gefordert.

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weitere Informationen:
Justizministerium Dänemark 11.02.2011: Brief an den Parlamentarischen Rechtsausschuss des Folketinget (pdf, dänisch)
Justizministerium Dänemark 15.02.2011: Brief an Aids Fondet (pdf, dänisch)
Aids Fondet 17.02.2011: Justitsministeriet svarer AIDS-Fondet: Hiv-loven sat i bero
criminal HIV transmission 17.02.2011: Denmark: Justice Minister suspends HIV-specific criminal law, sets up working group
Out & About 17.02.2011: Hiv-loven op til revision
DR forside 29.12.2008: Loven om hiv virker ikke
DAH 18.02.2011: Dänemark stoppt HIV-Gesetz
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Phylogenetische Untersuchungen bei HIV: Experten widersprechen eindeutiger Aussagekraft

Bei vielen Ermittlungen und Strafprozessen wegen des Verdachts auf HIV-Übertragung stellt sich die Frage, ob und wie nachzuweisen ist, dass Person A durch Person B mit HIV infiziert wurde. Hier kommen oft so genannte ‚phylogenetische Analysen‘ ins Spiel: bei diesen ‚Abstammungs-Untersuchungen‘ wird analysiert, wie nahe ‚verwandt‘ das Erbgut des HIV von Person A mit dem Erbgut des HIV von Person B ist. Nun jedoch äußern Experten Zweifel an der Aussagekraft dieser phylogenetischen Untersuchungen. Ein eindeutiger Beweis sei nicht möglich.

In einem jüngst in der Fachzeitschrift ‚The Lancet‘ publizierten Artikel weisen Experten darauf hin, dass es mit Hilfe einer phylogenetischen Analyse nicht möglich sei, definitiv festzustellen, ob eine Person durch eine konkrete andere Person mit HIV infiziert worden sie.

Phylogenetische Analyse: 'Abstammungs-Baum' am Beispiel der Verwandtschaft von HIV und SIV (Grafik: wikimedia / Theoretical Biology and Biophysics Group, Los Alamos National Laboratory)
Phylogenetische Analyse: 'Abstammungs-Baum' am Beispiel der Verwandtschaft von HIV und SIV (Grafik: wikimedia / Theoretical Biology and Biophysics Group, Los Alamos National Laboratory)

Prof. Anne-Meike Vandamme vom ‚Rega Institute for Medical Research‘ an der ‚Katholieke Universiteit Leuven‘, eine der Ko-Autorinnen des Artikels, wies darauf hin, phylogenetische Analysen seien eher geeignet, bestimmte Szenarien auszuschließen, sie könnten jedoch nie den positiven Beweis einer erfolgten Infektion erbringen:

„Phylogenetic analysis is more powerful in its ability to exclude certain scenarios. Phylogenetics can prove that people cannot have infected each other, but it can never prove that people infected each other.“

Die Experten warnen in dem Artikel vor missbräuchlicher Verwendung dieser ‚Fingerabdruck-Technik‘ und verweisen auf zahlreiche (im Artikel aufgeführte) Richtlinien für wissenschaftliches Arbeiten. Anders als DNA oder Fingerabdrücke seien HI-Viren eben nicht einzigartig nur jeweils in einem Individuum. Mehrere Menschen könnten äußerst ähnlich aufgebaute HI-Viren haben. Selbst innerhalb eines Individuums mutiere HIV so sehr, dass zwei zu verschiedenen Zeitpunkten genommene Proben verschiedene Ergebnisse lieferten. Dies bedeute, dass zwei HIV-Proben, selbst aus dem gleichen Individuum, niemals völlig identisch sein würden. HIV sei nicht identifizierend.

Prof. Vandamme erläuterte an einem Beispiel die Konsequenz: ein Mann (Person 1) infiziert einen anderen (Person 2). Dieser hat mit einem dritten Mann Sex, bei dem diese 3. Person ebenfalls infiziert wird. Wenn man das HIV des zweiten Mannes (der ‚in der Mitte‘ der Infektionskette ist) nicht habe, sondern  nur Proben von Person 1 und Person 3, dann werde man zu dem Schluss kommen, Person 1 habe Person 3 infiziert. Im Ergebnis könne nie zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass eine Person direkt eine konkrete andere Person infiziert habe.

Prof. Hills, Autor eines früheren Papers zu Verwendung phylogenetischer Analysen (sog. PNAS-Artikel) widersprach den Schlussfolgerungen aus dem Lancet-Paper. Er betonte, in bestimmten Fällen seien phylogenetische Analysen mit multiplen Stämmen beider Beteiligter sehr wohl geeignet, einen konkreten Infektionsweg nachzuweisen. Viele andere Forscher auf dem Bereich phylogenetischer Analysen waren hiervon nicht überzeugt.

Phylogenetische Untersuchungen werden auch in Deutschland vor Gericht in Strafprozessen gegen HIV-Positive eingesetzt (wie z.B. im März bei der Verurteilung eines 25jährigen Mannes in Rastatt).

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Auch in Deutschland werden phylogenetische Untersuchungen eingesetzt, auch mit dem Versuch, nachzuweisen dass Person A die Person B mit HIV infiziert habe. Folgt man dem Artikel in The Lancet, so ist mit diesen phylogenetischen Analysen genau dies jedoch eben nicht zweifelsfrei nachzuweisen – wohl aber unter Umständen, dass eine Infektion durch eine andere Person nicht erfolgte.
Angesichts zunehmender Kriminalisierung HIV-Positiver ein bedeutender Befund. Zumindest könnte der Lancet-Artikel bedeuten, dass die Interpretation der Ergebnisse phylogenetischer Untersuchungen (hinsichtlich eines Nachweises) umstritten ist.
Die Lancet-Autoren kommen zu dem Schluss: Negativ-Beweis möglich, Positiv-Beweis nicht eindeutig möglich. Dieses Ergebnis des Lancet-Artikels könnte weitreichende Konsequenzen für die Rechtsprechung haben.

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weitere Informationen:
The Lancet Vol. 11 Issue 2: Science in court: the myth of HIV fingerprinting, Abecasis A. et al. (online, nur mit Abo)
The AIDS Beacon 15.02.2011: Experts Express Concerns Over Use Of HIV Fingerprinting To Establish Proof Of HIV Criminal Transmission
Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) Oktober 2010: Source identification in two criminal cases using phylogenetic analysis of HIV-1 DNA sequences, Scaduto et al. (abstract)
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Was bedeutet HIV – Kriminalisierung für Frauen ?

Ein neu veröffentlichtes Paper des US- ‚Center for HIV Law and Policy‘ beschäftigt sich damit, wie sich die Kriminalisierung von HIV und HIV-Übertragung auf Frauen in den USA auswirkt.

Die Kriminalisierung der HIV-Übertragung führt zu einer Vielzahl von praktischen und juristischen Fragen – gerade auch für Frauen mit HIV. Hiermit setzt sich eine neue Broschüre des Centers for HIV Law auseinander.

Das Paper „What HIV Criminalization Means to Women in the U.S.“ des ‚Positive Justice Project‘ des ‚Centers for HIV Law and Pllicy‘ wendet sich direkt an Frauen mit und ohne HIV sowie ihre Anwälte. Neben grundlegenden Informationen über Kriminalisierung behandelt das Paper besonders deren Auswirkung auf HIV-positive Frauen und stellt Hilfsangebote vor.

Neben dem HIV-Law-Center selbst waren auch Frauen der ‚National Association of People with Aids‘ sowie des ‚Positive Women’s Network‘ an der Erstellung der Broschüre beteiligt.

