„Jeder hat das Recht auf Sex ohne Kondom, auch Menschen mit HIV“ – Forderungen und Positionen aus dem Workshop „Kriminalisierung von Menschen mit HIV“

Im Rahmen des 144. Bundesweiten Positiventreffens fand am 29. Juni 2011 im Waldschlößchen ein Workshop zum Thema ‚Kriminalisierung von Menschen mit HIV‘ statt. Die Teilnehmer erarbeiteten gemeinsam mit dem Workshop-Leiter RA Jacob Hösl eine Resolution, die im Folgenden dokumentiert ist:

Forderungen und Positionen aus dem Workshop „Kriminalisierung von Menschen mit HIV“ am 29.6.2011 im Rahmen des 144. HIV-Positiven-Treffens

Forderungen und Positionen aus dem Workshop „Kriminalisierung von Menschen mit HIV“ am 29.6.2011 im Rahmen des 144. HIV-Positiven-Treffens im Waldschlösschen Gleichen-Reinhausen, gerichtet an die Aidshilfeorganisationen, allen voran an die Deutsche Aids-Hilfe. Sie mögen sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mittel dafür einsetzen.

Denn nicht akzeptabel, ärgerlich und verletzend ist das Bild von Sexualität, wie es leider seit Jahren, zum Teil wider besseres Wissen, in Öffentlichkeitskampagnen verbreitet wird. Diese müssen ehrlicher und zur Änderung der falschen Bilder zunächst auch provokanter werden. Das ist nötig, weil das „alte Aids“ heute eher Schreckgespenst denn Wirklichkeit ist, was aber bei den meisten Menschen noch nicht angekommen ist.

Viele von uns sind nicht mehr ansteckend.

Weitgehender Konsens unter den Teilnehmern herrschte über Folgendes:

1. Es gibt keine Sicherheit, auch nicht beim Sex.

2. Die Selbstbestimmtheit der „HIV-Negativen“ im Sexualverhalten muss gestärkt werden.

3. Jeder hat das Recht auf Sex ohne Kondom, auch Menschen mit HIV.

4. Die Unwissenheit über HIV muss beseitigt werden, das Wissen muss verbreitet werden, etwa über die tatsächliche Infektiosität.

5. Die Angst „HIV = Sex + Tod“ muss genommen werden.

6. HIV-Positive müssen antidiskriminierungsrechtlich geschützt werden.

7. Geld für Antidiskriminierungskampagnen muss bereitgestellt werden.

USA: Gesetzentwurf zur Abschaffung die HIV-Übertragung kriminalisierender Gesetze

Die Abgeordnete Barbara Lee (Demokraten, Kalifornien) hat einen Gesetzentwurf in den US-Kongress eingebracht, mit dem hoffentlich Gesetze, die bisher die Übertragung von HIV kriminalisieren, zurückgezogen werden.

34 US-Bundesstaaten sowie 2 US-Territorien haben derzeit Gesetze, mit denen explizit die Übertragung von HIV kriminalisiert wird. Die Strafen reichen dabei von Bußgeldern bis zu 30 Jahren Haft. Die entsprechenden Gesetze könnten nun ein Ende finden – wenn es nach einem Gesetzentwurf geht, den die US-Abgeordnete Barbara Lee am 22. September 2011 in den US-Kongress eingebracht hat.

US-Kongress-Abgeordnete Barbara Lee (Demokraten / Kalifornien)
US-Kongress-Abgeordnete Barbara Lee (Demokraten / Kalifornien)

Erstmals überhaupt widmet sich ein Gesetzentwurf in den USA der Problematisierung der Kriminalisierung der HIV-Infektion. Der „REPEAL HIV Discrimination ACT“ fordert eine Kontrolle aller Gesetze und Verordnungen der USA sowie aller Bundesstaaten, in denen HIV-Übertragung kriminalisiert wird:

„a national review of Federal and State laws, policies, regulations, and judicial precedents and decisions regarding criminal and related civil commitment cases involving people living with HIV/AIDS, including in regards to the Uniform Code of Military Justice“

Als zweiter Schritt soll – nach einem nach 180 Tagen vorzulegenden Bericht – dem Gesetzentwurf zufolge ein System von Anreizen geschaffen werden, damit diese Gesetze überarbeitet werden.

Unterstützt wird Barbara Lees Gesetzentwurf von den Abgeordneten Donna Christensen (D-VI), Hansen Clarke (D-MI-13), Steve Cohen (D-TN-9), Raul Grijalva (D-AZ-7), Maurice Hinchey D-NY-22), Jesse Jackson D-IL-2), Eleanor Holmes Norton (D-DC), Mike Quigley (D-IL-5), Charles Rangel (D-NY-15), Gregorio Kilili Camacho Sablan (D-MP), Jose Serrano (D-NY-16) und Lynn Woolsey (D-CA-6).

Barbara Lee war auch bereits sehr engagiert für die Abschaffung des früheren, zum 4.1.2010 abgeschafften Einreiseverbots für HIV-Infizierte in die USA, u.a. ebenfalls mit Gesetzesentwürfen, die sie einbrachte.

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housingworks 26.09.2011: Rep. Lee Introduces Groundbreaking Anti-HIV Criminalization Bill
REPEAL HIV discrimination act
center for HIV law and policy 26.09.2011: Why Federal Legislation Matters: The REPEAL HIV Discrimination Act
HIVplus Mag 26.09.2011: Proposed Law Aims to Stop Criminalizing People with HIV

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Belgien: HIV-Positiver zeigt Sex-Partner an

Ein HIV-positiver Mann hat in Belgien Anzeige erstattet gegen einen Sex-Partner, dem er vorwirft, ihn mit HIV infiziert zu haben. Dies berichtet der Belgische Rundfunk.

Der 30jährige Mann aus der belgischen Stadt Hasselt (Hauptstadt der Provinz Limburg) habe eine einjährige Beziehung mit dem Mann gehabt, gegen den er nun Anzeige erstattet habe. Dieser habe von sei er HIV-Infektion gewusst und ihn mit HIV infiziert.

