Kurz notiert … Oktober 2011 / 1

12. Oktober 2011: Patienten, die unter normalen Kriterien als übergewichtig bezeichnet werden würden, erreichten 12 Monate nach Beginn einer antiretroviralen Therapie die größten Anstiege der CD4-Zell-Zahlen, berichten US-Forscher.

11. Oktober 2011: Die Pharmakonzerne Gilead und Boehringer Ingelheim haben am 5. Oktober eine Vereinbarung unterzeichnet, nach der Gilead die exklusiven Rechte an der Weiterentwicklung der Boehringer-Substanzen einer neuen Klasse, der ’non-catalytic site Integrase Inhibitoren‘ (NCINIs) erhält. Boehringer wolle sich auf andere Substanzen in seiner Entwicklungs-Pipeline, besonders gegen Hepatitis C, konzentrieren, teilte das unternehmen mit.

Das Unternehmen Theratechnologies hat eine weitere Substanz entdeckt, die es auf Wirksamkeit gegen Lipodystrophie untersuchen will. Die neue Substanz soll breiter und elichter einsetzbar sein als das ebenfalls vom Unternehmen entwickelte Tesamorelin.

08. Oktober 2011: Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) fordert die Aufnahme von chronischen Krankheiten ins AGG.

05. Oktober 2011: Der frühere Vizepräsident des russischen Ölkonzerns Yukos Wassili Aleksanian ist einem russischen Medienbericht zufolge am 3,. Oktober an den Folgen von Aids gestorben.

01. Oktober 2011: Der Arm mit oralem Tenofovir wurde in der VOICE-Studie (Vaginal and Oral Interventions to Control the Epidemic) vorzeitig gestoppt. Das Data and Safety Monitoring Board der PrEP– /HIV-Präventions-Studie kam zu dem Schluss, dass selbst bei Fortsetzung der Studie bis zum vorgesehenen End-Zeitpunkt Tenofovir oral keinen Unterschied zu Plazebo zeigen werde.

Die Zahl der Hepatitis-C-Infektionen in den USA könnte um über eine Million zu niedrig geschätzt sein, glauben Epidemiologen.

Kurz notiert … September 2011

28. September 2011: Auf der ICAAC wurden Daten einer Phase-IIb-Studie des monoklonalen Antikörpers Ibalizumab (Antikörper-basierte Therapie gegen HIV) vorgestellt.

27. September 2011: Die DAIG verabschiedete auf ihrer Mitgliederversammlung die ‚Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung HIV-betroffener Paare mit Kinderwunsch‚ (pdf).

22. September 2011: Norbert Geis, CSU, nutzt den Papstbesuch auf seine Weise – er warnt vor der Verwendung von Kondomen. „Kondome vermehren das, was Aids auslöst, nämlich Promiskuität.“

21. September 2011: Der NNRTI Nevirapin (Handelsname Viramune®) erhält die EU-Zulassung als einmal tägliche Retard-Formulierung.

20. September 2011: Das Hepatitis-C-Medikament Telaprevir erhält die Zulassung für die EU. Es wird vom Pharmakonzern Johnson & Jonsohn in Europa unter dem Handelsnamen Incivo® (USA: Incivek®) vermarktet.

16. September 2011: Die französische Aidshilfe-Organisation Aides und der französische Verband schwuler Unternehmen SNEG haben eine Vereinbarung zur leichteren Durchführung von HIV-Tests (Schnelltests) in Einrichtungen für Schwule (unter Anwesenheit von Aides-Mitarbeitern) geschlossen.

Eine experimentelle therapeutische Vakzine gegen HIV, die u.a. in Hamburg untersucht wird, reduziert bei HIV-Positiven in einer Phase-II-Studie die Viruslast.

Die Treatment Action Group TAG hat einen ‚Guide to Clinical Trials for People with Hepatitis C‘ veröffentlicht.

14. September 2011: Das Aids-Institut von New York hat Richtlinien zur Behandlung von HIV-positiven Transgender herausgegeben.

13. September 2011: Ende August wurde Medienberichten zufolge der usbekische Aids-Aktivist Maxim Popov vorzeitig aus der Haft entlassen.

09. September 2011: „Die Umsetzung der Befragung ist genau so wichtig wie das Ergebnis“, berichtet Julian Howes über den ‚Stigma Index‚ von GNP+.

Im Rahmen eines Demonstrations-Projekts sollen in San Francisco 300 schwule Männer Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) erhalten.

08. September 2011: Mit einer offiziellen Gedenk-Zeremonie verabschiedet sich Frankreich am 28. September 2011 vom am 3.8.2011 verstorbenen Rudolf Brazda. Brazda war vermutlich er letzte überlebende ‚Rosa Winkel Häftliung‘ der NS-Verfolgung Homosexueller.

05. September 2011: Die kurz zuvor aufgrund des positiven HIV-Tests eines Darstellers gestoppt US-Porno-Produktion ist wieder angelaufen – das Testergebnis hat sich als falsch erwiesen.

02. September 2011: UNAIDS gratuliert der Regierung von Fiji zu ihrem Entschluss, die bisher bestehenden Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Menschen mit HIV aufzuheben.

01. September 2011: Der seit drei Jahren inhaftierte iranische Arzt Aresh Alaei wurde aus dem Gefängnis entlassen.  Alaei hatte sich gemeinsam mit seinem Bruder für HIV-Infizierte und Aids-Kranke eingesetzt.

Die NRTI-sparende Kombination Darunavir / Ritonavir plus Raltegravir ist keine gute Kombination für HIV-Positive mit hoher Viruslast, berichten US-Forscher.

Hepatitis-C-Schnelltests: einige Tests bei HIV-Positiven häufig falsch-negativ?

Einige Hepatitis-C- Schnelltests zeigen bis zu 9% der Hepatitis-C- Infektionen bei HIV-Positiven nicht an. Dies berichten US-Forscher in einer Veröffentlichung im Fachblatt ‚Journal of Infectious Diseases‘.

Forscher der Centers for Disease Control and Prevention untersuchten Schnelltests dreier Hersteller auf Antikörper gegen Hepatitis C (Basis: 1.100 Proben aus den Jahren 1997 bis 1999, davon 49,7% HCV-positiv) auf Sensitivität und Spezifität (s.u.):

  1. Chembio DPP HCV Test,
  2. Multiplo Rapid HIV/HCV (MedMira) Antibody Test, und
  3. OraQuick HCV Rapid Antibody Test

Zwei der Tests zeigten eine vergleichsweise hohe Rate an falsch negativen Testergebnissen von 8,5% – in 8,5 Prozent der Fälle erkannte der Test jeweils eine vorhandene Hepatitis-C-Infektion nicht und ergab ein falsch negatives Ergebnis. Lediglich der Test von OraSure zeigte eine niedrige Rate falsch negativer Resultate (Spezifität von 97,8%).

Die Rate an falsch positiven und falsch negativen Testergebnissen unterschieden sich beträchtlich:

  • Chembio: 0,2% falsch positiv; zwischen 2,2 und 3,9% falsch negativ
  • MedMira: 0,2% falsch positiv; zwischen 11,7 und 13,45%  (!) falsch negativ
  • OraSure: 0,4 bis 0,6% falsch positiv; 0,7 bis 2,2% falsch negativ

Sowohl für den Test von Chembio als auch den von MedMira zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang falsch negativer Testergebnisse auf Hepatitis C mit gleichzeitiger HIV-Infektion, nicht jedoch bei dem Test von OraSure.

Die Forscher fassen ihre Ergebnisse zusammen:

„The sensitivities of the Chembio, MedMira, and OraSure assays across the 2 approaches were 96.2%–98.0%, 86.8%–88.3%, and 97.8%–99.3%, respectively. The 3 assays had specificity of 99.5% or higher with no differences between assays. False rapid assay results were associated with human immunodeficiency virus positivity for both approaches for Chembio and MedMira.“

Hepatitis-C- Schnelltests sind auch in Deutschland im Handel (oft im Internethandel). Der Markt für Hepatitis-C-Schnelltests ist laut Deutscher Aids-Hilfe DAH „nach Auskunft des Paul-Ehrlich-Instituts recht unübersichtlich. Discounter-Firmen bieten Tests unter verschiedenem Namen in den Ländern an, außerdem sind scheinbar auch qualitativ schlechte Tests auf dem Markt“.

Ärzte wenden üblicherweise keine Schnelltests an; oft wird im Rahmen ärztlicher Untersuchungen auf Hepatitis C eine sog. PCR über Labore gemacht. Die deutsche Aids-Hilfe DAH empfiehlt, HIV-Positive nicht mit Schnelltest auf eine etwaige Infektion mit dem Hepatitic-C-Virus zu untersuchen, sondern immer mit Hilfe einer PCR.