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weitere Informationen:
Center for HIV Law and Policy / Positive Justice Project 09.02.2011: What HIV Criminalization Means to Women in the U.S. (pdf)
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„Gesetze sollten für die Aids-Bekämpfung arbeiten, nicht gegen sie“

„Gesetze sollten für die Aids-Bekämpfung arbeiten, nicht gegen sie“, sagt Michel Sidibé, UNAIDS-Generaldirektor. „Sie sollten nie die Gesundheit oder das Überleben des Individuums behindern.“

Vom 6. bis 8. Februar 2011 fand in Dakar (Senegal) ein Treffen von Justizministern und Richtern aus West- und Zentralafrikanischen Staaten statt. Diese „high-level consultation on HIV, the law and human rights“ sollte sich der Frage widmen, wie sich die Justiz auf nationaler Ebene mit HIV auseinander setzt.

Bei der Eröffnung der Konferenz sprach Michel Sidibé, Exekutivdirektor des Aids-Programms der Vereinten Nationen UNAIDS.

UNAIDS-Generaldirektor Michel Sidibé bei der Eröffnugn der Konfernez "HIV, law and human rights" in Dakar am 7. Februar 2011 (Foto: UNAIDS)
UNAIDS-Generaldirektor Michel Sidibé bei der Eröffnung der Konferenz "HIV, law and human rights" in Dakar am 7. Februar 2011 (Foto: UNAIDS)

Sidibé thematisierte die Frage der Kriminalisierung von HIV und HIV-Positiven. Er forderte zum eindeutigen Vorgehen gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit auf.

„Laws should work for the AIDS response, not against it—they should never obstruct the health or survival of any individual. We must truly address discrimination and injustice related to AIDS.“

Juristen und Justiz-Politikern komme eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Aids, aber auch bei der Bewahrung von Menschenrechten zu, betont ein Artikel von UNAIDS über das Treffen. Viele Staaten auf der Welt hätten immer noch Gesetze, die eine wirksame HIV-Bekämpfung unterminieren, und Menschen eher bestrafen als zu schützen, die dies bedürften.

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weitere Informationen:
UNAIDS 08.02.2011: Judicial officials convene in Dakar for consultation on HIV, the law and human rights
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Kurz notiert … Januar 2011

29. Januar 2011: ‚Ärzte ohne Grenzen‚ kritisiert die Vereinbarung zwischen der Johnson & Johnson-Tochter Tibotec und drei Generika-Herstellern über ein neues HIV-Medikament des Konzerns (Rilpivirine)  für unzureichend. Viele HIV-Positive blieben von der Regelung ausgeschlossen.

28. Januar 2011: In den USA ist Tesamorelin (Handelsname Egrifta®) nach der US-Zulassung inzwischen verfügbar – die Jahres-Kosten (wholesale acquisition cost, etwa Großhandelseinkaufspreis) sollen bei 23.900 US-$ liegen.

27. Januar 2011: Die US-Medikamentenbehörde FDA hat eine Zulassungsantrag des Pharmaunternehmens Gilead für eine Dreier-Kombipille aus Tenofovir und Emtricitabin (bisher schon vermarktet unter dem Hhandelsnamen Truvada®) sowie dem experimentelle NNRTI Rilpivirin vorläufig nicht angenommen. Das Unternehmen kündigte an, kurzfristig weitere Daten zur Verfügung zu stellen.

24. Januar 2011: Die Medikamenten-.Behörde der EU hat Darunavir (Handelsname Prezista®) für die einmal tägliche Anwendung (mit Ritonavir als Booster) bei Therapie-erfahrenen Erwachsenen ohne Hinweise auf potentielle Resistenzen gegen die Substanz zugelassen.

23. Januar 2011: Die US-Regierung ist beunruhigt, dass die Pharma-Industrie zu langsam und zu wenige neue Substanzen entwickelt – und reagiert, indem sie ein eigenes Bundes-Forschungszentrum ins Leben ruft.

22. Januar 2011: US-Forscher haben erstmals die Struktur der Protein-Hülle von HIV entschlüsselt. Sie hoffen, dass sich daraus neue Ansätze für Medikamente gegen HIV entwickeln lassen.

In Tschetschenien müssen zukünftige Eheleute seit Mitte Januar 2011 einen HIV-Test machen, nur HIV-Negative werden vermählt. Dies erklärte der Großmufti des islamischen Landes. Zwar ist Heirat auch in Tschetschenien gesetzlich geregelt, Anordnungen des Muftis werden aber von vielen Bürgern befolgt.

20. Januar 2011: Bei HIV-Positiven ist möglicherweise das Risiko für Schlaganfälle erhöht, berichten US-Forscher.

Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln: Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat sich eine neue Verfahrensordnung gegeben.

19. Januar 2011: Arbeitsagenturen und Jobcenter müssen Hartz-IV-Empfängern die Beiträge zur privaten Krankenversicherung voll bezahlen, berichtet die DAH über ein Urteil des Bundesozialgerichts.

Ein 41jähriger heterosexueller Mann wurde im US-Bundesstaat Virginia zu 50 Jahren Haft verurteilt. Der HIV-positive Mann hatte Sex mit einem 14-jährigen Mädchen, ohne sie über seine HIV-Infektion zu informieren. Das Mädchen ist HIV-infiziert.

Einem HIV-positiven Sergeant der US-Air-Force drohen bis zu 53 Jahre Haft. Er soll mehrfach Sex ohne Verwendung von Kondomen Sex gehabt haben, ohne seinen HIV-Status offen zu legen – entgegen einer schriftlichen Anordnung seines Kommandeurs, Sexpartnerinnen über seinen HIV-Status zu informieren.
Aktualisierung 22.01.2011: Der Sergeant wurde inzwischen zu acht Jahren Haft verurteilt.

14. Januar 2011:Im Verfahren gegen einen 65-jährigen HIV-positiven Mann aus Celle, dem Missbrauch in 403 Fällen in Thailand vorgeworfen wird, fordert die Staatsanwaltschaft Lüneburg 9 Jahre Haft. Das Urteil soll am 21. Februar 2011 verkündet werden.

Bei Farbigen, Hispanics und amerikanischen Indianern sind unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung die HIV-Neuinfektionsraten höher als bei Weissen; bei Farbigen und Hispanics verschlechtert die Situation sich weiter. Dies betont der erste Bericht zu ethnischen Unterschieden der Gesundheitssituation in den USA, den die CDC jemals erstellt haben.

13. Januar 2011: Das Pharmaunternehmen Gilead warnt in einem ‚Rote Hand Brief‘ (pdf), dass die nicht sachgemäße Anwendung von Cidofovir (Handelsname Vistide®) außerhalb der Zulassung zu schweren Nebenwirkungen führen kann. Die Substanz ist nur zugelassen zur Behandlung der CMV-Retinitis bei Erwachsenen mit Aids.

12. Januar 2011: State Representative Larry Brown, Republikaner und Mitglied der General Assembly des US-Bundesstaats North Carolina, redet Klartext: Erwachsene mit HIV sollten ihre Therapien nicht vom Staat bezahlt bekommen, wenn sie „es durch ihren Lebensstil verursacht haben“ sowie für Menschen, die „in perversen Lebensstilen leben“. Er meine damit u.a. Erwachsene, die sich durch Sex oder Drogen mit HIV infizieren.

11. Januar 2011: Zwei Proteasehemmer gegen das Hepatitis C Virus befinden sich in beschleunigten Zulassungsverfahren: Boceprevir in den USA und Telaprevir in Europa.

In den USA wurden die Richtlinien für HIV-Therapie aktualisiert. U.a. sind Kontrollen der CD4-Werte in vielen Fällen seltener als bisher erforderlich, zudem wurde virologisches Versagen der Therapie neu definiert.