Eine andere Infektionsursache sei nach Angaben des eingeschalteten Anwalts Bert Partoens ausgeschlossen, sein Mandant habe seitdem keine andere Beziehung, besonders keine ohne Kondom, mit einem anderen Mann gehabt.

Anfang Juni 2011 war in Belgien erstmals überhaupt ein HIV-Positiver wegen HIV-Übertragung verurteilt worden.

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weitere Informationen:
hbvl 12.09.2011: Hasselaar aangeklaagd voor opzettelijke besmetting met hiv
BRF 12.09.2011: Klage wegen angeblich wissentlicher Weitergabe von HIV
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Kurz notiert … August 2011

26. August 2011: Ein Artikel in der Fachzeitschrift ‚The Lancet‘ warnt wegen möglicher Schäden für die betreffenden Personen wie die Bevölkerung vor der voreiligen (US-) Zulassung von antiretroviralen Medikamenten für Prä-Expositions-Prophylaxe PrEP.

23. August 2011: Eine große US-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der HPV-Impfstoff Cervarix® Frauen auch deutlich vor analen Tumoren schützt, die von HPV verursacht werden.

18. August 2011: Drogenabhängige Gefangene können in Baden-Württemberg künftig auch mit Diamorphin (pharmazeutisch erzeugtem Heroin) behandelt werden.
Die Bundesregierung würde weitere Standorte für diamorphingestützte Behandlung begrüßen.

Forscher haben wirksame Antikörper gegen HIV entdeckt.

11. August 2011: Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat am 10.8.2011 einer Dreier-Kombinations-Pille aus Emtricitabine, Rilpivirine und Tenofovir die US-Zulassung bei therapie-naiven Erwachsenen erteilt. Die Vermarktung erfolgt unter dem Handelsnamen ‚Complera®‘.

08. August 2011: Die HIV-Inzidenz ist in den USA zwischen 2006 und 2009 vergleichsweise stabil geblieben, unter anderem bei jungen Homosexuelle allerdings habe es Steigerungen gegeben, berichten US-Forscher.

03. August 2011: HIV breite sich unter Homosexuellen in den Staaten Arabiens „explositionsartig“ aus, berichtet das französische Schwulen-Magazin ‚Tetu‘ über eine Studie aus Katar.

02. August 2011: Die US- Kongress-Abgeordnete Barbara Lee (Demokraten) will im September einen Gesetzentwurf in den Kongress einbringen, mit dem HIV-Kriminalisierungs-Gesetzen in US-Bundesstaaten ein Ende gemacht werden soll.

750.000 Euro, die der Pop-Sänger Elton John der Regierung Irlands spendete, wurden nicht verwendet, berichtet PinkNews. Elton John hatte das Geld zweckgebunden für Nadeltausch-Projekte gespendet. Das Projekt wurde jedoch gestoppt, so die irische Regierung.

01. August 2011: Der Regierung von Botswana wird vorgeworfen, HIV-Positiven Insassen von Haftanstalten antiretrovirale Behandlung zu verweigern.

Aktivisten fordern den US-Bundesstaat Iowa auf, ein Gesetz abzuschaffen oder zu überarbeiten, dass HIV-Übertragung kriminalisiert.

Egoismus als Mittel der HIV-Prävention ?

Die ‚egoistische‘ Haltung „ich will nicht HIV-positiv werden“ – kann sie Mittel der Prävention sein? Martin Dannecker schlägt genau dies vor, und begründet.

Unter dem Titel ‚Lustprinzipien‘ behandelt die aktuelle Ausgabe des Berliner Homo-Magazins ‚Siegessäule‘ verschiedene Aspekte des Lebens mit HIV heute. Highlight des HIV-Schwerpunkts: das Interview mit dem Sexualwissenschaftler Martin Dannecker.

Der seit einigen Jahren in Berlin lebende Sexualwissenschaftler Martin Dannecker schlägt in diesem Interview vor

„Es gibt eine radikale Position, die man im Zusammenhang mit Prävention vertreten kann: die egoistische Position. Unter Schwulen ist es doch klar: Jeder, der eine HIV-Infektion nicht wenigstens stillschweigend in Kauf nimmt, kann nachhaltig darauf bestehen, dass entweder ein Kondom eingesetzt wird oder bestimmte Sachen nicht gemacht werden.“

und begründet dies

„ich glaube, es ist das Fruchtbarere, die erfolgreichere Position, wenn ich sage, ich will unter keinen Umständen positiv werden und setze daher meinen Egoismus durch. Von Egoismus zu sprechen hat etwas Erleichternderes, weil es die geläufige Positionierung von verantwortlich und nicht verantwortlich umgeht.“

Martin Dannecker
Martin Dannecker

Foto: Martin Dannecker im Juli 2008 bei einer Talk-Runde zum Thema ’25 Jahre Deutsche Aids-Hilfe‘ auf dem 126. Bundes­weiten Positiventreffen im Waldschlößchen

Dannecker äußert sich auch zur Frage von Schuld-Zuschreibungen (Negative / Ungetestete erwarten von HIV-Positiven, ihre Infektion vorher mitzuteilen, machen Positive (allein) verantwortlich für Schutz):

„Dass viele real oder vermeintlich Negative die Positiven für ihre eigene sexuelle Sicherheit verantwortlich machen, ist eine reine Delegation. Und wie löst man das als Positiver auf? Indem man sich bewusst macht, dass man diese zugeschriebene Schuld nicht anzunehmen braucht.“

Zur Frage, welche Bedeutung das EKAF-Statement (siehe „keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs„) heute für sexuelle Begegnungen und strafrechtliche Relevanz hat, äußert Dannecker

„Wenn man unter der Nachweisgrenze ist, wird das in Zukunft auch strafrechtsrelevant werden. Zum Teil ist es schon so, wie ich von Ärzten gehört habe, die Gutachten erstellt haben. Kommt man dadurch aus dem Geständniszwang raus? Wenn ich mit guten Gründen annehmen kann, dass ich nicht mehr infektiös bin, muss ich es dann in bestimmten Kontexten bei kurz- oder längerfristigen Begegnungen überhaupt noch sagen? Die Antwort lautet, bei allen Restrisiken, eher nicht.“

In der aktuellen Ausgabe der Siegessäule schildern zudem fünf junge Positive „ihre ganz persönliche Sicht auf das Leben mit HIV“ (unter ihnen auch ondamaris-Autor ‚Knut‘ („sei wütend!„)), wird Nikolaj Tange Lange („The Bareback Issue“) interviewt, und Carsten Schatz, erster offen HIV-positiver Landtags-Kandidat, lädt Menschen mit HIV ein „Zeigt euch!“.