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Erläuterungen:
Sensitivität: Fähigkeit eines Tests, tatsächlich Kranke auch als krank zu erkennen (Anzahl richtig positiver Testergebnisse / Anzahl richtig positiver plus falsch negativer Testergebnisse)
Spezifität: Fähigkeit eines Tests, tatsächlich Gesunde auch als gesund zu erkennen (Anzahl richtig negativer Testergebnisse / Anzahl richtig negativer plus Anzahl falsch positiver Testergebnisse)

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weitere Informationen:
Bryce D. SAmith et al.: Evaluation of Three Rapid Screening Assays for Detection of Antibodies to Hepatitis C Virus. in: Journal of Infectious Diseases 204: 825-31, 2011 (abstract)
aidsmap 22.08.2011: Some rapid hepatitis C tests have high false-negative rate in people with HIV
Lee et al.: Evaluation of a rapid, point-of-care test device for the diagnosis of hepatitis C infection. Journal of Clinical Virology 48 (2010) 15–17 (abstract; Studie zum OraSure-Test)
Deutsche Aids-Hilfe: Hepatitis C – Aktuelles zu
Prävention und Therapie. HIV-Report 04/2011 (pdf)

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Virushepatitis B, C und D im Jahr 2010 – Situationsbericht des RKI

Hepatitis-B-, -C- und -D-Infektionen können chronisch verlaufen. Besonders Hepatitis B und Hepatitis C sind von besonderem Interesse auch für Schwule und HIV-Positive. Ein aktueller Bericht informiert.

Im aktuellen ‚Epidemiologischen Bulletin‘ informiert das Robert-Koch-Institut über die Situation von Infektionen mit Hepatitis B, c und D in Deutschland 2010.

Das RKI kündigt den Bericht an

„Der Situationsbericht im Epidemiologischen Bulletin 29/2011 beschreibt die Entwicklung der Fallzahlen aus den Meldedaten nach Infektionsschutzgesetz, ergänzt durch Daten aus verschiedenen Studien und Sentinels, und behandelt Aspekte der Prävention und Therapie.“

Auf die Situation schwuler Männer sowie HIV-Positiver geht der Bericht nur am Rand ein.

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weitere Informationen:
Virushepatitis B, C und D im Jahr 2010
in: Epidemiologisches Bulletin 29/2011
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Kurz notiert … Juli 2011

26. Juli 2011: Alexander McQueen, am 11. Februar 2011 verstorbener britischer Modedesigner, hat aus seinem 16 Millionen Pfund umfassenden Nachlass 100.000 Pfund der britischen Aids-Organisation Terrence Higgins Trust vermacht.

25. Juli 2011: Dem Kondom-Hersteller Durex werden die Kondome knapp, aufgrund einer bereits seit Mai 2011 andauernden Auseinandersetzung mit einem indischen Lieferanten.

20. Juli 2011: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat dem Hepatitis-C- Proteasehemmer Boceprevir (Handelsname Victrelis®) die Zulassung erteilt.

18. Juli 2011: Der Pharmakonzern Abbott kündigt an, eine Kombi-Pille aus Kaletra® und 3TC zu entwickeln.

14. Juli 2011: Die Regionen in den USA mit den höchsten HIV-Infektionsraten zählen zugleich zu den ärmsten Regionen der USA, berichten US-Medien. In den am meisten von HIV betroffenen Regionen im Süden der USA lebe einer von fünf HIV-Positiven unterhalb der Armutsgrenze.

13. Juli 2011: Zwei große Studien zur Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) haben gezeigt, dass Tenofovir bzw. Tenofovir plus Emtricitabine das Risiko einer sexuellen HIV-Übertragung bei heterosexuellen Paaren um 62 bzw. 73% reduzieren können.

12. Juli 2011: Liza Minelli wurde zum ‚Offizier‘ der französischen Ehrenlegion ernannt, u.a. wegen ihrer Verdienste um die Aids-Bekämpfung. Die Ehrenlegion ist die höchste Auszeichnung Frankreichs.

11. Juli 2011: Australien: HIV-positiver Mann zu 3 Jahren Haft verurteilt wegen Gefährdung von 3 Frauen durch ungeschützten Sex. Keine der Frauen wurde mit HIV infiziert.

Wissenschaftler haben in Japan einen Gonorrhoe- (auch: Tripper) Stamm entdeckt, der gegen die eingesetzten Antibiotika resistent ist.

Jerry Herman, offen HIV-positiver Hollywood-Erfolgs-Komponist u.a. der Musicals „Hello Dolly“ oder „La Cage Aux Folles“ (Ein Käfig voller Narren) wurde am 10. Juli 80 Jahre alt.

08. Juli 2011: Schweiz: eine 32jährige Frau aus Ostafrika wurde wegen schwerer Körperverletzung zu einer „teilbedingten Freiheitsstrafe“ von drei Jahren verurteilt. Falls das Urteil rechtskräftig wird, droht der Frau die Abschiebung aus der Schweiz.

05. Juli 2011: Millionen HIV-Positive, die auf günstige Aids-Medikamente angewiesen sind, werden sterben, falls Indien aufgrund des Handelsabkommens mit der EU aufhören muss, generische Aids-Medikamente herzustellen. Dies betont UNAIDS-Direktor Michel Sidibé.

04. Juli 2011: Eine Gruppe von 55 US-Ärzten fordert die US-Arzneimittelbehörde FDA auf, Truvada® nicht als ‚Präventions-Pille‚ zuzulassen.

03. Juli 2011: „Will Karel De Gucht be responsible for millions deaths ?“ EU-Handelskommissar Karel de Gucht wurde am frühen Sonntag Morgen von Aktivisten von ACT UP Paris geweckt (Video), die gegen die (von de Gucht vertretene) Position der EU in Handelsabkommen protestierten. Die Haltung der EU gefährde die Versorgung von Millionen HIV-Positiven mit preiswerten Generika.

02. Juli 2011: „Die gestoppten Gelder für den Globalen Fonds schnellstens freigeben“, fordert (nicht nur) die Deutsche Aids-Hilfe von Bundesentwicklungsminister Niebel.

01. Juli 2011: Der Schmuck der am 23. März 2011 verstorbenen Filmschauspielerin Elizabeth Taylor soll im Dezember 2011 versteigert werden. Der Erlös soll der Elizabeth Taylor Aids Foundation zugute kommen.

Einige Aids-Medikamente der Klasse der NRTIs können bei HIV-Positiven zu vorzeitiger Alterung beitragen. Die durch sie verursachten Veränderungen an den Mitochondrien könnten irreversibel sein, so Wissenschaftler.

Boceprevir & Telaprevir – zwei neue Medikamente gegen Hepatitis C in den USA zugelassen (akt.)

In den USA sind jüngst gleich zwei neue Medikamente gegen Hepatitis C zugelassen worden: zwei HCV-Proteasehemmer.

Hepatitis C ist eine potentiell schwere Infektions-Krankheit, die bisher mit Interferon plus Ribavirin behandelt wird. Diese nicht eben nebenwirkungsarme Therapie ist bei weitem nicht bei allen Patienten erfolgreich, besonders Menschen, die sowohl mit HIV als auch Hepatitis C infiziert sind, haben (je nach Serotyp des HCV) vergleichsweise niedrigere Therapie-Erfolgsraten.

Doch zahlreiche neue Substanzen gegen Hepatitis C werden derzeit in vorklinischen und klinischen Studien erforscht – und zwei Substanzen stehen nun kurz vor dem Markt-Eintritt: zwei Hemmer der Protease des Hepatitis-C-Virus wurden in den USA zugelassen. Die Zulassung erfolge allerdings auf Basis von Studien an Patienten, die mit Hepatitis C, nicht aber HIV infiziert sind (Mono-Infektion).

Boceprevir

Die US-Arzneimittelbehörde FDA Food and Drug Administration erteilte am 13. Mai 2011 dem HCV-Proteasehemmer Boceprevir die Zulassung. Die Substanz soll unter dem Handelsnamen Victrelis® (Pharmakonzern Merck) vermarktet werden. Für die USA hat Merck ein Abkommen mit dem Pharmakonzern Hoffmann-La Roche geschlossen, Roche ist Hersteller eines Interferon-Präparats und soll Boceprevir über seine etablierten Verkaufs-Kanäle mit vermarkten.