07. Januar 2010: Die Empfehlung, dass HIV-Positive eine Grippeschutz-Impfung machen sollten, ist gerechtfertigt, folgert ein US-Forscher aufgrund aktueller Daten dreier Studien.

„Immun gegen AIDS?“ – Werbung für Gentest führt in die Irre“, warnt die DAH.

Atorvastatin und Rosuvastatin sind besser geeignet als Pravastatin, um bei HIV-Positiven erhöhte Blutfettwerte zu senken, stellen US-Forscher in einer Studie an 700 HIV-Positiven fest. Alle drei Substanzen der Gruppe der Statine hatten in der Studie vergleichbare Raten an Nebenwirkungen.

05. Januar 2011: Das Patentamt im indischen Mumbai hat einen Patentantrag des Pharmakonzerns Abbott auf die Kombination von Ritonavir und Lopinavir (vermarktet unter dem Handelsnamen Kaletra®) für Indien abgelehnt. Damit ist die Herstellung generischer Versionen in Indien möglich.

Der Baseballspieler Roberto Alomar wird in die „Hall of Fame“ des US-Baseball aufgenommen. Alomar sieht sich mit einer Anzeige seiner Ehefrau konfrontiert, er habe mit ihr ungeschützten Sex gehabt, obwohl er von seinem positiven HIV-Status wisse.

Plastiktüten seien kein brauchbarer Ersatz für Kondome, warnt das Gesundheitsministerium in Thailand die Teenager des Landes.

04. Januar 2011: Erstmals seit den 1980er Jahren ist die Zahl der Todesfälle mit Bezug zu HIV und Aids pro Jahr in New York im Jahr 2010 unter 1.000 gefallen (auf 933).

Mangel an Vitamin D kann für HIV-Positive das Risiko erhöhen, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, berichten Forscher.

01. Januar 2011: Annie Lennox wird für ihren Einsatz gegen Armut und Aids in Afrika von der britischen Queen als ‚Offizierin‘ in den Orden des britischen Empire aufgenommen.

Quebec: Freispruch für HIV- positive Frau – die bewegende Geschichte von Diane

Eine HIV-positive Frau aus Québec, in erster Instanz verurteilt wegen vermeintlichem ungeschütztem Sex mit ihrem Partner, wurde in zweiter Instanz freigesprochen. Eine Geschichte um Liebe, Beziehung und Gewalt in der Beziehung- und den Umgang von Gerichten mit HIV-Positiven.

Diane (nicht ihr tatsächlicher Name) wurde in Québec 2008 angeklagt und verurteilt, weil sie ihrem ehemaligen Partner, mit dem sie vier Jahre zusammen war, nicht vor dem Sex ihren Serostatus mitgeteilt hatte. Im Dezember 2010 wurde sie vom Berufungsgericht freigesprochen.

Diane hatte sich vermutlich bei ihrem vorigen Partner und Ehemann mit HIV infiziert. Seit 1988 war sie mit ihm verheiratet, 1991 starb ihr Ehemann an den Folgen von Aids. Beide wussten bis zu dieser Zeit nicht von ihren HIV-Infektionen. 1991, kurz vor dem Tod seines Vaters,  kam ihr gemeinsamer Sohn zur Welt; er ist HIV-negativ.

Diane plante für den Fall ihrer möglichen (und zur damaligen Zeit angesichts nicht sehr wirksamer Therapien nicht unwahrscheinlichen) Erkrankung und eines etwaigen Todes – sie bemühte sich z.B. um mögliche Pflegeeltern für ihren Sohn. Doch sie lebt, länger als sie selbst es ursprünglich für möglich gehalten hatte – und lernte im Sommer 2000, am Rand eines Fußballspiels ihres Sohnes, einen Mann kennen, Vater eines Mitschülers ihres Sohnes. Eine Beziehung entwickelte sich.

Diane besprach sich die ganze Zeit über mit ihren Ärzten, nahm antiretrovirale Therapien – und als ihre Beziehung auch sexuell wurde, schützte sie sich. Ihre Ärzte hatten ihr, wie jeder HIV-positiven Person, gesagt, wenn sie für Schutz (Kondom) Sorge trage, sei in ihrer Situation der Partner nicht gefährdet, sondern in jedem Fall auf der sicheren Seite. Entsprechend verhielt sie sich – und teilte ihren Serostatus zu Beginn ihrer Beziehung (vor dem ersten Sex) dem neuen Partner zunächst nicht mit. Sie sorgte sich -ihr neuer Partner war selbst Vater eines Mitschülers ihres Sohnes- vor allem auch, bei einem unüberlegten Bekanntwerden ihres HIV-Status könne ihr Sohn diskriminiert werden.

Bevor beide zum zweiten Mal mit einander intim wurden, informierte sie ihren neuen Partner über ihren HIV-Status – er hatte begonnen von großer Liebe und gemeinsamer Zukunft zu sprechen. Er reagierte zunächst schockiert, mehrere Wochen hatten sie keinen Kontakt. Dann nahm er erneut Kontakt zu ihr auf, erklärte ihr seine Liebe, er wolle mit ihr zusammen leben. Ihr Serostatus war offensichtlich kein Hindernis.

Drei Jahre, bis 2003, lebten sie als Paar glücklich zusammen. Dann verschlechterte sich ihre Beziehung gravierend. ihr Partner wurde zunehmend kontrollierend, beschimpfte sie, stritt um die Erziehung ihres Sohnes. Schließlich beendete Diane von sich aus die Beziehung.

Ihr ehemaliger Partner wollte sich scheinbar mit dem Ende der Beziehung nicht abfinden. Im Dezember 2004 erwachte sie im Krankenhaus – wo sie eingeliefert worden war, mit Verletzungen an Kopf, Gesicht und Hals. Ihr Sohn, selbst am Arm verletzt beim Versuch seine Mutter zu schützen, hatte den Notruf gerufen, ihr damit das Leben gerettet.

Ihr ehemaliger Partner wurde für diese Aggression 2005 angeklagt und verurteilt. Kurz vor Verkünden des Urteils enthüllte er – offenbar in einem verzweifelten Versuch, freigesprochen zu werden – vor Gericht, dass Diane HIV-Positiv ist. Er warf ihr vor, beim ersten Kontakt ungeschützten Sex mit ihm gehabt zu haben, und ihm ihrem Serostatus nicht offenbart zu haben.

Diane, selbst Opfer der gewalttätigen Angriffe ihres (HIV-negativen) Ex-Partners, wurde nun wegen „krimineller Aggression“ angeklagt. 2008 wurde sie vom Gericht Saint-Valentin für schuldig befunden und zu zwölf Monaten Haft verurteilt. Der Richter hielt sie, obwohl sie sogar ihre gesamten medizinischen Akten und Berichte ihrer HIV-Spezialisten vorgelegt hatte, für nicht glaubwürdig. In seinem Urteil verkündet er zwei ‚fundamentale Verantwortungen‘ HIV-Positiver (in Kanada): ihrer Partner/innen vor Sex umfassend über ihren Gesundheitszustand zu informieren, und alles zu unternehmen, damit sexuelle Kontakte das kleinste nur denkbare Risiko bedeuten.

Am 14. März soll Diane ihre Haftstrafe antreten – ihr damals 17 Jahre alter Sohn würde allein bleiben müssen, bei Freunden. Sie hat einen Zusammenbruch, wird ins Krankenhaus eingeliefert. Ihr Anwalt beschließt kurz darauf mit ihrer Zustimmung, Berufung gegen das Urteil einzulegen.