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Ein unbedingter Lese-Tipp!

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„Egoismus zum Selbstschutz“
Martin Dannecker interviewt von Peter Rehberg und Sirko Salka
Siegessäule, Ausgabe August 2011
Seiten 16 bis 18
online als pdf hier

Schweden: Isolation für HIV-Positiven (akt.)

Ein HIV-positiver junger Mann aus Malmö in Schweden wird verdächtigt, unsafen Sex mit seiner Partnerin gehabt zu haben, ohne sie über seine HIV-Infektion zu informieren. Ein Gericht hat nun verschärfte Isolation angeordnet.

Zweieinhalb Jahre lang soll ein junger Mann im schwedischen Malmö Sex mit seiner Freundin ungeschützten Sex (gemeint wohl: kondomlosen Sex) gehabt haben, ohne sie über seine HIV-Infektion zu informieren. Dies sei, so schwedische Medien, im Dezember 2010 entdeckt worden. Die junge Frau sei daraufhin informiert worden und habe ihrerseits den jungen Mann bei der Polizei angezeigt.

Der Mann, der an einem Nadeltausch-Programm teilnahm, war zudem dem lokalen schwedischen Zentrum für die Kontrolle übertragbarer Krankheiten (Centre for Communicable Disease Control, Smittskydd Skåne) gemeldet worden. Er hatte gegen die Pflicht zu regelmäßigem Kontakt zu seiner Klinik verstoßen.

Die Staatsanwaltschaft untersucht nun, ob der Mann auch mit anderen Frauen ungeschützten Sex gehabt habe. Dies sei auch der Grund für die Isolation, so Medien. Die Isolation könne bis zu drei Monate dauern. Es sei die ‚allerletzte Maßnahme, um ihn auf seine Pflichten [aus dem Infectious Disesaeses Act; d.Verf.] aufmerksam zu machen‘, so die Staatsanwaltschaft. Die Isolation wird in einer geschlossenen Station in Stockholm erfolgen.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm schwere Körperverletzung im Zeitraum zwischen Juli 2008 und Dezember 2010 vor. Er habe „andere Menschen einem erheblichen Risiko einer Infektion ausgesetzt“, so die Staatsanwaltschaft.

Der junge Mann bestreitet sowohl, ungeschützten Sex mit der jungen Frau gehabt zu haben, als auch dieses zu planen.

In Schweden kann ein HIV-Positiver bestraft werden, wenn er ohne Information über seinen HIV-Status Sex mit einer anderen Person hat – unabhängig davon, ob HIV übertragen wird oder nicht. Erst Anfang des Jahres hatte der RFSL die schwedische Regierung aufgefordert, dem Beispiel anderer skandinavischer Staaten zu folgen und die bisherige Praxis der Kriminalisierung HIV-Positiver zu überprüfen.

Die Isolierung HIV-Positiver ist eine auch in Schweden umstrittene Maßnahme. Sie wurde einem Medienbericht zufolge seit 2004  dreimal angewendet.

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weitere Informationen:
thelocal.se 25.07.2011: Court orders HIV-infected man into isolation
vgnt.se 25.07.2011: Hivpositiv man tvångsisoleras
sydsvenskan.se 25.07.2011: Hivpositiv man i Malmö tvångsisoleras
svt.se 25.07.2011: Hiv-smittad tvångsisoleras
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Österreich: HIV-Positiver wegen „wissentlicher HIV-Infizierung“ vor Gericht (akt.)

Ein 35jähriger HIV-positiver Mann muss sich seit 22. Juli 2011 in Wien vor Gericht verantworten. Ihm wird „wissentliche HIV-Infizierung“ vorgeworfen. Er bestreitet die Vorwürfe.

Seit Anfang Juni befindet er sich in Untersuchungshaft, nun muss sich ein 35jähriger Mann in Wien vor Gericht verantworten. Er soll zwei junge Männer ‚wissentlich mit HIV infiziert‘ haben. Dabei soll er seine HIV-Infektion, die ihm seit Jahren bekannt sei, bewusst verschwiegen und mit seinen Sex-Partnern ungeschützten Sex gehabt haben.

Der Angeklagte hingegen betont, er habe in einem Fall Kondome verwendet, im anderen Fall sei sein Sex-Partner damals bereits HIV-positiv gewesen.

Anzeige erstattet wurde gegen den Angeklagten durch einen Mediziner (laut Boulevard-Medien ein „ausgewiesener HIV-Experte“), bei dem sich einer der beiden betreffenden Sex-Partner in Behandlung befand. Der Arzt sagte zudem im Verfahren als Zeuge aus.

Der ÖBB-Bedienstete ist vor dem Wiener Oberlandesgericht wegen „absichtlicher schwerer Körperverletzung“ angeklagt. In einer vorherigen Ablehnung seiner Haftbeschwerde spricht das Gericht von „wiederholt rücksichtloses und verantwortungsloses Verhalten“ des Angeklagten. Medien spekulieren, er könne womöglich weitere Männer infizieren und seine Medikamente nicht regelmäßig einnehmen. Er solle sich, so Medien, in der Szene gebrüstet haben, „möglichst viele anstecken“ zu wollen.

Der Prozess wird Ende August 2011 fortgesetzt.