Auch die europäische Arzneimittel-Agentur EMA empfahl am 20. Mai 2011 nach beschleunigter Begutachtung der Europäischen Kommission die Zulassung von Boceprevir in Europa für die Behandlung von Hepatitis C in Kombination mit Interferon-Therapien bei bisher nicht behandelten Patienten sowie Patienten, bei denen die Therapie versagte.

Zu den möglichen Nebenwirkungen von Boceprevir zählen Anämie, Erschöpfung, Übelkeit und Kopfschmerzen.

Boceprevir wurde in den USA zugelassen für die Behandlung von Hepatitis C mit dem Genotyp 1, in Kombination mit pegyliertem interferon sowie Ribavirin, für Patienten über 18 Jahre, die bisher nicht behandelt wurden sowie für Patienten, bei denen eine vorherige Therapie versagte.

Boceprevir – umstrittene Preisgestaltung

Für Unruhe sorgt unterdessen in den USA die Preisgestaltung für Victrelis®: US-Berichten zufolge liege der Großhandelspreis (wholesale acquisition cost) bei 1.100 US- pro Woche (entspricht monatlich annähernd 3.200 Euro). Das britische Magazin ‚hiv treatment update‘ nennt Kosten von 18.000 britischen Pfund für die 24-Wochen-Therapie (entspricht monatlich etwa 3.400 Euro).

Die Fair Pricing Coalition FPC in einer Pressemitteilung:

„The FPC is concerned that the exorbitant wholesale acquisition cost (WAC) of $1,100 per week will adversely affect the ability of people with HCV to access Victrelis and that it will also set an excessively unreasonable future price point for the many HCV drugs in the pipeline. You can bet that no future HCV drugs will be priced less than Victrelis. This is a very bad start.“

‚hiv treatment update‘ ergänzt, dass zu diesen Kosten ja noch die Ausgaben für Interferon und Ribavirin hinzu kommen – also sehr beträchtliche Monatskosten entstünden. Die Fair Pricing Coalition FPC zeigt sich zudem erstaunt, da es sich um eine vergleichsweise einfach herzustellende Substanz handele und dies keine exzessive Preisgestaltung rechtfertige.

Telaprevir

Am 22. Mai 2011 kündigte die US-Arzneimittelbehörde FDA Food and Drug Administration an, dem HCV-Proteasehemmer Telaprevir die Zulassung zu erteilen. Die Substanz soll in den USA vom Pharmaunternehmen Vertex unter dem Handelsnamen Incivek® vermarktet werden.

Telaprevir wird dreimal am Tag als Pille mit Nahrung eingenommen (jeweils zwei). In den ersten 12 Wochen soll es mit pegyliertem Interferon sowie Ribavirin gemeinsam angewendet werden. Die häufigsten Nebenwirkungen von Telaprevir in den Studien (in denen auch Interferon plus Ribavirin eingesetzt wurde) waren Hautauschläge, Anämie (Verminderung der Konzentration des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin), Übelkeit und Erschöpfung. Die Hautausschläge können auch stark ausfallen und ein Absetzen von Telaprevir oder der gesamten Therapie erforderlich machen.

Telaprevir wurde in klinischen Phase-III-Studien an ungefähr 2.250 Patienten untersucht (sowohl vorher unbehandelte als auch Patienten, bei denen zuvor bereits eine Therapie versagt hatte). Die Studien zeigten u.a., dass bei Patienten, die innerhalb der ersten 12 Wochen nach Infektion behandelt werden, die Behandlungsdauer evtl. von 48 Wochen auf  24 Wochen verkürzt werden kann.

Die Zulassung von Telaprevir in der Europäischen Union wird für das zweite Halbjahr 2011 erwartet.

Telaprevir – ebenfalls hochpreisig

Auch der Preis für Telaprevir gerät in den USA bereits in die Kritik – der Preis für die 12 Wochen dauernde Therapie mit Victrelis® soll sich nach Auskunft des Herstellers Vertex in den USA auf 49.200 (!) US-$ (wholsale price) belaufen.

Telaprevir und Boceprevir – auch eine Option für HIV-HCV-Koinfizierte?

Zahlreiche HIV-Positive sind mit dem Hepatitis C – Virus ko-infiziert. Koinfizierte Patienten haben eine niedrigere Erfolgsrate der bisher verfügbaren Therapien gegen Hepatitis C. Sie benötigen dringend weitere Therapie-Optionen. Die Mehrzahl der Studien zu neuen Hepatitis-C-Medikamenten, so auch zu Boceprevir und Telaprevir, haben sich bisher jedoch auf ausschließlich mit HCV infizierte Patienten (Mono-Infektion) konzentriert.

Auf der CROI in Boston 2011 wurden erstmals auch Daten einer Studie zu Telaprevir bei Patienten mit HIV- und HCV – Ko-Infektion vorgestellt. Zudem wurden Ergebnisse einiger Studien (an gesunden Probanden) zu Wechselwirkungen zwischen HIV- und HCV-Medikamenten sowie mit weiteren Substanzen bekannt.

Dabei wurden u.a. deutliche Interaktionen von Boceprevir mit dem Pilz-Medikament Ketoconazol sowie dem Benzodiazepin Midazolam festgestellt. Bei Kombination von Efavirenz und Boceprevir ist bisher unklar, ob die auftretenden Spiegel-Veränderungen klinisch relevant sind.
Bei Telaprevir wurden u.a. Wechselwirkungen mit Lopinavir/Ritonavir (Handelsname Kaletra®) sowie Darunavir und Fosamprenavir festgestellt.

Weitere Studien zum Einsatz von neuen Substanzen gegen Hepatitis C bei HIV- und HCV- Ko-Infizierten werden derzeit durchgeführt; Ergebnisse werden für 2012 erwartet.

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weitere Informationen:

The Aids Beacon 06.05.2011: HIV Physicians Are Cautiously Optimistic About Boceprevir, Telaprevir For HIV-HCV Co-Infected Patients
Merck 13.05.2011: FDA Approves Merck’s VICTRELIS™ (boceprevir), First-in-Class Oral Hepatitis C Virus (HCV) Protease Inhibitor
Fair Pricing Coalition: The Fair Pricing Coalition Expresses Dismay At The Price Of Merck’s Newly Approved Hepatitis C Drug (FB)
aidsmap 23.05.2011: US approval for hepatitis C drug telaprevir
aidsmap 23.05.2011: European approval recommended for hepatitis C drug boceprevir
POZ 23.05.2011: FDA Approves Incivek (Telaprevir), Second New Hep C Drug
The Aids Beacon 23.05.2011: FDA approves Vertex‘ new drug Incivek / Telaprevir for treatment of hepatitis C
HIV and Hepatitis 22.03.2011: Interactions of HIV Meds with HCV drugs Telaprevir and Boceprevir
infekt.ch 05.03.2011: Boceprevir-Interaktionen – Ein weites Feld
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HIV und Hep C: hängt Therapie-Erfolg mit Gen-Veränderung zusammen?

HIV-Positive, die mit Hepatitis C ko-infiziert sind, haben eine bessere Erfolgsrate bei ihrer Hepatitis-C – Therapie, wenn eine bestimmte genetische Veränderung vorliegt. Dies berichten spanische Forscher online in einem Fachjournal.

Die derzeitige Standard-Therapie gegen eine Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) besteht aus pegyliertem Interferon und Ribavirin. Diese Therapie hat nicht nur unangenehme Nebenwirkungen – insbesondere bei gleichzeitig  mit HIV und HCV infizierten ist zudem die Erfolgsrate der Therapie unbefriedigend.

Schon früher zeigten Studien, dass bei Menschen die nur mit HCV infiziert waren (Mono-Infektion), eine Veränderung des Gens IL28B ein Marker für einen besseren Therapieerfolg darstellt.

Spanische Forscher untersuchten nun 196 sowohl mit HCV als auch mit HIV Infizierte (Ko-Infektion). Bei 54% von ihnen war die HCV-Therapie erfolgreich (HCV-Viruslast nicht nachweisbar sechs Monate nach Beendigung der Therapie). 21% hatten sogar einen schnellen Therapieerfolg (HCV-Viruslast vier Wochen nach Therapiebeginn nicht nachweisbar).

Patienten mit der Gen-Veränderung IL28B hatten eine deutlich höhere Rate an Therapieerfolg. Die bessere Erfolgsrate bei Vorliegen der Genveränderung zeigte sich allerdings nur bei Infektion mit den HCV-Genotypen 1 und 4.

In einer getrennten kleineren Studie an 62 Patienten konnten die spanischen Forscher zudem zeigen, dass auch bei einer zweiten gegen Hepatitis C gerichteten Therapie die Gen-Veränderung mit einer erhöhten Therapie-Erfolgsrate verbunden ist.