Am 13. Dezember 2010 wird ihr Fall in Berufung erneut verhandelt, vor dem ‚Cour d’appel‘ von Québec. Das Berufungsgericht stellt fest, ein Fakt sei in der ersten Instanz nicht berücksichtigt worden – ihre Viruslast sei im fraglichen Jahr 2000 bereits unter der Nachweisgrenze gewesen. Selbst Mediziner hatten bestätigt, dass in diesem Fall das Infektionsrisiko „sehr minimal“ gewesen sei. Diane wird einstimmig freigesprochen.

Ihre Geschichte erzählte Diane exklusiv der kanadischen Positiven-Organisation und -Plattform ‚Fréquence VIH‘. Diane wurde bei ihrem Rechtsstreit stark unterstützt von der Gruppe COCQ-SIDA (Coalition des organismes communautaires québécois). Beide Gruppen unterstützen Diane auch beim Sammeln von Spenden für ihre Prozess-Kosten bzw. mit einem Rechtsanwalt. Sie bezeichneten den Fall als ‚herausragendes Beispiel für die Diskriminierung HIV-Positiver‘.

Einer ihrer Anwälte forderte nach dem Urteil den kanadischen Gesetzgeber auf, nun das kanadische Strafgesetz an die neuen Realitäten (Viruslast / Infektiosität) anzupassen und zu präzisieren, wann überhaupt noch strafrechtliche Verfolgung möglich sei.

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weitere Informationen:
seronet.fr 15.12.2010: Pénalisation: un acquittement au Québec qui fait date
COCQ-SIDA
Fréquence VIH
Interview mit Diane auf Fréquence VIH (html, dort ‚document audio‘)
Fréquence VIH: Défendre „Diane“, c’est aussi nous défendre toutes et tous
Canadian HIV/Aids Legal Network
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Kurz notiert … Dezember 2010

22. Dezember 2010: Eine in Kenia geborene 28-jährige Frau wurde in Finnland zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Frau, die als ‚Erotik-Tänzerin‘ arbeitete, wurde vorgeworfen, zwischen 2005 und 2010 kondomlosen Sex mit 16 Männern gehabt zu haben, ohne ihren HIV-Status mitzuteilen.

Die US-Medikamentenbehörde FDA hat für die USA eine 200mg-Tablette von Etravirine (Handelsname Intellence®) zugelassen.

Die US-Medikamentenbehörde FDA hat erstmals einen Impfstoff auch zur Prävention von Anal-Karzinomen zugelassen (zur Anwendung bei Männern und Frauen im Alter von 9 bis 26 Jahren).

21. Dezember 2010: Der Pharmakonzern BMS erwirbt vom japanischen Unternehmen Oncolys BioPharma die Lizenz für den NRTI Festinavir. Die Substanz ist ein Derivat von d4T (Stavudin, Handelsname Zerit®). Festinavir soll Phase-I-Studien-Daten zufolge auch wirksam sein bei Resistenzen gegen Abacavir und Tenofovir. Für die weiteren Entwicklungsrechte zahlt BMS bis zu 286 Millionen US-$.

20. Dezember 2010: In den Vorgängen um die Verhaftung von Wikilekas-Gründer Julian Assange rückt immer mehr die Frage von Kondom-Benutzung und HIV-Test in den Vordergrund.

Ein Angeklagter vor dem Strafgericht Lüttich drohte dem Vorsitzenden, er werde den Richter mit HIV infizieren. Bevor er den Richter erreichte, überwältigten ihn Sicherheitsbeamte.

17. Dezember 2010: Auf den Zusammenhang zwischen der Verhaftung von Wikileaks-Gründer Julian Assange und den sehr repressiven HIV-Gesetzen in Schweden weist Edwin J. Bernard in seinem Artikel auf ‚Criminal HIV Transmission‘ hin.

In San Francisco hat am 10. Dezember 2010 das GLBT History Museum eröffnet. Betrieben wird es von der GLBT Historical Society.

16. Dezember 2010: Die USA und Südafrika haben eine auf fünf Jahren angelegte Partnerschaft zur Bekämpfung von Aids vereinbart.

15. Dezember 2010: Ein HIV-infizierter Amerikaner, der mit mehreren Frauen Sex ohne Kondom gehabt haben soll, wurde vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt. Damit wurde das Urteil erster Instanz des Amtsgerichts Neumarkt bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig.

14. Dezember 2010: Richard Holbrooke stirbt im Alter von 69 Jahren. Der US-Star-Diplomat war neben vielen anderen Aktivitäten auch gegen Aids engagiert, war z.B. maßgeblich am Zustandekommen der Sitzung (wie der daraus folgenden Resolution) des Welt-Sicherheitsrates zu Aids im Jahr 2000 beteiligt.

HIV-Positive mit erhöhten Triglyzerid-Werten haben auch ein erhöhtes Risiko für Neuropathien, so eine (online auf AIDS publizierte) Studie.

9. Dezember 2010: In Südafrika startet 2011 ein „real life“ – test der ‚test-and-treat‚-Strategie (möglichst viele Menschen auf HIV testen, als HIV-positiv diagnostizierte Menschen direkt antiretroviral behandeln). Die Studie wird von der französischen ANRS durchgeführt.

8. Dezember 2010: In London solle ein Aids-Memorial errichtet werden, dass an diejenigen erinnert, die an den Folgen von HIV-Infektion und Aids verstorben sind, fordert eine neue Kampagne.

6. Dezember 2010: Tabu, Scham & Co. – eine im Auftrag der DAH erstellte Studie untersucht, warum viele HIV-Infektionen spät erkannt werden.

„Großer Erfolg“ – die DAH berichtet über erste Ergebnisse der EMIS-Befragung.

4. Dezember 2010: Die European Medicines Agency (EMA) weitet die Zugangsmöglichkeiten der Öffentlichkeit zu Unterlagen über Medikamente aus.

3. Dezember 2010: Die US-Medikamentenbehörde FDA erteilt einem „1-Minute – HIV-Schnelltest für die USA die Zulassung.

Schweiz: R. Staub, im Bundesamt für Gesundheit zuständig für Prävention und Promotion im BAG, benennt den gewünschten „kulturellen Wandel“ in der HIV-Prävention: Menschen mit neuer HIV-Diagnose sollen sich per SMS bekennen und Sexpartner zu informieren.

In New York wurden am Rand eines Benefiz-Events mehrere Aids-Aktivisten verhaftet. Sie hatten gegen die Aids-Politik von New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg protestiert.

2. Dezember 2010: Die Polizei in Russland hat am Welt-Aids-Tag zehn HIV-Positive festgenommen, die gegen die Politik des Gesundheitsministeriums protestiert hatten.

Das Pharmaunternehmen Vertex hat in den USA einen Zulassungsantrag für den Hepatitis-C – Proteasehemmer Telaprevir gestellt.

1. Dezember 2010:Auch Menschen ohne einen legalen Aufenthaltsstatus haben Anspruch auf Behandlung, darauf weist die Bundesärztekammer hin („Patientinnen und Patienten ohne legalen
Aufenthaltsstatus in Krankenhaus und Praxis“, pdf)

Der Pharmakonzern MSD hat nach Empfehlung des Sicherheits-Komitees eine Phase-III-Studie zur einmal täglichen Anwendung von Raltegravir (Isentress®) vorzeitig abgebrochen. Insbesondere bei HIV-Infizierten mit hoher Viruslast sei die virologische Antwort weniger gut gewesen als bei der zweimal täglichen Dosierung.

Pünktlich zum Welt-Aids-Tag startet auf Kuba eine neue Kampagne für Sexual-Aufklärung und Aids-Prävention.