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Aktualisierung
04.11.2011, 16:00 Uhr: Das Wiener Straflandesgericht befand den Angeklagten für schuldig. Seine Aussage, er habe im einen Fall über seinen HIV-Status informiert, im anderen Fall ein Kondom verwendet, hielt die Richterin für  nicht glaubwürdig. Das Gericht verurteilte ihn zu drei Jahren Haft. Zudem muss er den beiden betroffenen jungen Männern eine Entschädigung von 5.600 bzw. 4.800 Euro zahlen. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidiger kündigten Berufung an.

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weitere Informationen:
ORF 22.07.2011: Junge Männer mit HIV infiziert: Prozess
Der Standard 22.07.2011: Prozess wegen wissentlicher HIV-Infizierung
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Kurz notiert … Juli 2011

26. Juli 2011: Alexander McQueen, am 11. Februar 2011 verstorbener britischer Modedesigner, hat aus seinem 16 Millionen Pfund umfassenden Nachlass 100.000 Pfund der britischen Aids-Organisation Terrence Higgins Trust vermacht.

25. Juli 2011: Dem Kondom-Hersteller Durex werden die Kondome knapp, aufgrund einer bereits seit Mai 2011 andauernden Auseinandersetzung mit einem indischen Lieferanten.

20. Juli 2011: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat dem Hepatitis-C- Proteasehemmer Boceprevir (Handelsname Victrelis®) die Zulassung erteilt.

18. Juli 2011: Der Pharmakonzern Abbott kündigt an, eine Kombi-Pille aus Kaletra® und 3TC zu entwickeln.

14. Juli 2011: Die Regionen in den USA mit den höchsten HIV-Infektionsraten zählen zugleich zu den ärmsten Regionen der USA, berichten US-Medien. In den am meisten von HIV betroffenen Regionen im Süden der USA lebe einer von fünf HIV-Positiven unterhalb der Armutsgrenze.

13. Juli 2011: Zwei große Studien zur Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) haben gezeigt, dass Tenofovir bzw. Tenofovir plus Emtricitabine das Risiko einer sexuellen HIV-Übertragung bei heterosexuellen Paaren um 62 bzw. 73% reduzieren können.

12. Juli 2011: Liza Minelli wurde zum ‚Offizier‘ der französischen Ehrenlegion ernannt, u.a. wegen ihrer Verdienste um die Aids-Bekämpfung. Die Ehrenlegion ist die höchste Auszeichnung Frankreichs.

11. Juli 2011: Australien: HIV-positiver Mann zu 3 Jahren Haft verurteilt wegen Gefährdung von 3 Frauen durch ungeschützten Sex. Keine der Frauen wurde mit HIV infiziert.

Wissenschaftler haben in Japan einen Gonorrhoe- (auch: Tripper) Stamm entdeckt, der gegen die eingesetzten Antibiotika resistent ist.

Jerry Herman, offen HIV-positiver Hollywood-Erfolgs-Komponist u.a. der Musicals „Hello Dolly“ oder „La Cage Aux Folles“ (Ein Käfig voller Narren) wurde am 10. Juli 80 Jahre alt.

08. Juli 2011: Schweiz: eine 32jährige Frau aus Ostafrika wurde wegen schwerer Körperverletzung zu einer „teilbedingten Freiheitsstrafe“ von drei Jahren verurteilt. Falls das Urteil rechtskräftig wird, droht der Frau die Abschiebung aus der Schweiz.

05. Juli 2011: Millionen HIV-Positive, die auf günstige Aids-Medikamente angewiesen sind, werden sterben, falls Indien aufgrund des Handelsabkommens mit der EU aufhören muss, generische Aids-Medikamente herzustellen. Dies betont UNAIDS-Direktor Michel Sidibé.

04. Juli 2011: Eine Gruppe von 55 US-Ärzten fordert die US-Arzneimittelbehörde FDA auf, Truvada® nicht als ‚Präventions-Pille‚ zuzulassen.

03. Juli 2011: „Will Karel De Gucht be responsible for millions deaths ?“ EU-Handelskommissar Karel de Gucht wurde am frühen Sonntag Morgen von Aktivisten von ACT UP Paris geweckt (Video), die gegen die (von de Gucht vertretene) Position der EU in Handelsabkommen protestierten. Die Haltung der EU gefährde die Versorgung von Millionen HIV-Positiven mit preiswerten Generika.

02. Juli 2011: „Die gestoppten Gelder für den Globalen Fonds schnellstens freigeben“, fordert (nicht nur) die Deutsche Aids-Hilfe von Bundesentwicklungsminister Niebel.

01. Juli 2011: Der Schmuck der am 23. März 2011 verstorbenen Filmschauspielerin Elizabeth Taylor soll im Dezember 2011 versteigert werden. Der Erlös soll der Elizabeth Taylor Aids Foundation zugute kommen.

Einige Aids-Medikamente der Klasse der NRTIs können bei HIV-Positiven zu vorzeitiger Alterung beitragen. Die durch sie verursachten Veränderungen an den Mitochondrien könnten irreversibel sein, so Wissenschaftler.

HIV-‚Fingerabdruck‘: Experten fordern Richtlinien für Verwendung vor Gericht

Zahlreiche Experten fordern in einem Brief an die US-Fachzeitschrift ‚Nature‘ Richtlinien für die Anwendung der ‚phylogenetischen Analyse‘ (auch ‚HIV-Fingerabdruck‘). Die Grenzen der Technologie müssten deutlich gemacht und ihre Nicht-Eignung für einen direkten Übertragungs-Nachweis aufgezeigt werden.

In zahlreichen Staaten Europas stehen HIV-Positive vor Gericht. In Strafverfahren wird ihnen vorgeworfen, HIV auf andere Personen übertragen zu haben. Als Mittel der Beweisführung dienen dabei immer häufiger so genannte phylogenetische Analysen. Bei diesen ‘Abstammungs-Untersuchungen’ wird analysiert, wie nahe ‘verwandt’ das Erbgut des HIV von Person A mit dem Erbgut des HIV von Person B ist. Oft werden daraus Schlüsse gezogen, ob eine Person durch eine andere mit HIV infiziert worden ist. Diese Gutachten werden dann in strafrechtlichen Verfahren verwendet.