Die Forscher äußern die Hoffnung, hieraus zukünftig Hilfestellungen für Therapieentscheidungen entwickeln zu können.

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weitere Informationen:
aidsmap 05.05.2011: Genetic variation associated with response to hepatitis C therapy in HIV co-infected patients
aidsmap 01.03.2010: IL28B gene variation predicts response to hepatitis C treatment: will it change treatment of co-infection?
Rallon NI et al. IL28B gene polymorphisms and viral kinetics in HIV/hepatitis C virus-coinfected patients treated with pegylated interferon and ribavirin. AIDS 26, online edition: doi: 10.1097/QAD.0b013e3283471cae, 2011 (abstract)
Labarga P et al. Impact of IL28B polymorphisms on response to preginterferon plus ribavirin in HIV-HCV coinfected patients with prior non-response or relapse. AIDS 25, online edition: doi: 10.1097/QAD.0b013e3283471d83, 2011 (abstract)
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Kurz notiert … Mai 2011

26. Mai 2011: Erstmals ist die Kombination AZT plus Lamivudin (von ViiV vermarktet unter dem Handelsnamen Combivir) in den USA als Generikum zugelassen worden.
Mit 1,9 Millionen Euro erbrachte der Life Ball 2011 in Wien ein Rekord-Ergebnis.

25. Mai 2011: Die Welt-Gesundheits-Organisation WHO beschloss am 24. Mai 2011 eine neue Strategie im Kampf gegen Aids bis 2015.

20. Mai 2011: Die US-amerikanische Medikamenten-Behörde FDA hat am 20.5.2011 den NNRTI Rilpivirine zugelassen. Er wird in den USA von der Johnson & Johnson – Tochter Tibotec unter dem Handelsnamen Edurant vermarktet.

Zwei Drittel der HIV-Neudiagnosen auf den Kanarischen Inseln waren 2009 bei Männern, die Sex mit Männern haben (110 von insgesamt 181 Neu-Diagnosen).

19. Mai 2011: Ein 32jähriger HIV-positiver Mann wurde am 13.5. vom Landgericht Landau zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung.

Ein experimenteller Impfstoff gegen SIV (Affen) schützt entgegen den Erwartungen nicht gegen eine Infektion – führt aber bei der Hälfte der Affen zu Viruslast unter der Nachweisgrenze.

18. Mai 2011: Die International Labor Organisation ILO veröffentlicht ihren Bericht „Gleichheit bei der Arbeit: Die andauernde Herausforderung – Gesamtbericht im Rahmen der Folgemaßnahmen zur Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit“ (pdf)

HIV-Superinfektionen sind selten, stellt eine Studie in Amsterdam fest.

16. Mai 2011: Bereits am 1. Mai 2011 wurde ein Nationales Referenzzentrum für Hepatitis-B- und Hepatitis-D-Viren am Institut für Medizinische Virologie der Justus-Liebig-Universität Gießen etabliert.

13. Mai 2011: Die US-Medikamentenbehörde FDA erteilt die Zulassung für den Hepatitis-C-Proteasehemmer Boceprevir (Handelsname Victrelis®).

10. Mai 2011: Der 34jährige Daniel Bahr soll neuer Bundesgesundheitsminister werden, wünscht sich die FDP. Bahr ist bisher Staatssekretär im BMG.

06. Mai 2011: „30 Jahre Aids“ ‚würdigt‚ das ‚Smithsonian‘, das US- National Museum of American History in Washington, ab 3. Juni mit einer Ausstellung.

04. Mai 2011: Der HIV-Proteasehemmer Lopinavir tötet gezielt Zellen ab, die mit HPV (Humanes Papillomavirus) infiziert sind, stellten britische Forscher fest. Sie hoffen, auf dieser Basis neue Therapien gegen das Zervix-Karzinom (das durch HPV mit verursacht wird) entwickeln zu können.

01. Mai 2011: Die Organisation ‚Ärzte ohne Grenzen‘ fordert den Pharmakonzern Johnson&Johnson auf, Lizenzen für seine Aids-Medikamente für den UNITAID-Patentpool zur Verfügung zu stellen.

Ein Beratungs-Gremium der US-Arzneimittelbehörde FDA hat die Zulassung des Hepatitis-C – Proteasehemmers Boceprevir empfohlen. Eine Entscheidung der FDA wird für Mai erwartet.

Nur wenig später hat das Gremium auch die Zulassung eines zweiten HCV-Proteasehemmers, Telaprevir, befürwortet.

Robin Blood: Fragen an den Vorstand auf der BAYER Hauptversammlung am 29.04.2011

In den 80er Jahren wurde etwa die Hälfte der Bluter mit HIV und nahezu alle, die nicht virusinaktivierte Präparate erhalten hatten, mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) infiziert. Das Netzwerk Robin Blood kämpft für finanzielle Entschädigungen.

Auf der Hauptversammlung der Aktionäre der BAYER AG werden Fragen vom Netzwerk Robin Blood vorgetragen. Philipp Mimkes, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V., hat dieses Verfahren angeregt und sorgt für die Durchführung vor Ort in Köln.
Dafür bedanken sich die Mitglieder des Netzwerkes Robin Blood herzlich.


Die Fragen an den Vorstand:

Guten Tag, verehrte Damen und Herren,

Mein Name ist Annabell Schnura. Ich verlese eine Rede von Andreas Bemeleit, der aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen kann.

Mein Name ist Andreas Bemeleit, ich bin 49 Jahre alt und wäre da nicht diese alte Geschichte, dann würde nicht Frau Schnura hier stehen und meine Rede für mich vorlesen. Dann säße ich vielleicht neben Ihnen auf dem Stuhl. Ich bin Diplom-Informatiker und war in meinem Beruf sehr erfolgreich. Das ist mehr als 20 Jahre her.

Doch da ist die ungeklärte Geschichte. Ich möchte Sie Ihnen kurz erzählen:

In den 70er und 80er Jahren wurde ich, wie auch 4.500 weitere Bluter durch verunreinigte Blutpräparaten mit Hepatitis-C Viren infiziert. In den vergangenen Jahren sind viele von uns gestorben. Haupttodesursache bei infizierten Blutern ist Leberzirrhose bzw. Leberkrebs.

Wir Bluter hatten darauf vertraut, dass wir mit sicheren Medikamenten versorgt werden. Doch die Konzerne benutzten für die Herstellung der Gerinnungspräparate vor allem preiswertes Blut von Hochrisikogruppen wie Gefängnis-Insassen. Weltmarktführer war zu diesem Zeitpunkt die BAYER-Tochter Cutter.

Die einzige Behandlungsmöglichkeit der Hepatitis-C Infektion ist eine einjährige Interferontherapie. Diese Therapie hat schwerwiegende Nebenwirkungen und führt nur bei einem geringen Anteil der Betroffenen zu einer Heilung. Die letzte Möglichkeit ist eine Lebertransplantation mit ihren hohen Risiken.

Bis heute warte ich gemeinsam mit 3000 noch lebenden Blutern auf eine angemessene Entschädigungsregelung. 2009 gründete ich daher das Netzwerk Robin Blood. Das Netzwerk hat sich dem vorrangigen Ziel verschrieben, die durch HIV oder Hepatitis-C Infizierten zu unterstützen.

Die BAYER AG hat vor wenigen Monaten zusammen mit anderen Pharmaunternehmen einen kleinen Anteil der Infizierten aus 22 Ländern im Rahmen einer Sammelklage in den USA entschädigt. In der Presse war zu lesen, dass die Entschädigungssumme bei rund 50 Millionen Dollar lag.

Ich frage den Vorstand in diesem Zusammenhang:

Wie hoch war der Anteil, den BAYER geleistet hat? An wie viele Betroffene in wie vielen Ländern hat BAYER Zahlungen geleistet?

Warum wird diese Summe nicht im Geschäftsbericht für 2010 erwähnt?

Warum schließt diese wichtige Regelung den größten Teil der betroffenen Bluter in Deutschland aus ?

Für viele der Betroffenen ist es mittlerweile schwer oder unmöglich, sich und ihre Familien zu versorgen. Die Wenigsten von uns sind in der Lage, arbeiten zu gehen, Geld zu verdienen.