In China wird ein Erstklässler wegen seiner HIV-Infektion nach Protesten anderer Eltern der Schule verwiesen.

Besancon: schwuler Mann wegen HIV-Übertragung zu 2 Jahren Haft verurteilt

Ein HIV-Positiver wurde in Besancon zu zwei Jahren Haft verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, seinen Partner mit HIV infiziert zu haben.

Im ostfranzösischen Besancon steht im Oktober 2010 ein 36jähriger HIV-positiver schwuler Mann vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, seinen Partner mit HIV infiziert zu haben. Am 10. November 2010 fällt das „tribunal correctionnel“ sein Urteil: zwei Jahre Haft.

Der 36-Jährige wurde angeklagt wegen „administration de substance nuisible ayant entraîné une mutilation ou infirmité permanente“ (etwa: Verstümmelung oder bleibende Behinderung durch Anwendung schädlicher Substanzen).

Im Verlauf des Verfahrens entschuldigte sich der Beklagte bei seinem ehemaligen (heute 29jährigen) Partner, der das Verfahren angestrengt hatte. Beide hatten sich nach einigen Kontakten mit Kondom entschlossen, eine HIV-Test zu machen. Der Beklagte sagte danach seinem Partner, er sei (wie dieser) HIV-negativ. Einige Wochen später entdeckte der Partner jedoch ein Schreiben des Labors, in dem mitgeteilt wurde, dass er HIV-positiv sei. Im Juli2006 wurde dann auch bei dem Partner HIV diagnostiziert.

Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre Haft auf Bewährung gefordert. der Richter ging darüber hinaus und verurteilte den 36-Jährigen zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung. Der Verteidiger des Angeklagten kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Die französische Positiven-Interessenvertretung „the warning“ betonte erneut die Notwendigkeit „intelligenter Informationskampagnen“ für Paare, damit sie in Dialog kommen auch über Serostatus und Sex-Verhalten. Zudem forderte „the warning“ für Frankreich offen Information darüber, dass eine wirksame Therapie mit antiretroviralen Medikamenten das HIV-Übertragungsrisiko senkt auf eine  Bereich, der dem bei Verwendung von Kondomen entspricht. Es sei leicht verständlich, dass es einer HIV-positiven Person zunächst schwer falle, den eigenen Serostatus dem Partner oder der Partnerin mitzuteilen – dies aber umso leichter falle, wenn beide über Serostatus und Sexverhalten mit einander sprächen, und beide Beteiligten wüssten, dass mit wirksamer Therapie das Übertragungsrisiko äußerst niedrig sei. Doch das französische Gesundheitsministerium blockiere bisher derartige Informationskampagnen.

weitere Informationen:
Le Progres 12.11.2010: Tribunal de Besançon : deux ans de prison ferme pour avoir contaminé volontairement son partenaire
Seronet: Besancon – 2 ans ferme
the warning 16.11.2010: Transmission du VIH : les procès, ça suffit !

Edwin J. Bernard: Why HIV „Crimes“ Harm HIV Prevention and People With HIV
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Zehn Gründe, warum die Kriminalisierung der HIV-Übertragung Frauen schadet

Gegen die Kriminalisierung der Übertragung von HIV sprechen zahlreiche Gründe. Besonders betroffen sind auch Frauen – darauf weist eine Veröffentlichung des ‚Athena Netzwerks‘ hin.

Eine Kriminalisierung der Übertragung von HIV dämmt die Ausbreitung von HIV nicht ein – aber sie untergräbt alle Bemühungen der Vorbeugung. Frauen allerdings sind von kriminalisierenden Gesetzen und Verfahren in besonderer Weise betroffen.

Ohnehin schon Mitglied einer marginalisierten Gruppe, haben Frauen, die als Prostituierte arbeiten oder Drogen konsumieren, proportional weniger und schlechteren Zugang zu HIV-Prävention wie auch zu HIV-Therapie und -Behandlung. Eine Kriminalisierung verstärkt das Stigma, dem sich diese Frauen sowieso schon ausgesetzt sehen, betont ein Paper der Organisation ‚Athenahttp://www.ondamaris.de/wp-admin/post.php?action=edit&post=22762&message=6‘.

‚Athena‘ ist ein Netzwerk von Gruppen und Einzelpersonen, das sich insbesondere für die Beachtung Gender-spezifischer belange im Kampf gegen Aids einsetzt.

Die Organisation wendet sich mit ihrem Paper explizit auch gegen die oft zu hörende Argumentation, eine HIV-Übertragung kriminalisierende Gesetze trügen zum Schutz von Frauen bei. Sie fordert stattdessen einen Menschenrechts-Ansatz, der den Schutz der Rechte und Würde aller Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Auch die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) hatte anlässlich des Prozesses gegen die Pop-Sängerin Nadja Benaissa im August 2010 erneut betont, dass „Zehn Gründe gegen die Kriminalisierung der Übertragung von HIV“ sprechen.

Der Gründer der US-Internetseite POZ, Sean Strub, erläutert in einem Artikel auf seinem Blog, warum es seiner Ansicht nach so wichtig ist, gegen Kriminalisierung vorzugehen.

weitere Informationen:
Athena Network (2009): 10 Reasons Why Criminalization of HIV Exposure or Transmission Harms Women (pdf)
Athena Network
Sean Strub: Criminalization 101
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Sex ohne Kondom: 1.140 Euro Schadenersatz für PEP (akt.2)

Zu 1.140 Euro Schadenersatz wurde ein HIV-positiver Mann in Köln verurteilt, wegen Sex ohne Kondom. Er musste dem Kläger 75% der Kosten für Medikamente erstatten.

Sie lernten sich im September 2009 über eine Internet-Plattform kennen, ein HIV-positiver Mann und ein russischer Austausch-Student. Nein, ein Schutz mit Kondomen sie nicht nötig, antwortete der HIV-Positive auf Nachfrage. Er nimmt Aids-Medikamente, ist mit der Viruslast unter der Nachweisgrenze. Weiß, dass die Infektiosität so sehr stark reduziert ist (siehe ‚EKAF-Statement‘, „keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs„).

Im Profil des Beklagten habe dieser ausdrücklich auf verlinkte ‚Clubs‘ hingewiesen; hieraus sei offen ersichtlich, dass er HIV-positiv sei.

Später jedoch erzählt er von seiner HIV-Infektion, sowie dass er aufgrund seiner wirksamen Therapie nicht infektiös sei. Der Austausch-Student bekommt dennoch Angst, sich angesteckt zu haben. Er kontaktiert einen Arzt, bekommt eine PEP (Post-Expositions-Prophylaxe, Medikamente gegen HIV direkt nach einem möglicherweise risikobehafteten Kontakt, die eine Infektion verhindern sollen).

Und der Austausch-Student reicht Klage ein gegen seinen Sexpartner. Er möchte die Kosten für die PEP in Höhe von 1.520,45 € vom Beklagten erstattet bekommen. Seine russische Krankenversicherung hatte sich geweigert, die Kosten zu übernehmen.

Der HIV-Positive wurde vom Amtsgericht Köln zur Übernahme von 75% der Kosten für die beim Kläger eingesetzte PEP (Post-Expositions-Prophylaxe) verurteilt. Er hätte den Kläger auf seine Infektion hinweisen müssen, damit dieser selbst das Risiko abwägen und selbst entscheiden könne. Der Beklagte habe den Kläger nicht vor dem Geschlechtsverkehr über seine HIV-Infektion informiert, weil er „befürchtete, der Kläger werde ganz von einem sexuellen Kontakt Abstand nehmen.“

Die Klage sei gemäß § 823 (1) BGB (Gesundheitsverletzung) aufgrund der Angst, sich infiziert zu haben, und der psychischen Beeinträchtigung begründet. „Die Verletzungshandlung des Klägers liegt in der Ausübung des Geschlechtsverkehrs ohne die Benutzung eines Kondoms trotz Kenntnis von seiner HIV-Infektion.“

Der Kläger müsse sich eine Mitschuld anrechnen lassen, so das Amtsgericht. Er hätte auch selbst für Schutz sorgen können. Ihm wurden 15 25% der Kosten angelastet.