In einem Brief an das Wissenschafts-Magazin ‚Nature‘ betonen zahlreiche Experten nun, diese Technik solle nur innerhalb ihrer Möglichkeiten eingesetzt werden, man müsse sich ihrer Grenzen bewusst sein. Insbesondere sei kein Nachweis einer direkten Übertragung möglich – die phylogenetische Analyse könne nicht ausschließen, das HIV von Person A auf Person B durch unbekannte (in der Infektionskette dazwischen liegende) Dritte übertragen wurde, die nicht untersucht wurden.

Thomas Leitner vom Los Alamos National Laboratory und einer der Autoren des Briefes, betonte gegenüber Aids-Beacon

„We stress that there are limitations to what can be done, and that it is important that this type of analysis is done properly, and that the court is made aware of what can and cannot be inferred …“

Prof. Annemie Vandamme (Katholische Universität Leuven, Abt. Klinische und Epidemiologische Virologie), eine der Mit-Autorinnen des Briefes, kündigte gegenüber Aids Beacon an, sie arbeite bereits an einem Entwurf für eine Richtlinie, der in den kommenden Monaten vorgelegt werden solle.

Auch in einem im Februar 2011 in der Fachzeitschrift ‘The Lancet’ publizierten Artikel wiesen Experten darauf hin, dass es mit Hilfe einer phylogenetischen Analyse nicht möglich sei, definitiv festzustellen, ob eine Person durch eine konkrete andere Person mit HIV infiziert worden sei.

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weitere Informationen:
Nature 19.05.2011: Guidelines for HIV in court cases (abstract)
The Aids beacon 08.06.2011: Experts Call For Guidelines On Use Of “HIV Fingerprinting” In Criminal Cases
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Schweden: HIV-positive Frau verurteilt, Abschiebung droht

Eine Frau ist in Schweden zu zweieinhalb Jahren Haft wegen HIV-Übertragung verurteilt worden. Nach Beendigung ihrer Haftstrafe droht ihr die Abschiebung.

Die Frau hatte eine Beziehung mit einem Mann aus der Provinz Västerbotten im Norden Schwedens. Sie hatten regelmäßig Sex mit einander. Ob Kondome verwendet wurden, wird in den Medienberichten nicht erwähnt. Die Frau erwähnte ihre HIV-Infektion nicht. Bei dem Mann wurde inzwischen eine HIV-Infektion diagnostiziert.

Die Frau wurde Anfang Juni 2011 wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Zudem muss sie 380.000 schwedische Kronen (gut 41.000€) Schadenersatz an den Mann zahlen.

Nach Absitzen ihrer Haftstrafe droht der Frau Presseberichten zufolge eine bis zu zehnjährige Abschiebung aus Schweden.

Eine HIV-Übertragung wird in Schweden als Körperverletzungsdelikt bestraft. In Schweden ist es HIV-Positiven gesetzlich vorgeschrieben, sämtliche Sexpartner/innen über den HIV-Status zu informieren (Gefährdungs-Tatbestand, ähnlich wie in der Schweiz).

Prof. Jan Albert vom Karolinska Institute, früher beim Swedish Institute for Infectious Disease Control, betonte gegenüber der Presse, wie schädlich kriminalisierende Gesetze für seine Arbeit seien. Es erschwere insbesondere, zuverlässige Informationen über die Verbreitung von HIV in Schweden zu erfassen:

„As researchers our main purpose is to work for disease control, not to contribute to criminal investigations…the legal situation makes our work harder.“

Die schwedische Schwulen- und Lesbenorganisation RFSL forderte bereits im Februar 2011 die Regierung Schwedens auf, dem Beispiel Dänemarks und Norwegens zu folgen und ebenfalls die bisherige Kriminalisierung HIV-Positiver zu überprüfen. Mitte Februar 2011 hatte der Justizminister Dänemarks angekündigt, die bisherige HIV-spezifische Strafgesetzgebung des Landes (§ 252) vorläufig außer Kraft zu setzen und überprüfen zu lassen.

Andres Lundstedt ist Chef der schwedischen Pop-Gruppe ‚Alcazar‘ („Crying at the Discotheque“) – und seit Jahren offen HIV-positiv:

„Es hat mich sehr belastet, ständig lügen zu müssen. Als ich es dann verkündet hatte, war das wie eine Befreiung für mich. Endlich konnte ich wieder frei atmen und den Menschen direkt in die Augen schauen.“

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weitere Informationen:
The Local 12.06.2011: Woman sentenced for spreading HIV
Bunte 23.04.2009: Andres Lundstedt – Ein Leben mit HIV
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Belgien: erste Verurteilung eines HIV-Positiven wegen HIV-Übertragung

Erstmals ist Anfang Juni 2011 in Belgien ein HIV-Positiver wegen HIV-Übertragung verurteilt worden.

Ein 54jähriger Mann, der ursprünglich aus Angola stammt, wurde vom Strafgerichtshof in Huy für schuldig befunden, seine frühere Ehefrau (die ursprünglich aus dem Kongo stammt) wissentlich mit HIV infiziert zu haben. Er wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, davon zwei Jahre auf Bewährung. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Haft, davon 2 auf Bewährung gefordert. Der Anwalt des Angeklagten kündigte Berufung gegen das Urteil an.

Das Paar lernte sich 2004 kennen und heiratete. 2005 erfuhr die Frau im Rahmen von Schwangerschafts-Untersuchungen, dass sie HIV-positiv ist. Vor Gericht wurde deutlich, dass ihr Mann bereits seit 1994 (während einer ersten früheren Ehe) von seiner HIV-Infektion weiß.

Allerdings, so sein Verteidiger gegenüber ‚De Standaard‘, sei er ein sehr gläubiger Mensch und leugne seine Erkrankung. Er bete für seine Heilung; seine erste Ehefrau und ihre gemeinsamen Kinder seien niemals infiziert worden, deswegen habe er geglaubt seine Bitten seien erhört worden.