Die Sorgen und Ängste der Betroffenen betreffen grundlegende Lebensbereiche.
Im folgenden einige Worte von Infizierten:

„Die HCV Infektion wurde bei mir am 1985 festgestellt und ich spüre, wie sich meine Lebensqualität ganz langsam aber sicher verschlechtert. Alles was ich mir wünsche, ist wenigstens halbwegs sorgenfrei und in Ruhe zu leben….“

Ein anderer Betroffener formuliert es mit diesen Worten: „Ich vergleiche meinen Körper gerne mit einem Akku. Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören, in mich hinein zu schauen. Es gab sehr sehr oft Zeiten, in denen mein Akku nahezu ausgebrannt war. Und auch zur Zeit ist solch ein Zeitpunkt gekommen, an dem mein Akku sich dem Ende zuneigt. Ich brauche Ruhe und Frieden und einen klaren Kopf, um ihn wieder aufzuladen.“

Wir leben ein Leben mit ungewollter Krankheit, damit einhergehender Berufsunfähigkeit, und in großer Armut. Es bleibt uns die Aussicht auf frühzeitigen Tod infolge der Infektion. Der Weg bis zum Ende ist elend.

Ist sich der Vorstand bewusst, dass der Ausschluss von der Entschädigungszahlung für die infizierten Bluter folgendes bedeutet:

– Den Betroffenen droht Leberkrebs welcher eine Lebertransplantation notwendig macht.
– Sie sind aufgrund der schon seit mehr als 20 Jahren anhaltenden Erkrankung körperlich stark geschwächt.
– Sie sind nicht mehr in der Lage einen Beruf auszuüben, um sich und ihre Familien zu versorgen. Ohne eine gesicherte Entschädigungsregelung werden sie verarmen.

Die BAYER Tochter Cutter war damals der Hauptverursacher von Tausenden Hepatitis und AIDS-Erkrankungen. Warum will die BAYER AG dennoch, obwohl die monatlichen Zahlungen für die Betroffenen mit zunehmenden Alter überlebenswichtig werden, aus der langfristigen Finanzierung des HIV-Hilfe Fonds aussteigen ?

Bei Robin Blood haben sich infizierte Hämophile, Angehörige und Unterstützer zusammengeschlossen. 63 Menschen auch aus der Schweiz und Spanien haben sich mit ihrem Namen für die gerechte Entschädigung der mit HCV infizierten Hämophilen solidarisch erklärt. Ihnen gebührt unser Dank!

Uns geht es darum, die Menschen zu unterstützen, die durch defizitäre gesundheitliche Versorgung in diesen Zustand geraten sind. Unser Ziel ist es, gegen die profitorientierte Missachtung der Gesundheit der Anwender von Medikamenten angehen zu können.

Ihnen, als Aktionäre der Bayer AG, wurde Geld anvertraut, Sie haben immer gute Dividende erhalten. Ein kleiner Teil dieser Dividende wäre ein großer Schritt für uns, Frieden zu finden.

Viele Geschädigte scheuen sich, öffentlich aufzutreten. Sie kommunizieren daher auf allen heute möglichen Wegen, über das Internet und soziale Netze, dass sie an Hepatitits-C und AIDS erkrankt sind. Sie nennen die Verursacher wie BAYER und mahnen eine Entschädigungsregelung an.

Wäre es für die Außenwirkung der BAYER AG nicht von Vorteil, sich als verantwortungsvolles Unternehmen darzustellen, indem eine für alle Beteiligten annehmbare Regelung vereinbart? Anstatt den Eindruck zu erwecken, sich aus der Verantwortung zu stehlen, indem sie auf den baldigen Tod der Betroffenen spekuliert? Ich appelliere an Ihr Gewissen, diese alte Geschichte zu klären und uns eine Zukunft in Würde zu geben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

Mit freundlicher Genehmigung von Andreas Bemeleit – Netzwerk „Robin Blood“

Warum werden HIV-Positive von Hepatitis C-Studien ausgeschlossen?

Die Therapie der Hepatitis C steht vor großen Umbrüchen – große Wirksamkeit bei wesentlich weniger Nebenwirkungen als bisherige Therapien. Doch – HIV-Positive sind meist immer noch ausgeschlossen.

Gleich mehrere neuen Substanzen werden derzeit in Phase-III-Studien gegen Hepatitis C getestet. Die bisherigen Ergebnisse sind sehr erfolgversprechend. Sie lassen hoffen, dass letztlich nicht nur bestehende Therapien gravierend verbessert werden können – sie lassen schon bald möglich erscheinen, dass eine Behandlung der Hepatitis C ganz ohne das (nicht eben nebenwirkungsarme) Interferon auskommen könnte (siehe entsprechende Investoren-‚Befürchtungen‘, (3)).

HIV-Positive haben ein erhöhtes Risiko, sich mit Hepatitis C zu infizieren. Und bei HIV-Positiven, die mit Hepatitis C ko-infiziert sind, besteht ein Risiko, dass die Hepatitis-C-Infektion schneller fortschreitet als bei einer singulären HCV-Infektion.

Doch – genau diese Menschen mit HIV sind aus Studien mit neuen Medikamenten gegen Hepatitis C derzeit meist prinzipiell ausgeschlossen.

So zeigt eine Suche im neuen ‚EU Clinical Trials Register‚ beispielhaft an einer Phase-III-Studie des Hepatitis-C-Proteasehemmers Telaprevir Studie (EudraCT Number: 2010-021628-84):

„Principal exclusion criteria:

18. Subject has human immunodeficiency virus (HIV) or hepatitis B virus (HBV) co-infection.“

Zwar gibt es inzwischen Studien, die HCV-Proteasehemmer bei HIV-Positiven untersuchen (erste Daten wurden auf der CROI 2011 vorgestellt, siehe (1)) – aber nur vereinzelt. Und erste Studien zeigen, dass dieser Medikamente auch bei HIV-Positiven gut wirken – ein Grund weniger, HIV-Positive zukünftig weiterhin aus Studien auszuschließen. Zudem wurden erste Daten zu Wechselwirkungen mit HIV-Medikamenten vorgestellt (2). Ein weiterer Grund weniger.

Dieser Ausschluss ist mit Gründen erfolgt – und sicher nicht mit diskriminierender Absicht.

So ist eine Behandlung beider Infektionen (Hepatitis C und HIV) komplizierter als die Behandlung einer einzigen Infektion. Und die Interpretation von Studien-Ergebnissen könnte sich als komplizierter erweisen. Über Wechselwirkungen zwischen HIV-Therapie und den neuen Hepatitis-C-Substanzen ist (naturgemäß) noch wenig bekannt.

Doch – rechtfertigt all dieses tatsächlich, Menschen mit HIV generell von Studien mit erfolgversprechenden Hepatitis-C-Medikamenten auszuschließen ?

Rechtfertigt dies, ihnen dadurch – für sie besonders wichtige – Behandlungs – Optionen weiter vorzuenthalten ?

Rechtfertigt dies einen prinzipiellen Ausschluss bei einer ganzen Gruppe, die ein erhöhtes Risiko einer Infektion mit Hepatitis C hat? Und die zudem ein erhöhtes Risiko einer schneller fortschreitenden Erkrankung hat ?

Forscher und Sponsoren müssen sich fragen lassen, ob dieser prinzipielle Ausschluss noch zu verantworten ist.

Zulassungsbehörden wie auch Ethik-Kommissionen müssen sich fragen lassen, ob dieser prinzipielle Ausschluss noch vertretbar ist.

Doch – letztlich wird sich vermutlich hieran nichts ändern, solange HIV-Positive, die auch mit Hepatitis C ko-infiziert sind, nicht selbst „den Arsch hoch bekommen“, Druck machen, sich selbst engagieren und für ihre Rechte und Gesundheit kämpfen …

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Danke an Armin Schafberger (DAH) und Kees Rümke (Hiv Vereniging Nederland) für Hinweise!
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(1) siehe z.B. aidsmap 02.03.2011: Telaprevir works well for people with HIV/HCV co-infection
(2) POZ 03.03.2011: Hep C Protease Inhibitor Telaprevir Interacts With HIV Drugs
(3) The Street 08.03.2011: Pharmasset Hep C Data Wows Investors
Hiv Vereniging Nederland 18.03.2011: HCV-remmers op komst
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Risikofaktoren für Hepatitis C bei HIV-Positiven – ist Blut das Problem, nicht Sperma ?

Bei HIV-positiven schwulen Männern treten gehäuft Ko-Infektionen mit Hepatitis C auf. Eine jetzt publizierte deutsche Studie hat sich intensiv mit den möglichen Risikofaktoren einer Hepatitis-C – Übertragung beschäftigt.

Warum infizieren sich besonders HIV-positive schwule Männer scheinbar leichter mit Hepatitis C? Diese Frage untersuchten Forscher um Axel J. Schmidt vom Robert-Koch-Institut Berlin. Sie wollten feststellen, welche Faktoren das Risiko bei HIV-positiven schwulen Männern erhöhen, sich mit Hepatitis C zu infizieren.