Der Kläger infizierte sich nicht.

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Nachtrag 23.10., 16:00 Uhr:
War eine PEP (deren Verordnung und daraus folgende Kosten ja Klage-Gegenstand gewesen zu sein scheinen) in der konkreten Situation überhaupt erforderlich?
Die „Deutsch-Österreichische Empfehlungen zur HIV-Postexpositionsprophylaxe“ sagen zur Frage „Indikation zur HIV-PEP nach sexueller und anderer HIV-Exposition“ klar:

„Ungeschützter insertiver oder rezeptiver vaginaler oder analer Geschlechtsverkehr (z.B. infolge eines geplatzten Kondoms) mit einer HIV-infizierten Person ⇒ empfehlen, außer wenn Indexperson unter stabiler HAART (VL<50 Kopien seit mind. 6 Monaten)“ (Seite 3 ‚Indikation zur HIV-PEP‘).

Nachtrag 25.10.2010:
Die Urteilsbegründung ist anonymisiert inzwischen von der DAH publiziert (pdf).

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weitere Informationen:
Amtsgericht Köln Az.: 113 C 598/09 (auf dem Justiz-Server NRW bisher nicht online) (siehe oben Nachtrag 25.10.)
Express Köln 22.10.2010: Schadenersatz nach HIV-Verkehr
queer.de 23.10.2010: Schadensersatz für Sex ohne Kondom
Matthias Gerschwitz 23.10.2010: Die Folgen der Freude
Deutsch-Österreichische Empfehlungen zur HIV-Postexpositionsprophylaxe (Stand Januar 2008 – Kurzfassung)
DAH 25.10.2010: HIV-Positiver zu Schadensersatz verurteilt
Steven Milverton 31.10.2010: Ver-urteilt
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Asien: Gesetze treiben HIV-Prävention in den Untergrund

In Asien stehen Strafgesetze einer wirksamen HIV-Prävention im Weg, betont ein IRIN-Bericht.

Die HIV-Epidemie ist in Asien primär verbunden mit bezahltem ungeschütztem Sex, so die Independent Commission on AIDS in Asia. Zehn Millionen Frauen sollen in Asien als Sexarbeiterinnen tätig sein und ihre Dienste 75 Millionen Männern anbieten.

„HIV-Präventions-Techniken stehen ausreichend zur Verfügung“, betont Steven Krauss, UNAIDS-Generaldirektor Asia Pacific. „Aber uns stehen Strafgesetze im Weg.“ Schon dadurch, dass Prostitution kriminalisiert werde, sei eine wirksame Prävention sehr erschwert, so der Irin-Bericht. Auf diese Weise könne schon der Besitz von Kondomen als Anzeichen einer Straftat gewertet werden.

Als ein Beispiel wird Kambodscha genannt., Das Land wurde lange für seine Aids-Politik gelobt, insbesondere für sein ‚100% Kondom‘ – Programm. Doch ein 2008 eingeführtes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels führte zu einer umfassenden Kriminalisierung der Prostitution.

Selbst die Verteilung von Kondomen könne nun zu Konflikten mit dem Gesetz führen. Das Schließen der meisten Bordelle habe die Frauen zudem in den Untergrund getrieben – wo sie viel stärker Polizeiwillkür ausgeliefert wie auch durch HIV gefährdet seien.

Das Nachrichten-Netzwerk Irin ist ein Projekt des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs.

Irin 15.10.2010: ASIA: Laws driving HIV prevention underground
Human Rights Watch 19.07.2010: Off the streets – Sex work in Cambodia
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Positiv – oder? Gedanken zur neuen Stellungnahme der DAIG zum EKAF-Papier

Die Deutsche Aids-Gesellschaft hat eine neue DAIG-Stellungnahme zum EKAF-Statement vorgelegt. In diesem äußert sie sich ausführlich zum EKAF-Statement (keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs). Was bedeutet diese Stellungnahme im einzelnen? Einige persönliche Gedanken …

Die Frage der Reduzierung der Infektiosität und die Bewertung der Konsequenzen daraus

Die DAIG äußert sich zur Frage der Reduzierung der Infektiosität in Folge wirksamer antiretroviraler Therapie, sie stimme

„Aussagen der UNAIDS zu, dass die HIV-Therapie prinzipiell die HIV-Übertragung reduziert“,

und erläutert

„Verschiedene Studien zeigen, dass der Einsatz der HIV-Therapie mit einer Reduktion der sexuellen HIV-Übertragung assoziiert ist, wahrscheinlich vergleichbar zum Effekt des korrekten Kondomgebrauchs.“

sowie

„Das im EKAF-Statement benannte Risiko von ca. 1:100.000 oder weniger pro Kontakt bei effektiver HIV-Therapie aber ohne Kondom erscheint prinzipiell plausibel.“

Nichts inhaltlich wesentlich anderes sagt die Deutsche Aids-Hilfe in ihrem Positionspapier (HIV-Therapie und Prävention – Positionspapier der Deutschen AIDS-Hilfe), und zieht daraus die Konsequenz

„Das heißt: Das Risiko einer HIV-Übertragung ist unter den oben genannten Bedingungen so gering wie bei Sex unter Verwendung von Kondomen.“

Die DAIG formuliert zurückhaltender und betrachtet auch das verbleibende Einzelfall-Risiko, wenn sie das Fazit zieht, dass

„das Risiko für eine sexuelle HIV-Transmission von Menschen unter effektiver HIV-Therapie in Populationsstudien fester Partnerschaften und nach mathematischen Kalkulationen sehr gering ist, kumulativ und im Einzelfall aber bezifferbar und relevant bleibt.“

Eine Aussage, die nicht in Widerspruch zum Fazit des DAH-Positionspapiers steht, dass das Risiko einer HIV-Übertragung bei Viruslast-Methode so gering ist wie bei Kondom-Benutzung.

Anders ausgedrückt: das Kondom war bisher (und bleibt) der ‚Gold-Standard‘ der HIV-Prävention. Mit der Viruslast-Methode gibt es nun eine zweite Methode, die eine ebensolche Schutzwirkung erreichen kann. Beide Methoden haben ihre Schwächen – und ihre Stärken (siehe DAH-Positionspapier, Punkt 3.5).

Entsprechend kommt auch die DAIG zu der Einschätzung, dass

„in festen diskordanten Partnerschaften nach eingehender Information und Beratung dem HIV-negativen Partner letztlich die Entscheidung obliegt, auf weitere Schutzmaßnahmen zu verzichten, wenn

1. die antiretrovirale Therapie (ART) durch den HIV-infizierten Menschen konsequent eingehalten und durch den behandelnden Arzt regelmäßig kontrolliert wird;
2. die Viruslast (VL) unter ART seit mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze liegt;
3. keine Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Erregern (STD) bestehen.”

Wobei die DAIG zur Frage des Rest-Risikos darauf hinweist, dass

„das Risiko der Übertragung einer HIV-Infektion auch bei konsequenter und effektiver HIV-Therapie nach unserer Meinung nicht vernachlässigbar ist.“

Ein Rest-Risiko, das auch bei Kondomen besteht – die wir bereits seit über 20 Jahren zum Schutz gegen eine HIV-Infektion verwenden, nur weitgehend ohne uns dieses Rest-Risikos bewusst zu sein oder es zu thematisieren. Ein Rest-Risiko, das genau der Grund ist, warum wir von „safer“ Sex sprechen, und eben nicht von „safe“ Sex.