Weder der Angeklagte noch die Klägerin hatten Kontakt mit der flämischen Aids-Organisation Sensoa. Diese betonte in einer Stellungnahme, Kriminalisierung von HIV sei schädlich und kontraproduktiv, trage zur Tabuisierung bei:

„We are not asking for criminal prosecutions. In neighboring countries, we see that it is counterproductive. It just makes the taboo, because nobody dares to know if they are infected.“

Das Verfahren gegen den Mann aus Huy war der erste Fall einer erfolgten Verurteilung wegen HIV-Übertragung in Belgien. In zwei vorherigen Verfahren (einer in einer heterosexuellen, einer in einer homosexuellen Beziehung) erfolgte keine Verurteilung.

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weitere Informationen:
Criminal HIV Transmission 13.06.2011: Belgium: First criminal conviction under poisoning law, advocates caught unawares
(dort weitere Links auf Artikel in niederländischer Sprache)
le soir 07.06.2011: Limites et dangers de la pénalisation de la transmission du virus du sida
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Kanada: HIV-Positiver für unbegrenzte Zeit in Haft ? (akt.)

Ein HIV-positiver Mann muss in Kanada evtl. zeitlich unbegrenzt in Haft bleiben, falls sich die Staatsanwaltschaft mit einem Antrag durchsetzt, ihn zum „gefährlichen Straftäter“ zu erklären.

2009 wurde der HIV-positive Johnston Aziga des Mordes für schuldig befunden. Die Staatsanwaltschaft bemüht nun derzeit sich im Rahmen eines „dangerous offender hearing“ darum, Aziga als „gefährlichen Straftäter“ feststellen zu lassen. Dies würde ihr erlauben, Aziga für unbegrenzte Zeit in Haft zu halten.

Der inzwischen 54jährige Johnson Aziga war 2009 des zweifachen Mordes für schuldig befunden worden. Er befindet sich seit seiner Festnahme am 30. August 2003 in Haft.

Der aus Uganda stammende Aziga weiß seit 1996 von seiner HIV-Infektion. Nach kanadischem Recht ist er durch eine Anweisung der Gesundheitsbehörden seit 2002 verpflichtet, seine SexpartnerInnen von seiner HIV-Infektion zu informieren und Kondome zu verwenden. Er hatte dennoch fortgesetzt kondomlosen Sex mit verschiedenen Frauen. Trotz  Fragen seiner Sex-Partnerinnen nach HIV sagte er ihnen bewusst nichts von seiner Infektion.

Von elf  Sexpartnerinnen sind inzwischen sieben HIV-positiv, vier wurden HIV-negativ getestet. Zwei 49 und 51 Jahre alte Frauen verstarben inzwischen an Aids-bedingten Krebserkrankungen.

Aziga gab in der Anhörung zur Frage, ob er als gefährlicher Straftäter erklärt werden solle,  an, ein Hoden-Hochstand sei Ursache seines Verhaltens. Medien zitieren einen von der Staatsanwaltschaft eingeschalteten forensischen Psychiater

„I asked Mr. Aziga why he thought he found himself where he was and he reported that his difficulties have root in the fact that he was born with one undescended testicle. He said that because of this abnormality he hid sexual information about himself all his life.“

Azigas Anwalt betonte, sein Mandant sei in der Haft fortgesetzter Stigmatisierung als HIV-Positiver ausgesetzt.

Der Presse zufolge war der Prozess gegen Aziga in Kanada der erste Fall einer Verurteilung wegen Mordes aufgrund HIV-Infektion. Die derzeitige Anhörung könnte bis Ende Mai dauern. Sollte er daraufhin als „gefährlicher Straftäter“ erklärt werden, würde dies nach kanadischem Recht ermöglichen, ihn für unbegrenzte Zeit in Haft zu halten.  Erstmals nach Ablauf von sieben Jahren hätte er das Recht, die Aussetzung der Strafe zu beantragen (danach alle 2 Jahre). Sollte die Kommission für Haftentlassungen ihn jeweils nicht reif für eine Haftentlassung befinden, müsste er bis an das Ende seines Lebens in Haft bleiben.

Eine zeitlich unbegrenzte Haft („echtes ‚Lebenslänglich'“) wäre in Deutschland nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 1977 zufolge muss jedem Verurteilten grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, irgendwann wieder die Freiheit zu erlangen:

„Zu den Voraussetzungen eines menschenwürdigen Strafvollzugs gehört, daß dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden.“

Mit Urteil vom 4. Mai 20211 hat das Bundesverfassungsgericht zudem alle bestehenden Regelungen zur Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt. Zuvor hatte bereits am 13. Januar 2011 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärt, dass die Sicherungsverwahrung gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Artikel 5 § 1 Europäische Menschenrechtskonvention) verstößt.

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Aktualisierung
04. August 2011, 09:00
: Aziga wurde zum „gefährlichen Straftäter“ (dangerous offender) erklärt. Damit verbleibt er vermutlich lebenslang in Haft, berichtet criminal HIV transmission.

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weitere Informationen:
The Canadian Press 11.05.2011: Man guilty of HIV transmission murders blames problems on undescended testicle
The Star 10.05.2011: Man guilty of HIV transmission murders blames problems on undescended testicle
The Spec 11.05.2011: Aziga: A sex offender unlike any other
Montreal Gazette 10.05.2011: Dangerous offender hearing set for man whose HIV killed
Bundesverfassungsgericht: BVerfGE 45, 187 – Lebenslange Freiheitsstrafe
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Kurz notiert … Mai 2011

26. Mai 2011: Erstmals ist die Kombination AZT plus Lamivudin (von ViiV vermarktet unter dem Handelsnamen Combivir) in den USA als Generikum zugelassen worden.
Mit 1,9 Millionen Euro erbrachte der Life Ball 2011 in Wien ein Rekord-Ergebnis.