Zwischen 2006 und 2008 untersuchten sie eine Gruppe von 101 schwulen HIV-positiven Männern (die Mehrzahl aus Berlin) – 34, die sich mit Hepatitis c infizierten, und 67 als Kontroll-Gruppe. Die Studie wurde jüngst online in der Open-Access- Fachzeitschrift ‚PLoS One‘ (Public Library of Science) publiziert.

Unabhängig von einander erwiesen sich in der untersuchten Gruppe folgende Risiko-Faktoren als mit einer Hepatitis C – Infektion assoziiert:

  • mit Sex assoziierte rektale Blutungen (rektal = im Enddarm / After; „anorectal trauma with subsequent visible bleeding“),
  • rezeptives Fisten („sich fisten lassen“) ohne Benutzung von Handschuhen,
  • Gruppen-Sex, und
  • Kokain oder Amphetamine schnupfen (sniefen / durch die Nase inhalieren; „consumption of nasally-administered drugs (NADs)“).

Fisten

Die Forscher wiesen auf einen deutlichen Zusammenhang zwischen von den Teilnehmern berichteten proktologischen (analen) chirurgischen Eingriffen, hohen Sex-Partner-Zahlen, Gruppen-Sex, Anwendung von PDE5-Hemmern (Viagra® etc.) mit dadurch langandauerndem analem Sex, und rezeptivem analem Sex („sich ficken lassen“) hin. Sie vermuten, dass ein Teil der chirurgischen Eingriffe im Zusammenhang mit analen Feigwarzen oder Feigwarzen im Genitalbereich (Kondylome) steht. Alle üblichen proktologischen chirurgischen Eingriffe seien mit Wunden an der ano-rektalen Schleimhaut sowie erhöhter Wahrscheinlichkeit von Blutungen nach der Operation verbunden.

Die Forscher folgerten, dass Sex-Praktiken, die zu rektalen Blutungen führen, sowie der Gebrauch von Drogen durch die Nase in Settings mit erhöhter Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von Hepatitis C Risikofaktoren für eine akute Hepatitis C sind. Sie vermuten, dass sowohl die gemeinsame Benutzung von Geräten zum Sniefen / Aufnahme von Drogen durch die Nase (auch bei einer lädierten Nasenschleimhaut ist Übertragung von Blut-Partikeln möglich) als auch das Teilen von Sexpartnern sexuelle Übertragungswege von Hepatitis C sein könnten.

Die Forscher weisen in ihrem Bericht deutlich darauf hin, dass ihrer Ansicht nach Blut und nicht Sperma das für eine Übertragung von Hepatitis C kritische Medium sei.

Sie betonen, dass Kondome und Handschuhe nur dann Schutz böten, wenn sie bei jedem Partner gewechselt werden. Bei Verwendung des gleichen Kondoms oder Handschuhs mit mehreren Sexpartnern könnten diese geradezu als ‚Vektor‘ der Übertragung von Hepatitis C von einem rezeptiven Sexpartner zum nächsten dienen (Vektor-Hypothese). Dies bedeute auch, der (aktive) Sexpartner könne Hepatitis C womöglich vom einen (passiven) Sexpartner auf einen zweiten (passiven) Sexpartner übertragen – ohne selbst mit Hepatitis C infiziert zu sein.

Die gemeinsame Benutzung von Gleitmitteln könne ebenfalls ein Risiko darstellen (Blutpartikel können in das auch von anderen benutzte Gleitmittel gelangen und so eine Übertragung möglich werden). Besitzer von Sex-Clubs sollten darauf achten, dass Gleitmittel (auch die Behälter für Gleitmittel) nicht mehr von mehreren Sex-Partnern benutzt werden.

Erste Ergebnisse der Studie waren bereits in einem prämierten Poster auf dem 12. Europäischen Aids-Kongress im November 2009 in Köln vorgestellt worden (siehe „Hepatitis C: ist Blut-Kontakt das Problem ? „). Nun wurde die Studie publiziert und steht online zur Verfügung (siehe „weitere Informationen“ am Ende des Artikels).

Zum Umgang mit akuter Hepatitis C wurden neue Empfehlungen als Ergebnis einer europäischen Konsensus-Konferenz im Dezember 2010 veröffentlicht.

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Viele schwule Männer, besonders viele HIV-positive schwule Männer sorgen sich wegen der Risiken einer Infektion mit Hepatitis C, zumal die Wege einer sexuellen Übertragung lange unklar waren. Die Studie von Schmidt und Kollegen könnte nun nicht nur Aufschluss geben, wie eine sexuelle Übertragung von Hepatitis C stattfindet – sie könnte auch Grundlage für praktische Wege der Infektions-Vermeidung sein:

Als praktische Ergebnisse ließe sich aus der Arbeit für Bemühungen, das Risiko einer Übertragung von Hepatitis C zu reduzieren, ableiten:

  • beim Ficken für jeden Sexpartner ein neues Kondom (keine Benutzung von Kondomen mit mehreren Sexpartnern),
  • beim Fisten für jeden Sexpartner ein neuer Handschuh (keine Benutzung von Handschuhen mit mehreren Fist-Partnern),
  • bei Sex ohne Kondom bzw. ohne Handschuh: bei jedem Partnerwechsel Schwanz bzw. Hand vorher waschen (um das Risiko einer Übertragung von Blut-Partikeln von einem passiven Partner auf den nächten zu senken),
  • jedem sein eigenes Schmiermittel – beim Sex keine von mehreren benutztes Gleitmittel (und Gleitmittel-Behälter),
  • bei Gebrauch von Drogen durch die Nase für jeden seine eigenen Utensilien / Röhrchen zum Sniefen.

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weitere Informationen:
PlOS One: Axel J. Schmidt, Jürgen K. Rockstroh et al.: Trouble with Bleeding: Risk Factors for Acute Hepatitis C among HIV-Positive Gay Men from Germany—A Case-Control Study (online)
Akute Hepatitis C bei HIV-Positiven: neue Empfehlungen
Situationsbericht Hepatitis in Deutschland
Hepatitis C: 2009 15% weniger Neu-Diagnosen
Proktologische Lehrstunde

catie 31.05.2011: German researchers dig deep to understand how hepatitis C virus is transmitted sexually

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Danke an Armin Schafberger (DAH) für Feedback zu den Empfehlungen!

Copyright für die Grafik bei Axel J. Schmidt

USA: deutlicher Rückgang Hepatitis C zwischen 1982 und 2006

In den vergangenen 25 Jahren ist die Häufigkeit von akuter Hepatitis C in den USA stark zurück gegangen. Dies betont eine neue Analyse der US-Gesundheitsbehörde CDC.

Die US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control (CDC) hat Ende Februar 2011 eine Analyse vorgestellt, die zeigt, dass insgesamt die Inzidenz akuter Hepatitis C in den USA zwischen 1982 und 2006 stark zurück gegangen ist.

Die Studie unter dem Titel „Incidence and Transmission Patterns of Acute Hepatitis C in the United States, 1982-2006“ wurde in den „Archives of Internal Medicine“ publiziert.

Mitte der 1980er Jahre entwickelten jährlich ungefähr 70 von 1 Million US-Amerikaner akute Hepatitis C.  Zwischen 1994 und 2006 fiel diese Zahl auf jährlich 7 pro 1 Million. Zwischen 1994 und 2006 traten 46 Prozent der Fälle akuter Hepatitis C bei iv-Drogengebraucher/innen auf (Mitte der 1980er: 32%).

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weitere Informationen:
Williams Ian T. et al.: Incidence and Transmission Patterns of Acute Hepatitis C in the United States, 1982-2006 (abstract)
CDC NPIN 15.02.2011: US Hepatitis C Cases down sharply since 1980s
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kontaminierte Alkohol-Pads: Sicherheitswarnung in den USA (akt.)

Die US-Medikamentenbehörde FDA hat eine Sicherheitswarnung (’safety alert‘) zu Alkohol-Pads herausgegeben, die in den USA auch bei Fuzeon® und Pegasys® beigepackt sind.

Die FDA schreibt, die den Medikamenten beigepackten Alkohol-Pads des Herstellers ‚Triad‘ sollten nicht verwendet werden. Es bestehe die Gefahr einer mikrobiellen Kontamination (Bakterien der Art Bacillus cereus). Stattdessen sollten Tupfer anderer Hersteller Verwendung finden. Das Problem sei auf die Tupfer / Pads beschränkt, die Produkte selbst seien nicht betroffen.