Die Frage der Verantwortung

Die DAIG betont erfreulicherweise mehrfach die

„gleichberechtigte Verantwortlichkeit bei sexuellen Handlungen“.

In einer sexuellen Begegnung haben beide Partner Verantwortung für die Frage, wie sie mit dem Schutz vor Infektionen umgehen wollen.

‚Gleichberechtigte Verantwortung‘ – eine Formulierung, die so manchem Boulevardblatt leider noch fremd zu sein scheint, wie die Berichterstattung über Nadja Benaissa in den jüngsten Tagen zum wiederholten Male zeigte. Eine klare Formulierung, die umso mehr begrüßenswert ist.

Die Sache mit dem Strafrecht

Die DAIG betont gleich zu Beginn, sie sei

„der festen Überzeugung, dass es keinen Sinn macht, der Herausforderung der HIV-Epidemie mit strafrechtlichen Mitteln zu begegnen“.

Zur Frage, welche Konsequenzen das EKAF-Statement juristisch haben könnte, formuliert die DAIG vorsichtig

„Es ist möglich, dass sich ein potentiell reduziertes Infektionsrisiko durch eine HIV-Therapie in individuellen Fällen auf das Strafmaß auswirkt. Ob es strafabwendend wirkt, muss die Rechtsprechung im Einzelfall entscheiden.“

Resümee

Was bedeuten die einzelnen Punkte der DAIG-Stellungnahme? Letztlich, trotz aller Wenns, aller Abers, aller Beurteilungen als ‚befremdlich‘ oder ’nur schwer nachvollziehbar‘ – in der Substanz ist das neue Statement der DAIG m.E. positiv und begrüßenswert: Es findet sich bei genauerem hinsehen viel Übereinstimmung. In seinem Kern ist das Statement der DAIG in weiten (wenn auch nicht allen) Teilen nicht sehr entfernt vom Inhalt des Positionspapiers der Deutschen Aidshilfe – das wohl (besonders in den Botschaften, die es daraus ableitet) über das Statement der DAIG hinaus geht. Entsprechend begrüßt auch die DAH in ihrer Reaktion die Stellungnahme der DAIG und betont weitreichende Übereinstimmungen.

Die wesentliche Aussage des DAH-Positionspapiers („Das heißt: Das Risiko einer HIV-Übertragung ist unter den oben genannten Bedingungen so gering wie bei Sex unter Verwendung von Kondomen“) findet im DAIG-Statement keinen Widerspruch, die dem zugrunde liegende Risikoeinschätzung wird als „plausibel“ betrachtet. Viruslast-Methode und korrekter Kondom-Gebrauch sind in ihrem Effekt hinsichtlich der Verhinderung der HIV-Übertragung vergleichbar. In den Bedingungen für die Anwendung der Viruslast-Methode stimmen DAH und DAIG überein.

Sehr erfreulich ist darüber hinaus, dass die DAIG klare Worte zur Kriminalisierung der HIV-Infektion findet und klarstellt, dass es „keinen Sinn macht, der Herausforderung der HIV-Epidemie mit strafrechtlichen Mitteln zu begegnen”.

Auch zur Frage der Verantwortung für Schutz findet die DAIG mit der Formulierung „gleichberechtigte Verantwortlichkeit bei sexuellen Handlungen“ begrüßenswert klare Worte – und erteilt einseitigen Zuweisungen (i.d.R. an den / die HIV-Positive/n) implizit eine klare Absage.

Es wäre begrüßenswert, wenn DAIG und DAH – wie die DAH in ihrer Reaktion erneut vorschlägt – nun einen erneuten Anlauf nehmen, ein gemeinsames Positionspapier zu erstellen.

Insgesamt scheint mir so das Positionspapier der DAIG begrüßenswert und ein Fortschritt auf dem Weg des EKAF-Statements in die Praxis. Ein Weg, den wir seit nun beinahe drei Jahren gehen, ein Weg der mühsam und manchmal beschwerlicher als erwartet ist – aber auf dem auch dieses Statement einen Fortschritt darstellt.

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Nebenbei: ich freue mich, dass auch ein ondamaris-Artikel (Freispruch oder Verurteilung – und das Schweigen der Fachgesellschaften) die DAIG zu ihrer Stellungnahme veranlasst hat – und zu einer fünfseitigen (wenn auch stellenweise sehr kritischen) Auseinandersetzung mit dem Artikel. Zu einem  Gedankenaustausch stehe ich auch weiterhin gerne zur Verfügung.

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HIV and the criminal law

Das britische Internetportal aidsmap macht ein Buch zum Thema HIV und Kriminalisierung (in englischer Sprache) online zugänglich: „HIV and the criminal law“:

HIV and the criminal law

Preface

By The Hon. Michael Kirby AC CMG and Edwin Cameron, Justice of the Constitutional Court of South Africa

Introduction

How this resource addresses the criminalisation of HIV exposure and transmission.

Fundamentals

An overview of the global HIV pandemic, and the role of human rights and the law in the international response to HIV.

Laws

A history of the criminalisation of HIV exposure and transmission, and a brief explanation of the kinds of laws used to do this.

Harm

Considers the actual and perceived impact of HIV on wellbeing, how these inform legislation and the legal construction of HIV-related harm.

Responsibility

Looks at two areas of responsiblity for HIV prevention: responsibility for HIV-related sexual risk-taking and responsibility to disclose a known HIV-positive status to a sexual partner.

Risk

An examination of prosecuted behaviours, using scientific evidence to determine actual risk, and how this evidence has been applied in jurisdictions worldwide.

Proof

Foreseeability, intent, causality and consent are key elements in establishing criminal culpability. The challenges and practice in proving these in HIV exposure and transmission cases.

Impact

An assessment of the impact of criminalisation and HIV – on individuals, communities, countries and the course of the global HIV epidemic.

Details

A summary of laws, prosecutions and responses to criminalisation of HIV exposure or transmission internationally, and key sources of more information.

HIV and the criminal law (c) NAM
HIV and the criminal law (c) NAM

Alle Texte sind auf dem Internetangebot von aidsmap hier verlinkt.

Bundesregierung will sich nicht festlegen

Antwort auf Kleine Anfrage zur Strafbarkeit von Sex unter HIV-Therapie verweist auf Gerichte. Deutsche AIDS-Hilfe: Wissenschaftliche Fakten endlich anerkennen!

Die Bundesregierung will keine grundsätzliche Aussage darüber treffen, ob HIV-positive Menschen unter gut wirksamer antiretroviraler Therapie für ungeschützten Sex strafrechtlich belangt werden sollten. „Die Beantwortung dieser Frage hängt von diversen Einzelumständen ab, deren Bewertung den unabhängigen Gerichten überlassen bleibt“, erklärt im Namen der Bundesregierung Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Barbara Höll (Die Linke).

Höll hatte sich in ihrer Anfrage vom 3. September auf das österreichische Ministerium für Justiz bezogen. Das Ministerium sehe es „als mit dem Strafrecht nicht vereinbar an, therapierte HIV-Positive strafrechtlich zu belangen“, sofern die so genannten EKAF-Kriterien erfüllt seien (zur Erläuterung von EKAF siehe die Links unter diesem Text). Höll fragte die Bundesregierung, ob sie sich dieser Rechtsauffassung mit Blick auf das deutsche Recht anschließe.