25. Mai 2011: Die Welt-Gesundheits-Organisation WHO beschloss am 24. Mai 2011 eine neue Strategie im Kampf gegen Aids bis 2015.

20. Mai 2011: Die US-amerikanische Medikamenten-Behörde FDA hat am 20.5.2011 den NNRTI Rilpivirine zugelassen. Er wird in den USA von der Johnson & Johnson – Tochter Tibotec unter dem Handelsnamen Edurant vermarktet.

Zwei Drittel der HIV-Neudiagnosen auf den Kanarischen Inseln waren 2009 bei Männern, die Sex mit Männern haben (110 von insgesamt 181 Neu-Diagnosen).

19. Mai 2011: Ein 32jähriger HIV-positiver Mann wurde am 13.5. vom Landgericht Landau zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung.

Ein experimenteller Impfstoff gegen SIV (Affen) schützt entgegen den Erwartungen nicht gegen eine Infektion – führt aber bei der Hälfte der Affen zu Viruslast unter der Nachweisgrenze.

18. Mai 2011: Die International Labor Organisation ILO veröffentlicht ihren Bericht „Gleichheit bei der Arbeit: Die andauernde Herausforderung – Gesamtbericht im Rahmen der Folgemaßnahmen zur Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit“ (pdf)

HIV-Superinfektionen sind selten, stellt eine Studie in Amsterdam fest.

16. Mai 2011: Bereits am 1. Mai 2011 wurde ein Nationales Referenzzentrum für Hepatitis-B- und Hepatitis-D-Viren am Institut für Medizinische Virologie der Justus-Liebig-Universität Gießen etabliert.

13. Mai 2011: Die US-Medikamentenbehörde FDA erteilt die Zulassung für den Hepatitis-C-Proteasehemmer Boceprevir (Handelsname Victrelis®).

10. Mai 2011: Der 34jährige Daniel Bahr soll neuer Bundesgesundheitsminister werden, wünscht sich die FDP. Bahr ist bisher Staatssekretär im BMG.

06. Mai 2011: „30 Jahre Aids“ ‚würdigt‚ das ‚Smithsonian‘, das US- National Museum of American History in Washington, ab 3. Juni mit einer Ausstellung.

04. Mai 2011: Der HIV-Proteasehemmer Lopinavir tötet gezielt Zellen ab, die mit HPV (Humanes Papillomavirus) infiziert sind, stellten britische Forscher fest. Sie hoffen, auf dieser Basis neue Therapien gegen das Zervix-Karzinom (das durch HPV mit verursacht wird) entwickeln zu können.

01. Mai 2011: Die Organisation ‚Ärzte ohne Grenzen‘ fordert den Pharmakonzern Johnson&Johnson auf, Lizenzen für seine Aids-Medikamente für den UNITAID-Patentpool zur Verfügung zu stellen.

Ein Beratungs-Gremium der US-Arzneimittelbehörde FDA hat die Zulassung des Hepatitis-C – Proteasehemmers Boceprevir empfohlen. Eine Entscheidung der FDA wird für Mai erwartet.

Nur wenig später hat das Gremium auch die Zulassung eines zweiten HCV-Proteasehemmers, Telaprevir, befürwortet.

UNAIDS: neues Projekt untersucht Evidenz der Kriminalisierung der HIV-Übertragung

Die Aids-Organisation der Vereinten Nationen UNAIDS wird sich in einem neuen Projekt damit beschäftigen, ob das Strafrecht überhaupt im Kontext HIV angewandt werden sollte, und falls ja, mit welcher Evidenz welche Maßnahmen vertretbar sein können.

Eine Kriminalisierung der HIV-Übertragung kann erfolgreicher HIV-Prävention deutlichen Schaden zufügen. Zahlreiche Gründe sprechen, wie Experten immer wieder betont haben, gegen eine Kriminalisierung der HIV-Infektion. Diese Erkenntnis setzt sich inzwischen auch bei Staaten durch, die bisher die (tatsächliche oder potentiell mögliche) HIV-Übertragung kriminalisieren.

Einige Staaten haben in den letzten Monaten erkannt, dass eine Kriminalisierung der HIV-Übertragung kontraproduktiv ist, und Schritte eingeleitet, kriminalisierende Maßnahmen oder Gesetze zu überprüfen oder abzuschaffen. So hatten einige Staaten Einreiseverbote oder Aufenthaltsbeschränkungen für HIV-Positive abgeschafft. Österreich hatte 2010 die strafrechtliche Kriminalisierung HIV-Positiver abgeschafft. In Dänemark hat der Justizminister ein HIV-spezifisches Gesetz außer Kraft gesetzt, um es überprüfen zu lassen. Auch die schwedische Regierung wurde jüngst erneut aufgefordert, kriminalisierende Maßnahmen zu überprüfen. Und UNAIDS-Generalsekretär Michel Sidibé hatte erst jüngst erneut betont, “Gesetze sollten für die Aids-Bekämpfung arbeiten, nicht gegen sie”.

Nun soll sich ein Projekt von UNAIDS, zu dem auch eine internationale Konsultation gehören wird, damit beschäftigen, welche Evidenz für kriminalisierende Maßnahmen überhaupt besteht. Hierzu sollen wissenschaftliche, medizinische, rechtliche und Menschenrechts-Aspekte untersucht werden.

„To assist countries in the just application of criminal law in the context of HIV, UNAIDS has initiated a project to further investigate current scientific, medical, legal and human rights aspects of the criminalization of HIV transmission. This project aims to ensure that the application, if any, of criminal law to HIV transmission or exposure is appropriately circumscribed by the latest and most relevant scientific evidence and legal principles so as to guarantee justice and protection of public health.“

Einer der Berater in dem Projekt wird der in Brighton und Berlin lebende Autor und Aktivist Edwin J. Bernard sein, der sich seit Jahren mit den Folgen der Kriminalisierung der HIV-Übertragung beschäftigt. Bernard ist u.a. auch Herausgeber der Internetseite „Criminal HIV transmission“, die Informationen zum Thema sammelt.