Fuzeon® (Substanzname Enfuvirtide, früher T-20) ist ein HIV – Fusions-Hemmer, der vom Pharmakonzern Hoffmann-La Roche vertrieben wird. Pegasys® (Peg-Interferon alpha 2a) wird u.a. bei der Behandlung der Hepatitis C eingesetzt. Beide Medikamente werden vom US-Unternehmen Genentech hergestellt, einem Tochter-Unternehmen von Hoffmann-La Roche.

Die Tupfer wurden in den USA vom Hersteller am 14. Januar 2011 vom Markt genommen. Genentech habe den Rückzug der Triad-Produkte zur Kenntnis genommen, schreibt das Unternehmen in einer Stellungnahme.

Ob auch in Deutschland auf den Markt gebrachtes Fuzeon® davon betroffen ist, konnte Roche Deutschland auf Nachfrage kurzfristig nicht sagen. Entsprechende Recherchen wurden veranlasst. Weitere Informationen sollen Montag (24.1.2011) folgen.

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Aktualisierung 09.02.2011:
Am 04.02.2011 hat die Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft eine „DrugSafety Mail“ herausgegeben „Rückruf von Alkoholtupfern des Herstellers Triad Group, Inc.“. Auch in Europa seien Tupfer dieses Herstellers in Verkehr gebracht worden. „Es wird empfohlen, die den folgenden Produkten beigelegten Tupfer (Alco-Prep©) nicht mehr anzuwenden und zu entsorgen“, genannt werden u.a. „PegIntron®, IntronA® (Essex Pharma GmbH)“.
Fuzeon® und Pegasys® werden in der Meldung nicht genannt.
Für Pegasys® informiert die ‚Pharmazeutische Zeitung‚ über einen Chargenrückruf wegen möglicher „Risse im Fertigspritzenkonus“.

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weitere Informationen:
FDA safety alert 21.01.2011: Triad Alcohol Prep Pads, Alcohol Swabs, and Alcohol Swabsticks: Recall Due to Potential Microbial Contamination
Genentech Pressemitteilung 13.01.2011: Genentech Informs Customers of Important Information About Triad Group’s Alcohol Prep Pads
aidsmap 09.02.2011: Warning issued to Fuzeon, Pegasys, Viraferon Peg and Intron A users
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Kurz notiert … Januar 2011

29. Januar 2011: ‚Ärzte ohne Grenzen‚ kritisiert die Vereinbarung zwischen der Johnson & Johnson-Tochter Tibotec und drei Generika-Herstellern über ein neues HIV-Medikament des Konzerns (Rilpivirine)  für unzureichend. Viele HIV-Positive blieben von der Regelung ausgeschlossen.

28. Januar 2011: In den USA ist Tesamorelin (Handelsname Egrifta®) nach der US-Zulassung inzwischen verfügbar – die Jahres-Kosten (wholesale acquisition cost, etwa Großhandelseinkaufspreis) sollen bei 23.900 US-$ liegen.

27. Januar 2011: Die US-Medikamentenbehörde FDA hat eine Zulassungsantrag des Pharmaunternehmens Gilead für eine Dreier-Kombipille aus Tenofovir und Emtricitabin (bisher schon vermarktet unter dem Hhandelsnamen Truvada®) sowie dem experimentelle NNRTI Rilpivirin vorläufig nicht angenommen. Das Unternehmen kündigte an, kurzfristig weitere Daten zur Verfügung zu stellen.

24. Januar 2011: Die Medikamenten-.Behörde der EU hat Darunavir (Handelsname Prezista®) für die einmal tägliche Anwendung (mit Ritonavir als Booster) bei Therapie-erfahrenen Erwachsenen ohne Hinweise auf potentielle Resistenzen gegen die Substanz zugelassen.

23. Januar 2011: Die US-Regierung ist beunruhigt, dass die Pharma-Industrie zu langsam und zu wenige neue Substanzen entwickelt – und reagiert, indem sie ein eigenes Bundes-Forschungszentrum ins Leben ruft.

22. Januar 2011: US-Forscher haben erstmals die Struktur der Protein-Hülle von HIV entschlüsselt. Sie hoffen, dass sich daraus neue Ansätze für Medikamente gegen HIV entwickeln lassen.

In Tschetschenien müssen zukünftige Eheleute seit Mitte Januar 2011 einen HIV-Test machen, nur HIV-Negative werden vermählt. Dies erklärte der Großmufti des islamischen Landes. Zwar ist Heirat auch in Tschetschenien gesetzlich geregelt, Anordnungen des Muftis werden aber von vielen Bürgern befolgt.

20. Januar 2011: Bei HIV-Positiven ist möglicherweise das Risiko für Schlaganfälle erhöht, berichten US-Forscher.

Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln: Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat sich eine neue Verfahrensordnung gegeben.

19. Januar 2011: Arbeitsagenturen und Jobcenter müssen Hartz-IV-Empfängern die Beiträge zur privaten Krankenversicherung voll bezahlen, berichtet die DAH über ein Urteil des Bundesozialgerichts.

Ein 41jähriger heterosexueller Mann wurde im US-Bundesstaat Virginia zu 50 Jahren Haft verurteilt. Der HIV-positive Mann hatte Sex mit einem 14-jährigen Mädchen, ohne sie über seine HIV-Infektion zu informieren. Das Mädchen ist HIV-infiziert.

Einem HIV-positiven Sergeant der US-Air-Force drohen bis zu 53 Jahre Haft. Er soll mehrfach Sex ohne Verwendung von Kondomen Sex gehabt haben, ohne seinen HIV-Status offen zu legen – entgegen einer schriftlichen Anordnung seines Kommandeurs, Sexpartnerinnen über seinen HIV-Status zu informieren.
Aktualisierung 22.01.2011: Der Sergeant wurde inzwischen zu acht Jahren Haft verurteilt.

14. Januar 2011:Im Verfahren gegen einen 65-jährigen HIV-positiven Mann aus Celle, dem Missbrauch in 403 Fällen in Thailand vorgeworfen wird, fordert die Staatsanwaltschaft Lüneburg 9 Jahre Haft. Das Urteil soll am 21. Februar 2011 verkündet werden.

Bei Farbigen, Hispanics und amerikanischen Indianern sind unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung die HIV-Neuinfektionsraten höher als bei Weissen; bei Farbigen und Hispanics verschlechtert die Situation sich weiter. Dies betont der erste Bericht zu ethnischen Unterschieden der Gesundheitssituation in den USA, den die CDC jemals erstellt haben.

13. Januar 2011: Das Pharmaunternehmen Gilead warnt in einem ‚Rote Hand Brief‘ (pdf), dass die nicht sachgemäße Anwendung von Cidofovir (Handelsname Vistide®) außerhalb der Zulassung zu schweren Nebenwirkungen führen kann. Die Substanz ist nur zugelassen zur Behandlung der CMV-Retinitis bei Erwachsenen mit Aids.

12. Januar 2011: State Representative Larry Brown, Republikaner und Mitglied der General Assembly des US-Bundesstaats North Carolina, redet Klartext: Erwachsene mit HIV sollten ihre Therapien nicht vom Staat bezahlt bekommen, wenn sie „es durch ihren Lebensstil verursacht haben“ sowie für Menschen, die „in perversen Lebensstilen leben“. Er meine damit u.a. Erwachsene, die sich durch Sex oder Drogen mit HIV infizieren.

11. Januar 2011: Zwei Proteasehemmer gegen das Hepatitis C Virus befinden sich in beschleunigten Zulassungsverfahren: Boceprevir in den USA und Telaprevir in Europa.

In den USA wurden die Richtlinien für HIV-Therapie aktualisiert. U.a. sind Kontrollen der CD4-Werte in vielen Fällen seltener als bisher erforderlich, zudem wurde virologisches Versagen der Therapie neu definiert.

07. Januar 2010: Die Empfehlung, dass HIV-Positive eine Grippeschutz-Impfung machen sollten, ist gerechtfertigt, folgert ein US-Forscher aufgrund aktueller Daten dreier Studien.

„Immun gegen AIDS?“ – Werbung für Gentest führt in die Irre“, warnt die DAH.

Atorvastatin und Rosuvastatin sind besser geeignet als Pravastatin, um bei HIV-Positiven erhöhte Blutfettwerte zu senken, stellen US-Forscher in einer Studie an 700 HIV-Positiven fest. Alle drei Substanzen der Gruppe der Statine hatten in der Studie vergleichbare Raten an Nebenwirkungen.