Zu einer solchen klaren Aussage wollte sich die Bundesregierung aber offenbar nicht durchringen. Auszug aus der Antwort: „Nach derzeitiger Kenntnis muss davon ausgegangen werden, dass von einem effektiv antiretroviral behandelten HIV-Infizierten in der Regel kein medizinisch relevantes Infektionsrisiko für seine Sexualpartner ausgeht. Ein Restrisiko bleibt – wie auch beim Gebrauch von Kondomen – bestehen.“

Dieses Restrisiko könne nicht genau beziffert werden und das Übertragungsrisiko sei nur unter bestimmten Voraussetzungen erheblich herabgesetzt, heißt es weiter, darum könne nur im Einzelfall entschieden werden, ob eine Strafbarkeit nach Paragraf 224 des Strafgesetzbuches („Gefährliche Körperverletzung“) gegeben sei.

Höll kritisierte die Antwort der Bundesregierung heute in einer Pressemitteilung: „Leider positioniert sich die Bundesregierung nicht zu möglichen Strafverfahren. Und dies im Wissen, dass viele Staatsanwaltschaften weiterhin in Verkennung der Sachlage therapierte HIV-Positive anklagen und diese von unwissenden Richterinnen und Richtern verurteilt werden. Dies ist widersprüchlich und bitter für die Betroffenen.“

Höll hat in ihrer Anfrage außerdem gefragt, ob Anklagen und Verurteilungen von HIV-Positiven, die HIV möglicherweise weitergegeben haben, nach Meinung der Bundesregierung andere Menschen von einem HIV-Test abhalten könnten. Die Bundesregierung sieht dafür keine Anzeichen. In den vergangenen Jahren sei die Testbereitschaft kontinuierlich gestiegen.

Die Deutsche AIDS-Hilfe teilt diese optimistische Einschätzung nicht. Wenn Menschen mit HIV vor Gericht gestellt werden, kann das andere vor einem Test zurückschrecken lassen. Vor allem aber verringert es die Bereitschaft, über die eigene HIV-Infektion zu sprechen. Gerade Prozesse, die mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit einhergehen, wie der gegen Nadja Benaissa, gefährden so die Erfolge der Präventionsarbeit.

Zur Frage der Übertragungswahrscheinlichkeit sagt Winfried Holz, Mitglied im Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe: „Wenn Menschen mit HIV Sex mit Kondom haben, hat das in Deutschland zurecht keine strafrechtlichen Konsequenzen, auch wenn sie keine HIV-Medikamente nehmen. Verglichen damit ist die Übertragungswahrscheinlichkeit beim Sex ohne Kondom unter gut funktionierender HIV-Therapie sogar noch geringer. Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen das endlich berücksichtigen. Hier sollte auch die Bundesregierung eindeutig Stellung beziehen.“

(Holger Wicht / DAH)

Kurz notiert … September 2010

29. September 2010: Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria lässt seinen neuen Verwaltungssitz in Genf bauen, für 92 Mio. sFr. Die Fertigstellung ist für 2015 geplant.

Langwierige und kostspielige Bürokratie behindert in China eine adäquate medizinische Versorgung und Betreuung HIV-Positiver, so US-Forscher David Ho.

28. September 2010: Mit dem ‚Positive Justice Projectwendet sich erstmals ein landesweites Projekt in den USA gegen HIV-Positive kriminalisierende Gesetze. Das Projekt wurde gegründet vom ‚Center for HIV Law and Policy‚.

Francoise Barré-Sinoussi, Medizin-Nobelpreis-Trägerin und Mit-Entdeckerin des HIV, fordert in ‚Le Monde‘ für Frankreich Druckräume für Drogengebraucher: „Il est urgent d’ouvrir des centres d’injection supervisée de drogues“

27. September 2010: Mit dem Pharmahersteller Gilead hat erstmals ein Medikamenten-Hersteller im Aids-Bereich für noch Patent-geschützte Medikamente (hier: Atripla®, Truvada®) einen Rabattvertrag abgeschlossen, mit der AOK Berlin (gültig seit Juli 2010).

Robert Mugabe, diktatorischer Staatschef von Simbabwe, beabsichtigt die Einführung von HIV-Zwangstests im Land.

26. September 2010: Zukünftig soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Kostenübernahme für ein neues Medikament nur noch ablehnen können, wenn er dessen Unzweckmäßigkeit beweisen kann. Eine entsprechende als pharmafreundlich betrachtete Änderung plant die Bundesregierung.

20. September 2010: Das Mikrobizid ‚Pro2000‘, ein vaginal anzuwendendes Gel, hat in einer Studie keine Wirkung gezeigt.

18. September 2010: In Russland wurden Aids-Aktivisten verhaftet. Sie hatten gegen Versorgungsprobleme bei Aids-Medikamenten protestiert. Die Versorgungsprobleme haben bereits zu Therapie-Unterbrechungen geführt.

In einem Film über den an den Folgen von Aids verstorbenen Sänger der Gruppe ‚Queen‘  Freddy Mercury soll Sascha Baron Cohen (bekannt u.a. aus ‚Borat‘) die Hauptrolle übernehmen.

16. September 2010: HIV-positive Patienten hatten einen ähnlichen Verlauf wie HIV-Negative bei Infektionen mit H1N1 („Schweinegrippe„), berichten spanische Forscher.

US-Forscher berichten, dass inzwischen über ein Drittel der Fälle von Kaposi Sarkom bei HIV-Positiven mit mehr als 250 CD4-Zellen auftreten.

Die HIV-Prävention bei schwulen Männern in Frankreich benötigt neue Ansätze – die Neu-Diagnosezahlen sind hoch. Wissenschaftler des französischen Public Health Instituts behaupten, die HIV-Infektion sei bei schwulen Männern in Frankreich „außer Kontrolle“.

14. September 2010: Das Durchfallmittel Loperamid ist unter bestimmten Voraussetzungen wieder verordnungsfähig.

10. September 2010: Apotheken dürfen ihren Kunden in geringem Umfang Preisnachlässe auf verschreibungspflichtige Medikamente gewähren, urteilte der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 193/07, 72/08 u.a.). Über die Frage, ob die deutscher Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente auch für im Ausland sitzende Internetapotheken gilt, wird der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe später befinden.

9. September: Die Bundesregierung plant offenbar, sich aus dem Global Fonds zur Bekämpfung von Aids. Tuberkulose und Malaria zurückzuziehen. Zahlreiche Organisationen protestieren.

8. September 2010:  Der US-Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb (BMS) erwirbt die Biotech-Firma Zymo Genetics für 885 Mio. US-Dollar. BMS will damit u.a. sein Portfolio an Substanzen gegen Hepatitis C stärken.

7. September: Bei der Entlassung des IQWIG-Chefs Peter Sawicki spielte auch das Bundeskanzleramt eine Rolle, berichtet SpON.

6. September 2010: Ein Drittel aller HIV-Positiven haben posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS). Darauf weisen britische Forscher hin.
Im Epidemiologischen Bulletin 35/2010 des Robert-Koch-Instituts (RKI) werden Ergebnisse zur Erarbeitung von Standards in der Prävention von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) durch die Arbeitsgemeinschaft „Sexuelle Gesundheit“ vorgestellt.

4. September 2010: Dürfen Kliniken HIV-Patienten ambulant behandeln? Nein, sagt das Sozialgericht Hannover – und setzt damit einen Streit fort, der seit langem zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken entbrannt ist.

2. September 2010: „Wenn einer verantwortlich ist, dann bin ich das.“ Der Staatspräsident Kubas Fidel Castro bedauert die Hetze gegen Schwule in Kuba und übernimmt die Verantwortung. Zu einer etwaigen Entschädigung äußert er sich nicht.