Das Projekt, das von der Regierung Norwegens finanziell unterstützt wird, wird sich nach Angaben von UNAIDS auf wohlhabende Staaten konzentrieren – sie seien diejenigen mit der höchsten Zahl an bekannt gewordenen Verfolgungen wegen HIV-Infektion oder -Gefährdung.

Die Ergebnisse des Projektes sollen der „Global Commission on HIV and the Law“ vorgestellt werden.

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weitere Informationen:
UNAIDS 26.04.2011: Countries questioning laws that criminalize HIV transmission and exposure
Criminal HIV Transmission 27.04.2011: UNAIDS announces new project examining „best available scientific evidence to inform the criminal law“
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Vielfalt unterstützen und gestalten – NRW-Staatssekretärin Marlis Bredehorst trifft Menschen mit HIV

Die Staatssekretärin im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter Nordrhein-Westfalen, Marlis Bredehorst, traf heute (16. April 2011) mit etwa 30 HIV-positiven Frauen und Männern zusammen. Anlass war das landesweite Treffen von POSITHIV HANDELN NRW in Hattingen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zumeist schon seit vielen Jahren mit der Infektion leben, gewährten Bredehorst einen persönlichen Einblick in die Komplexität des Alltags mit HIV heute.

Sie berichteten, dass sie beispielsweise im Berufsleben immer noch auf viele Vorbehalte stießen. Hier sei noch viel Aufklärung erforderlich. Dabei seien schließlich rund zwei Drittel der 14 000 Menschen mit HIV in NRW berufstätig. Auch von Diskriminierungen im Bereich der Gesundheitsversorgung wurde berichtet. Immer noch sei bei Arztbesuchen außerhalb der HIV-Schwerpunktpraxen häufig auf Vorurteile und Desinformation zu stoßen. Am häufigsten bei routinemäßigen Untersuchungen oder stationären Klinikaufenthalten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer forderten hier dringend mehr Information zu medizinischen Aspekten des Lebens mit HIV.

Zum Thema Sexualität forderten sie die Staatssekretärin auf, sich konsequent für die Entkriminalisierung von HIV und Aids einzusetzen. Darüber hinaus appellierten sie an die Politik, sich angesichts dessen, dass Menschen mit HIV heute länger leben, verstärkt mit sekundärpräventiven Bedarfen zu beschäftigen.

Bredehorst zeigte sich tief beeindruckt, wie HIV-positive Menschen sich innerhalb ihrer Selbsthilfegruppen gegenseitig bestärkten und unterstützten und sich damit besser den Herausforderungen stellen könnten, die eine HIV-Infektion mit sich bringe. „In Nordrhein-Westfalen ist die medizinische Vorsorgung und Pflege HIV-infizierter und an Aids erkrankter Menschen durch niedergelassene Ärzte, HIV-Schwerpunktpraxen, HIV-Ambulanzen, Behandlungsschwerpunkte an Krankenhäusern und stationäre Hospize grundsätzlich sichergestellt“, sagte Bredehorst. „Unsere Planungen werden berücksichtigen, dass Menschen mit HIV heute ein höheres Lebensalter erreichen und auf sie zugeschnittene, diskriminierungsfreie Angebote der Pflege und des betreuten Wohnens zur Verfügung stehen.“

Stephan Gellrich von der AIDS-Hilfe NRW äußerte sich zufrieden über die Begegnung mit der Staatsekretärin. „Frau Bredehorst hat einen guten Eindruck davon bekommen, wie Menschen mit HIV leben, einerseits angesichts der verbesserten medizinischen Behandlungsmöglichkeiten, andererseits der nach wie vor vorhandenen Vorbehalte und Diskriminierung“, sagte Gellrich. POSITHIV HANDELN NRW werde weiterhin durch Austausch und Information sowie politisches Engagement die Vielfalt des Lebens mit HIV unterstützen und mit gestalten.

(Pressemitteilung der Aids-Hilfe NRW)

Schweden: RFSL fordert Regierung auf, bisherige Kriminalisierung HIV-Positiver zu überprüfen

Die schwedische Schwulen- und Lesbenorganisation RFSL fordert die Regierung Schwedens auf, dem Beispiel Dänemarks und Norwegens zu folgen und ebenfalls die bisherige Kriminalisierung HIV-Positiver zu überprüfen.

Es gebe keinerlei Studien, die zeigten, dass eine Kriminalisierung von HIV dazu beitragen könne, HIV-Übertragungen zu verhindern. Deswegen müsse Schweden endlich ebenfalls  den Beispielen aus Norwegen und Dänemark folgen und seine HIV-Positive kriminalisierende Gesetzgebung überprüfen. Dazu forderten der RFSL und HIV-Sverige in einer Presseerklärung die schwedische Justizministerin Beatrice Ask sowie Sozialminister Göran Hägglund auf.

Auch in Schweden kann bisher ein HIV-Positiver bestraft werden, wenn er ohne Information über seinen HIV-Status Sex mit einer anderen Person hat – unabhängig davon, ob HIV übertragen wird oder nicht. Das schwedische Recht trage nicht dazu bei, dass Menschen ihre Verantwortung sich beim Sex zu schützen selbst übernähmen, betonte Andreas Berglöf, Ombudsmann von HIV-Sverige.

Der 1950 gegründete ‚Riksförbundet för homosexuellas, bisexuellas och transpersoners rättigheter‘ (RFSL) ist die größte und bedeutendste LGBT-Organisation in Schweden. HIV-Sverige ist die Dachorganisation HIV-Positiver in Schweden.

Erst jüngst hatte der Justizminister Dänemarks angekündigt, die bisherige HIV-spezifische Strafgesetzgebung des Landes (§ 252) vorläufig außer Kraft zu setzen und überprüfen zu lassen.

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weitere Informationen:
PFSL press release 25.02.2011: Kriminalisering av hiv ses över hos våra grannar: Sverige måste följa Norge och Danmark (schwedisch)
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