05. Januar 2011: Das Patentamt im indischen Mumbai hat einen Patentantrag des Pharmakonzerns Abbott auf die Kombination von Ritonavir und Lopinavir (vermarktet unter dem Handelsnamen Kaletra®) für Indien abgelehnt. Damit ist die Herstellung generischer Versionen in Indien möglich.

Der Baseballspieler Roberto Alomar wird in die „Hall of Fame“ des US-Baseball aufgenommen. Alomar sieht sich mit einer Anzeige seiner Ehefrau konfrontiert, er habe mit ihr ungeschützten Sex gehabt, obwohl er von seinem positiven HIV-Status wisse.

Plastiktüten seien kein brauchbarer Ersatz für Kondome, warnt das Gesundheitsministerium in Thailand die Teenager des Landes.

04. Januar 2011: Erstmals seit den 1980er Jahren ist die Zahl der Todesfälle mit Bezug zu HIV und Aids pro Jahr in New York im Jahr 2010 unter 1.000 gefallen (auf 933).

Mangel an Vitamin D kann für HIV-Positive das Risiko erhöhen, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, berichten Forscher.

01. Januar 2011: Annie Lennox wird für ihren Einsatz gegen Armut und Aids in Afrika von der britischen Queen als ‚Offizierin‘ in den Orden des britischen Empire aufgenommen.

Akute Hepatitis C bei HIV-Positiven: neue Empfehlungen

In der online-Ausgabe der Fachzeitschrift AIDS wurden Empfehlungen zum Umgang mit akuter Hepatitis C bei HIV-Infizierten veröffentlicht.

Die Empfehlungen sind Ergebnis einer Konsensus-Konferenz zur akuten Hepatitis-C-Infektion bei HIV-Positiven. Das European AIDS Treatment Network (NEAT) lud zu einem Meeting am 21. Mai 2010 in Paris ein, an dem u.a. Vertreter der European AIDS Clinical Society (EACS) Hepatitis Group, der European Association for the Study of the Liver (EASL), der European Study Group on Viral Hepatitis (ESGVH) der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) sowie der European AIDS Treatment Group (EATG) teilnahmen.

Die neuen Empfehlungen „Acute hepatitis C in HIV-infected individuals – recommendations from the NEAT consensus conference“ beschäftigen sich u.a. mit der Definition akuter Hepatitis C, dem Screening auf HCV-Infektion, Möglichkeiten der Risiko-Reduzierung, sowie Behandlungsmöglichkeiten der akuten Hepatitis-C-Infektion.

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weitere Informationen:
Acute hepatitis C in HIV-infected individuals – recommendations from the NEAT consensus conference (abstract)
aidsmap 15.12.2010: European recommendations issued on acute hepatitis C infection in patients with HIV
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Kurz notiert … Dezember 2010

22. Dezember 2010: Eine in Kenia geborene 28-jährige Frau wurde in Finnland zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Frau, die als ‚Erotik-Tänzerin‘ arbeitete, wurde vorgeworfen, zwischen 2005 und 2010 kondomlosen Sex mit 16 Männern gehabt zu haben, ohne ihren HIV-Status mitzuteilen.

Die US-Medikamentenbehörde FDA hat für die USA eine 200mg-Tablette von Etravirine (Handelsname Intellence®) zugelassen.

Die US-Medikamentenbehörde FDA hat erstmals einen Impfstoff auch zur Prävention von Anal-Karzinomen zugelassen (zur Anwendung bei Männern und Frauen im Alter von 9 bis 26 Jahren).

21. Dezember 2010: Der Pharmakonzern BMS erwirbt vom japanischen Unternehmen Oncolys BioPharma die Lizenz für den NRTI Festinavir. Die Substanz ist ein Derivat von d4T (Stavudin, Handelsname Zerit®). Festinavir soll Phase-I-Studien-Daten zufolge auch wirksam sein bei Resistenzen gegen Abacavir und Tenofovir. Für die weiteren Entwicklungsrechte zahlt BMS bis zu 286 Millionen US-$.

20. Dezember 2010: In den Vorgängen um die Verhaftung von Wikilekas-Gründer Julian Assange rückt immer mehr die Frage von Kondom-Benutzung und HIV-Test in den Vordergrund.

Ein Angeklagter vor dem Strafgericht Lüttich drohte dem Vorsitzenden, er werde den Richter mit HIV infizieren. Bevor er den Richter erreichte, überwältigten ihn Sicherheitsbeamte.

17. Dezember 2010: Auf den Zusammenhang zwischen der Verhaftung von Wikileaks-Gründer Julian Assange und den sehr repressiven HIV-Gesetzen in Schweden weist Edwin J. Bernard in seinem Artikel auf ‚Criminal HIV Transmission‘ hin.

In San Francisco hat am 10. Dezember 2010 das GLBT History Museum eröffnet. Betrieben wird es von der GLBT Historical Society.

16. Dezember 2010: Die USA und Südafrika haben eine auf fünf Jahren angelegte Partnerschaft zur Bekämpfung von Aids vereinbart.

15. Dezember 2010: Ein HIV-infizierter Amerikaner, der mit mehreren Frauen Sex ohne Kondom gehabt haben soll, wurde vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt. Damit wurde das Urteil erster Instanz des Amtsgerichts Neumarkt bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig.

14. Dezember 2010: Richard Holbrooke stirbt im Alter von 69 Jahren. Der US-Star-Diplomat war neben vielen anderen Aktivitäten auch gegen Aids engagiert, war z.B. maßgeblich am Zustandekommen der Sitzung (wie der daraus folgenden Resolution) des Welt-Sicherheitsrates zu Aids im Jahr 2000 beteiligt.

HIV-Positive mit erhöhten Triglyzerid-Werten haben auch ein erhöhtes Risiko für Neuropathien, so eine (online auf AIDS publizierte) Studie.

9. Dezember 2010: In Südafrika startet 2011 ein „real life“ – test der ‚test-and-treat‚-Strategie (möglichst viele Menschen auf HIV testen, als HIV-positiv diagnostizierte Menschen direkt antiretroviral behandeln). Die Studie wird von der französischen ANRS durchgeführt.

8. Dezember 2010: In London solle ein Aids-Memorial errichtet werden, dass an diejenigen erinnert, die an den Folgen von HIV-Infektion und Aids verstorben sind, fordert eine neue Kampagne.

6. Dezember 2010: Tabu, Scham & Co. – eine im Auftrag der DAH erstellte Studie untersucht, warum viele HIV-Infektionen spät erkannt werden.

„Großer Erfolg“ – die DAH berichtet über erste Ergebnisse der EMIS-Befragung.

4. Dezember 2010: Die European Medicines Agency (EMA) weitet die Zugangsmöglichkeiten der Öffentlichkeit zu Unterlagen über Medikamente aus.

3. Dezember 2010: Die US-Medikamentenbehörde FDA erteilt einem „1-Minute – HIV-Schnelltest für die USA die Zulassung.

Schweiz: R. Staub, im Bundesamt für Gesundheit zuständig für Prävention und Promotion im BAG, benennt den gewünschten „kulturellen Wandel“ in der HIV-Prävention: Menschen mit neuer HIV-Diagnose sollen sich per SMS bekennen und Sexpartner zu informieren.

In New York wurden am Rand eines Benefiz-Events mehrere Aids-Aktivisten verhaftet. Sie hatten gegen die Aids-Politik von New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg protestiert.

2. Dezember 2010: Die Polizei in Russland hat am Welt-Aids-Tag zehn HIV-Positive festgenommen, die gegen die Politik des Gesundheitsministeriums protestiert hatten.

Das Pharmaunternehmen Vertex hat in den USA einen Zulassungsantrag für den Hepatitis-C – Proteasehemmer Telaprevir gestellt.

1. Dezember 2010:Auch Menschen ohne einen legalen Aufenthaltsstatus haben Anspruch auf Behandlung, darauf weist die Bundesärztekammer hin („Patientinnen und Patienten ohne legalen
Aufenthaltsstatus in Krankenhaus und Praxis“, pdf)

Der Pharmakonzern MSD hat nach Empfehlung des Sicherheits-Komitees eine Phase-III-Studie zur einmal täglichen Anwendung von Raltegravir (Isentress®) vorzeitig abgebrochen. Insbesondere bei HIV-Infizierten mit hoher Viruslast sei die virologische Antwort weniger gut gewesen als bei der zweimal täglichen Dosierung.

Pünktlich zum Welt-Aids-Tag startet auf Kuba eine neue Kampagne für Sexual-Aufklärung und Aids-Prävention.

In China wird ein Erstklässler wegen seiner HIV-Infektion nach Protesten anderer Eltern der Schule verwiesen.